Die Republik der Diebe (eBook)

Band 3 - Roman

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2014 | 1. Auflage
944 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-14102-8 (ISBN)

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Die Republik der Diebe -  Scott Lynch
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Fantasy im Breitwand-Format - Locke Lamora ist zurück!
Locke Lamora, Meisterdieb, Lügner und wahrer Gentleman, ist mit seinem Kumpan Jean nur knapp dem Piratentod entronnen. Nun ist er wieder auf Beutejagd, doch dann begegnet er einer Frau, die er längst tot glaubte: Sabetha, seine wahre Liebe - und die ist entschlossen, Locke ein für alle Mal zu vernichten, im Auftrag der finsteren Soldmagier. Für Locke und Jean geht es nun um alles oder nichts...

Scott Lynch wurde 1978 in St. Paul, Minnesota, geboren. Er übte sämtliche Tätigkeiten aus, die Schriftsteller im Allgemeinen in ihrem Lebenslauf angeben: Tellerwäscher, Kellner, Web-Designer, Werbetexter, Büromanager und Aushilfskoch. Zurzeit lebt er in New Richmond, Wisconsin. 'Die Lügen des Locke Lamora', sein erster Roman, wurde auf Anhieb ein riesiger Erfolg.

Kapitel eins

Die Dinge verschlechtern sich

1

Das schwache Sonnenlicht, das auf seine Lider fiel, holte ihn aus dem Schlaf. Die Helligkeit drang in seine Augen, nahm zu und ließ ihn benommen blinzeln. Ein Fenster stand offen, und die milde Nachmittagsluft, die ins Zimmer wehte, brachte den Gruch von Süßwasser mit sich. Das hier war nicht Camorr. Wellen schlugen gegen ein sandiges Ufer. Das war ganz sicher nicht Camorr.

Er hatte sich wieder in seinen Bettlaken verheddert, und ihm war schwindelig. Sein Gaumen fühlte sich an wie von der Sonne ausgedörrt. Er öffnete die rissigen Lippen und krächzte: »Was macht du …«

»Pssst. Ich wollte dich nicht wecken. Aber das Zimmer musste gelüftet werden.« Links von ihm ein dunkler, verschwommener Schatten, ungefähr so groß wie Jean. Der Fußboden knarrte, als die Gestalt sich im Raum bewegte. Stoff raschelte leise, eine Geldbörse schnappte mit einem Klicken auf, Metall klirrte. Locke stemmte sich auf seinen Ellbogen hoch und wartete auf das Schwindelgefühl, das sich prompt einstellte.

»Ich habe von ihr geträumt«, murmelte er. »Von der Zeit, als wir … als wir uns zum ersten Mal begegneten.«

»Von wem hast du geträumt?«

»Von ihr. Du weißt schon.«

»Ah. Von ihr!« Jean kniete sich neben das Bett und hielt Locke einen Becher voll Wasser hin. Locke nahm ihn in seine zitternde linke Hand und nippte dankbar daran. Allmählich konnte er wieder klarer sehen.

»Es war ein so lebhafter Traum, so plastisch«, fuhr er fort. »Ich dachte, ich könnte sie berühren. Ich wollte ihr sagen … wie leid es mir tut.«

»Ist das alles, wozu du imstande bist? Dir erscheint im Traum eine Frau, und dir fällt nichts Besseres ein, als dich bei ihr zu entschuldigen?«

»So was kann man doch nicht steuern.«

»Es sind deine Träume. Übernimm die Kontrolle.«

»Damals war ich doch noch ein kleiner Junge, bei allen Göttern!«

»Wenn sie das nächste Mal auftaucht, überspring einfach zehn, fünfzehn Jahre. Damit du rot wirst und stotterst, wenn du aufwachst.«

»Gehst du irgendwohin?«

»Ein bisschen spazieren. Ich dreh meine übliche Runde.«

»Jean, es hat keinen Zweck. Hör auf, dich selbst zu quälen.«

»Bist du fertig?« Jean nahm ihm den leeren Becher ab.

»Noch lange nicht. Ich …«

»Ich bleibe nicht lange fort.« Jean stellte den Becher auf dem Tisch ab und richtete flüchtig seine Jackenaufschläge, während er zur Tür ging. »Ruh dich noch ein bisschen aus.«

»Du bist wohl immun gegen ein vernünftiges Wort, was?«

»Du weißt doch, was man über Nachahmung und Komplimente sagt.«

Die Tür schloss sich hinter Jean, und er machte sich auf den Weg durch die Straßen von Lashain.

2

Die Stadt Lashain war dafür berühmt, dass man hier alles kaufen und alles hinter sich lassen konnte. Dank der regio, der dünnen Schicht der örtlichen Hocharistokratie (an einem Ort, an dem ein Titel, der über mehr als zwei Generationen zurückverfolgt werden konnte, seinen Träger bereits zu einem Mitglied des alten Adels machte), konnte so ziemlich jeder, der über genügend Bargeld verfügte und noch halbwegs bei Bewusstsein war, in einen ganz passablen Blaublütigen verwandelt werden.

Aus jedem Winkel der Theriner Welt kamen sie angereist – Händler und Kriminelle, Söldnerführer und Piraten, Glücksspieler, Abenteurer und Verbannte. Als gemeine Bürgerliche betraten sie das Innere eines Kontors, entledigten sich riesiger Mengen von Edelmetallen, und als frisch gebackene Adelige von Lashain traten sie wieder hinaus ins Tageslicht. Die regio schufen Demibarone, Barone, Vicomtes, Grafen und gelegentlich auch einen Marquis, wobei sie ihrer Fantasie im Wesentlichen freien Lauf ließen. Ehrentitel konnte man sich aus einer Liste wählen und kosteten eine Extragebühr; »Verteidiger des Zwölffachen Glaubens« war recht beliebt. Es gab auch ein halbes Dutzend bedeutungsloser Orden, die einen als Ritter auswiesen und sich prächtig an einem Rockaufschlag machten.

Weil dieses erkaufte Ansehen für diejenigen, die sich mit den wohlfeilen Titeln schmückten, so völlig neu war, gab man in Lashain mehr auf Protokoll und Etikette als in jeder anderen Stadt, die Jean Tannen je besucht hatte. Da die frischgebackenen Adligen von Lashain nicht auf einen jahrhundertealten Stammbaum zurückblicken konnten, der sie vom Wert ihres eigenen Status überzeugt hätte, klammerten sie sich an ein übertriebenes und ausuferndes Zeremoniell. Ihre Rangfolgeregelungen glichen alchemischen Formeln, und Abendgesellschaften brachten jedes Jahr mehr von ihnen um als Fieberepidemien und Unfälle zusammengenommen. Es schien, als gäbe es für diejenigen, die soeben erst ihre Familiennamen gekauft hatten, nichts Aufregenderes, als sie (und obendrein ihr Leben) wegen geringfügiger Beleidigungen wieder zu verlieren.

Soweit Jean bekannt war, betrug der Rekord vom Kontor über den Duellplatz bis zum Leichenwagen drei Tage. Natürlich boten die regio den Anverwandten des Verstorbenen keine Rückvergütung an.

Dieser Unsinn hatte zur Folge, dass die Menschen ohne Titel, egal, wie vermögend sie waren, Schwierigkeiten hatten, die besten Ärzte der Stadt problemlos zu konsultieren. Ihre adligen Patienten machten sie zu solchen Koryphäen, dass sie nur selten darauf angewiesen waren, Geld aus anderen Quellen hinterherzujagen.

Der Geruch des Herbstes lag in dem kühlen Wind, der vom Amathel her wehte, dem Juwelensee – einem Süßwassermeer, das sich nördlich von Lashain bis zum Horizont ausdehnte. Nach lokalen Maßstäben war Jean konservativ gekleidet. Er trug einen Gehrock aus braunem Samt und Sachen aus Seide, die höchstens drei Monatseinkommen eines durchschnittlichen Kaufmanns wert waren. Das kennzeichnete ihn automatisch als einen Bediensteten und war seinem aktuellen Anliegen dienlich. Kein Mann von Stand wartete persönlich am Gartentor eines Arztes.

Der Gelehrte Erkemar Zodesti galt als der beste Physikus in Lashain, jemand, der mit der Knochensäge und dem Alchemistentiegel wahre Wunder bewirkte. Außerdem hatte er drei Tage in Folge Jeans Ersuchen um eine Konsultation geflissentlich ignoriert.

Heute näherte sich Jean abermals dem eisernen Gittertor am Ende von Zodestis Garten, hinter dem ein ältlicher Dienstbote stand und ihn mit der Dreistigkeit eines Reptils musterte. In seiner ausgestreckten Hand hielt Jean einen Umschlag aus Pergament und eine kleine weiße Karte, genau wie an den drei vorhergehenden Tagen. Allmählich wurde Jean reizbar.

Ohne ein Wort fasste der Diener durch die Gitterstäbe und nahm Jean ab, was dieser ihm anbot. Der Umschlag mit der üblichen Zuwendung von (viel zu vielen) Silbermünzen verschwand in der Jacke des Dieners. Der alte Mann las, was auf der weißen Karte stand, oder gab vor, es zu lesen, dann zog er die Augenbrauen hoch und entfernte sich.

Auf der Karte stand immer dasselbe – Contempla va cora frata eminenza. »Kommen Sie der Bitte eines bedeutenden Freundes nach.« Der Text war in Thron-Therin abgefasst, ein Gebot der Höflichkeit für eine derart manierierte Geste. Statt den Namen eines Aristokraten zu nennen, lautete die übermittelte Botschaft, dass eine einflussreiche Persönlichkeit anonym dafür bezahlen wollte, jemand anderen untersuchen zu lassen. Das war das gängige Mittel, um durch viel Geld irgendein Problem zu lösen – wenn beispielsweise eine Geliebte schwanger geworden war –, ohne die Identität einer hochgestellten Person direkt preiszugeben.

Jean verbrachte die langen Minuten des Wartens damit, das Haus des Arztes zu betrachten. Es war solide gebaut und ungefähr so groß wie eine kleinere Alcegrante-Villa daheim in Camorr. Nur nicht so alt und in einem Pseudo-Tal-Verrar-Stil gehalten, der darauf abzielte, den hohen Rang seiner Bewohner zu unterstreichen. Das Dach war mit Schindeln aus vulkanischem Glas gedeckt, und die üppigen Verzierungen rings um die Fenster hätten besser zu einem Tempel gepasst.

Aus dem Innern des Garten, der durch eine zehn Fuß hohe Steinmauer vor neugierigen Blicken geschützt war, hörte Jean die Geräusche eines Festes, auf dem es lebhaft zuging. Gläserklirren, kreischendes Gelächter, untermalt vom Summen einer neunsaitigen Gambe und ein paar anderen Musikinstrumenten.

Mit leeren Händen tauchte der Diener wieder hinter dem eisernen Tor auf. »Zu meinem Bedauern muss ich Ihrem Herrn mitteilen, dass der Gelehrte sich momentan nicht in der Lage sieht, seiner Bitte um eine Konsultation zu entsprechen.« Natürlich hatte er den Umschlag, ein Zeichen für die Ernsthaftigkeit des Ansinnens, nicht mehr bei sich – ob er bei Zodesti gelandet war oder der Diener ihn für sich behalten hatte, vermochte Jean nicht zu sagen.

»Vielleicht könnten Sie mir verraten, wann es dem Gelehrten genehmer wäre, dem Wunsch meines Herrn entgegenzukommen«, sagte Jean, »da er seit nunmehr einer halben Woche mitten am Nachmittag offensichtlich keine Zeit erübrigen kann.«

»Das weiß ich nicht.« Der Diener gähnte. »Der Gelehrte steckt bis zum Hals in Arbeit.«

»In Arbeit, ach so.« Jean kochte innerlich, als vom Gartenfest das Geräusch von Applaus herüberwehte. »Nun, mein Herr möchte, dass er sich mit einem Fall befasst, der die größtmögliche Geschicklichkeit und Umsicht erfordert …«

»Ihr Herr kann sich...

Erscheint lt. Verlag 14.4.2014
Reihe/Serie Locke Lamora
Übersetzer Ingrid Herrmann-Nytko
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Republic of Thieves
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuer • Attentat • Auftrag • Dieb • eBooks • Fantasy • Ganove • Gentleman • Gentleman Bastard • High Fantasy • Liebe • Locke Lamora • LockeLamora • Locke Lamora, Gentleman Bastard • Lügner • Magier • Manieren • Reihe • Roman • Verbrechen
ISBN-10 3-641-14102-8 / 3641141028
ISBN-13 978-3-641-14102-8 / 9783641141028
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