Heißes Blut, kalte Nerven (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
222 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-0612-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Heißes Blut, kalte Nerven -  Arto Paasilinna
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Im Januar 1918, kurz bevor ein Bürgerkrieg Finnland erschüttert, wird ein Junge namens Antti Kokkoluoto geboren. Ihm wird schon bei der Geburt das genaue Todesdatum prophezeit: Am 12. Juli 1990 wird er siebzigjährig sterben - keinen Tag früher, keinen Tag später. Und tatsächlich, Antti gerät im Laufe seines Lebens immer wieder in höchst lebensbedrohliche Situationen, überlebt aber Kanonenhagel und Krankheiten. Als sich sein Todestag schließlich nähert, hat Antti eine famose Idee. Er will es noch einmal so richtig krachen lassen und ein großes Fest ausrichten ...

Eine faszinierende Reise durch die Geschichte Finnlands im 20. Jahrhundert



Arto Paasilinna wurde 1942 in Kittilä/Nordfinnland geboren. Seine Schilderungen finnischer Männer und deren unverwüstlicher Einstellung zum Leben haben einen festen Platz im nationalen Kanon der finnischen Literatur. Paasilinnas schnörkellose Sprache, seine überbordende Fantasie und sein trockener Humor haben aber auch international viele Anhänger gefunden. Er ist der wohl populärste zeitgenössische finnische Autor weltweit, und seine Werke werden in über vierzig Sprachen übersetzt. Paasilinnas Romane sind zeitlos und aktuell zugleich, und sie unterhalten seine treuen Fans auf der ganzen Welt. Arto Paasilinna lebt heute im südfinnischen Espoo, nahe Helsinki.

Arto Paasilinna wurde 1942 in Kittilä/Nordfinnland geboren. Seine Schilderungen finnischer Männer und deren unverwüstlicher Einstellung zum Leben haben einen festen Platz im nationalen Kanon der finnischen Literatur. Paasilinnas schnörkellose Sprache, seine überbordende Fantasie und sein trockener Humor haben aber auch international viele Anhänger gefunden. Er ist der wohl populärste zeitgenössische finnische Autor weltweit, und seine Werke werden in über vierzig Sprachen übersetzt. Paasilinnas Romane sind zeitlos und aktuell zugleich, und sie unterhalten seine treuen Fans auf der ganzen Welt. Arto Paasilinna lebt heute im südfinnischen Espoo, nahe Helsinki.

1  Der Traum der Hexe


Es geht hoch her, wenn eine Hexe auf dem stürmischen Meer in Trance fällt. Die Möwen werfen sich gegen die Wellen, und die Seeschwalben weinen.

Die Fischerin, Geburtshelferin und Wahrsagerin Linnea Lindeman ruderte an einem windigen Herbsttag des Jahres 1917 durch den Bottnischen Meerbusen, um nach ihren Reusen zu sehen. Sie besaß ein dreißig Fuß langes Robbenboot und drei Reusen. Ihr Fangplatz befand sich sechs Meilen nördlich des Hafens Ykspihlaja. Linnea war früh am Morgen hinausgefahren, und im Laufe des Tages hatte der Wind an Stärke zugelegt. Aber Linnea hatte keine Angst vor schwerer See, sie mochte die kräftigen Herbststürme. Auf der Heimfahrt zog sie die Ruder ein und ließ sich vom Rückenwind auf den Schaumkronen zum heimischen Anlegesteg treiben.

Linnea Lindemans sehniger Körper begann zu beben. Sie schloss die Augen und nahm Kontakt zu den fremden Gefilden jenseits des realen Lebens auf. Ihr Geist schweifte über das seltsame Meer der übersinnlichen Welt wie das Licht eines Leuchtturms und empfing aus den unendlichen Höhen des Himmels eine deutliche Botschaft. Die Nachricht schoss aus den Sturmwolken herab wie ein zweiköpfiger Seeadler, ein Aar, und sie enthielt zwei präzise Daten. Linnea würde am achten Tag im Januar einem Knaben auf die Welt helfen, und dieser würde erst im Sommer 1990 sterben. Denn wenn eine Hexe schläft, bleibt ihr Gehirn wach.

Linnea Lindeman wohnte im Dorf Ykspihlaja, dem Außenhafen von Kokkola. Ihr Haus befand sich in guter Lage, fast am Meeresufer. Hinter ein paar herrschaftlichen Villen war die Hafenbucht Potti zu sehen, wo auch Linneas Boot lag. Nach Norden hin gab es ein paar Wohnviertel, ein neu erbautes Gewerkschaftshaus und dahinter einen kleinen Süßwassersee. Linnea war um die fünfzig und bereits verwitwet. Normalerweise saß ihre Freundin Hanna mit im Boot, und sie ruderten gemeinsam.

Hanna wohnte in der Stadt Kokkola und war mit dem Kaufmann Tuomas Kokkoluoto verheiratet. Vor ihrer Heirat, und auch noch einige Jahre danach, hatte sie als Lehrerin in Ykspihlaja gearbeitet, aber als dann ihre Kinder geboren wurden, hatte sie sich entschieden, zu Hause zu bleiben. Gerade jetzt war sie erneut schwanger und rechnete mit der Geburt noch vor Weihnachten, spätestens aber im Januar. Die Eheleute hatten bereits fünf Kinder, zwei Söhne und drei Töchter. Und von einer Frau, die im siebenten Monat schwanger war, konnte man nicht erwarten, dass sie ein schweres Robbenboot ruderte.

Unten im Boot zappelten Unmengen großer Fische, fast hundert Kilo hatte Linnea aus den drei Reusen geholt. Sie plante, einen Teil ihrer Beute als Wintervorrat einzusalzen. Den Rest konnte sie in Kokkola auf dem Markt verkaufen, oder Hanna würde das tun, denn mit Fischen konnte sie durchaus noch handeln, auch wenn sie in zwei Monaten ihr Kind bekommen würde.

Linnea lenkte ihr Boot zügig in Richtung Potti. Hannas nächstes Kind würde ein Junge sein, so viel wusste die Wahrsagerin jetzt, denn eben über jenes Baby hatte sie vorhin Informationen eingeholt. Ein gesundes Kerlchen, aus dem ein guter Fischer, zumindest aber ein tüchtiger Kaufmann werden würde. Linnea begann auszurechnen, in welchem Alter Hannas Sohn sterben würde. Jedenfalls würde er älter als siebzig werden. Sie musste unbedingt sofort an den Telefonapparat eilen und Hanna von all diesen guten Voraussagen erzählen. Linnea hatte sich das Geburtsdatum genau eingeprägt. Anfang Januar sollte es geschehen, genau am achten Tag des Monats. Auch den Todestag hatte sie deutlich gesehen, und auch dass es ein heißer Sommertag sein würde, an dem ein stattlicher alter Herr als jovialer Gastgeber an einer langen, vornehmen Festtafel präsidierte.

Linnea Lindeman ließ ihren Kahn in die Hafenbucht treiben, machte ihn am Steg fest und packte ihren Fang in Spankörbe. Sie holte den Handwagen aus ihrem Haus und schaffte die Fische in den Keller. Als die Arbeit erledigt war, wusch sie sich die Hände und eilte zur schmucken Villa der Hurskainens, ihrer Nachbarn, wo sie umgehend eingelassen wurde, nachdem sie an die Küchentür geklopft hatte. In der Küche stellte sie eine Metze frischen Fisch auf den Spültisch und bat Hurskainens Magd Sonja, bei Kaufmann Tuomas Kokkoluoto und seiner Frau Hanna anzurufen – sie habe ein dringendes Anliegen. Die Magd verschwand im Salon und kam mit der Mitteilung zurück, dass sich beim Kaufmann momentan niemand melde. Vielleicht sollte man es in einer Stunde erneut versuchen. Während der Wartezeit könnten sie Kaffee trinken, zumal der Hausherr nicht anwesend war. Hurskainen, Oberingenieur im Sägewerk von Ykspihlaja, war nach Vaasa gereist, wo sich große Dinge taten.

Die Zeiten waren unruhig. Auch im Außenhafen von Kokkola waren im Verlaufe des Herbstes mehrmals Streiks aufgeflammt. Gerade waren die Arbeiter dabei, eine Abteilung roter Kämpfer zum Schutz von Hafen und Stadt zu bilden. In Helsinki und Tampere existierten bereits solche Garden. Und es ging das Gerücht, dass Tausende Jäger von ihrer Ausbildung aus Deutschland heimkehrten. Sie wurden per Schiff in Vaasa erwartet und sollten den im Land verstreuten russischen Truppen den Garaus machen. Wie es hieß, sollte anschließend eine eigene Weiße Armee im gerade erst unabhängig gewordenen Finnland gebildet werden. Auf allen Seiten rüstete man sich für den Krieg, und überall schien er gewollt.

Sonja nahm die Fische aus, anschließend servierte sie auf dem Küchentisch Kaffee und sogar Gebäck. Linnea kannte das Mädchen näher, hatte ihr ein gutes Leben vorausgesagt, wenngleich Sonjas Schicksal in Wahrheit nicht sehr rosig ausfallen würde. Das behielt Linnea allerdings lieber für sich. Nach einer Stunde rief die Magd erneut in der Stadt an. Noch immer keine Antwort. Womöglich war die Leitung gestört, auch die Leute vom Fernmeldedienst hatten in letzter Zeit gestreikt.

Obwohl die beiden Frauen in der großen Villa allein waren, senkte Sonja die Stimme. Könnte Linnea wohl einmal mit dem Blick der Wahrsagerin schauen, welchen Mann das Schicksal für sie bereithielt? An interessierten Kandidaten fehlte es nicht, aber wie sollte ein unerfahrenes Mädchen wissen, wen sie wählen, mit wem sie ihr Leben teilen sollte.

Linnea überlegte sich ihre Worte genau. In einer so wichtigen Angelegenheit galt es klug zu handeln. Sie schloss die Augen und begann von Sonjas künftigem Ehemann zu erzählen. Groß, dunkelhaarig, aus Kemi stammend, ein Seemann, der mit Holzwaren bis nach Deutschland und England unterwegs war. Noch jung, knapp über zwanzig.

»Hinkt ein wenig, ist aber sonst wacker und von gutem Charakter.«

»Ist er ein Saufbold?«, fragte das Mädchen gespannt.

»Trinkt nicht und spielt keine Karten, ist aber auch nicht religiös.«

Sonja wollte den Namen ihres unbekannten Bräutigams wissen, aber Linnea sagte, dass sie solch genaue Details nicht weissagen konnte, wenn es die Partnerwahl betraf. Wie der Mann hieß, würde sich zu gegebener Zeit herausstellen. In diesen Dingen sollte man nichts übereilen.

»Er trägt Stiefelhosen und gute Stiefel, dazu eine grüne Jacke. Ein tüchtiger Arbeiter und treuer Ehemann, wenn er dich erst mal gefunden hat. Ihr bekommt sechs Kinder, und Witwe wirst du erst, wenn du in meinem Alter bist.«

Linnea konnte es nicht lassen, der kleinen Närrin immer neue interessante Eigenschaften ihres Bräutigams aufzutischen. Sie erwähnte, dass er eine prächtige Nase hatte, unter der er einen dichten Schnauzbart trug. Im Sommer lief er gern wie ein feiner Herr mit einem Strohhut herum. Er besaß ein Akkordeon, auch wenn er es nicht sehr gut spielte.

Glücklich lief Sonja ein weiteres Mal in den Salon, um die Telefonkurbel zu drehen. Diesmal meldete sich der Kaufmann. Tuomas Kokkoluoto war ein mittelgroßer, adretter Mann mit einem energischen Auftreten – ruhige Stimme, aufmerksamer Blick. Er trug einen grauen Anzug und eine Fliege in der gleichen Farbe, dazu blank geputzte Stiefel.

Sonja bat ihn, seine Gattin an den Apparat zu rufen, Linnea Lindeman aus Ykspihlaja habe ein furchtbar wichtiges Anliegen. Tuomas stieg in die Privatwohnung hinauf, die sich im Obergeschoss des Kaufmannshauses befand, um seine Frau zu holen. Er betrachtete die Szenerie, die sich ihm bot, Hanna spielte in der Küche mit den Kindern Blindekuh, alle krochen auf den Knien herum und lachten sich fast tot.

»Schluss jetzt, du hast einen Anruf von diesem Hexenweib«, knurrte er mit gespielter Gereiztheit, aber alle wussten, dass er in Wirklichkeit keineswegs wütend war. Er half seiner Frau vom Fußboden hoch und drückte sie bei der Gelegenheit an sich. Hanna war trotz ihrer Schwangerschaft erstaunlich schön. Die Grübchen auf den Wangen und die weißen Zähne verliehen ihrem Gesicht einen besonderen Reiz. Ihre Stimme war warm und klang irgendwie klug. Und klug war Hanna tatsächlich, und lustig war sie auch.

Linnea meldete sich aufgeregt:

»Hier ist Linnea, ich habe gute Nachrichten! Als ich von den Reusen zurückfuhr träumte ich, dass dein Baby am achten Januar geboren wird, und es ist ein Junge!«

Linnea wolle sich jedoch über so wichtige Dinge nicht gern am Telefon auslassen, wenn also Tuomas keine Einwände habe, würde sie mit dem Morgenzug in die Stadt kommen, um Fische für den Verkauf zu bringen und Hanna bei der Gelegenheit mehr von ihrem Baby zu erzählen.

Am nächsten Morgen keuchte um acht Uhr ein Zug aus Richtung Hafen in den Bahnhof von Ykspihlaja, der nur einen einzigen Personenwagen und fünf Güterwagen mit sich führte. Linnea stand mit ihrem Fischkorb rechtzeitig auf dem Perron. Es war ein klarer Herbstmorgen, der Sturm vom Vortag hatte sich gelegt, die Sonne ging gerade auf und vom...

Erscheint lt. Verlag 18.6.2015
Übersetzer Regine Pirschel
Sprache deutsch
Original-Titel Kylmät hermot, kuuma veri
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Adventskalender • amazon Angebote Weihnachten • Besonders • Bestseller Buch Weihnachten • buch bestseller • Bücher • Bücher Bestseller 2016 • Bücher verschenken • Bücher Weihnachten • Bücher Weihnachten Roman • Buchtipps Weihnachten • eBooks für Kindle • eBooks gratis • eBooks günstiger • eBooks Preisaktion • eBooks Weihnachten • Eltern Geschenk • Entwicklungsroman • Feel-Good-Roman • Finnland • frau geschenk weihnachten • freund geschenk weihnachten • Geistesgeschichte • Geschenk • Geschenke für Frauen zu Weihnachten • Geschenke für Männer zu Weihnachten • Geschenke Weihnachten • geschenk für frauen weihnachten • geschenk für männer weihnachten • Geschenkideen • Geschenkideen für Weihnachten • Geschenkideen Weihnachten • Geschenkideen zu Weihnachten • GeschichteFinnlands • Humor • interessant • Kinder Geschenk • Kinder Weihnachten Geschenk • mama geschenk • mann geschenk weihnachten • originell • papa geschenk • Roman • Romane • Schicksale und Wendepunkte • schwarzerHumor • schwester geschenk • Sonstige Belletristik • Sonstige Belletristik; 20. - 21. Jahrhundert; Finnland; Feel-Good-Roman; Schicksale und Wendepunkte • tolle Geschenkideen • Weihnachten 2016 • Weihnachten Bücher 2016 • Weihnachten Bücher Erwachsene • Weihnachten Buchtipps • Weihnachten Thalia • Weihnachtsgeschenke • witzig
ISBN-10 3-7325-0612-6 / 3732506126
ISBN-13 978-3-7325-0612-5 / 9783732506125
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