Die unberechenbare Wahrscheinlichkeit des Zufalls (eBook)

Roman von Bestsellerautor John Ironmonger

**** 1 Bewertung

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2015 | 2. Auflage
464 Seiten
Loewe Verlag
978-3-7320-0287-0 (ISBN)
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Thomas Post ist gewissermaßen ein Vorgänger Joe Haaks, des Protagonisten aus John Ironmongers Weltbestseller Der Wal und das Ende der Welt. Doch wo Joe das Leben durch einen Algorithmus rettet, steht Thomas noch vor dem unberechenbaren Rätsel des Zufalls.Geschieht alles aus einem bestimmten Grund?   Azaleas Mutter starb an einem Mittsommertag. Genau wie ihr Großvater, ihre Stiefeltern und einer der Männer, die ihr Vater sein könnten. Folgt diese Kette von Zufällen einem bestimmten Muster? Und wird sie selbst an einem 21. Juni sterben? Azalea vertraut sich einem Experten für Zufälle an: Dr. Thomas Post. Als dieser beginnt, die Rätsel ihrer Vergangenheit zu entwirren, werden seine Überzeugungen von der Liebe, dem Leben und der Statistik völlig auf den Kopf gestellt. Spiegel-Bestsellerautor John Ironmonger erzählt eine Geschichte über das Schicksal bzw. die Selbstbestimmtheit des eigenen Lebens. Romantik trifft hier auf Philosophie, Thriller und Abenteuer. Ein fesselnder, sprachlich eleganter, berührender, intelligenter und oft auch amüsanter Roman wie Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry und Der Wal und das Ende der Welt.

John Ironmonger wurde in Ostafrika geboren, wo er auch aufwuchs. Er hat einen Doktortitel in Zoologie. Außerdem hat er mit seinem Team den Weltrekord im Shakespeare-Schnelllesen aufgestellt, die Sahara in einer alten Klapperkiste durchquert und den Evolutionsbiologen Jared Diamond in einem Wald mitten in Sumatra getroffen. John Ironmonger ist der Autor des Weltbestsellers 'Der Wal und das Ende der Welt'.

John Ironmonger wurde in Ostafrika geboren, wo er auch aufwuchs. Er hat einen Doktortitel in Zoologie. Außerdem hat er mit seinem Team den Weltrekord im Shakespeare-Schnelllesen aufgestellt, die Sahara in einer alten Klapperkiste durchquert und den Evolutionsbiologen Jared Diamond in einem Wald mitten in Sumatra getroffen. John Ironmonger ist der Autor des Weltbestsellers "Der Wal und das Ende der Welt".

1

Juni 1982

Eines Mittsommertages wurde das dreijährige Mädchen, das später den Namen Azalea Ives tragen sollte, allein und verlassen auf einem Rummelplatz in Devon aufgefunden. Es war bereits spät am Abend, zu einer Uhrzeit, zu der Kinder ihres Alters eigentlich längst zu Hause im warmen Bett hätten liegen sollen. Eine ganze Stunde, wenn nicht sogar länger, saß sie im Wohnwagen des Marktleiters, während über Lautsprecher nach ihren Eltern gesucht wurde. Die Kirmes war in vollem Gange, also kann man sich vorstellen, welch geringen Eindruck die Durchsagen in der Kakofonie aus johlenden und kreischenden Teenagern, ratternden Achterbahnwagen, donnernden Raupegondeln, marktschreierischen Losbudenverkäufern und wummernden Bassrhythmen hinterlassen haben dürften. Als gegen zweiundzwanzig Uhr der Lärm schließlich verstummt und die meisten Nachtschwärmer in der Dunkelheit verschwunden waren, hatte sich noch immer niemand eingefunden, um das kleine Mädchen abzuholen. Ein Streifenwagen aus Torquay traf ein und zwei große Polizisten, eher ungeübt im Umgang mit derart kleinen Kindern, gaben sich alle Mühe, um mit dem Mädchen zu kommunizieren. Sie fragten sie nach ihrem Namen, und als die Kleine ihnen antwortete, vermerkte einer der Beamten gewissenhaft Azalea Ives in seinem Notizbuch – und so wurde sie von diesem Moment an nur noch genannt. Die Polizisten fragten das Mädchen auch nach ihrer Adresse, worauf sie erwiderte, sie wohne in Nummer vier.

»Wie heißt die Straße, in der du wohnst?«, fragte einer der Beamten.

»Nummer vier«, sagte das Mädchen.

»Nein, nicht die Hausnummer«, entgegnete der Polizist. »Kennst du den Namen eurer Straße?«

»Nummer vier.«

»Weißt du vielleicht den Namen der Stadt?«, fragte der Beamte.

Azalea schüttelte den Kopf.

Der zweite Polizist versuchte es mit einer anderen Taktik. »Wie heißt denn dein Daddy?«, erkundigte er sich.

»Daddy«, erklärte Azalea.

»Aber hat er auch einen Namen?«

»Einfach nur Daddy«, wiederholte Azalea achselzuckend.

»Wie nennt deine Mami ihn denn?«

Darüber dachte Azalea einen Moment nach. »Sie nennt ihn auch Daddy.«

Die Beamten auf der Wache in Torquay durchforsteten sämtliche Telefonbücher, Wählerverzeichnisse und Vorstrafenregister der Region, auf der Suche nach Personen namens Ives. Telefonate wurden geführt. Aber niemand schien irgendetwas über das aufgefundene Mädchen zu wissen.

»Befindet sich dein Zuhause hier in der Nähe … oder ist es weit weg?«, fragten die Beamten.

»Weit weg«, erklärte Azalea.

»Wie bist du denn zum Rummelplatz gekommen? Bist du mit dem Bus gefahren? Oder in einem Zug?«

Azalea blickte sie aus ihren klaren grünen Augen unverwandt an. »Mummy hat uns hergefahren«, sagte sie.

»Wo wolltet ihr denn hin?«

»Wir wollten Daddy besuchen.«

»Wohnt dein Daddy hier in der Nähe?«, hakte der zweite Beamte nach, der eine vielversprechende Ermittlungsspur witterte. »Lebt dein Daddy in Totnes? Oder in Torquay?«

Wieder schüttelte Azalea den Kopf.

»Weißt du vielleicht noch, wann ihr von zu Hause losgefahren seid?«, fragte der erste Beamte.

Erneutes Kopfschütteln.

»Habt ihr unterwegs irgendwo Mittag gegessen?«

»Ja«, bestätigte das Mädchen mit großen Augen. »Sandwiches mit Schinken

Wenn Azalea und ihre Mutter vor der Mittagszeit aufgebrochen waren, Schinkensandwiches gegessen hatten und dennoch erst gegen Abend auf dem Rummelplatz eingetroffen waren, dann konnte sich das Suchgebiet auf ganz Wales und fast alle Regionen Englands erstrecken.

Auf der Polizeiwache wurde eine Jugendschutzbeamtin namens Jennifer Nails mit der Beaufsichtigung von Azalea beauftragt. Außerdem holte man einen Polizeifotografen aus dem Bett, um Bilder von dem Mädchen anzufertigen. Verschiedene Sozialdienste wurden verständigt und instruiert, in ihren Listen mit »gefährdeten Minderjährigen« nach Kindern zu suchen, auf die Azalea Ives’ Beschreibung passte. Abzüge einer schläfrig blickenden Azalea wurden entwickelt und per Eilpost zum Kultusministerium geschickt, das die Fotografien an sämtliche Grundschulrektoren weiterleitete, in der Hoffnung, dass irgendjemand das Mädchen identifizieren konnte.

Azalea besaß durchaus ein besonderes Merkmal: eine knapp drei Zentimeter lange Narbe, die sich von ihrem linken Auge über die Wange erstreckte.

»Woher hast du diese Narbe?«, fragte Sergeant Nails, doch das kleine Mädchen schüttelte nur den Kopf.

Ein Polizeiarzt untersuchte die Narbe, verkündete aber, es handele sich um eine alte Verletzung, möglicherweise sogar von einer Geburtszange verursacht. Des Weiteren seien keinerlei Anzeichen für Kindesmissbrauch oder Verwahrlosung festzustellen. Azalea war in einem guten Ernährungszustand, adäquat gekleidet und eindeutig gepflegt – ihr Haar war gekämmt und ihre Fingernägel waren geschnitten. Das alles trug zur Rätselhaftigkeit ihrer scheinbaren Aussetzung bei. Wer würde so etwas einem Kind wie Azalea antun?

Als Sergeant Nails mit Azalea Ives am nächsten Morgen um neun auf der Wache erschien, waren alle Telefone besetzt. Die Beamten hatten den Suchradius erweitert und Kollegen in Cornwall und Somerset kontaktiert. Polizeicomputer (oder das, was man damals darunter verstand) liefen heiß und in ganz Süd-, West- und Mittelengland sowie in Wales wurden Personen namens Ives aufgesucht und befragt.

Gegen Mittag – die Suche war nach wie vor erfolglos verlaufen – tauchte ein Chief Inspector aus Exeter auf, um die Ermittlungen zu übernehmen. Sergeant Nails berichtete ihm, dass ein schwacher irischer Akzent wahrzunehmen sei, wenn Azalea sprach. Außerdem besaß das Mädchen rote Haare und das deutete nach Sergeant Nails’ Ansicht auf eine irische Herkunft hin. Also ließ man eine Sprachtherapeutin des Royal Devon and Exeter Hospital kommen. Gewissenhaft hörte sie sich die Tonbänder an, die die Beamten aufgenommen hatten, und verkündete dann, der irische Akzent erscheine ihr nicht sonderlich ausgeprägt. Aber andererseits sei sie auch keine Expertin für Akzente, daher könne sie keine zuverlässigen Angaben machen. Daraufhin wurden die Bänder per Telefon einem Londoner Fachmann für regionale Akzente vorgespielt. Er erklärte, dass die Sprache des Mädchens eine Reihe unterschiedlicher charakteristischer Merkmale aufweise, was möglicherweise den Schluss zuließe, dass sie aus einer umherziehenden Familie stammte oder dass ihre Mutter vielleicht einen anderen Akzent besaß als der Vater. Er empfahl, die Region um Liverpool sowie Nordwales in Betracht zu ziehen, wollte sich aber nicht näher festlegen. »Das Mädchen hat einen recht neutralen Akzent«, erklärte er dem Polizeiinspektor. »Sie spricht mit einem Anstieg am Satzende, was für australische Akzente typisch ist, bei denen die Sprechmelodie am Ende eines Satzes eher steigt als fällt. Auch manche Amerikaner reden auf diese Weise. Aber daraus können wir nicht schließen, dass das Mädchen aus Australien oder Amerika stammt.«

Achtundvierzig Stunden nach dem Mittsommertag erreichte das Rätsel um Azalea Ives’ Herkunft die Medien. Mit Einverständnis der Polizei erschien ihr Foto im Daily Mirror und in der Daily Mail. Zusätzliche Beamte wurden auf die Wache nach Torquay beordert, um die resultierenden Telefonate anzunehmen und zu bearbeiten. Jugendschutzbeamte halfen beim Aufspüren von potenziell arglistigen Anrufern. Aus ermittlungstechnischen Gründen hatte man den Zeitungen Azaleas vollen Namen verschwiegen und die Reporter gebeten, das Kind einfach nur als Mädchen A zu bezeichnen. Bei einem solch ungewöhnlichen Vornamen ging man davon aus, dass jeder Anrufer, der Azalea mit dem richtigen Namen benennen konnte, das Mädchen auf jeden Fall tatsächlich kennen musste.

Doch am Ende des zweiten Tages hatte nicht ein einziger Anrufer den Namen Azalea erwähnt – oder auch nur den Nachnamen Ives. Daraufhin wurde eine Kinderpsychologin eingeschaltet, im Bemühen, dem Mädchen weitere Informationen zu entlocken. Die Psychologin verbrachte den gesamten dritten Tag mit Azalea, spielte mit ihr und versuchte, sie zum Reden zu animieren. Sie stellte fest, dass Azalea zwar einige Buchstaben des Alphabets kannte, aber noch nicht gut lesen oder rechnen konnte. Azalea wusste, dass sie eine Mami und einen Daddy hatte, aber keine Omi und auch keine Geschwister oder Onkel und Tanten. Sie sagte, sie wäre noch nie zur Schule oder in den Kindergarten gegangen. Zwar hatte sie die Sonntagsschule besucht, wusste aber nicht mehr, wo das gewesen war. Außerdem konnte sie sich nicht erinnern, jemals in London oder Blackpool oder Brighton gewesen zu sein. Möglicherweise hatte sie einmal einen Zoo besucht. Und falls ja, dann hatte es sich möglicherweise um einen Zoo mit Elefanten gehandelt. Diese Angabe führte zu weiteren Telefonaten. Denn wenn man den Zoo identifizieren konnte, so die Schlussfolgerung, ließe sich der Suchbereich entsprechend verkleinern. Die Zoologische Gesellschaft Londons bestätigte, dass nur wenige Tiergärten Elefanten hielten. Allerdings waren diese Zoos im ganzen Land verstreut – beispielsweise in Bristol, London, Chester, Whipsnade und Edinburgh. Genau genommen konnte man auch Dublin in die Liste aufnehmen und Safariparks wie etwa Longleat. Das Ganze half also nicht wirklich weiter. Die Kinderpsychologin zeigte Azalea Fotos der verschiedenen Tiergärten, aber ihre Reaktionen darauf ergaben keine Anhaltspunkte.

Die Experten der Spurensicherung befassten sich mit Azaleas Kleidung, doch es handelte sich um herkömmliche, in jedem größeren Kaufhaus erhältliche Ware, die keinen Schluss darauf zuließ, aus welchem Geschäft sie stammte. Die...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2015
Übersetzer Heinrich Koop, Franca Fritz
Verlagsort Bindlach
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte All-Age • Das Rosie-Projekt • Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry • Geschichte einer Suche • Liebesgeschichte • Schicksal • Selbstbestimmtheit • tolle Settings • Zufälle • Zufallsbegegnungen
ISBN-10 3-7320-0287-X / 373200287X
ISBN-13 978-3-7320-0287-0 / 9783732002870
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4 Anspruchsvoll und anders

von (Münster), am 04.09.2015

Um eins gleich vorwegzunehmen: Nach Lesen der Kurzbeschreibung hatte ich eigentlich etwas anderes erwartet.
Es geht zwar um Azalea und die Frage, ob ihr Leben vom Schicksal oder doch vom Zufall bestimmt ist, aber das Ganze nahm ich eher als Aufhänger für bestimmte geschichtliche Entwicklungen in Uganda wahr. Dies ging auch deutlich über das Niveau das einer normalen Jugendgeschichte hinaus.

Insgesamt ein gutes Buch, für das es aber auch manchmal Geduld und Konzentration brauchte. Belohnt wurde ich mit einer interessanten, schicksalshaften Geschichte, die mich sehr fasziniert hat.
Ohne zuviel zu verraten: Das Ende wirkte auf mich zu abrupt und ließ mich etwas ratlos zurück. Daher auch der Punkt Abzug.
Empfehlen würde ich das Buch denjenigen, die etwas Abwechslung von dem üblichen mainstream Einerlei wünschen.
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