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Geleitwort



Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) ist mit über 27.000 Mitgliedern aus Hochschule, Industrie, Behörden und freier Tätigkeit die bei weitem größte chemiewissenschaftliche Fachgesellschaft Kontinentaleuropas. Zu ihren wichtigsten Anliegen gehört die Förderung des Wissens und des Verständnisses von Chemie in der breiten Öffentlichkeit. Zwar hat auch in der allgemeinen Wahrnehmung die Erkenntnis, dass chemische Zusammenhänge eine wichtige Grundlage unseres Alltags darstellen, ohne die viele Annehmlichkeiten des täglichen Lebens nicht möglich wären, in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Dennoch sind weitere Anstrengungen nötig, um die große Bedeutung, die chemische Prozesse in vielen Bereichen haben - gerade in solchen, wo wir es nicht vermuten -, stärker im Bewusstsein zu verankern.

Die im vorliegenden Buch von Klaus Roth beschriebenen "chemischen Delikatessen", ein "best of" der regelmäßig in der Rubrik "kurios, spannend, alltäglich" der GDCh-Zeitschrift Chemie in unserer Zeit erscheinenden Essays, sind hierzu besonders gut geeignet. Auf unterhaltsame und informative Weise nimmt der Autor den Leser mit auf eine Reise zu den unterschiedlichsten Schauplätzen, in denen die Chemie eine gewichtige Rolle spielt. Dabei spannt Klaus Roth einen weiten Bogen, der die Beschreibung chemischer Prozesse ebenso umfasst wie Anekdoten aus dem Wissenschaftsbetrieb und Bemerkungen zu Äußerungen unserer Politprominenz. Man erfährt viel Neues und Überraschendes - so etwa über das chemische Hightech Produkt Weihnachtskerze oder die komplexe Biochemie, die Pesto so schmackhaft macht - und bekommt ganz nebenbei einen Eindruck von der Vielseitigkeit chemischer Abläufe.

Die Entscheidung, dieses Buch auch für eine Sonderausgabe der GDCh auszuwählen, fiel daher nicht schwer, und ich hoffe, das Buch gefällt den Lesern ebenso gut wie mir. Last but not least ein herzliches Dankeschön an alle am Entstehen dieses Buches Beteiligten, angefangen beim Autor Klaus Roth über das Team bei Wiley-VCH bis hin zur GDCh-Öffentlichkeitsarbeit.



Viel Spaß beim Lesen!


Prof. Dr. Wolfram Koch
Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker






Vorwort



Chemische Delikatessen? - Allerdings!

In der Vorstellung vieler Menschen vertragen sich Chemie und alles, was mit dem Essen zusammenhängt, nicht: "In mein Essen kommt mir keine Chemie", ist eine im Alltag oft gehörte Meinung. Und da spricht der Autor dieses Buchs nicht nur vom üblichen Essen, sondern bringt die Chemie sogar mit Delikatessen in Verbindung: ein Widerspruch an und in sich? Keineswegs! Der Chemiker weiß, dass Nahrungsmittel ausschließlich "aus Chemie" bestehen, dass sie Chemikalien sind - anorganische und organische, einfache und komplizierte. Ohne das unendlich komplexe Chemikaliengemisch "Nahrungsmittel" würde unser Leben rasch vorbei sein und wir hätten ganz sicher keine Zeit, Essen und Trinken, die bekanntlich zur Lebensfreude nicht unwesentlich beitragen, zu genießen.

Aber Delikatessen, ist das nicht ein wenig weit hergeholt? Nun, das Wort - man sieht es ihm leicht an - kommt aus dem Lateinischen, vom Adjektiv delikat, und dieses geht auf delicare gleich anlocken, ergötzen zurück.

Und genau das beabsichtigt und erreicht die hier vorliegende Sammlung von Aufsätzen, die ursprünglich in der Zeitschrift "Chemie in unserer Zeit" erschienen sind. Einige der Beiträge haben unmittelbar etwas mit dem Essen zu tun: die über Pesto, Schokolade und Espresso (und danach noch ein Gläschen Absinth?) etwa. Wenn der Autor über den einzigartigen Duft schreibt, der aufsteigt, wenn wir das Pesto unter die dampfende Pasta heben, läuft einem gleich das Wasser (auch eine Chemikalie: die wohl wichtigste!) im Munde zusammen und man denkt ganz sicher nicht an die Chemie. Aber der Mensch ist neugierig und will wissen und eben auch über wohlriechende Moleküle, die diesen Duft verursachen.

Aber es sind nicht nur die Nahrungsmittel, die angesprochen werden: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und so ist es nur konsequent, dass hier auch "food for thought" geboten wird, die Chemie, die hinter vielen Alltagsdingen und Phänomen steckt - die Chemie des Luftballons etwa, oder die der Fingerfarben oder die, die hinter dem Erhalt unseres Wissens - auch des hier präsentierten - durch Abwendung des Papierzerfalls steckt. Ob in der Tat "Alles Chemie ist" (Liebig), ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Aber Chemie ist ganz sicher das materielle Substrat, die stoffliche Basis, auf der sich "Alles" abspielt. Und darüber zu lernen und zu wissen, steht einem (nach)denkenden Menschen wohl an.

Wie so viele Wörter hat auch das Wort delikat einen Bedeutungswandel durchlaufen. Bevor es als Synonym für köstlich Einzug in die Sprache hielt, stand es für heikel (um 1600). Auch hier ist die Verknüpfung zur Chemie offenkundig: Die Chemie ist janusköpfig, sie hat nicht nur die bisher angesprochenen angenehmen, die Lebensqualität steigernden Aspekte, sondern erzeugt auch schwerwiegende, manchmal überaus leidvolle Probleme. Diesen weicht der Autor, wie er in einem Kapitel über die Contergan-Katastrophe zeigt, nicht aus, die kaum erträglicher wird, wenn man etwas über die Etymologie von "Delikatessen" weiß.

Der schon erwähnte Justus von Liebig hat durch seine berühmten "Chemischen Briefe" im 19. Jahrhundert nicht nur sehr viel für das Ansehen der Chemie getan - darum ging es eigentlich erst in zweiter Linie -, sondern er hat einen wesentlichen Beitrag zur naturwissenschaftlichen Bildung der Allgemeinheit geleistet. Seine Briefe wurden begierig gelesen und eifrig diskutiert - möge den Rothschen "Delikatessen" ein ähnlicher Erfolg beschieden sein.



Professor Dr. Henning Hopf
Ehem. Präsident der
Gesellschaft Deutscher Chemiker