Das Hexenmädchen (eBook)

Psychothriller

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
384 Seiten
Page & Turner (Verlag)
978-3-641-12299-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Hexenmädchen -  Max Bentow
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Zwei kleine Mädchen verschwinden. Drei Menschen werden grausam hingerichtet. Und wer ist die »Hexe«, von der die Kinder erzählt haben?
Den Berliner Kommissar Nils Trojan erwartet ein alptraumhaftes Szenario, als er mitten in der Nacht am Schauplatz eines Verbrechens eintrifft: Das männliche Opfer wurde in seiner eigenen Küche auf grausame Weise hingerichtet, der Körper ist arrangiert zu einem grotesken Tableau. Noch bevor Trojan Atem holen kann, schlägt der Mörder wieder zu - und wieder trägt die Leiche die unverwechselbare Signatur des Täters.

Trojan hat nicht den geringsten Anhaltspunkt, doch dann verschwindet plötzlich die kleine Sophie, dicht gefolgt von ihrer Freundin Jule, von der ebenfalls jede Spur fehlt. Langsam beschleicht ihn der Verdacht, dass ein Zusammenhang zwischen den Fällen besteht - denn zwei Fragen gehen Trojan nicht aus dem Kopf: Warum haben die Kinder von einer mysteriösen 'Hexe' gesprochen, die sie in Angst und Schrecken versetzt? Und warum fühlte er sich beim Anblick der Mordopfer fatal an ein bekanntes Kindermärchen erinnert?

Max Bentow wurde in Berlin geboren. Nach seinem Schauspielstudium war er an verschiedenen Bühnen tätig. Für seine Arbeit als Dramatiker wurde er mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet. Seit seinem Debütroman »Der Federmann« hat sich Max Bentow als einer der erfolgreichsten deutschen Thrillerautoren etabliert, alle seine Bücher waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.

Eins

Ronja schlug die Augen auf. Sie hatte wirr geträumt. Da war ein brauner Umschlag gewesen, in der Post ihres Vaters, und darin hatte sie Teile ihrer Barbiepuppe gefunden, einen Arm, den Kopf, ein Bein. Auch anderes Spielzeug war darin, alles zertrümmert, alles kaputt.

Sie atmete schwer. Es war doch nur ein Traum gewesen. Aber etwas stimmte nicht, das spürte sie sofort, ihre Hände waren schweißnass.

Sie lauschte.

Ihr Vater war draußen im Flur, seine Stimme klang seltsam gepresst. Und noch eine andere Stimme konnte sie aus­machen, dunkel und fremd. Dann fiel polternd etwas um, und wieder hörte sie ihren Vater. Es folgten ein Schlag und ein dumpfer Schmerzenslaut.

Sie setzte sich erschrocken auf, klammerte sich an ihrer Bettdecke fest.

Wer war das? Hatte ihr Vater Besuch bekommen, mitten in der Nacht? Ihre Mutter konnte es jedenfalls nicht sein, denn sie war zu einer Fortbildung gefahren und würde erst in drei Tagen zurückkehren. Ronja vermisste sie.

Sie musste nachsehen, was da draußen los war. Sie schwang sich aus dem Bett, schlich sich zur Tür und öffnete sie einen Spalt.

Gleich darauf wich sie zurück. Der Flur war hell erleuchtet, und auf dem Boden schimmerte eine Blutspur.

Sie wollte nach ihrem Vater rufen, doch etwas schnürte ihr die Kehle zu. Sie horchte. Wieder ein gedämpftes Geräusch, dann ein Wimmern. Was sollte sie nur tun?

Schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen, glitt hinaus und folgte zögernd den Blutstropfen auf dem Dielenboden. Sie führten hin zur Küche. Da war ein leiser Tumult.

Nur noch ein paar Schritte bis zu der angelehnten Tür, sie traute sich kaum zu atmen. Wenn dahinter nun ein Einbrecher war? Bestimmt würde er auch ihr wehtun.

Erneut vernahm sie die Stimme ihres Vaters. Sie klang so sonderbar. Er stöhnte vor Schmerz.

Ängstlich starrte sie durch den Türspalt hindurch.

Da kniete jemand am Boden. War das ihr Vater?

Jemand würgte und wimmerte zugleich. Und dann zischte die fremde Stimme etwas, entsetzt taumelte Ronja zurück, erst einen Schritt, dann noch einen, schließlich drehte sie sich um und irrte ziellos im Flur umher. Ihr Atem ging stoßweise, in ihren Ohren lärmte ein merkwürdiger Pfeifton, sie hatte das Gefühl, ihr Kopf würde platzen. Der Vater hatte ihr immerzu eingeschärft, was in einem Notfall zu tun sei: zum Telefon, 110 wählen!

Auf der Kommode stand der Apparat, die Ziffern des Anrufbeantworters leuchteten in Signalrot, doch das Telefon steckte nicht in der Ladeschale. Wo war es nur? Sie sollte im Wohnzimmer nachschauen gehen, aber um dorthin zu gelangen, müsste sie an der Küche vorbei, und das war zu gefährlich.

Ihre Hände zitterten, man würde sie entdecken.

Da fuhr sie zusammen. Schläge aus der Küche, gefolgt von gepressten Lauten wie von einem verwundeten Tier. Ohne länger nachzudenken, floh sie ins Bad und schloss hinter sich ab.

Keuchend stand sie in dem halbdunklen Raum, sie wagte es nicht, das Licht einzuschalten. Sie presste das Ohr an die Tür.

Jemand wimmerte. Ihr Vater.

Wenn doch nur die Nachbarn aufwachen würden. Jemand müsste Hilfe holen und sie beide retten. Hatte sie denn die Nachttischlampe in ihrem Zimmer angeknipst? Das könnte sie verraten.

Leise schluchzte sie auf.

Niemand kam. Hilflos stand sie da. Es dauerte lange.

Schließlich herrschte Stille. Bloß das Tosen ihres Blutes war zu vernehmen und ihr heftig schlagendes Herz. Sie musste dringend aufs Klo, aber ihre Angst verbot ihr, sich zu rühren. Sie presste die Beine zusammen und wartete ab.

Mit einem Mal war ihr, als sei jemand draußen an der Tür.

Sie saß in der Falle.

Gehetzt sah sie sich um. Wo konnte sie sich nur verstecken? Hinter dem Duschvorhang vielleicht? Wenn der Einbrecher jedoch merkte, dass abgeschlossen war, wüsste er gleich Bescheid. Er würde die Tür aufbrechen, und sie wäre geliefert.

Sie zitterte.

Nichts geschah.

War der Fremde weg? Stille. Was war mit ihrem Vater? Warum rührte er sich nicht?

Schließlich glaubte sie, ein Geräusch an der Wohnungstür zu hören. Als würde sie jemand beinahe lautlos ins Schloss ziehen.

Noch immer traute sie sich nicht hinaus.

Sie brachte es nicht einmal fertig, den Toilettendeckel zu heben. Stattdessen lief warm der Urin an ihren Beinen herab, und sie weinte kaum hörbar.

Da dachte sie wieder an ihren Traum. Der Kopf ihrer Barbie­puppe, abgetrennt vom Körper.

Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis sie endlich bereit war, den Riegel umzulegen. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter.

Im Flur brannte noch immer Licht.

Und da war das Blut.

Langsam ging sie zur Küche.

Die Tür stand nun weit offen.

»Papa?«, fragte sie leise. Aber es kam keine Antwort.

Sie stand reglos an der Schwelle.

Da bemerkte sie den Geruch. Verbrannt. Versengt. Und es war heiß, viel zu heiß.

Ihre Knie wurden weich, sie musste sich am Türrahmen abstützen. Wie in Zeitlupe reckte sie den Kopf vor und blickte in die Küche hinein.

Da riss das Mädchen den Mund auf und erstarrte.

Ein Klirren, und Emily Trojan schreckte hoch.

Normalerweise hatte sie einen tiefen Schlaf. So wäre das Geräusch auch kaum in ihr Bewusstsein gedrungen, sie hätte sich einfach umgedreht und weitergeschlummert. Doch seit dem Streit mit ihrer Mutter, der sie dazu bewegt hatte, vor­übergehend wieder bei ihrem Vater einzuziehen, war sie dünnhäutiger geworden.

Sie hatte sich an die neuen Umstände noch nicht recht gewöhnt. Vielleicht lag es auch daran, dass ihr Vater oftmals nachts zu Einsätzen gerufen wurde und sie sich nie sicher sein konnte, ob er zu Hause war oder nicht, auch wenn sie wusste, wie sehr es ihn belastete, sie wegen seines Jobs allein lassen zu müssen.

Dieser verdammte Job, der nach ihrer Meinung ein wesentlicher Grund dafür war, warum sich ihre Eltern getrennt hatten.

Und so war sie mit einem Mal hellwach.

Sie stand auf und tappte in den Flur. Die Schlafzimmertür ihres Vaters stand offen, es brannte Licht, das Bett war zerwühlt, doch er war nicht da. In der Küche sah sie Scherben am Boden, ein zerbrochenes Glas, eine Wasserlache.

»Paps?«

Schließlich entdeckte sie ihn im Wohnzimmer.

Seine Silhouette zeichnete sich vorm Fenster ab. Draußen schien der Mond.

Sie trat näher. Er war leichenblass, krümmte sich, beide Arme um den Oberkörper geschlungen.

»Paps!«

Er keuchte.

»Was ist mit dir?«

Sie nahm seine Hand, sie war eiskalt und zittrig. Auf seiner Stirn glänzte der Schweiß.

»Um Himmels willen, was ist los?«

Er zog eine Grimasse, antwortete nicht.

Die Angst kroch an ihr hoch, so hatte sie ihren Vater noch nie erlebt. »Papa!«

»Das Herz«, stammelte er endlich, »irgendwas stimmt da nicht.«

»Mein Gott.« Was, wenn sie ihn verlieren würde? »Nicht doch!« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Dieses Keuchen. Was hatte er bloß?

»Ich ruf den Notarzt«, sagte sie. Ihre Stimme klang schrill.

Er umklammerte ihre Hand, ließ sie nicht gehen. Er schüttelte den Kopf.

»Aber Paps, du brauchst Hilfe.«

»Geht schon wieder«, flüsterte er.

Er sah furchtbar aus. Sie bekam eine Gänsehaut.

Eine Weile starrten sie sich wortlos an. Dann löste sie sich von ihm und eilte zum Telefon.

Wenn er sich lediglich auf die Reihe der Neonröhren an der Decke konzentrierte, würde er sich vielleicht wieder in den Griff bekommen. Sie von vorne bis hinten im Flur der Notaufnahme durchzählen und dabei in die Papiertüte atmen, wie man es ihm geraten hatte. Den Atem durch die Nase einströmen und ihn durch den Mund in die Tüte ausströmen lassen, währenddessen den Blick auf das erste Licht heften, weiter­atmen, den Blick gleiten lassen. Hin zur zweiten Lampe, gut so. Und weiter. An nichts anderes denken, weder an einen Infarkt noch daran, irgendwann völlig auszurasten.

Die Tüte in seinen Händen blähte sich, mittlerweile war sie von seinem Schweiß beinahe aufgeweicht. Die nächsten hundert Atemzüge durchhalten, dachte er, das Einzige, was jetzt wichtig war.

Emily drückte seinen Arm, für einen Moment gerieten ihre blonden Locken in sein Gesichtsfeld, ihr aufmunterndes Lächeln, diese Grübchen, die braunen Augen. Meine Tochter, dachte er. Verdammt, dass sie das alles mitbekommen musste. Er wollte etwas zu ihr sagen, ließ es dann aber bleiben, weil er nicht mit dem Atmen durcheinanderkommen wollte. Sein Herz raste noch immer. Wie irr, hämmerte es seinem Kopf, wie irr, in einem fort.

Plötzlich trat sie zur Seite. Und da war der Weißkittel. Trojan verstand nicht ganz, warum man ihn nicht gleich auf die Intensivstation gebracht hatte, überhaupt verstand er so einiges nicht. Nahm man ihn etwa nicht ernst?

»Herr Trojan?«

»Hmm.«

Der Arzt blickte unbekümmert auf ihn herab, die Papier­tüte blähte sich gerade, erschlaffte, um mit dem nächsten Atemzug wieder prall zu werden. Mit einem Mal war ihm das peinlich vor diesem Kerl. Er ließ die Tüte sinken. Schon pochte sein Herz wieder schneller, und das Schwindelgefühl war zurück.

»Schlechte Nachrichten, Doc?«

»Nicht im Geringsten. Ihr EKG ist in Ordnung. Und auch die übrigen Tests haben nichts ergeben.«

»Kein Infarkt?«

Der Arzt schüttelte den Kopf. »Leiden Sie öfter unter...

Erscheint lt. Verlag 21.7.2014
Reihe/Serie Ein Fall für Nils Trojan
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Berlin • Berlin-Krimi • Berlin-Krimi, Kommissar Nils Trojan, Der Federmann, Spiegel-Bestseller-Autor • Der Federmann • eBooks • Heimatkrimi • Kommissar Nils Trojan • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Psychothriller • Spiegel-Bestseller-Autor • Thriller
ISBN-10 3-641-12299-6 / 3641122996
ISBN-13 978-3-641-12299-7 / 9783641122997
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