Und vergiss nicht, glücklich zu sein!

Buch | Hardcover
340 Seiten
2015
Campus (Verlag)
978-3-593-50256-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und vergiss nicht, glücklich zu sein! - Christophe André
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»A wie Alltag: unsere wichtigste Quelle für Glück. Das Wunderbare: Die Vorkommen sind beachtlich und sie zu erschließen ist einfach. Man muss nur die Augen öffnen und sich ihrer bewusst werden«. Willkommen in der Welt von Christophe André! Europas Experte für Positive Psychologie und Bestsellerautor aus Frankreich wird unser Lebensgefühl verändern. Seine Betrachtungen versprühen eine Leichtigkeit, die man augenblicklich in die Welt tragen möchte. André lehrt uns: »Wenn jemand sagt, ›ich bin glücklich‹, meint er damit: Ich habe zwar Ärger, aber der lässt mich kalt. Keinen Ärger haben? Unmöglich. Von ihm kalt gelassen werden? Nicht immer leicht, aber häufig möglich!« Dieses Buch öffnet uns die Augen. Und was wir sehen, ist schön.
»A wie Alltag: unsere wichtigste Quelle für Glück. Das Wunderbare: Die Vorkommen sind beachtlich und sie zu erschließen ist einfach. Man muss nur die Augen öffnen und sich ihrer bewusst werden«. Willkommen in der Welt von Christophe André!

Europas Experte für Positive Psychologie und Bestsellerautor aus Frankreich wird unser Lebensgefühl verändern. Seine Betrachtungen versprühen eine Leichtigkeit, die man augenblicklich in die Welt tragen möchte. André lehrt uns: »Wenn jemand sagt, ›ich bin glücklich‹, meint er damit: Ich habe zwar Ärger, aber der lässt mich kalt. Keinen Ärger haben? Unmöglich. Von ihm kalt gelassen werden? Nicht immer leicht, aber häufig möglich!« Dieses Buch öffnet uns die Augen. Und was wir sehen, ist schön.

Dr. Christophe André ist Psychiater und Psychotherapeut am Hôpital Sainte-Anne in Paris und gilt als einer der renommiertesten Psychologen Frankreichs. Er hat zahlreiche populäre psychologische Sachbücher geschrieben, von denen einige auch in Deutschland zu Bestsellern wurden

Inhalt

Vorwort für die deutsche Ausgabe 13



Einleitung: "Ich möchte den Chef sprechen!" 16



A wie atmen 27

ABC - Aberglaube - Abgründe - Abhandlungen über das Glück - Abhängigkeit - Abstand - Abstinenz - Achtsamkeitsmeditation - Akrasie - Akzeptieren - Alles ist gut - Alltag - Alter Herr - Altruismus - Anderen Glück wünschen - Anfängergeist - Angst - Ängstlich und glücklich - Anklagen - Ansteckung - Antidepressiva - Antivorbilder - Arbeit und Glück - Arkadien - Asien - Ataraxie - Atmung, Liebe und Wohlwollen - Aufhören zu denken - Aufmerksamkeit - Ausgang - Ausprobieren - Ausruhen vor dem Schlaf - Auswahl

B wie beim Wort nehmen 49

Bach und Mozart - Bedauern - Begegnungen - Beleidigung durch Glück - Beim Wort genommen werden - Berechtigt - Besinnung - "Beweg deinen Hintern!" - Bewundern - Bewundernswerter Autor? - Bewusst-sein - Bildschirme

C wie Chancen 60

Chancen auf Glück - Cioran - Coué

D wie Dankbarkeit 63

Dänemark - Dankbarkeit - Danksagungen des Marc Aurel - "Das hast du mir noch nie gesagt" - Demokratie - Demokratie und warme Dusche - "Denk daran, dass ich dich geliebt habe" - Depression - Der merk-würdige Herr, der überhaupt nichts tat - Diktatur des Glücks - Download - Drei schöne Dinge - Dringend oder wichtig?

E wie Ehrfurcht 75

Easterlin-Paradox - Effizienz und Glück - Egoismus - Egoismus, ist er unvermeidlich? - Ehegatte - Eheleben - Ehrfurcht - Einkaufswagen oder das wahre Leben - Einsamkeit - Elektrizität - Ekstase - E-Mail eines Freundes - Emotionales Gleichgewicht - Emotionen - Emotionen, negative - Emotionen, positive - Empathie - Endlichkeit - Enthusiasmus - Entzücken - Epikur - Epiktet - Erfolg - Erinnerungen und Vergangenheit - Erleichterung - Ermüdung - Ernsthafte Dinge - Erster Kuss - Erwachen - Eudämonie - Euphorie - Ewige Wiederkehr - Ewigkeit - Existenzielle Ängste

F wie Freude 96

Fallende Blüten - Falsche Propheten - Familie - Fehler der anderen - Fensterläden - Fernsehen - Fisch - Flexibilität - Flow - Flut von Negativismus - Fontenelle - Forever young - Fragilität - Frankreich - Freiheit - Freud - Freude - Freunde - Freundlichkeit - Friedhof - Früher - Frühling - Fortschritte machen - Fülle des Glücks - Fußgänger

G wie genießen 111

Gärtner - Ganz einfach gut - Gebet - Geduld - Gegen-wart - Gegenwärtiger Augenblick - Geheimnisse des Glücks - Gehirn - Gelassenheit - Geld - Genesen - Genießen - Genuss-Menü - Gerede - Gesundheit - Gewaltlosigkeit - Gewissheiten Positiver Antipsychologie - Glaube - Glück auf dem Rastplatz - Glück der anderen - Glücklichsein beschließen - Glück messen - Glücksrezepte - Glück und Vergnügen - Glück und Verlangen - Glück vergessen - Gräser und Wälder - Grenzen der Positiven Psychologie - Großzügige Schwester - Großzügigkeit - Grübeleien - Gute Laune - Gute Taten

H wie heute 133

"Halt dich gerade!" - Harmonie - Hedonistische Gewöhnung - Hedonismus - Hedonistisches Gleichgewicht - Herbst - Herbstwind - Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! - Heute - Hochbegabt für Glück - Hoffnung - Horror und Glück - Humor - Hunde und Katzen

I wie Illusionen 142

Ich - Illusion - Impfstoff - Induktion von Emotionen - Infragestellen - In fünf Jahren sterben - Intelligenz

J wie Jubel 148

Ja, aber: nie wieder! - Jahreszeiten - Der Ja-Sager - Jeremia - Jubel

K wie Karma 152

K - Kann Glück unglücklich machen? - Express-Karma - Kassandra - Kausalitäten - Kinder - Klagen - Koan - Koan über das Böse - Kohärenz - Kontrolle - Körper - Krankheit - Kreativität: die Maus, die Eule und der Käse - Krill - Krise - Kritik des Glücks

L wie Leben 162

Lachen - Lächeln - Langeweile - Langlebigkeit - Langsamkeit - Langweilige Leute - "Lass die Sonne her-ein!" - Leben - Lehre - Leichtigkeit - Leiden - Lernen - Letzte Male - Liebe - Loslassen - Lotto - Lüge

M wie Mantra 174

Mama - Mandela - Mantra - Marc Aurel - Marone - Martin Luther King - Materialismus in der Psychologie - Mathematische Formeln für das Glück - Meckern oder nicht meckern - Medaillen - Meister des Glücks - Melancholie - Mentale Bilder und Geschwindigkeit - Midlife-Crisis - Milde - "Mist, Mist, Mist!" - Mitleid - Modernität - Montesquieu - Moral - Moskau - Morgen

N wie Natur 192

Nachgeben - Nachsicht - Nachteile des Glücklichseins - Nachts im Freien - Nahrung - Natur - Neid - Neugier - Neuroplastizität - Nicht urteilen - Nirwana - Nostalgie - Not - Nützlich

O wie Offenheit 202

Offenheit des Geistes - Ohne Glück … - Ohnmächtig, aber da - Ökologie und Psychologie - Optimismus - Oxymoron des Glücks

P wie perfekter Augenblick 207

Panne - "Papa, wenn du stirbst …" - Partys - Perfekter Augenblick - Perfektion des Glücks - Perplexität - Petersilie, gegenseitige Hilfe und Nasenpopel - Pflichten des Glücks - Pipi - Plattitüden - Polizei - Politisch und psychologisch - Positiv denken - Positive Klarstellung - Positive Lenkung - Positive Psychologie - Positives bei anderen sehen - Prävention - Prinz de Ligne - Probleme - Psychoanalytiker - Psychodiversität - Psycho-Neuro-Immunologie

Q wie Quellen des Glücks 223

Qualen in der Freude - Quellen des Glücks - Quietismus

R wie Recht auf Unglück 225

Rächer mit der Maske - Recht auf Glück - Recht auf Unglück - Reichtum beruhigt - Religion - Revolutionen - Rückfälle - Rue des Champs-Pierreux - Rührung

S wie Sonne 230

Sandwich - Schaben, Kirschen und negative Tendenz - Schadenfreude - Schal - Scharfsinn - Schaufenster für Emotionen: das Gesicht - Schaufenster - Schenken - Schicksalsschlag - Schizophrenie und Liebe - Schlechte Laune - Schlechtes sagen, ohne es zu tun - Schlecht gelaunter Affe - Schmerz - Schnurrbart - Schön - Schuld - Schuldig, weil man glücklich ist - Schwach oder verletzlich? - Schwan - Seil und Kette - Selbstheilung - Selbstkontrolle - Selbstmord - Selbstwertgefühl - Selektives Gedächtnis - Seufzen oder nicht mehr seufzen - Sex und Glück: "Oh ja!" - Sex und Glück: "Naja …" - Sinn des Lebens - Sklave seiner selbst - Snobismus - Snoopy - Sokrates - Sorgen - Sorge um das Glück - Soziale Bindungen - Später - Spinoza - Stärken und Schwächen - Steiler Hang und Freundschaft - Stille - Stimmungsabhängigkeit - Stolz - Stopp! - Strecken

T wie Traurigkeit 263

Tetrapharmakos ("Vierfache Medizin") - Therapie - Tiere - Tod - Todeslager - "Total happiness!" - Tragisch - Training für den Geist - Trauer des Caligula - Trauer und Trost - Träumen - Traurigkeit - Trost - Trotzdem - "Tu dein Bestes" - Tugenden

U wie Unglück 275

Überall - Überfluss - Üble Nachrede - Umherschweifen des Geistes - Unangenehmer Miesepeter - Ungewissheit (vor angenehmen Ereignissen) - Ungewissheit (nach angenehmen Ereignissen) - Ungewissheit und Angst - Unglück - Unhöflich - Untugend - Utopie

V wie Verzeihung 284

Veränderung: die Möglichkeit - Veränderung: die Schritte - Vergangenheit - Die Vergangenheit schönen - Vergleiche - Vergnügen - Verrückte - Verzeihung - Verzichten - Verzweiflung - Vier Lebensregeln - Vorbilder und Antivorbilder - Vorher und nachher - Vorsätze - Vorschreiben oder verbieten - Vorurteile und Geländewagen - Vorurteile (Rückfall)

W wie Wohlwollen 295

Waffenstillstand (Armistice) - Wahrheit - Walden - Walhalla - Wall Street - Wann bin ich wirklich ich selbst? - "Was hast du heute für andere getan?" - Weisheit - Weltuntergang - Werbung - Wert - Wetter - Widerstandsfähigkeit - Widmung - Wiederfinden - Winter - Wintersonnenwende - Wissenschaft - Wohlbefinden - Wohlwollen - Wölfe - Wolken - Worry - Worte, Worte - Wünsche

X wie anonym 309

X - X in Aktion - Xenismus - Xerophil

Y wie Yin und Yang 312

Yacht - Yin und Yang - Yippie!

Z wie Zen 314

Zahnfee - Zahnschmerz - Zappen - Zebras - Zeit haben - Zeitweise glücklich - Zen - Zerstreuungen und Streuungen - Zucchini-Gratin - Zukunft - Zufrieden - Zum Atmen gezwungen - Zu spät - Zu viel Glück? - Zum Schluss



Schluss: In der Stunde meines Todes 323



Anmerkungen 326



Vorwort für die deutsche Ausgabe Ich freue mich sehr, Ihnen die deutsche Fassung dieses Buches zu präsentieren, das gewiss mein persönlichstes Werk ist. Meine Beziehung zu Deutschland ist einfach, in meinen Augen aber bedeutsam: Im Unterschied zu vielen Franzosen, die für dieses Land eine Mischung aus Angst und Bewunderung empfinden, fühle ich Zuneigung, denn Deutschland ist für mich mit zahlreichen Erinnerungen an glückliche Momente verbunden. Die erste Erinnerung geht auf meine Schulzeit, genauer auf die Jahre nach dem Wechsel von der Grund- in die weiterführende Schule zurück. Meine Eltern beschlossen, mich für eine Klasse anzumelden, in der die erste Fremdsprache Deutsch war, während fast alle anderen Englisch oder Spanisch wählten (das war in Toulouse, im Süden Frankreichs, etwa hundert Kilometer von der spanischen Grenze entfernt). Ihnen ging es dabei zunächst nur um schulischen Ehrgeiz: Deutsch galt als schwierig, und nur guten Schülern wurde empfohlen, sich für Klassen anzumelden, in denen es unterrichtet wurde. Im ersten Jahr hatte ich das Glück, auf eine außergewöhnlich sympathische, sehr engagierte und hübsche Lehrerin zu treffen, die diese Kurse in Momente des Glücks verwandelte, und in die alle Jungen der Klasse sehr verliebt waren. Wir waren höchst motiviert, die deutsche Sprache und etwas über die deutsche Kultur zu lernen… Dies alles freute meinen Großvater mütterlicherseits, zu dem ich eine sehr intensive Beziehung hatte (siehe zum Beispiel den Eintrag "Schaufenster" dieses Buches). Wie alle Männer seiner Generation hatte er während des Zweiten Weltkriegs gegen die Deutschen gekämpft. Nach der Niederlage Frankreichs 1940 wurde er als Kriegsgefangener nach Deutschland geschickt, um in einem landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten. Als aktiver Kommunist hatte er kein Ressentiment gegen die Deutschen, denn er betrachtete den Krieg als eine Manipulation der Völker durch das, was er mit zusammengezogenen Augenbrauen und tiefer Stimme "das Großkapital" nannte, das darauf ziele, sie gegeneinander aufzubringen. Er war also eher bereit, sich mit ihnen zu verbrüdern, als sie zu hassen. Er pflegte sogar gute Beziehungen zu den Betreibern des Bauernhofs, auf dem er arbeitete, und besuchte sie, als wieder Friede war, häufig. Er hatte also ebenfalls ein freundschaftliches Verhältnis zu Deutschland… Dann kam, wie für alle Schüler in der Sekundarstufe, die Zeit der Sprachaustausche. Da meine Eltern mich immer noch in den bestmöglichen Klassen haben wollten (wir kamen aus bescheidenen Verhältnissen, und meine Eltern wollten, dass ich Erfolg hatte), hatten sie mich auch bei der zweiten Fremdsprache immer noch nicht für Englisch oder Spanisch angemeldet, sondern für Latein und Altgriechisch. Also blieb mir als mögliches Ziel nur Deutschland, was mir überhaupt nicht missfiel, da ich sehr neugierig darauf war, dieses Land "in echt" kennenzulernen. Die Familie, bei der ich einen Sommer lang wohnte, lebte in Essen im Ruhrgebiet. In touristischer Hinsicht ist das vielleicht nicht die attraktivste Stadt, doch ich begegnete einer außergewöhnlich netten Familie, warmherzig und gastfreundlich, die mich wie einen Sohn behandelte. Auch dies sind schöne Erinnerungen an glückliche Momente… Schließlich kamen die Studienjahre und die medizinische Fakultät. Mein bester Freund und ich waren damals von Berlin begeistert. Wir fuhren oft dorthin. Das war zu Anfang der 1980er-Jahre, kurz vor dem Fall der Mauer. Ich erinnere mich noch lebhaft an die sehr spezielle Atmosphäre in jedem der beiden Teile der Stadt: Westberlin als Insel des Kapitalismus und der künstlerischen Freiheit inmitten eines kommunistischen Ozeans; und Ostberlin, das wir regelmäßig besuchten, wie eine Reise in eine andere Welt, trist und bewegend zugleich. Da wir Deutsch sprachen, hatten wir zahlreiche Begegnungen mit jungen Berlinern und vor allem mit jungen Berlinerinnen. Meine Liebe für den Klang der deutschen Sprache hat ihren Ursprung sicherlich eher in diesen Jahren als in der Schulzeit, denn die Musik der Liebesworte einer Freundin klingt für immer in den Ohren nach … Nun gut, ich werde Ihnen jetzt weder von meinem intensiven Genuss der Werke Bachs, Goethes, Schillers und anderer erzählen, noch von meinem Freund Florian, einem deutschen Fotografen, der in Paris lebt und mir regelmäßig von den Schönheiten des Schwarzwalds vorschwärmt. Ich möchte lediglich hiermit schließen: In Deutschland gibt es ein Sprichwort, das lautet "Glücklich wie Gott in Frankreich". Ich gebe zu, wir sind sehr glücklich hier. Doch was mich angeht, würde ich hinzufügen: "und so glücklich, wie ich jedes Mal in Deutschland war". Christophe André, Paris, Sommer 2014 Einleitung: "Ich möchte den Chef sprechen!" Es begann alles ganz normal: Das Arbeitsessen in einem kleinen Pariser Restaurant mit einem extravertierten, etwas unruhigen und sehr selbstbewussten, mir aber sehr lieben Freund, neigte sich dem Ende entgegen. Wir hatten gut gegessen, in angenehmer Umgebung mit schneller und freundlicher Bedienung. Tadellos. Und dann unterbricht mein Freund plötzlich das Gespräch, zieht die Augenbrauen hoch und ruft nach dem Kellner. Der ist ein wenig beunruhigt, möchte wissen, was los ist, aber mein Freund antwortet nur: "Ich möchte den Chef sprechen!" Der Kellner, verblüfft und durchaus bedauernswert, geht also. Ich frage: "Was ist los? Ist etwas nicht in Ordnung?" Doch mein Freund gibt mir nur die etwas vage Antwort: "Nein, nein, du wirst schon sehen". Er sieht dabei recht selbstzufrieden aus, was mich aber nicht wirklich beruhigt. Dann kommt der Kellner mit dem Chef zurück, den er aus der Küche geholt hat: "Stimmt etwas nicht, meine Herren?" Und mein Freund antwortet mit einem breiten Lächeln: "Nein, es ist alles bestens! Ich wollte Ihnen nur persönlich meinen Glückwunsch aussprechen! Das Essen war köstlich und der Service perfekt!" Nach kurzer Fassungslosigkeit (offenbar war ihnen so etwas noch nicht passiert) breitet sich ein Lächeln auf den Gesichtern von Chef und Kellner aus. Dann unterhalten wir uns noch ein Weilchen mit ihnen darüber, dass Gäste den Chef für gewöhnlich nur rufen, um sich zu beschweren, nicht, um ihn zu beglückwünschen. So entdeckte ich die Positive Psychologie. Negative Psychologie? Bis dahin hatte ich in meinem Beruf und in meinem Leben negative Psychologie betrieben. Ich hielt es mit Jules Renard1: "Wir sind nicht glücklich: Unser Glück, das ist das Schweigen des Unglücks." Als junger Psychiater hatte ich ein einfaches Bild von meinem Beruf: kranke Menschen behandeln und sie wieder ins Gleichgewicht bringen, damit sie ihr Leben weiterleben können. In der Hoffnung, sie nicht wiederzusehen, oder jedenfalls nicht so bald. Als junger Mensch war ich nicht sehr glücklich, auch wenn ich das Leben interessant und manchmal lustig fand. Wenn sich tagelang nichts Positives für mich ereignete, begnügte ich mich mit dem Negativen und war bereit, darüber zu lachen, so wie Woody Allen, als er sagte: "Ich würde gern mit einer Botschaft der Hoffnung enden, doch ich habe keine! Wären Sie auch mit zwei Botschaften der Hoffnungslosigkeit einverstanden?" Kurz, die Psychiatrie war nicht lustig, das Leben auch nicht. Doch allmählich gingen mir die Augen auf, über meinen Beruf und über mein Leben. Ich werde Ihnen hier nicht mein Leben erzählen, ich spreche in diesem Buch ohnehin genug von mir (von mir als gewöhnlichem Vertreter der Menschheit und nicht als besonderem, anderem, irgendwie bemerkenswertem Wesen). Doch die Positive Psychologie hat für mich Vieles verändert, zum Guten natürlich. Ich weiß heute, dass meine Arbeit als Psychiater nicht einfach darin besteht zu reparieren, was im Geist und in der Seele meiner Patienten beschädigt ist (Negative Psychologie), sondern auch darin, ihnen zu helfen, das zu entwickeln, was bei ihnen gut läuft oder was mit ein wenig Mühe gut laufen könnte, damit sie glücklicher sein und das Leben genießen können (Positive Psychologie). Nicht nur, weil ich ihnen wohlgesonnen bin, sondern auch, weil ich weiß, weil wir nun wissen, dass Glück ein ausgezeichnetes Mittel ist, psychischen Leiden vorzubeugen oder Rückfälle zu verhindern (und da es in der Psychiatrie zahlreiche Rückfälle gibt, hat man einen guten Grund, sich mit dem Glück zu befassen). Wir dürfen die Psychotherapie nicht länger als eine Methode betrachten, die darin besteht zu sagen: "Erzählen Sie mir Ihre Probleme, wieder und wieder, und dann werden wir sehen, was wir damit anfangen…" Wir dürfen nicht weiter darauf warten, dass die Menschen erkranken und wieder erkranken, um sie zu behandeln und wieder zu behandeln. Deshalb brauchen wir die Positive Psychologie. Und es muss sich dabei wirklich um Positive Psychologie handeln, nicht um einen Ersatz oder eine Mogelpackung. "Denken Sie nicht mehr daran! Denken Sie positiv!" Das ist keine Positive Psychologie… Als ich noch neu im Beruf war, sagten meine älteren Kollegen ihren Patienten, wenn sie geheilt, aber doch mal wieder niedergeschlagen waren: "Jetzt ist alles gut, vergessen Sie das alles, denken Sie positiv und genießen Sie das Leben." Und leider, leider erlitten sie häufig einige Monate oder Jahre später einen Rückfall. Heutzutage wissen wir, dass die Depression eine Krankheit ist, die dazu tendiert zurückzukehren, so wie Krebs dazu tendiert, Metastasen zu bilden. Aber Achtung: Eine Tendenz ist keine Gewissheit; der Begriff besagt nur, dass unsere Leiden dazu neigen zurückzukehren, wenn wir uns keine Mühe geben, wenn wir unsere Lebensweise nicht ändern, wenn wir weitermachen wie zuvor. Deshalb interessieren wir uns heute dafür, wie man Rückfällen vorbeugt: Wir raten unseren Patienten nicht mehr, zu vergessen, sondern ihre Lebensweise und ihre Denkweise zu ändern. Wir versuchen nicht unbedingt, sie zu beruhigen ("Das ist vorbei, das kommt nicht wieder"), sondern ihnen die Augen zu öffnen ("Das kann zurückkommen"), ihnen dabei aber Hoffnung zu machen ("Doch kann man viel tun, um das zu verhindern"). Wir sagen ihnen, "Denken Sie daran", nicht um ihnen Angst zu machen, sondern um sie dazu zu bewegen, sich um sich selbst zu kümmern. Und wir geben ihnen eine genaue Anleitung, wie das gelingen kann: Genau so arbeitet die Positive Psychologie! Wenn man geheilt ist, muss es einem natürlich gelingen, nicht zu viel an das zu denken, was schlecht laufen könnte (dabei kann uns die Psychotherapie helfen), aber man muss auch verstärkt daran denken, was gut laufen könnte (das ist die Rolle der Positiven Psychologie). Trotzdem besteht Positive Psychologie nicht darin, vage gute Ratschläge zu geben wie "Nehmen Sie das Leben leicht!" oder "Denken Sie positiv!" Sie ist auch kein Sichtschutz, der den Patienten daran hindert, die Probleme zu sehen, oder gar eine Aufforderung, seine Aufmerksamkeit nur auf die glücklichen und fröhlichen Aspekte seines Lebens zu richten - mit dem Risiko zu vergessen, dass Widrigkeiten und Unglück ebenfalls integrale Bestandteile dieses Lebens sind. Sie ist keine trügerische Sicht auf das Dasein, es geht nicht darum zu hoffen, dass das Leben freundlich zu uns sei, oder mit aller Kraft zu versuchen, es so zu sehen. Positive Psychologie ist viel ambitionierter, komplizierter und subtiler. Was ist Positive Psychologie? Sie ist ganz einfach die Erforschung dessen, was im menschlichen Geist gut funktioniert, derjenigen mentalen und emotionalen Fähigkeiten, die uns helfen, das Leben zu genießen, Probleme zu lösen und Unglück zu überwinden - oder es zumindest zu überleben. Sie lässt uns Optimismus, Vertrauen, Dankbarkeit und ähnliche Gefühle empfinden. Das Ziel ist zu verstehen, wie wir diese kostbaren Fähigkeiten in unserem Geist bewahren können, und vor allem diese Kunst denjenigen beizubringen, die sie brauchen. Als Mediziner sehe ich natürlich, inwiefern sich dies auf meine Patienten anwenden lässt: den Niedergeschlagenen helfen, weniger niedergeschlagen zu sein, den Ängstlichen, weniger ängstlich zu sein, und zwar nicht nur, indem man ihre Symptome lindert, sondern auch, indem man ihnen hilft, ihre Aufmerksamkeit auf die glücklichen Aspekte ihres Lebens zu richten. Dazu sind sie nicht in der Lage, wenn ihre Krankheit akut ist, und wenn es ihnen besser geht und sie dazu in der Lage wären, wissen sie nicht, wie sie es anstellen könnten. Im weiteren Sinne können natürlich alle Menschen, nicht nur die besonders Verletzlichen, lernen, mit ihrem Menschsein besser zurechtzukommen, ihr Wohlbefinden und ihr Glück zu kultivieren und an andere weiterzugeben. Das hätte zahlreiche Vorteile, nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern für alle Institutionen, in denen man heute - zu Recht - davon überzeugt ist, dass Menschen, denen es psychisch gut geht, ihr Bestes geben, ob beim Lernen (in der Schule), bei der Arbeit (im Unternehmen) oder beim mutigen und großmütigen Regieren (in der Politik). Die Positive Psychologie hat drei wesentliche Komponenten: Sie ist Überzeugung, Wissenschaft und Praxis. Zuerst die Überzeugung: Leben ist eine Chance. Und diese Chance verderben wir oft, weil wir nicht intelligent genug sind. Es handelt sich dabei nicht um die Intelligenz, mit der wir mathematische Formeln oder komplexe Probleme lösen, sondern um die Intelligenz des Glücks, die darin besteht, das Leben so zu sehen wie es ist, umfassend, mit seinen schönen und seinen schlechten Seiten, und es zu lieben, ganz gleich was geschieht. Diese Intelligenz besteht nicht darin, neues Wissen zu erwerben, sondern darin, mit überkommenen Gewissheiten zu brechen, vor der Tür des eigenen Geistes zu kehren, um dem Glück einen Weg zu bahnen, das, wie man weiß, in den einfachen Dingen liegt. Dann die Wissenschaft: Was die Positive Psychologie von guten Ratschlägen oder älteren Methoden (die innerhalb ihrer Institutionen durchaus zweckmäßig sein können) unterscheidet, ist, dass sie nach wissenschaftlicher Bestätigung sucht. Nicht nur gute Gefühle, auch gute Argumente: klinische Studien (was funktioniert und was funktioniert nicht?), Biologie, Neuroimaging und so weiter. Bei ihrer Suche nach dem, was unser Wohlbefinden fördern könnte, geht die Positive Psychologie so methodisch wie gründlich vor und entdeckt dabei häufig Konzepte und Überzeugungen der antiken Philosophie wieder und bestätigt sie: Für die Griechen und Römer war das intelligente Streben des Bürgers nach Glück ein hohes und legitimes Ziel, und es setzte eine regelmäßige Arbeit an sich selbst voraus. Und schließlich die Praxis: Wissen und Konzepte genügen nicht. Nie. Um weiterzukommen, muss man etwas tun! Fünf Regeln für die Praxis der Positiven Psychologie Es gibt sehr viele wissenschaftliche Arbeiten und Handbücher zur Positiven Psychologie, doch alle betonen die folgenden zentralen Punkte. 1) Wichtig ist, was ich tue, und nicht, was ich weiß Seit mehr als zwei Jahrtausenden verkünden die Weisen des Morgen- und des Abendlandes den Menschen die gleichen Botschaften: Für ein glückliches Leben muss man den Augenblick genießen, der Natur nahe bleiben, andere Menschen respektieren, ein einfaches und nüchternes Leben führen, ruhig Blut bewahren und so weiter. Das ist derartig offenkundig, dass man in Bezug auf diese Ratschläge gelegentlich von "großen Plattitüden" spricht. Und dennoch, so platt sie auch sein mögen, diese Empfehlungen sprechen uns an - wir wissen und fühlen, dass sie richtig sind. Alle hören den Weisen zu, alle bewundern sie, alle stimmen ihnen zu. Und dann gehen alle davon und machen weiter wie bisher. Niemand macht sich an die Arbeit. Bestenfalls versucht man es halbherzig, besteht dann aber nicht weiter darauf, weil es schwieriger ist als erwartet, weil es ermüdend ist oder weil man nicht augenblicklich Ergebnisse erzielt; und schließlich gibt man auf. Und wenn der Weise uns etwas gereizt nachläuft und am Ärmel festhält, antworten wir ihm: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß." Natürlich wissen wir! Sogar ein Kind weiß, was glücklich und was das Leben schön macht! Nur verstehen wir nicht, dass die Schwierigkeit nicht im Wissen liegt, sondern in dessen Anwendung, besonders wenn diese regelmäßig und anhaltend sein soll. Wir verstehen nicht, dass es nicht darum geht, was ich weiß, sondern darum, was ich tue. Liegt es vielleicht daran, dass wir uns mit der Positiven Psychologie so schwer tun? Weil wir lieber abschätzig lächeln als prüfen, weil wir den Intellekt zu hoch schätzen und die Praxis zu gering? Wir sind lieber Denker und Kommentatoren des Glücks als dessen Handwerker und Praktiker. 2) Ohne Schweiß kein Preis? Wir wissen sehr gut, dass wir regelmäßig trainieren müssen, um mehr Kondition, mehr Kraft, mehr Gelenkigkeit zu erlangen. Wir wissen, dass es nicht reicht zu sagen: "Ab jetzt werde ich versuchen, mehr Kondition, Kraft oder Gelenkigkeit zu haben", und dies sehr stark zu wollen. Uns ist klar, dass wir laufen müssen, Muskeltraining machen, Yoga oder Gymnastik. Regelmäßig. Für unseren Körper akzeptieren wir dies, aber was die guten Vorsätze für unsere Psyche angeht, denken wir weiterhin: "Dieses Mal mache ich ernst, ich bin motiviert und ich werde versuchen, mich weniger zu stressen, das Leben mehr zu genießen, weniger zu meckern, die schönen Momente besser auszukosten, statt sie mir durch meine Sorgen zu verderben." Aber nein, so funktioniert das nicht! Wie für die Kondition oder die Muskeln reicht es nicht zu wollen, man muss trainieren. Ein solches "Training des Geistes" sind die Übungen der Positiven Psychologie. Man darf sie nicht als nette Spielereien betrachten. Es geht darum, neuronale Netze, die positive Emotionen mobilisieren, auszubilden und regelmäßig zu aktivieren. Ich erkenne gern an, dass die Formel "Ohne Schweiß kein Preis" etwas radikal ist. Einige Lebensfreuden schenkt uns das Leben unverhofft und unverdient, jedenfalls ohne dass wir uns darum bemüht hätten. Es hat aber zwei Nachteile, wenn man sich nur an diese vom Himmel kommenden Gnadengaben hält: 1) Sie kommen nicht so häufig vor; 2) wir könnten sie verschwenden und sogar versäumen sie zu bemerken, wenn unser Geist sich nur mit unseren Sorgen und "den Dingen, die zu tun sind", befasst. Deshalb wird uns ein wenig Schweiß einiges mehr an Glück bescheren. Ein Freund sagte einmal zu mir: "Aber Christophe, ist Glück, das nach Schweiß riecht, nicht wie ein Paar, das sich bemüht, sich zu lieben? Kommt wahre Liebe nicht ohne Anstrengungen aus? Wie das wahre Glück?" Ja, mein Freund, nur… Auch in der Liebe muss man sich anstrengen! Nicht so sehr, um Liebe zu erwecken, sondern damit sie anhalten, tiefer werden, sich entwickeln, lebendig und interessant bleiben kann. Ohne diese Bemühungen wird die Liebe nicht auf Dauer brennen. Das Gleiche gilt für das Glück: Unsere Bemühungen dienen nicht so sehr dazu, es herbeizurufen oder aus dem Nichts entstehen zu lassen, sondern dazu, es besser zu ergreifen, wenn es vorbeigeflogen kommt, es besser auszukosten. Und es während unseres gesamten Lebens lebendig und gegenwärtig zu halten. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Bemühungen unser Glück nur dann mehren, wenn sie auf wirksamen Strategien beruhen: Je mehr Mühe man sich gibt, desto bessere Ergebnisse erzielt man. Aber unter einer Bedingung: Man muss die richtigen Anstrengungen unternehmen! Die Positive Psychologie möchte herausfinden, welche das sind. 3) Nicht nachlassen Die Übungen der Positiven Psychologie vermitteln nicht augenblicklich ein Glücksgefühl. Oder jedenfalls nur selten. Sie bereiten diese Empfindungen lediglich vor und fördern sie, machen uns aufmerksamer gegenüber angenehmen Situationen, sensibler für die schönen Dinge und Momente unseres Lebens. Die Veränderungen erfolgen allmählich, wie bei jedem Lernvorgang. Auch dies kennen wir: Wenn man etwas Neues lernt, braucht es häufig Zeit, bis sich greifbare Ergebnisse einstellen. Wir wissen dies und akzeptieren es für alles Lernen - Klavier oder Englisch, Aquarellmalerei oder Tennis. Für alles, außer für unser psychisches Wohlbefinden. Das soll sofort funktionieren. Und weil dem nicht so ist, sagen wir uns häufig: "Ich hab's ja versucht, aber es hat nicht geklappt." Und wir schließen daraus, dass die Methode wirkungslos oder dass sie für uns nicht geeignet ist. In der Presse gibt es häufig satirische Beiträge zu diesem Thema, auch im Fernsehen spottet man darüber: "Ich habe alles versucht, um glücklich zu sein, und wissen Sie was? Alles Quatsch, ich bin jetzt überhaupt nicht glücklicher!" Was würde man von jemandem sagen, der uns erzählte: "Ich habe die Geige genommen, ich habe mit dem Bogen über die Saiten gestrichen, und es ist nicht nur nichts Schönes dabei herausgekommen, sondern es klang ganz schrecklich. Die Geige taugt nichts!"? 4) Das Seil und die Fäden Die Übungen der Positiven Psychologie folgen dem, was ich "Seillogik" nenne: Ein Seil besteht aus zahlreichen Fäden, von denen jeder einzelne zu dünn ist, um etwas Schweres zu heben. Doch wenn sie miteinander verdrillt sind, werden sie zu einem Seil, und das kann sehr schwere Gewichte heben oder ziehen (es kann etwa die Last des Unglücks anheben, auch wenn sie sehr schwer wiegt). Das Training des Geistes im Sinne der Positiven Psychologie folgt diesem Muster: Eine einzige Art der Anstrengung, der Übung, genügt nicht, um unsere mentalen Gewohnheiten zu verändern. Wir müssen die Übungen nicht nur wiederholen, wie wir oben gesehen haben, sondern sie auch zusammentragen und vervielfachen. Zusammengenommen werden sie dann eine große Kraft zur Veränderung entfalten. Das ist letztendlich wie bei der Ernährung: Auch wenn wir nur gesunde Nahrungsmittel zu uns nehmen, muss die Diät vielfältig und ausgewogen sein. Auch wenn Obst gut für die Gesundheit ist, werden wir am Ende ein Problem haben, wenn wir nichts anderes essen. In der Positiven Psychologie gibt es eine sehr große Vielfalt von Übungen, sie entspricht der ebenfalls sehr großen Vielfalt von Eigenschaften, die wir für ein glückliches Leben kultivieren müssen. 5) Ein Platz für das Unglück Die Positive Psychologie hat nicht zum Ziel, völlig zu verhindern, dass wir unglücklich werden. Das wäre unrealistisch. Sie hat das Ziel, uns dabei zu helfen, es nicht unnötigerweise oder zu lange zu sein. Denn Widrigkeiten und Unglück gehören nun einmal zum menschlichen Schicksal, alle Traditionen, östliche wie westliche, haben uns stets daran erinnert: Das Glück ist das Licht und das Unglück ist sein Schatten, beide sind untrennbar. Deshalb interessiert sich die Positive Psychologie auch für die Resilienz, dafür, wie man dem Leiden widerstehen kann: nicht einfach, indem man Leidensanlässe soweit wie möglich umgeht oder einschränkt, sondern auch, indem man die mentalen Ressourcen nutzt, über die ein jeder von uns verfügt. In der gegenwärtigen Welt, jedenfalls in ihrem reichen westlichen Teil, gibt es ein interessantes Paradox: Je mehr unsere Gesellschaft versucht, uns durch eine Vielzahl von Versicherungen und Transferleistungen vor Unglück zu schützen, desto stärker greifen die psychotherapeutischen Verfahren (und zwar nicht nur in der Positiven Psychologie) den klassischen Diskurs der Stoiker wieder auf: Man muss die Tatsache akzeptieren, dass in unserem Leben widrige Ereignisse auftreten und sich darauf vorbereiten, statt davon zu träumen, ihnen niemals begegnen zu müssen. Hin zu einem aufgeklärten Glück Das Glück des Einzelnen und der Gesellschaft ist das große Ziel der Positiven Psychologie. Dieses Glück kann aber nicht als Sichtschutz dienen, als Schirm, der uns alle Widrigkeiten vergessen lässt. Es muss für uns vielmehr eine Kraftquelle sein, die uns hilft, der Not entgegenzutreten, wie Claudel einmal bemerkte: "Das Glück ist nicht das Ziel des Lebens, sondern das Mittel zum Leben." Das Glück ist das Mittel, um die düstere Seite des Lebens zu ertragen. Ohne das Glück käme uns das Dasein vor wie eine Folge von Ärgernissen und Sorgen, manchmal auch Dramen. Was es auch wirklich ist. Doch zum Glück ist es nicht nur das: Das Dasein ist auch eine Folge von Freuden und Entdeckungen, die uns dabei helfen, durch die Not zu gehen, und die uns motivieren weiterzumachen, ganz gleich, was kommen mag. Es ist also unnütz, uns auf die Suche nach einem abstrakten Glück jenseits der Jahreszeiten unseres Lebens zu machen, bleich wie die Früchte, die im Gewächshaus angebaut werden. Das einzige Glück, das zählt, ist jenes, das in unserem Leben verwurzelt ist: verbeult, unregelmäßig, unvorhersehbar, doch letztlich schmackhafter, mit einer Geschichte, die seinen Gehalt und sein Aroma ausmacht.

Vorwort für die deutsche Ausgabe Ich freue mich sehr, Ihnen die deutsche Fassung dieses Buches zu präsentieren, das gewiss mein persönlichstes Werk ist. Meine Beziehung zu Deutschland ist einfach, in meinen Augen aber bedeutsam: Im Unterschied zu vielen Franzosen, die für dieses Land eine Mischung aus Angst und Bewunderung empfinden, fühle ich Zuneigung, denn Deutschland ist für mich mit zahlreichen Erinnerungen an glückliche Momente verbunden. Die erste Erinnerung geht auf meine Schulzeit, genauer auf die Jahre nach dem Wechsel von der Grund- in die weiterführende Schule zurück. Meine Eltern beschlossen, mich für eine Klasse anzumelden, in der die erste Fremdsprache Deutsch war, während fast alle anderen Englisch oder Spanisch wählten (das war in Toulouse, im Süden Frankreichs, etwa hundert Kilometer von der spanischen Grenze entfernt). Ihnen ging es dabei zunächst nur um schulischen Ehrgeiz: Deutsch galt als schwierig, und nur guten Schülern wurde empfohlen, sich für Klassen anzumelden, in denen es unterrichtet wurde. Im ersten Jahr hatte ich das Glück, auf eine außergewöhnlich sympathische, sehr engagierte und hübsche Lehrerin zu treffen, die diese Kurse in Momente des Glücks verwandelte, und in die alle Jungen der Klasse sehr verliebt waren. Wir waren höchst motiviert, die deutsche Sprache und etwas über die deutsche Kultur zu lernen… Dies alles freute meinen Großvater mütterlicherseits, zu dem ich eine sehr intensive Beziehung hatte (siehe zum Beispiel den Eintrag "Schaufenster" dieses Buches). Wie alle Männer seiner Generation hatte er während des Zweiten Weltkriegs gegen die Deutschen gekämpft. Nach der Niederlage Frankreichs 1940 wurde er als Kriegsgefangener nach Deutschland geschickt, um in einem landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten. Als aktiver Kommunist hatte er kein Ressentiment gegen die Deutschen, denn er betrachtete den Krieg als eine Manipulation der Völker durch das, was er mit zusammengezogenen Augenbrauen und tiefer Stimme "das Großkapital" nannte, das darauf ziele, sie gegeneinander aufzubringen. Er war also eher bereit, sich mit ihnen zu verbrüdern, als sie zu hassen. Er pflegte sogar gute Beziehungen zu den Betreibern des Bauernhofs, auf dem er arbeitete, und besuchte sie, als wieder Friede war, häufig. Er hatte also ebenfalls ein freundschaftliches Verhältnis zu Deutschland… Dann kam, wie für alle Schüler in der Sekundarstufe, die Zeit der Sprachaustausche. Da meine Eltern mich immer noch in den bestmöglichen Klassen haben wollten (wir kamen aus bescheidenen Verhältnissen, und meine Eltern wollten, dass ich Erfolg hatte), hatten sie mich auch bei der zweiten Fremdsprache immer noch nicht für Englisch oder Spanisch angemeldet, sondern für Latein und Altgriechisch. Also blieb mir als mögliches Ziel nur Deutschland, was mir überhaupt nicht missfiel, da ich sehr neugierig darauf war, dieses Land "in echt" kennenzulernen. Die Familie, bei der ich einen Sommer lang wohnte, lebte in Essen im Ruhrgebiet. In touristischer Hinsicht ist das vielleicht nicht die attraktivste Stadt, doch ich begegnete einer außergewöhnlich netten Familie, warmherzig und gastfreundlich, die mich wie einen Sohn behandelte. Auch dies sind schöne Erinnerungen an glückliche Momente… Schließlich kamen die Studienjahre und die medizinische Fakultät. Mein bester Freund und ich waren damals von Berlin begeistert. Wir fuhren oft dorthin. Das war zu Anfang der 1980er-Jahre, kurz vor dem Fall der Mauer. Ich erinnere mich noch lebhaft an die sehr spezielle Atmosphäre in jedem der beiden Teile der Stadt: Westberlin als Insel des Kapitalismus und der künstlerischen Freiheit inmitten eines kommunistischen Ozeans; und Ostberlin, das wir regelmäßig besuchten, wie eine Reise in eine andere Welt, trist und bewegend zugleich. Da wir Deutsch sprachen, hatten wir zahlreiche Begegnungen mit jungen Berlinern und vor allem mit jungen Berlinerinnen. Meine Liebe für den Klang der deutschen Sprache hat ihren Ursprung sicherlich eher in diesen Jahren als in der Schulzeit, denn die Musik der Liebesworte einer Freundin klingt für immer in den Ohren nach … Nun gut, ich werde Ihnen jetzt weder von meinem intensiven Genuss der Werke Bachs, Goethes, Schillers und anderer erzählen, noch von meinem Freund Florian, einem deutschen Fotografen, der in Paris lebt und mir regelmäßig von den Schönheiten des Schwarzwalds vorschwärmt. Ich möchte lediglich hiermit schließen: In Deutschland gibt es ein Sprichwort, das lautet "Glücklich wie Gott in Frankreich". Ich gebe zu, wir sind sehr glücklich hier. Doch was mich angeht, würde ich hinzufügen: "und so glücklich, wie ich jedes Mal in Deutschland war". Christophe André, Paris, Sommer 2014 Einleitung: "Ich möchte den Chef sprechen!" Es begann alles ganz normal: Das Arbeitsessen in einem kleinen Pariser Restaurant mit einem extravertierten, etwas unruhigen und sehr selbstbewussten, mir aber sehr lieben Freund, neigte sich dem Ende entgegen. Wir hatten gut gegessen, in angenehmer Umgebung mit schneller und freundlicher Bedienung. Tadellos. Und dann unterbricht mein Freund plötzlich das Gespräch, zieht die Augenbrauen hoch und ruft nach dem Kellner. Der ist ein wenig beunruhigt, möchte wissen, was los ist, aber mein Freund antwortet nur: "Ich möchte den Chef sprechen!" Der Kellner, verblüfft und durchaus bedauernswert, geht also. Ich frage: "Was ist los? Ist etwas nicht in Ordnung?" Doch mein Freund gibt mir nur die etwas vage Antwort: "Nein, nein, du wirst schon sehen". Er sieht dabei recht selbstzufrieden aus, was mich aber nicht wirklich beruhigt. Dann kommt der Kellner mit dem Chef zurück, den er aus der Küche geholt hat: "Stimmt etwas nicht, meine Herren?" Und mein Freund antwortet mit einem breiten Lächeln: "Nein, es ist alles bestens! Ich wollte Ihnen nur persönlich meinen Glückwunsch aussprechen! Das Essen war köstlich und der Service perfekt!" Nach kurzer Fassungslosigkeit (offenbar war ihnen so etwas noch nicht passiert) breitet sich ein Lächeln auf den Gesichtern von Chef und Kellner aus. Dann unterhalten wir uns noch ein Weilchen mit ihnen darüber, dass Gäste den Chef für gewöhnlich nur rufen, um sich zu beschweren, nicht, um ihn zu beglückwünschen. So entdeckte ich die Positive Psychologie. Negative Psychologie? Bis dahin hatte ich in meinem Beruf und in meinem Leben negative Psychologie betrieben. Ich hielt es mit Jules Renard1: "Wir sind nicht glücklich: Unser Glück, das ist das Schweigen des Unglücks." Als junger Psychiater hatte ich ein einfaches Bild von meinem Beruf: kranke Menschen behandeln und sie wieder ins Gleichgewicht bringen, damit sie ihr Leben weiterleben können. In der Hoffnung, sie nicht wiederzusehen, oder jedenfalls nicht so bald. Als junger Mensch war ich nicht sehr glücklich, auch wenn ich das Leben interessant und manchmal lustig fand. Wenn sich tagelang nichts Positives für mich ereignete, begnügte ich mich mit dem Negativen und war bereit, darüber zu lachen, so wie Woody Allen, als er sagte: "Ich würde gern mit einer Botschaft der Hoffnung enden, doch ich habe keine! Wären Sie auch mit zwei Botschaften der Hoffnungslosigkeit einverstanden?" Kurz, die Psychiatrie war nicht lustig, das Leben auch nicht. Doch allmählich gingen mir die Augen auf, über meinen Beruf und über mein Leben. Ich werde Ihnen hier nicht mein Leben erzählen, ich spreche in diesem Buch ohnehin genug von mir (von mir als gewöhnlichem Vertreter der Menschheit und nicht als besonderem, anderem, irgendwie bemerkenswertem Wesen). Doch die Positive Psychologie hat für mich Vieles verändert, zum Guten natürlich. Ich weiß heute, dass meine Arbeit als Psychiater nicht einfach darin besteht zu reparieren, was im Geist und in der Seele meiner Patienten beschädigt ist (Negative Psychologie), sondern auch darin, ihnen zu helfen, das zu entwickeln, was bei ihnen gut läuft oder was mit ein wenig Mühe gut laufen könnte, damit sie glücklicher sein und das Leben genießen können (Positive Psychologie). Nicht nur, weil ich ihnen wohlgesonnen bin, sondern auch, weil ich weiß, weil wir nun wissen, dass Glück ein ausgezeichnetes Mittel ist, psychischen Leiden vorzubeugen oder Rückfälle zu verhindern (und da es in der Psychiatrie zahlreiche Rückfälle gibt, hat man einen guten Grund, sich mit dem Glück zu befassen). Wir dürfen die Psychotherapie nicht länger als eine Methode betrachten, die darin besteht zu sagen: "Erzählen Sie mir Ihre Probleme, wieder und wieder, und dann werden wir sehen, was wir damit anfangen…" Wir dürfen nicht weiter darauf warten, dass die Menschen erkranken und wieder erkranken, um sie zu behandeln und wieder zu behandeln. Deshalb brauchen wir die Positive Psychologie. Und es muss sich dabei wirklich um Positive Psychologie handeln, nicht um einen Ersatz oder eine Mogelpackung. "Denken Sie nicht mehr daran! Denken Sie positiv!" Das ist keine Positive Psychologie… Als ich noch neu im Beruf war, sagten meine älteren Kollegen ihren Patienten, wenn sie geheilt, aber doch mal wieder niedergeschlagen waren: "Jetzt ist alles gut, vergessen Sie das alles, denken Sie positiv und genießen Sie das Leben." Und leider, leider erlitten sie häufig einige Monate oder Jahre später einen Rückfall. Heutzutage wissen wir, dass die Depression eine Krankheit ist, die dazu tendiert zurückzukehren, so wie Krebs dazu tendiert, Metastasen zu bilden. Aber Achtung: Eine Tendenz ist keine Gewissheit; der Begriff besagt nur, dass unsere Leiden dazu neigen zurückzukehren, wenn wir uns keine Mühe geben, wenn wir unsere Lebensweise nicht ändern, wenn wir weitermachen wie zuvor. Deshalb interessieren wir uns heute dafür, wie man Rückfällen vorbeugt: Wir raten unseren Patienten nicht mehr, zu vergessen, sondern ihre Lebensweise und ihre Denkweise zu ändern. Wir versuchen nicht unbedingt, sie zu beruhigen ("Das ist vorbei, das kommt nicht wieder"), sondern ihnen die Augen zu öffnen ("Das kann zurückkommen"), ihnen dabei aber Hoffnung zu machen ("Doch kann man viel tun, um das zu verhindern"). Wir sagen ihnen, "Denken Sie daran", nicht um ihnen Angst zu machen, sondern um sie dazu zu bewegen, sich um sich selbst zu kümmern. Und wir geben ihnen eine genaue Anleitung, wie das gelingen kann: Genau so arbeitet die Positive Psychologie! Wenn man geheilt ist, muss es einem natürlich gelingen, nicht zu viel an das zu denken, was schlecht laufen könnte (dabei kann uns die Psychotherapie helfen), aber man muss auch verstärkt daran denken, was gut laufen könnte (das ist die Rolle der Positiven Psychologie). Trotzdem besteht Positive Psychologie nicht darin, vage gute Ratschläge zu geben wie "Nehmen Sie das Leben leicht!" oder "Denken Sie positiv!" Sie ist auch kein Sichtschutz, der den Patienten daran hindert, die Probleme zu sehen, oder gar eine Aufforderung, seine Aufmerksamkeit nur auf die glücklichen und fröhlichen Aspekte seines Lebens zu richten - mit dem Risiko zu vergessen, dass Widrigkeiten und Unglück ebenfalls integrale Bestandteile dieses Lebens sind. Sie ist keine trügerische Sicht auf das Dasein, es geht nicht darum zu hoffen, dass das Leben freundlich zu uns sei, oder mit aller Kraft zu versuchen, es so zu sehen. Positive Psychologie ist viel ambitionierter, komplizierter und subtiler. Was ist Positive Psychologie? Sie ist ganz einfach die Erforschung dessen, was im menschlichen Geist gut funktioniert, derjenigen mentalen und emotionalen Fähigkeiten, die uns helfen, das Leben zu genießen, Probleme zu lösen und Unglück zu überwinden - oder es zumindest zu überleben. Sie lässt uns Optimismus, Vertrauen, Dankbarkeit und ähnliche Gefühle empfinden. Das Ziel ist zu verstehen, wie wir diese kostbaren Fähigkeiten in unserem Geist bewahren können, und vor allem diese Kunst denjenigen beizubringen, die sie brauchen. Als Mediziner sehe ich natürlich, inwiefern sich dies auf meine Patienten anwenden lässt: den Niedergeschlagenen helfen, weniger niedergeschlagen zu sein, den Ängstlichen, weniger ängstlich zu sein, und zwar nicht nur, indem man ihre Symptome lindert, sondern auch, indem man ihnen hilft, ihre Aufmerksamkeit auf die glücklichen Aspekte ihres Lebens zu richten. Dazu sind sie nicht in der Lage, wenn ihre Krankheit akut ist, und wenn es ihnen besser geht und sie dazu in der Lage wären, wissen sie nicht, wie sie es anstellen könnten. Im weiteren Sinne können natürlich alle Menschen, nicht nur die besonders Verletzlichen, lernen, mit ihrem Menschsein besser zurechtzukommen, ihr Wohlbefinden und ihr Glück zu kultivieren und an andere weiterzugeben. Das hätte zahlreiche Vorteile, nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern für alle Institutionen, in denen man heute - zu Recht - davon überzeugt ist, dass Menschen, denen es psychisch gut geht, ihr Bestes geben, ob beim Lernen (in der Schule), bei der Arbeit (im Unternehmen) oder beim mutigen und großmütigen Regieren (in der Politik). Die Positive Psychologie hat drei wesentliche Komponenten: Sie ist Überzeugung, Wissenschaft und Praxis. Zuerst die Überzeugung: Leben ist eine Chance. Und diese Chance verderben wir oft, weil wir nicht intelligent genug sind. Es handelt sich dabei nicht um die Intelligenz, mit der wir mathematische Formeln oder komplexe Probleme lösen, sondern um die Intelligenz des Glücks, die darin besteht, das Leben so zu sehen wie es ist, umfassend, mit seinen schönen und seinen schlechten Seiten, und es zu lieben, ganz gleich was geschieht. Diese Intelligenz besteht nicht darin, neues Wissen zu erwerben, sondern darin, mit überkommenen Gewissheiten zu brechen, vor der Tür des eigenen Geistes zu kehren, um dem Glück einen Weg zu bahnen, das, wie man weiß, in den einfachen Dingen liegt. Dann die Wissenschaft: Was die Positive Psychologie von guten Ratschlägen oder älteren Methoden (die innerhalb ihrer Institutionen durchaus zweckmäßig sein können) unterscheidet, ist, dass sie nach wissenschaftlicher Bestätigung sucht. Nicht nur gute Gefühle, auch gute Argumente: klinische Studien (was funktioniert und was funktioniert nicht?), Biologie, Neuroimaging und so weiter. Bei ihrer Suche nach dem, was unser Wohlbefinden fördern könnte, geht die Positive Psychologie so methodisch wie gründlich vor und entdeckt dabei häufig Konzepte und Überzeugungen der antiken Philosophie wieder und bestätigt sie: Für die Griechen und Römer war das intelligente Streben des Bürgers nach Glück ein hohes und legitimes Ziel, und es setzte eine regelmäßige Arbeit an sich selbst voraus. Und schließlich die Praxis: Wissen und Konzepte genügen nicht. Nie. Um weiterzukommen, muss man etwas tun! Fünf Regeln für die Praxis der Positiven Psychologie Es gibt sehr viele wissenschaftliche Arbeiten und Handbücher zur Positiven Psychologie, doch alle betonen die folgenden zentralen Punkte. 1) Wichtig ist, was ich tue, und nicht, was ich weiß Seit mehr als zwei Jahrtausenden verkünden die Weisen des Morgen- und des Abendlandes den Menschen die gleichen Botschaften: Für ein glückliches Leben muss man den Augenblick genießen, der Natur nahe bleiben, andere Menschen respektieren, ein einfaches und nüchternes Leben führen, ruhig Blut bewahren und so weiter. Das ist derartig offenkundig, dass man in Bezug auf diese Ratschläge gelegentlich von "großen Plattitüden" spricht. Und dennoch, so platt sie auch sein mögen, diese Empfehlungen sprechen uns an - wir wissen und fühlen, dass sie richtig sind. Alle hören den Weisen zu, alle bewundern sie, alle stimmen ihnen zu. Und dann gehen alle davon und machen weiter wie bisher. Niemand macht sich an die Arbeit. Bestenfalls versucht man es halbherzig, besteht dann aber nicht weiter darauf, weil es schwieriger ist als erwartet, weil es ermüdend ist oder weil man nicht augenblicklich Ergebnisse erzielt; und schließlich gibt man auf. Und wenn der Weise uns etwas gereizt nachläuft und am Ärmel festhält, antworten wir ihm: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß." Natürlich wissen wir! Sogar ein Kind weiß, was glücklich und was das Leben schön macht! Nur verstehen wir nicht, dass die Schwierigkeit nicht im Wissen liegt, sondern in dessen Anwendung, besonders wenn diese regelmäßig und anhaltend sein soll. Wir verstehen nicht, dass es nicht darum geht, was ich weiß, sondern darum, was ich tue. Liegt es vielleicht daran, dass wir uns mit der Positiven Psychologie so schwer tun? Weil wir lieber abschätzig lächeln als prüfen, weil wir den Intellekt zu hoch schätzen und die Praxis zu gering? Wir sind lieber Denker und Kommentatoren des Glücks als dessen Handwerker und Praktiker. 2) Ohne Schweiß kein Preis? Wir wissen sehr gut, dass wir regelmäßig trainieren müssen, um mehr Kondition, mehr Kraft, mehr Gelenkigkeit zu erlangen. Wir wissen, dass es nicht reicht zu sagen: "Ab jetzt werde ich versuchen, mehr Kondition, Kraft oder Gelenkigkeit zu haben", und dies sehr stark zu wollen. Uns ist klar, dass wir laufen müssen, Muskeltraining machen, Yoga oder Gymnastik. Regelmäßig. Für unseren Körper akzeptieren wir dies, aber was die guten Vorsätze für unsere Psyche angeht, denken wir weiterhin: "Dieses Mal mache ich ernst, ich bin motiviert und ich werde versuchen, mich weniger zu stressen, das Leben mehr zu genießen, weniger zu meckern, die schönen Momente besser auszukosten, statt sie mir durch meine Sorgen zu verderben." Aber nein, so funktioniert das nicht! Wie für die Kondition oder die Muskeln reicht es nicht zu wollen, man muss trainieren. Ein solches "Training des Geistes" sind die Übungen der Positiven Psychologie. Man darf sie nicht als nette Spielereien betrachten. Es geht darum, neuronale Netze, die positive Emotionen mobilisieren, auszubilden und regelmäßig zu aktivieren. Ich erkenne gern an, dass die Formel "Ohne Schweiß kein Preis" etwas radikal ist. Einige Lebensfreuden schenkt uns das Leben unverhofft und unverdient, jedenfalls ohne dass wir uns darum bemüht hätten. Es hat aber zwei Nachteile, wenn man sich nur an diese vom Himmel kommenden Gnadengaben hält: 1) Sie kommen nicht so häufig vor; 2) wir könnten sie verschwenden und sogar versäumen sie zu bemerken, wenn unser Geist sich nur mit unseren Sorgen und "den Dingen, die zu tun sind", befasst. Deshalb wird uns ein wenig Schweiß einiges mehr an Glück bescheren. Ein Freund sagte einmal zu mir: "Aber Christophe, ist Glück, das nach Schweiß riecht, nicht wie ein Paar, das sich bemüht, sich zu lieben? Kommt wahre Liebe nicht ohne Anstrengungen aus? Wie das wahre Glück?" Ja, mein Freund, nur… Auch in der Liebe muss man sich anstrengen! Nicht so sehr, um Liebe zu erwecken, sondern damit sie anhalten, tiefer werden, sich entwickeln, lebendig und interessant bleiben kann. Ohne diese Bemühungen wird die Liebe nicht auf Dauer brennen. Das Gleiche gilt für das Glück: Unsere Bemühungen dienen nicht so sehr dazu, es herbeizurufen oder aus dem Nichts entstehen zu lassen, sondern dazu, es besser zu ergreifen, wenn es vorbeigeflogen kommt, es besser auszukosten. Und es während unseres gesamten Lebens lebendig und gegenwärtig zu halten. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Bemühungen unser Glück nur dann mehren, wenn sie auf wirksamen Strategien beruhen: Je mehr Mühe man sich gibt, desto bessere Ergebnisse erzielt man. Aber unter einer Bedingung: Man muss die richtigen Anstrengungen unternehmen! Die Positive Psychologie möchte herausfinden, welche das sind. 3) Nicht nachlassen Die Übungen der Positiven Psychologie vermitteln nicht augenblicklich ein Glücksgefühl. Oder jedenfalls nur selten. Sie bereiten diese Empfindungen lediglich vor und fördern sie, machen uns aufmerksamer gegenüber angenehmen Situationen, sensibler für die schönen Dinge und Momente unseres Lebens. Die Veränderungen erfolgen allmählich, wie bei jedem Lernvorgang. Auch dies kennen wir: Wenn man etwas Neues lernt, braucht es häufig Zeit, bis sich greifbare Ergebnisse einstellen. Wir wissen dies und akzeptieren es für alles Lernen - Klavier oder Englisch, Aquarellmalerei oder Tennis. Für alles, außer für unser psychisches Wohlbefinden. Das soll sofort funktionieren. Und weil dem nicht so ist, sagen wir uns häufig: "Ich hab's ja versucht, aber es hat nicht geklappt." Und wir schließen daraus, dass die Methode wirkungslos oder dass sie für uns nicht geeignet ist. In der Presse gibt es häufig satirische Beiträge zu diesem Thema, auch im Fernsehen spottet man darüber: "Ich habe alles versucht, um glücklich zu sein, und wissen Sie was? Alles Quatsch, ich bin jetzt überhaupt nicht glücklicher!" Was würde man von jemandem sagen, der uns erzählte: "Ich habe die Geige genommen, ich habe mit dem Bogen über die Saiten gestrichen, und es ist nicht nur nichts Schönes dabei herausgekommen, sondern es klang ganz schrecklich. Die Geige taugt nichts!"? 4) Das Seil und die Fäden Die Übungen der Positiven Psychologie folgen dem, was ich "Seillogik" nenne: Ein Seil besteht aus zahlreichen Fäden, von denen jeder einzelne zu dünn ist, um etwas Schweres zu heben. Doch wenn sie miteinander verdrillt sind, werden sie zu einem Seil, und das kann sehr schwere Gewichte heben oder ziehen (es kann etwa die Last des Unglücks anheben, auch wenn sie sehr schwer wiegt). Das Training des Geistes im Sinne der Positiven Psychologie folgt diesem Muster: Eine einzige Art der Anstrengung, der Übung, genügt nicht, um unsere mentalen Gewohnheiten zu verändern. Wir müssen die Übungen nicht nur wiederholen, wie wir oben gesehen haben, sondern sie auch zusammentragen und vervielfachen. Zusammengenommen werden sie dann eine große Kraft zur Veränderung entfalten. Das ist letztendlich wie bei der Ernährung: Auch wenn wir nur gesunde Nahrungsmittel zu uns nehmen, muss die Diät vielfältig und ausgewogen sein. Auch wenn Obst gut für die Gesundheit ist, werden wir am Ende ein Problem haben, wenn wir nichts anderes essen. In der Positiven Psychologie gibt es eine sehr große Vielfalt von Übungen, sie entspricht der ebenfalls sehr großen Vielfalt von Eigenschaften, die wir für ein glückliches Leben kultivieren müssen. 5) Ein Platz für das Unglück Die Positive Psychologie hat nicht zum Ziel, völlig zu verhindern, dass wir unglücklich werden. Das wäre unrealistisch. Sie hat das Ziel, uns dabei zu helfen, es nicht unnötigerweise oder zu lange zu sein. Denn Widrigkeiten und Unglück gehören nun einmal zum menschlichen Schicksal, alle Traditionen, östliche wie westliche, haben uns stets daran erinnert: Das Glück ist das Licht und das Unglück ist sein Schatten, beide sind untrennbar. Deshalb interessiert sich die Positive Psychologie auch für die Resilienz, dafür, wie man dem Leiden widerstehen kann: nicht einfach, indem man Leidensanlässe soweit wie möglich umgeht oder einschränkt, sondern auch, indem man die mentalen Ressourcen nutzt, über die ein jeder von uns verfügt. In der gegenwärtigen Welt, jedenfalls in ihrem reichen westlichen Teil, gibt es ein interessantes Paradox: Je mehr unsere Gesellschaft versucht, uns durch eine Vielzahl von Versicherungen und Transferleistungen vor Unglück zu schützen, desto stärker greifen die psychotherapeutischen Verfahren (und zwar nicht nur in der Positiven Psychologie) den klassischen Diskurs der Stoiker wieder auf: Man muss die Tatsache akzeptieren, dass in unserem Leben widrige Ereignisse auftreten und sich darauf vorbereiten, statt davon zu träumen, ihnen niemals begegnen zu müssen. Hin zu einem aufgeklärten Glück Das Glück des Einzelnen und der Gesellschaft ist das große Ziel der Positiven Psychologie. Dieses Glück kann aber nicht als Sichtschutz dienen, als Schirm, der uns alle Widrigkeiten vergessen lässt. Es muss für uns vielmehr eine Kraftquelle sein, die uns hilft, der Not entgegenzutreten, wie Claudel einmal bemerkte: "Das Glück ist nicht das Ziel des Lebens, sondern das Mittel zum Leben." Das Glück ist das Mittel, um die düstere Seite des Lebens zu ertragen. Ohne das Glück käme uns das Dasein vor wie eine Folge von Ärgernissen und Sorgen, manchmal auch Dramen. Was es auch wirklich ist. Doch zum Glück ist es nicht nur das: Das Dasein ist auch eine Folge von Freuden und Entdeckungen, die uns dabei helfen, durch die Not zu gehen, und die uns motivieren weiterzumachen, ganz gleich, was kommen mag. Es ist also unnütz, uns auf die Suche nach einem abstrakten Glück jenseits der Jahreszeiten unseres Lebens zu machen, bleich wie die Früchte, die im Gewächshaus angebaut werden. Das einzige Glück, das zählt, ist jenes, das in unserem Leben verwurzelt ist: verbeult, unregelmäßig, unvorhersehbar, doch letztlich schmackhafter, mit einer Geschichte, die seinen Gehalt und sein Aroma ausmacht.

Vorwort für die deutsche Ausgabe Ich freue mich sehr, Ihnen die deutsche Fassung dieses Buches zu präsentieren, das gewiss mein persönlichstes Werk ist. Meine Beziehung zu Deutschland ist einfach, in meinen Augen aber bedeutsam: Im Unterschied zu vielen Franzosen, die für dieses Land eine Mischung aus Angst und Bewunderung empfinden, fühle ich Zuneigung, denn Deutschland ist für mich mit zahlreichen Erinnerungen an glückliche Momente verbunden. Die erste Erinnerung geht auf meine Schulzeit, genauer auf die Jahre nach dem Wechsel von der Grund- in die weiterführende Schule zurück. Meine Eltern beschlossen, mich für eine Klasse anzumelden, in der die erste Fremdsprache Deutsch war, während fast alle anderen Englisch oder Spanisch wählten (das war in Toulouse, im Süden Frankreichs, etwa hundert Kilometer von der spanischen Grenze entfernt). Ihnen ging es dabei zunächst nur um schulischen Ehrgeiz: Deutsch galt als schwierig, und nur guten Schülern wurde empfohlen, sich für Klassen anzumelden, in denen es unterrichtet wurde. Im ersten Jahr hatte ich das Glück, auf eine außergewöhnlich sympathische, sehr engagierte und hübsche Lehrerin zu treffen, die diese Kurse in Momente des Glücks verwandelte, und in die alle Jungen der Klasse sehr verliebt waren. Wir waren höchst motiviert, die deutsche Sprache und etwas über die deutsche Kultur zu lernen… Dies alles freute meinen Großvater mütterlicherseits, zu dem ich eine sehr intensive Beziehung hatte (siehe zum Beispiel den Eintrag "Schaufenster" dieses Buches). Wie alle Männer seiner Generation hatte er während des Zweiten Weltkriegs gegen die Deutschen gekämpft. Nach der Niederlage Frankreichs 1940 wurde er als Kriegsgefangener nach Deutschland geschickt, um in einem landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten. Als aktiver Kommunist hatte er kein Ressentiment gegen die Deutschen, denn er betrachtete den Krieg als eine Manipulation der Völker durch das, was er mit zusammengezogenen Augenbrauen und tiefer Stimme "das Großkapital" nannte, das darauf ziele, sie gegeneinander aufzubringen. Er war also eher bereit, sich mit ihnen zu verbrüdern, als sie zu hassen. Er pflegte sogar gute Beziehungen zu den Betreibern des Bauernhofs, auf dem er arbeitete, und besuchte sie, als wieder Friede war, häufig. Er hatte also ebenfalls ein freundschaftliches Verhältnis zu Deutschland… Dann kam, wie für alle Schüler in der Sekundarstufe, die Zeit der Sprachaustausche. Da meine Eltern mich immer noch in den bestmöglichen Klassen haben wollten (wir kamen aus bescheidenen Verhältnissen, und meine Eltern wollten, dass ich Erfolg hatte), hatten sie mich auch bei der zweiten Fremdsprache immer noch nicht für Englisch oder Spanisch angemeldet, sondern für Latein und Altgriechisch. Also blieb mir als mögliches Ziel nur Deutschland, was mir überhaupt nicht missfiel, da ich sehr neugierig darauf war, dieses Land "in echt" kennenzulernen. Die Familie, bei der ich einen Sommer lang wohnte, lebte in Essen im Ruhrgebiet. In touristischer Hinsicht ist das vielleicht nicht die attraktivste Stadt, doch ich begegnete einer außergewöhnlich netten Familie, warmherzig und gastfreundlich, die mich wie einen Sohn behandelte. Auch dies sind schöne Erinnerungen an glückliche Momente… Schließlich kamen die Studienjahre und die medizinische Fakultät. Mein bester Freund und ich waren damals von Berlin begeistert. Wir fuhren oft dorthin. Das war zu Anfang der 1980er-Jahre, kurz vor dem Fall der Mauer. Ich erinnere mich noch lebhaft an die sehr spezielle Atmosphäre in jedem der beiden Teile der Stadt: Westberlin als Insel des Kapitalismus und der künstlerischen Freiheit inmitten eines kommunistischen Ozeans; und Ostberlin, das wir regelmäßig besuchten, wie eine Reise in eine andere Welt, trist und bewegend zugleich. Da wir Deutsch sprachen, hatten wir zahlreiche Begegnungen mit jungen Berlinern und vor allem mit jungen Berlinerinnen. Meine Liebe für den Klang der deutschen Sprache hat ihren Ursprung sicherlich eher in diesen Jahren als in der Schulzeit, denn die Musik der Liebesworte einer Freundin klingt für immer in den Ohren nach … Nun gut, ich werde Ihnen jetzt weder von meinem intensiven Genuss der Werke Bachs, Goethes, Schillers und anderer erzählen, noch von meinem Freund Florian, einem deutschen Fotografen, der in Paris lebt und mir regelmäßig von den Schönheiten des Schwarzwalds vorschwärmt. Ich möchte lediglich hiermit schließen: In Deutschland gibt es ein Sprichwort, das lautet "Glücklich wie Gott in Frankreich". Ich gebe zu, wir sind sehr glücklich hier. Doch was mich angeht, würde ich hinzufügen: "und so glücklich, wie ich jedes Mal in Deutschland war". Christophe André, Paris, Sommer 2014 Einleitung: "Ich möchte den Chef sprechen!" Es begann alles ganz normal: Das Arbeitsessen in einem kleinen Pariser Restaurant mit einem extravertierten, etwas unruhigen und sehr selbstbewussten, mir aber sehr lieben Freund, neigte sich dem Ende entgegen. Wir hatten gut gegessen, in angenehmer Umgebung mit schneller und freundlicher Bedienung. Tadellos. Und dann unterbricht mein Freund plötzlich das Gespräch, zieht die Augenbrauen hoch und ruft nach dem Kellner. Der ist ein wenig beunruhigt, möchte wissen, was los ist, aber mein Freund antwortet nur: "Ich möchte den Chef sprechen!" Der Kellner, verblüfft und durchaus bedauernswert, geht also. Ich frage: "Was ist los? Ist etwas nicht in Ordnung?" Doch mein Freund gibt mir nur die etwas vage Antwort: "Nein, nein, du wirst schon sehen". Er sieht dabei recht selbstzufrieden aus, was mich aber nicht wirklich beruhigt. Dann kommt der Kellner mit dem Chef zurück, den er aus der Küche geholt hat: "Stimmt etwas nicht, meine Herren?" Und mein Freund antwortet mit einem breiten Lächeln: "Nein, es ist alles bestens! Ich wollte Ihnen nur persönlich meinen Glückwunsch aussprechen! Das Essen war köstlich und der Service perfekt!" Nach kurzer Fassungslosigkeit (offenbar war ihnen so etwas noch nicht passiert) breitet sich ein Lächeln auf den Gesichtern von Chef und Kellner aus. Dann unterhalten wir uns noch ein Weilchen mit ihnen darüber, dass Gäste den Chef für gewöhnlich nur rufen, um sich zu beschweren, nicht, um ihn zu beglückwünschen. So entdeckte ich die Positive Psychologie. Negative Psychologie? Bis dahin hatte ich in meinem Beruf und in meinem Leben negative Psychologie betrieben. Ich hielt es mit Jules Renard1: "Wir sind nicht glücklich: Unser Glück, das ist das Schweigen des Unglücks." Als junger Psychiater hatte ich ein einfaches Bild von meinem Beruf: kranke Menschen behandeln und sie wieder ins Gleichgewicht bringen, damit sie ihr Leben weiterleben können. In der Hoffnung, sie nicht wiederzusehen, oder jedenfalls nicht so bald. Als junger Mensch war ich nicht sehr glücklich, auch wenn ich das Leben interessant und manchmal lustig fand. Wenn sich tagelang nichts Positives für mich ereignete, begnügte ich mich mit dem Negativen und war bereit, darüber zu lachen, so wie Woody Allen, als er sagte: "Ich würde gern mit einer Botschaft der Hoffnung enden, doch ich habe keine! Wären Sie auch mit zwei Botschaften der Hoffnungslosigkeit einverstanden?" Kurz, die Psychiatrie war nicht lustig, das Leben auch nicht. Doch allmählich gingen mir die Augen auf, über meinen Beruf und über mein Leben. Ich werde Ihnen hier nicht mein Leben erzählen, ich spreche in diesem Buch ohnehin genug von mir (von mir als gewöhnlichem Vertreter der Menschheit und nicht als besonderem, anderem, irgendwie bemerkenswertem Wesen). Doch die Positive Psychologie hat für mich Vieles verändert, zum Guten natürlich. Ich weiß heute, dass meine Arbeit als Psychiater nicht einfach darin besteht zu reparieren, was im Geist und in der Seele meiner Patienten beschädigt ist (Negative Psychologie), sondern auch darin, ihnen zu helfen, das zu entwickeln, was bei ihnen gut läuft oder was mit ein wenig Mühe gut laufen könnte, damit sie glücklicher sein und das Leben genießen können (Positive Psychologie). Nicht nur, weil ich ihnen wohlgesonnen bin, sondern auch, weil ich weiß, weil wir nun wissen, dass Glück ein ausgezeichnetes Mittel ist, psychischen Leiden vorzubeugen oder Rückfälle zu verhindern (und da es in der Psychiatrie zahlreiche Rückfälle gibt, hat man einen guten Grund, sich mit dem Glück zu befassen). Wir dürfen die Psychotherapie nicht länger als eine Methode betrachten, die darin besteht zu sagen: "Erzählen Sie mir Ihre Probleme, wieder und wieder, und dann werden wir sehen, was wir damit anfangen…" Wir dürfen nicht weiter darauf warten, dass die Menschen erkranken und wieder erkranken, um sie zu behandeln und wieder zu behandeln. Deshalb brauchen wir die Positive Psychologie. Und es muss sich dabei wirklich um Positive Psychologie handeln, nicht um einen Ersatz oder eine Mogelpackung. "Denken Sie nicht mehr daran! Denken Sie positiv!" Das ist keine Positive Psychologie… Als ich noch neu im Beruf war, sagten meine älteren Kollegen ihren Patienten, wenn sie geheilt, aber doch mal wieder niedergeschlagen waren: "Jetzt ist alles gut, vergessen Sie das alles, denken Sie positiv und genießen Sie das Leben." Und leider, leider erlitten sie häufig einige Monate oder Jahre später einen Rückfall. Heutzutage wissen wir, dass die Depression eine Krankheit ist, die dazu tendiert zurückzukehren, so wie Krebs dazu tendiert, Metastasen zu bilden. Aber Achtung: Eine Tendenz ist keine Gewissheit; der Begriff besagt nur, dass unsere Leiden dazu neigen zurückzukehren, wenn wir uns keine Mühe geben, wenn wir unsere Lebensweise nicht ändern, wenn wir weitermachen wie zuvor. Deshalb interessieren wir uns heute dafür, wie man Rückfällen vorbeugt: Wir raten unseren Patienten nicht mehr, zu vergessen, sondern ihre Lebensweise und ihre Denkweise zu ändern. Wir versuchen nicht unbedingt, sie zu beruhigen ("Das ist vorbei, das kommt nicht wieder"), sondern ihnen die Augen zu öffnen ("Das kann zurückkommen"), ihnen dabei aber Hoffnung zu machen ("Doch kann man viel tun, um das zu verhindern"). Wir sagen ihnen, "Denken Sie daran", nicht um ihnen Angst zu machen, sondern um sie dazu zu bewegen, sich um sich selbst zu kümmern. Und wir geben ihnen eine genaue Anleitung, wie das gelingen kann: Genau so arbeitet die Positive Psychologie! Wenn man geheilt ist, muss es einem natürlich gelingen, nicht zu viel an das zu denken, was schlecht laufen könnte (dabei kann uns die Psychotherapie helfen), aber man muss auch verstärkt daran denken, was gut laufen könnte (das ist die Rolle der Positiven Psychologie). Trotzdem besteht Positive Psychologie nicht darin, vage gute Ratschläge zu geben wie "Nehmen Sie das Leben leicht!" oder "Denken Sie positiv!" Sie ist auch kein Sichtschutz, der den Patienten daran hindert, die Probleme zu sehen, oder gar eine Aufforderung, seine Aufmerksamkeit nur auf die glücklichen und fröhlichen Aspekte seines Lebens zu richten - mit dem Risiko zu vergessen, dass Widrigkeiten und Unglück ebenfalls integrale Bestandteile dieses Lebens sind. Sie ist keine trügerische Sicht auf das Dasein, es geht nicht darum zu hoffen, dass das Leben freundlich zu uns sei, oder mit aller Kraft zu versuchen, es so zu sehen. Positive Psychologie ist viel ambitionierter, komplizierter und subtiler. Was ist Positive Psychologie? Sie ist ganz einfach die Erforschung dessen, was im menschlichen Geist gut funktioniert, derjenigen mentalen und emotionalen Fähigkeiten, die uns helfen, das Leben zu genießen, Probleme zu lösen und Unglück zu überwinden - oder es zumindest zu überleben. Sie lässt uns Optimismus, Vertrauen, Dankbarkeit und ähnliche Gefühle empfinden. Das Ziel ist zu verstehen, wie wir diese kostbaren Fähigkeiten in unserem Geist bewahren können, und vor allem diese Kunst denjenigen beizubringen, die sie brauchen. Als Mediziner sehe ich natürlich, inwiefern sich dies auf meine Patienten anwenden lässt: den Niedergeschlagenen helfen, weniger niedergeschlagen zu sein, den Ängstlichen, weniger ängstlich zu sein, und zwar nicht nur, indem man ihre Symptome lindert, sondern auch, indem man ihnen hilft, ihre Aufmerksamkeit auf die glücklichen Aspekte ihres Lebens zu richten. Dazu sind sie nicht in der Lage, wenn ihre Krankheit akut ist, und wenn es ihnen besser geht und sie dazu in der Lage wären, wissen sie nicht, wie sie es anstellen könnten. Im weiteren Sinne können natürlich alle Menschen, nicht nur die besonders Verletzlichen, lernen, mit ihrem Menschsein besser zurechtzukommen, ihr Wohlbefinden und ihr Glück zu kultivieren und an andere weiterzugeben. Das hätte zahlreiche Vorteile, nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern für alle Institutionen, in denen man heute - zu Recht - davon überzeugt ist, dass Menschen, denen es psychisch gut geht, ihr Bestes geben, ob beim Lernen (in der Schule), bei der Arbeit (im Unternehmen) oder beim mutigen und großmütigen Regieren (in der Politik). Die Positive Psychologie hat drei wesentliche Komponenten: Sie ist Überzeugung, Wissenschaft und Praxis. Zuerst die Überzeugung: Leben ist eine Chance. Und diese Chance verderben wir oft, weil wir nicht intelligent genug sind. Es handelt sich dabei nicht um die Intelligenz, mit der wir mathematische Formeln oder komplexe Probleme lösen, sondern um die Intelligenz des Glücks, die darin besteht, das Leben so zu sehen wie es ist, umfassend, mit seinen schönen und seinen schlechten Seiten, und es zu lieben, ganz gleich was geschieht. Diese Intelligenz besteht nicht darin, neues Wissen zu erwerben, sondern darin, mit überkommenen Gewissheiten zu brechen, vor der Tür des eigenen Geistes zu kehren, um dem Glück einen Weg zu bahnen, das, wie man weiß, in den einfachen Dingen liegt. Dann die Wissenschaft: Was die Positive Psychologie von guten Ratschlägen oder älteren Methoden (die innerhalb ihrer Institutionen durchaus zweckmäßig sein können) unterscheidet, ist, dass sie nach wissenschaftlicher Bestätigung sucht. Nicht nur gute Gefühle, auch gute Argumente: klinische Studien (was funktioniert und was funktioniert nicht?), Biologie, Neuroimaging und so weiter. Bei ihrer Suche nach dem, was unser Wohlbefinden fördern könnte, geht die Positive Psychologie so methodisch wie gründlich vor und entdeckt dabei häufig Konzepte und Überzeugungen der antiken Philosophie wieder und bestätigt sie: Für die Griechen und Römer war das intelligente Streben des Bürgers nach Glück ein hohes und legitimes Ziel, und es setzte eine regelmäßige Arbeit an sich selbst voraus. Und schließlich die Praxis: Wissen und Konzepte genügen nicht. Nie. Um weiterzukommen, muss man etwas tun! Fünf Regeln für die Praxis der Positiven Psychologie Es gibt sehr viele wissenschaftliche Arbeiten und Handbücher zur Positiven Psychologie, doch alle betonen die folgenden zentralen Punkte. 1) Wichtig ist, was ich tue, und nicht, was ich weiß Seit mehr als zwei Jahrtausenden verkünden die Weisen des Morgen- und des Abendlandes den Menschen die gleichen Botschaften: Für ein glückliches Leben muss man den Augenblick genießen, der Natur nahe bleiben, andere Menschen respektieren, ein einfaches und nüchternes Leben führen, ruhig Blut bewahren und so weiter. Das ist derartig offenkundig, dass man in Bezug auf diese Ratschläge gelegentlich von "großen Plattitüden" spricht. Und dennoch, so platt sie auch sein mögen, diese Empfehlungen sprechen uns an - wir wissen und fühlen, dass sie richtig sind. Alle hören den Weisen zu, alle bewundern sie, alle stimmen ihnen zu. Und dann gehen alle davon und machen weiter wie bisher. Niemand macht sich an die Arbeit. Bestenfalls versucht man es halbherzig, besteht dann aber nicht weiter darauf, weil es schwieriger ist als erwartet, weil es ermüdend ist oder weil man nicht augenblicklich Ergebnisse erzielt; und schließlich gibt man auf. Und wenn der Weise uns etwas gereizt nachläuft und am Ärmel festhält, antworten wir ihm: "Ja, ja, ich weiß, ich weiß." Natürlich wissen wir! Sogar ein Kind weiß, was glücklich und was das Leben schön macht! Nur verstehen wir nicht, dass die Schwierigkeit nicht im Wissen liegt, sondern in dessen Anwendung, besonders wenn diese regelmäßig und anhaltend sein soll. Wir verstehen nicht, dass es nicht darum geht, was ich weiß, sondern darum, was ich tue. Liegt es vielleicht daran, dass wir uns mit der Positiven Psychologie so schwer tun? Weil wir lieber abschätzig lächeln als prüfen, weil wir den Intellekt zu hoch schätzen und die Praxis zu gering? Wir sind lieber Denker und Kommentatoren des Glücks als dessen Handwerker und Praktiker. 2) Ohne Schweiß kein Preis? Wir wissen sehr gut, dass wir regelmäßig trainieren müssen, um mehr Kondition, mehr Kraft, mehr Gelenkigkeit zu erlangen. Wir wissen, dass es nicht reicht zu sagen: "Ab jetzt werde ich versuchen, mehr Kondition, Kraft oder Gelenkigkeit zu haben", und dies sehr stark zu wollen. Uns ist klar, dass wir laufen müssen, Muskeltraining machen, Yoga oder Gymnastik. Regelmäßig. Für unseren Körper akzeptieren wir dies, aber was die guten Vorsätze für unsere Psyche angeht, denken wir weiterhin: "Dieses Mal mache ich ernst, ich bin motiviert und ich werde versuchen, mich weniger zu stressen, das Leben mehr zu genießen, weniger zu meckern, die schönen Momente besser auszukosten, statt sie mir durch meine Sorgen zu verderben." Aber nein, so funktioniert das nicht! Wie für die Kondition oder die Muskeln reicht es nicht zu wollen, man muss trainieren. Ein solches "Training des Geistes" sind die Übungen der Positiven Psychologie. Man darf sie nicht als nette Spielereien betrachten. Es geht darum, neuronale Netze, die positive Emotionen mobilisieren, auszubilden und regelmäßig zu aktivieren. Ich erkenne gern an, dass die Formel "Ohne Schweiß kein Preis" etwas radikal ist. Einige Lebensfreuden schenkt uns das Leben unverhofft und unverdient, jedenfalls ohne dass wir uns darum bemüht hätten. Es hat aber zwei Nachteile, wenn man sich nur an diese vom Himmel kommenden Gnadengaben hält: 1) Sie kommen nicht so häufig vor; 2) wir könnten sie verschwenden und sogar versäumen sie zu bemerken, wenn unser Geist sich nur mit unseren Sorgen und "den Dingen, die zu tun sind", befasst. Deshalb wird uns ein wenig Schweiß einiges mehr an Glück bescheren. Ein Freund sagte einmal zu mir: "Aber Christophe, ist Glück, das nach Schweiß riecht, nicht wie ein Paar, das sich bemüht, sich zu lieben? Kommt wahre Liebe nicht ohne Anstrengungen aus? Wie das wahre Glück?" Ja, mein Freund, nur… Auch in der Liebe muss man sich anstrengen! Nicht so sehr, um Liebe zu erwecken, sondern damit sie anhalten, tiefer werden, sich entwickeln, lebendig und interessant bleiben kann. Ohne diese Bemühungen wird die Liebe nicht auf Dauer brennen. Das Gleiche gilt für das Glück: Unsere Bemühungen dienen nicht so sehr dazu, es herbeizurufen oder aus dem Nichts entstehen zu lassen, sondern dazu, es besser zu ergreifen, wenn es vorbeigeflogen kommt, es besser auszukosten. Und es während unseres gesamten Lebens lebendig und gegenwärtig zu halten. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Bemühungen unser Glück nur dann mehren, wenn sie auf wirksamen Strategien beruhen: Je mehr Mühe man sich gibt, desto bessere Ergebnisse erzielt man. Aber unter einer Bedingung: Man muss die richtigen Anstrengungen unternehmen! Die Positive Psychologie möchte herausfinden, welche das sind. 3) Nicht nachlassen Die Übungen der Positiven Psychologie vermitteln nicht augenblicklich ein Glücksgefühl. Oder jedenfalls nur selten. Sie bereiten diese Empfindungen lediglich vor und fördern sie, machen uns aufmerksamer gegenüber angenehmen Situationen, sensibler für die schönen Dinge und Momente unseres Lebens. Die Veränderungen erfolgen allmählich, wie bei jedem Lernvorgang. Auch dies kennen wir: Wenn man etwas Neues lernt, braucht es häufig Zeit, bis sich greifbare Ergebnisse einstellen. Wir wissen dies und akzeptieren es für alles Lernen - Klavier oder Englisch, Aquarellmalerei oder Tennis. Für alles, außer für unser psychisches Wohlbefinden. Das soll sofort funktionieren. Und weil dem nicht so ist, sagen wir uns häufig: "Ich hab's ja versucht, aber es hat nicht geklappt." Und wir schließen daraus, dass die Methode wirkungslos oder dass sie für uns nicht geeignet ist. In der Presse gibt es häufig satirische Beiträge zu diesem Thema, auch im Fernsehen spottet man darüber: "Ich habe alles versucht, um glücklich zu sein, und wissen Sie was? Alles Quatsch, ich bin jetzt überhaupt nicht glücklicher!" Was würde man von jemandem sagen, der uns erzählte: "Ich habe die Geige genommen, ich habe mit dem Bogen über die Saiten gestrichen, und es ist nicht nur nichts Schönes dabei herausgekommen, sondern es klang ganz schrecklich. Die Geige taugt nichts!"? 4) Das Seil und die Fäden Die Übungen der Positiven Psychologie folgen dem, was ich "Seillogik" nenne: Ein Seil besteht aus zahlreichen Fäden, von denen jeder einzelne zu dünn ist, um etwas Schweres zu heben. Doch wenn sie miteinander verdrillt sind, werden sie zu einem Seil, und das kann sehr schwere Gewichte heben oder ziehen (es kann etwa die Last des Unglücks anheben, auch wenn sie sehr schwer wiegt). Das Training des Geistes im Sinne der Positiven Psychologie folgt diesem Muster: Eine einzige Art der Anstrengung, der Übung, genügt nicht, um unsere mentalen Gewohnheiten zu verändern. Wir müssen die Übungen nicht nur wiederholen, wie wir oben gesehen haben, sondern sie auch zusammentragen und vervielfachen. Zusammengenommen werden sie dann eine große Kraft zur Veränderung entfalten. Das ist letztendlich wie bei der Ernährung: Auch wenn wir nur gesunde Nahrungsmittel zu uns nehmen, muss die Diät vielfältig und ausgewogen sein. Auch wenn Obst gut für die Gesundheit ist, werden wir am Ende ein Problem haben, wenn wir nichts anderes essen. In der Positiven Psychologie gibt es eine sehr große Vielfalt von Übungen, sie entspricht der ebenfalls sehr großen Vielfalt von Eigenschaften, die wir für ein glückliches Leben kultivieren müssen. 5) Ein Platz für das Unglück Die Positive Psychologie hat nicht zum Ziel, völlig zu verhindern, dass wir unglücklich werden. Das wäre unrealistisch. Sie hat das Ziel, uns dabei zu helfen, es nicht unnötigerweise oder zu lange zu sein. Denn Widrigkeiten und Unglück gehören nun einmal zum menschlichen Schicksal, alle Traditionen, östliche wie westliche, haben uns stets daran erinnert: Das Glück ist das Licht und das Unglück ist sein Schatten, beide sind untrennbar. Deshalb interessiert sich die Positive Psychologie auch für die Resilienz, dafür, wie man dem Leiden widerstehen kann: nicht einfach, indem man Leidensanlässe soweit wie möglich umgeht oder einschränkt, sondern auch, indem man die mentalen Ressourcen nutzt, über die ein jeder von uns verfügt. In der gegenwärtigen Welt, jedenfalls in ihrem reichen westlichen Teil, gibt es ein interessantes Paradox: Je mehr unsere Gesellschaft versucht, uns durch eine Vielzahl von Versicherungen und Transferleistungen vor Unglück zu schützen, desto stärker greifen die psychotherapeutischen Verfahren (und zwar nicht nur in der Positiven Psychologie) den klassischen Diskurs der Stoiker wieder auf: Man muss die Tatsache akzeptieren, dass in unserem Leben widrige Ereignisse auftreten und sich darauf vorbereiten, statt davon zu träumen, ihnen niemals begegnen zu müssen. Hin zu einem aufgeklärten Glück Das Glück des Einzelnen und der Gesellschaft ist das große Ziel der Positiven Psychologie. Dieses Glück kann aber nicht als Sichtschutz dienen, als Schirm, der uns alle Widrigkeiten vergessen lässt. Es muss für uns vielmehr eine Kraftquelle sein, die uns hilft, der Not entgegenzutreten, wie Claudel einmal bemerkte: "Das Glück ist nicht das Ziel des Lebens, sondern das Mittel zum Leben." Das Glück ist das Mittel, um die düstere Seite des Lebens zu ertragen. Ohne das Glück käme uns das Dasein vor wie eine Folge von Ärgernissen und Sorgen, manchmal auch Dramen. Was es auch wirklich ist. Doch zum Glück ist es nicht nur das: Das Dasein ist auch eine Folge von Freuden und Entdeckungen, die uns dabei helfen, durch die Not zu gehen, und die uns motivieren weiterzumachen, ganz gleich, was kommen mag. Es ist also unnütz, uns auf die Suche nach einem abstrakten Glück jenseits der Jahreszeiten unseres Lebens zu machen, bleich wie die Früchte, die im Gewächshaus angebaut werden. Das einzige Glück, das zählt, ist jenes, das in unserem Leben verwurzelt ist: verbeult, unregelmäßig, unvorhersehbar, doch letztlich schmackhafter, mit einer Geschichte, die seinen Gehalt und sein Aroma ausmacht.

Übersetzer Manuela Lenzen, Martin Klaus
Zusatzinfo Lesebändchen
Sprache deutsch
Original-Titel Et n'oublie pas d'être heureux. Abécédaire de psychologie positive
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 514 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte abc-book • ABC-Buch • Emotion • Emotionale Wirkung • Emotionalität • Emotionality • Emotionsmanagement • Emotionstheorie • Emotion theory • Gefühl • Gestaltpsychologie • Glück • Glück; Ratgeber • Glücksforschung • Happiness • Lebensfreude • Lebensqualität • Lebenszufriedenheit • Liebe • Life Satisfaction • Love • Motivation • Motivationssteigerung • personality development • Persönlichkeitsentwicklung • Positive Psychologie • positive psychology • Programm • Psyche • Psychologie • Psychologischer Aspekt • Psychologische Theorie • Psychology • quality of life • satisfaction • Seele • Sentiment • Stimmung • Theoretische Psychologie • Zufriedenheit
ISBN-10 3-593-50256-9 / 3593502569
ISBN-13 978-3-593-50256-4 / 9783593502564
Zustand Neuware
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