In der Stille vieler kleiner Stunden - Nancy Klein Maguire

In der Stille vieler kleiner Stunden

Fünf Kartäuser-Novizen auf der Suche nach Gott
Buch | Hardcover
384 Seiten
2007
Arkana (Verlag)
978-3-442-33776-7 (ISBN)
19,95 inkl. MwSt
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Gibt es hinter den Mauern ein größeres Glück?


Philip Grönings Dokumentarfilm "Die große Stille" brachte erstmals Bilder vom Leben der Kartäusermönche auf die große Leinwand. Viele Zuschauer zeigten sich bewegt von der einzigartigen meditativen Stille, die der Film ausstrahlt. Dieses Buch wirft nun einen Blick in das Innenleben dieser verschlossenen, für Außenstehende so schwer verständlichen Gemeinschaft. Nancy Klein Maguire, verheiratet mit einem ehemaligen Mönch, verfolgt den Lebensweg von fünf Novizen, die ins Kartäuserkloster Parkminster eintreten, um innerhalb ihrer fünfjährigen "Lehrzeit" herauszufinden, ob sie das feierliche Gelübde ablegen und den Rest ihres Lebens im strengsten Orden des Abendlands verbringen wollen. Für ihr Buch wertete sie zahlreiche Gespräche, persönliche Korrespondenz und intime Einblicke in das Klosterleben aus. Entstanden ist ein einzigartiges Porträt einer Welt, die seit fast tausend Jahren unverändert nach denselben Regeln und Abläufen funktioniert. "In der Stille vieler kleiner Stunden" ist ein Dokument von historischem Wert, denn mangels Nachwuchs ist der Untergang der Welt der Kartäuser absehbar. Dieses Buch atmet die konzentrierte Ruhe guter Zen-Literatur und transportiert zugleich eine subtile Spannung, die an die großen spirituellen Romane von Herman Hesse erinnert.


* Das Porträt einer Mönchsgemeinschaft


* Die ideale Fortsetzung des Kinoereignisses "Die große Stille"


* Einzigartiges Dokument einer leidenschaftlichen Gottessuche


Nancy Klein Maguire ist Buchkritikerin für die „Los Angeles Times“ und hat mehrere Fachbücher auf den Gebieten Theater und Politik veröffentlicht. Sie lebt mit ihrem Mann, einem ehemaligen Kartäuser-Novizen, in Washington, D. C.

Am 24. Juni 1084 kam Bruno von Köln mit sechs Gefährten in ein wildes Hochtal in den französischen Alpen. In dieser unwirtlichen, für starke Schneefälle und extreme Kälte bekannten Gegend errichteten sie Einsiedlerhütten. Hier sollten im Lauf der Zeit die eindrücklichen, ehrfurchtgebietenden Gebäude der Grande Chartreuse (Großen Kartause) entstehen. Das Grundprinzip jedoch, gemäß welchem jeder Mönch der Suche nach Gott in seiner eigenen Zelle nachgeht, hat sich seither nie geändert. Von 1084 bis zu den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) ist das von Bruno eingeführte Einsiedlerleben unverändert geblieben - ein Überbleibsel der Lebensform des 11. Jahrhunderts. Die Kartäuser rühmten sich stets der Tatsache: Cartusia nunquam reformata quia nunquam deformata, welcher Satz den Stolz der Kartäuser darüber erkennen lässt, dass ihr Orden "nie reformiert, weil nie deformiert" wurde. Die Kartäuser des 11. Jahrhunderts überstanden das Schisma von Avignon, die 95 Thesen Martin Luthers, die Reformation, das Konzil von Trient, die Aufklärung und die Säkularisierung ohne jede Veränderung oder Konzession an die jeweilige Entwicklung. Dieser radikale Orden gewährt uns wie ein lebendiges, atmendes Wesen einen direkten Einblick in die Kultur des 11. Jahrhunderts. Heute ist es nur noch dank der älteren Mitglieder des Ordens, denen, die vor 1965 eingetreten sind, möglich, das Leben der Kartäuser aus dem 11. Jahrhundert nachzuvollziehen. Nach ihrem Tod werden sie wie ein aussterbender Stamm aus der Geschichtsschreibung verschwinden. Tatsächlich wissen nur wenige überhaupt etwas von der Existenz der Kartäuser. Sie sind wie Figuren in Thomas Pynchons Die Versteigerung von Nr. 49. In katholischen Schulen werben diverse geistliche Orden alljährlich an bestimmten Tagen um junge Katholiken, um die Berufung zum geistlichen Leben zu fördern. Die Kartäuser tun das nicht. Sogar gut unterrichtete Katholiken verwechseln sie mit den Zisterziensern, einem völlig anderen Orden. Dennoch führte eine Art innerer Kompass junge Männer an den Ort, an dem sie eine radikale Religionsform praktizieren konnten: Gott allein zu suchen; auf verschlungenen Wegen fanden sie ihren verlorenen Stamm. Als Bruno und seine Nachfolger erstmals zusammenkamen, herrschten wohl etwas turbulentere Zeiten als gewöhnlich. In einem Schisma hatte sich die heutige orthodoxe Ostkirche 1054 von der römisch-katholischen Kirche getrennt. In jenen stürmischen Jahren wählte das Kardinalskolleg am 12. März 1088 einstimmig einen der französischen Schüler Brunos, Odo de Chätillon, zum Papst. Dieser nahm den Namen Urban II. an und berief 1090 Bruno zu seinem Berater. Als Muslime Ostchristen umbrachten und Jerusalem einnahmen, rief Urban II. in tiefem Bedauern darüber 1096 beredt zum ersten Kreuzzug auf. Er verhieß frommen Kreuzfahrern, sie würden unverzüglich in den Himmel eingehen. Zudem designierte er ihre Ländereien als heilig und unberührbar. Die Menge rief: "Deus vult!" (Gott will es!), und der erste Kreuzzug begann mit dem wohlorganisierten Plan, sich in Konstantinopel zu treffen. Auf dem Weg ins Heilige Land jedoch metzelten die Kreuzfahrer Tausende von Juden nieder, die sie als "Mörder Christi" bezeichneten. Entgegen allen Erwartungen eroberten sie im Jahre 1100 Jerusalem und führten bis 1291 in Palästina Krieg gegen die Muslime. Davon aber bekam Bruno nichts mit. Nachdem er nicht einmal ein Jahr im Zentrum der Macht verbracht hatte, bat er, sein Eremitenleben wieder aufnehmen zu dürfen, und die Bitte wurde ihm gewährt. Lange vor Aufbruch der Kreuzfahrer weilte Bruno wieder in der Einsamkeit eines neuen Kartäuserklosters im süditalienischen Kalabrien. Er war an die Seite des Papstes berufen worden, weil seine Eltern ihn von Köln in die hervorragende Schule von Reims geschickt hatten, Frankreichs wichtigstem Erzbistum, wo er sich sowohl als Schüler wie als Lehrer auszeichnete. Etwa zwanzig Jahre lang lehrte Bruno in Reims. Der päpstliche Gesandte verlieh ihm sogar den verdienstvollen Titel "Lehrer der Kirche von Reims". Nachdem Bruno zum Kanzler von Reims befördert worden war, legte er sein Amt nieder und erhob Einspruch gegen die Missstände und vernichtenden Kämpfe gegnerischer Fraktionen innerhalb der Kirche. Wie viele andere suchte er eine neue Art des Gläubigseins. Vielleicht ganz ähnlich wie die heutigen Fundamentalisten empfand er die Bürokratie als Bedrohung seiner heiligsten Werte. Der Gedanke, Einsiedler zu werden, war jedenfalls nicht neu. Es hat die Menschen schon immer nach einer religiösen Erfahrung gedrängt und danach, sich selbst zu transzendieren. Vielleicht ist uns dieser Drang, den man heute metaphorisch als "Gottes-Gen" bezeichnet, fest einprogrammiert. In jedem Land und jeder Generation gibt es Menschen, bei denen das Gottes-Gen so stark ist, dass sie sich ihm vollständig hingeben. Einer der ersten Kartäusermönche, Guigo II. (1150), vergleicht dieses Verlangen mit dem Durst nach Rotwein, den der Kneipenwirt freizügig ausschenkt. Gott schenkt künftigen Suchern einen Vorgeschmack auf sich. Das Ergebnis hat er mit folgenden Zeilen trefflich beschrieben: Sie trinken nächtelang und trinken tagelang: Je mehr sie trinken, desto besser mundet es. Sie lieben dies Getränk so sehr, dass sie kein andrer Wein mehr lockt. Nach diesem Trank nur steht ihnen der Sinn, daran zu laben sich nach Herzenslust. Guigo scheint damit sagen zu wollen, dass jeder, der die Süße Gottes geschmeckt hat, alles daran gibt, um mehr von ihm zu erlangen. Gottessucher hat es schon immer gegeben. Im 2. Jahrhundert v. Chr. führten die Essener, eine jüdische Bruderschaft von Männern und Frauen, am westlichen Ufer des Toten Meeres ein essenziell klösterliches Leben. Etwa um 270 n. Chr. verließ der hl. Antonius, einer der ersten Wüstenväter, im Alter von zwanzig Jahren seine Heimat in Ägypten, um Gott in der Wüste zu suchen. Um die Mitte des 4. Jahrhunderts begaben sich Tausende von Christen beiderlei Geschlechts nach Ägypten, Syrien und Vorderasien in die Wüste, in der Hoffnung, dort Gott zu finden. Man nannte sie Eremiten, eine Bezeichnung, die sich vom griechischen Wort für "einsam" ableitet. Der hl. Benedikt (480-547), der Vater des Mönchstums im Westen, war ebenfalls zuerst ein solcher Einsiedler. Doch später gründete er zwölf Klöster mit zwölf Mönchen in jedem Kloster. Seine Mönchsregel beeinflusste jeden danach entstehenden Orden und ließ weitere entstehen. Der hl. Romuald reformierte 1012 den Benediktinerorden durch Gründung des neuen Ordens der Kamaldulenser, der später zahlreiche Spaltungen und Neuansiedelungen erleben sollte. Im 12. Jahrhundert setzte sich der hl. Bernhard von Clairvaux erfolgreich für eine Reform der Benediktiner ein und gründete den Zisterzienserorden.

Übersetzer Franchita Mirella Cattani
Sprache deutsch
Original-Titel An Infinity of Little Hours
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 640 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Kartäuser • Kartäuser , Kloster, Ordensleben, Religionen • Kartäuser, Kloster, Ordensleben, Religionen
ISBN-10 3-442-33776-3 / 3442337763
ISBN-13 978-3-442-33776-7 / 9783442337767
Zustand Neuware
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