Meine geniale Freundin

Spiegel-Bestseller
Band 1 der Neapolitanischen Saga (Kindheit und frühe Jugend)

**** 9 Bewertungen

(Autor)

Buch | Hardcover
422 Seiten
2016
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-42553-4 (ISBN)
24,00 inkl. MwSt
Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch unzertrennlich, Lila und Elena, schon als junge Mädchen beste Freundinnen. Und sie werden es ihr ganzes Leben lang bleiben, über sechs Jahrzehnte hinweg, bis die eine spurlos verschwindet und die andere auf alles Gemeinsame zurückblickt, um hinter das Rätsel dieses Verschwindens zu kommen.

Im Neapel der fünfziger Jahre wachsen sie auf, in einem armen, überbordenden, volkstümlichen Viertel, derbes Fluchen auf den Straßen, Familien, die sich seit Generationen befehden, das Silvesterfeuerwerk artet in eine Schießerei aus. Hier gehen sie in die Schule, die unangepasste, draufgängerische Schustertochter Lila und die schüchterne, beflissene Elena, Tochter eines Pförtners, beide darum wetteifernd, besser zu sein als die andere. Bis Lilas Vater seine noch junge Tochter zwingt, dauerhaft in der Schusterei mitzuarbeiten, und Elena mit dem bohrenden Verdacht zurückbleibt, eine Gelegenheit zu nutzen, die eigentlich ihrer Freundin zugestanden hätte.

Ihre Wege trennen sich, die eine geht fort und studiert und wird Schriftstellerin, die andere wird Neapel nie verlassen, und trotzdem bleiben Elena und Lila sich nahe, sie begleiten einander durch erste Liebesaffären, Ehen, die Erfahrung von Mutterschaft, durch Jahre der Arbeit und Episoden politischer Bewusstwerdung, zwei eigensinnige, unnachgiebige Frauen, die sich nicht zuletzt gegen die Zumutungen einer brutalen, von Männern beherrschten Welt behaupten müssen.

Sie bleiben einander nahe, aber es ist stets eine zwiespältige Nähe: aus Befremden und Zuneigung, aus Rivalität und Innigkeit, aus Missgunst und etwas, das größer und stiller ist als Lieben. Liegt hier das Geheimnis von Lilas Verschwinden?

Elena Ferrante hat ein literarisches Meisterwerk von unermesslicher Strahlkraft geschrieben, ein von hinreißenden Figuren bevölkertes Sittengemälde und ein zupackend aufrichtiges Epos – über die rettende und zerstörerische, die weltverändernde Kraft einer Freundschaft, die ein ganzes langes Leben währt.
Spiegel-Bestseller

Elena Ferrante ist die große Unbekannte der Gegenwartsliteratur. In Neapel geboren, hat sie sich mit dem Erscheinen ihres Debütromans im Jahr 1992 für die Anonymität entschieden. Ihre Neapolitanische Saga trägt, wie der erste Band daraus, den Titel »Meine geniale Freundin« und ist ein weltweiter Bestseller. Die vier Bände – »Meine geniale Freundin«, »Die Geschichte eines neuen Namens«, »Die Geschichte der getrennten Wege« und »Die Geschichte des verlorenen Kindes« – werden bis zum Herbst 2017 im Suhrkamp Verlag veröffentlicht. Anschließend erscheinen, im suhrkamp taschenbuch, außerdem Ferrantes frühere Romane »Lästige Liebe«, »Tage des Verlassenwerdens« und »Frau im Dunkeln«.

»Es ist unmöglich, ein scharfsinnigeres Porträt einer Frauenfreundschaft zu finden.«
Vogue

»Ferrante beherrscht eine elegante, schwerelose Sprache, dramaturgisch hat sie ihren Stoff jederzeit im Griff. Das ist ... bisweilen grandios – genau wie die Übersetzung durch Karin Krieger.«
Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Hier wird europäische Geschichte zum ersten Mal im großen Stil als weibliche Nahgeschichte erzählt. Ein epochales literaturgeschichtliches Ereignis ...«
Iris Radisch, DIE ZEIT

»Man verschlingt dieses Buch wie heutzutage sonst eher die guten, großen Fernsehserien. Elena Ferrantes Bücher haben so eine epochale Wucht, dass Rezensenten nicht nur Vergleiche mit Proust oder Dickens gezogen haben, sondern auch mit The Wire oder Mad Men.«
Judith Liere, stern

»Wer #FerranteFever googelt, findet eine florierende Subkultur leidenschaftlicher Leser, eine transnationale Gemeinschaft, die viel Zeit und Mühe darauf verwendet, fiktive Ereignisse aus dem Neapel der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu diskutieren.«
Christian Bos, Frankfurter Rundschau

»Ein großartiger Bildungsroman im Spiegel einer prekären Mädchenfreundschaft und zugleich ein Gesellschaftsporträt des armen Neapel in den 50er und 60er Jahren.«
Dirk Schümer, DIE WELT

»Ein grandioses Zeitpanorama!«
Franz Haas, Neue Zürcher Zeitung Online

»Ein wunderbares, unglaublich spannendes Buch! Ich finde faszinierend, wie offen die Erzählerin über ihr Konkurrenzverhältnis zu ihrer besten Freundin spricht. Und dabei ist alles so wahr, weil es im wirklichen Leben genauso ist. Und man taucht ganz realistisch in dieses Italien ein, in diese Vorstadt, mit all ihrer Brutalität und Armut.«
Eva Mattes

»Ein unglaublich süffig erzähltes Buch mit starkem Sog, ähnlich wie der Knausgard-Effekt.«
Maike Albath, Deutschlandradio Kultur

»Es herrscht das Ferrante-Fever!«
Bettina Weber, Tages-Anzeiger

»Ein Roman allererster Güte!«
The Independent

»Der große italienische Roman unserer Generation, unseres Landes und unserer Epoche.«
Il Manifesto

»Meine geniale Freundin strömt aus der Seele wie die Lava nach einem Ausbruch des Vesuvs.«
La Repubblica

»Ferrante zu lesen ist ein einziges Glück.«
De Standaard

»Die Figuren Ferrantes sind wahre Meisterwerke.«
El País

»Ferrante hat ein inniges Epos über zwei Kindheitsfreundinnen geschrieben und zugleich eine brillante politische, kulturelle und feministische Geschichte Italiens.«
Le Figaro

»Mit völliger Sicherheit das größte Werk der europäischen Literatur der letzten Jahrzehnte.«
La Vanguardia

»Man wähnt sich stets im Kopf von Elena, was der Geschichte eine große Glaubwürdigkeit verleiht und einen Sog bewirkt. Elena Ferrante schreibt feinfühlig und doch ohne Sentimentalität ...«
Markus Ganz, Lesen 3/2016

»Eine Offenbarung.«
NRC Handelsblad

»Die größte literarische Leistung der vergangenen siebzig Jahre.«
The Chicago Tribune

»Man liest Ferrantes Romane nicht, man verschlingt sie, und zwar in nächtlichen Lektüreorgien.«
Esquire

»Macht auf herrliche Weise süchtig, von enormer Weite und gleichzeitig intim. Eine Großtat modernen Erzählens.«
O, The Oprah Magazine

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Neapolitanische Saga
Neapolitanische Saga
Übersetzer Karin Krieger
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel L'amica geniale
Maße 136 x 215 mm
Gewicht 548 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. Jahrhundert • 21. Jahrhundert • Beste Freundin • beste freundin geschenk • Bücher Bestseller 2016 • Bücher Bestseller 2017 • bücher bestseller 2018 • Elena Ferrante • Familiensaga • Feminismus • Frauen • Frauenfreundschaft • Frauenfreundschaft; Romane/Erzählungen • Freundschaft • geschenke für mama • Geschenk für Frauen • Geschenk für Freundin • Gesellschaftsroman • Gesellschaftsroman (literarische Gattung) • Italien • Mafia • Muttertag • Muttertagsgeschenk • Neapel • Neapel; Romane/Erzähl. • Neapel; Romane/Erzählungen • Neapel; Romane/Erzähl. • Roman • romane bestseller 2017 • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • SPIEGEL-Bestseller • Spiegel Bestseller 2018 • spiegel bestsellerliste • Weihnachtsgeschenke • Weltliteratur
ISBN-10 3-518-42553-6 / 3518425536
ISBN-13 978-3-518-42553-4 / 9783518425534
Zustand Neuware
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2 Zerstörte Kindheiten

von (Blasket Island), am 08.08.2023

Stilistisch gesehen gibt es viele detailreiche Beschreibungen und zudem baut Ferrante extrem viele Charaktere ein. Die Charakterliste am Anfang ist sehr hilfreich, um den Überblick zu halten. Insgesamt haben die Mädchen entweder eine große Fantasie oder eine schreckliche Kindheit, falls das alles stimmt, was sie erzählen und ihnen passiert.

Insgesamt konnte ich aber den Hype nicht verstehen. Es geht um Schülerprobleme in der Grundschule und späteren Jugend. Inhaltlich geht es also vor allem um Schulnoten und Jungsproblemen. Dann folgen auch noch Schocker wie die Ansätze der Prostitution. Eine zieht für 10 Lira vor zwei Mitschülern blank. Dann gibt es auch noch eine Vergewaltigung von einer durch einen viel älteren Mann. Ich verstehe insgesamt nicht, wie man sich dafür begeistern kann. Abgesehen davon, dass Grundschüler noch das gegensätzliche Geschlecht absolut ekelhaft finden. Erst mit der Pubertät beginnt das Interesse aufzuflammen.

Lila, die böse der beiden, war gemein und kam mit allen Aktionen frei raus. Sie war nicht sympathisch und Elena hatte kein Selbstbewusstsein und wurde nur ausgenutzt. Das ist beides traurig. Als eine geniale Freundschaft würde ich das daher absolut nicht bezeichnen. Daher kann ich die Begeisterung für diesen Roman nicht nachvollziehen. Eine von beiden wird zudem von ihren Eltern geschlagen. All die Themen fanden Millionen von Frauen weltweit großartig? Der Schulkram war so präsent, dass ich mich teilweise wie in die Schulzeit zurückversetzt gefühlt habe.

Keine Empfehlung.

2 Eine Saga?

von , am 09.10.2016

Eine Saga?

In diesem ersten Teil der stark beworbenen italienischen Saga versetzt uns die große Unbekannte Autorin Elena Ferrante ins Rione, einem ärmlichen Viertel bei Neapel.
Sie, oder sind es mehrere Autoren?, lässt Elena und Lila, die beiden Hauptfiguren zunächst Kinder sein. Wir werden Zeugen etlicher Klein-Mädchen-Spiele und Mutproben, bis die beiden schließlich zueinander finden und auf einer fragilen Beziehungsebene die bekannten Stationen des Erwachsenwerden durchleben.
Dazu gehören dramatische Alltagsszenen der italienischen Art innerhalb der Familien, von denen es im Buch eine Menge gibt und das erste Geturtel zwischen den Jungendlichen im Rione.
Inhaltlich konnte mich an diesem Buch nichts überraschen, geschweige denn fiebrig werden lassen, wie es die Werbung versprach.
Für mich passt “Meine geniale Freundin” eher in das Genre Jugendliteratur der anspruchsvolleren Art und könnte hier gut mit dem feinen Stil und der versuchten sprachlichen Eleganz punkten.

Beide Protagonistinnen sind gut in der Schule, doch nur Elena ist es vergönnt den höheren Bildungsweg einzuschlagen, obwohl auch Lila sehr intelligent ist und sogar autodidaktische Fähigkeiten ausspielen kann. Beide konkurrieren in einer versteckten Art und Weise miteinander und ich kann eigentlich keine großartige Freundschaft erkennen. Immer wieder kommt es mir so vor als wünscht die eine der anderen nichts Gutes. Das hat mich sehr irritiert. Sollte es hier nicht um eine ganz besondere Beziehung zwischen zwei Frauen gehen?

Ich habe mich nicht geärgert das Buch gelesen zu haben, gewundert, über den Hype, der darum gemacht wird habe ich mich schon.
Ein einfaches, leichtes Gericht mit alltäglichen Zutaten, was hier inkognito gekocht wurde. Wer’s mag, wird auch die folgenden anderen drei Teile nicht verschmähen.

3 Facetten ihrer Freundschaft in Kindheit und Jugend

von (Bad Sxxx), am 18.09.2016

Elena Ferrante, die große Unbekannte der Gegenwartsliteratur, schreibt in „Meine geniale Freundin“ über die Freundschaft zweier Mädchen bezogen auf deren Kindheit und Jugend. Dieses Buch ist der erste Band der vierteiligen Neapolitanischen Saga.

Im Prolog geht es um das Verschwinden von Lila, von der es keinerlei Spuren mehr gibt. Dadurch erzeugt die Autorin eine gewisse Spannung, ich wurde neugierig auf die Gründe und Zusammenhänge. Von Kindheit an war Elena mit Lila befreundet und durch einen Rückblick in ihre gemeinsame Kindheit und Jugend versucht sie das Rätsel um deren Verschwinden zu lösen. Die Charaktere der beiden Freundinnen, die in einem ärmlichen Stadtteil von Neapel in den 50er Jahren aufwachsen, sind sehr unterschiedlich und von der Autorin gut ausgearbeitet. Ihre Freundschaft mit vielen unterschiedlichen Facetten wird aus Sicht von Elena erzählt. Die Sprache ist verständlich und bildhaft. Teilweise sind die Beschreibungen überaus detailliert und dadurch wird die Geschichte langatmig. Die durch den Prolog aufgebaute Spannung flacht total ab. Hilfreich war das Lesezeichen mit kurzen Angaben zu den vielen Figuren in diesem Roman.

Der Klappentext beschreibt eine Freundschaft, die über sechs Jahrzehnte bleibt, dieser erste Band endet dann schon als beide sechzehn Jahre alt sind. Es gibt allerdings im Innenteil einen Hinweis auf die übrigen drei Bände, die in rascher Folge im Suhrkamp Verlag veröffentlicht werden. Die Anonymität der Autorin und die Tetralogie sind meiner Meinung nach ein Teil der Marketingstrategie.

In diesem ersten Band beschrieb Elena ihre gemeinsame Kindheit und Jugend mit Lila in einem nicht einfachen Milieu und die unterschiedlichen Facetten ihrer Freundschaft. Mir persönlich war dies in über 400 Seiten zu langatmig.
Autor: Elena Ferrante

5 Jenseits von Don Camillo

von (DD), am 04.09.2016

Ebenso weit fernab von Tourismus-Idylle und Großfamilien-Harmonie bricht sich die Geschichte dieser beiden Mädchen und später Frauen, den genialen Freundinnen, kraftvoll Bahn und gibt damit den Blick auf das andere Italien und das gesellschaftliche Leben dort frei – damals wie heute. Konzentration beim Lesen ist angesagt; viele Handelnde in den verschiedensten Konstellationen. In diesem Zusammenhang ist die Personenübersicht am Anfang des Buches Gold wert. Elenas, in wahrsten Sinne und von unverbrauchter Bedeutung, beste Freundin Rafaella ist verschwunden – ohne ein Wort, ohne eine Zeile. Doch dieses nicht nachvollziehbare Ereignis ist Anlass für Elena, ihre einzigartige Bindung von einmal von Beginn an zu reflektieren. „Mit allem, was mir in Erinnerung geblieben ist.“ S. 22 Der Grundstein ihrer Freundschaft wurde bereits in ihrer Kindheit gelegt und dort setzt die Handlung auch ein. Beide lassen sich auf einer Welle aus Sympathie und Neugier aufeinander zutreiben. Sie fallen sich auf, fühlen sich seltsam zueinander hingezogen. Nicht immer gleichzeitig und in gleichem Anteil, doch gerade diese Wechselseitigkeit setzt einen Mechanismus in Gang, der kontinuierlich zu einer unauflöslichen Bindung führt; ganz nach dem Motto „gut Ding will Weile haben“. Es wird kein Blatt mehr zwischen sie passen. Dieser Grundstein ist die kräftige Wurzel, die sie nährt und hält, aus der alles Kommende erwächst. Die Wellen werden allerdings bleiben, nicht immer befinden sie sich dabei allerdings gleichzeitig auf dem Wellenberg. Ein Kampf von Kindesbeinen an – persönlich und gesellschaftlich gesehen. Beispielsweise um halbwegs erträgliche „Gleichbehandlung“ schon in der Familie. Beide sehen und erleben ja täglich was passiert, wenn man nicht aufpasst, wenn man sich nicht irgendwie wehrt oder entzieht. Das schweißt zusätzlich zusammen. Doch haben sie überhaupt eine Wahl? Der Roman ist reich an Geschichten, Einzelschicksalen, Lebenserfahrungen, von denen nicht nur die Hauptpersonen profitieren werden. Um Elena und Lila sind stets Menschen, die ihnen beistehen, sie begleiten, ja führen, aber auch Menschen, die ihnen Steine in den Weg legen werden. Die Freundschaft der beiden beinhaltet eine einzigartige Vielschichtigkeit von Emotionalität und Geisteshaltung – Untergelegenheitsgefühl trifft auf Freiheitsliebe, Neugier auf Mut. All dies wird sich vermischen. Beide werden aneinander wachsen, sich aneinander reiben. So werden sie füreinander glänzend wie ein Licht, das der anderen leuchtet, wenn alles andere in Dunkelheit zu liegen scheint. Dennoch werden sie sich völlig anders entwickeln. Dadurch wird klar, dass Nähe nicht immer etwas mit Beisammensein zu tun haben muss. Wird Rafaella ihr anfängliches „Tempo“ beibehalten oder von Elena überholt werden? Eine Freundschaft, bei der sozialer Status und sich verändernder familiärer Hintergrund keine Rolle spielen. Beneidenswert. Doch sie haben es sich auch schwer erkämpfen müssen und der Kampf dauert an.

4 Der Lebensweg einer Freundschaft

von (Oberschöna), am 04.09.2016

„Sie wollte sich in Luft auflösen, wollte dass sich jede ihrer Zellen verflüchtigte, nichts von ihr sollte mehr zu finden sein.“

Inhalt

Rückblickend erzählt die Pförtnerstochter Elena Greco die Geschichte einer Mädchenfreundschaft, die sich mittlerweile über ein ganzes Leben erstreckt. Sie lässt den Leser in eine äußerst ambivalente Mädchenbekanntschaft blicken, die bereits in weiter Ferne begann und beschwört ein umfassendes Bild einer äußerst schwierigen Zeit im Neapel der 50iger Jahre herauf. Damals war Elena 11 Jahre alt, genauso alt wie Lila, die Tochter des Schusters. Ihre Verbindung lebt von den Ereignissen und Menschen, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinden. Doch schon bald teilen sie nicht mehr alle Empfindungen miteinander, denn nach der Grundschulzeit ist Lila trotz ihrer Intelligenz dazu verbannt, in der elterlichen Firma mitzuarbeiten, während Elena durch Zuspruch ihrer Lehrer die Möglichkeit erhält, zunächst auf die Oberschule und dann aufs Gymnasium zu wechseln. Erste Bildungsunterschiede lassen feine Risse in der Mädchenfreundschaft entstehen und dennoch hält Elena fast verzweifelt an ihrer „besten“ Freundin fest, vielleicht weil diese so anders, so innovativ und mutig ist und all jene Eigenschaften besitzt, die Elena selbst gerne hätte.

Meinung

Die Pressestimmen zu diesem Auftakt der neapolitanischen Saga aus der Feder von Elena Ferrante sind sehr positiv und voller Lob. Umso gespannter war ich auf diesen ersten Roman, dem im kommenden Jahr noch drei weitere Bände folgen werden.

Der Einstieg ins Buch zieht sich etwas hin, als Leser kann man noch nicht abschätzen, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird und erst nach der Hälfte des Buches konnte mich das Geschehen wirklich in seinen Bann ziehen. Die Autorin schildert einerseits eine Freundschaft, die mich in vielerlei Hinsicht enttäuscht hat, eine Beziehung die viel mehr auf Neid, ungeteilter Bewunderung und dem Wunsch, die bessere zu sein beruht, als auf wahrer Zuneigung. Gerade dieses Ungleichgewicht zwischen den Frauen, die selbst in ihrer Herangehensweise ganz anders agieren, bleibt im ganzen Buch erhalten. Sie leben die Gegensätze, finden andere Verhaltensweisen erstrebenswert, möchten verschiedene Dinge im Leben erreichen, so dass ich mich fortwährend gefragt habe, ob es zu dieser perfekten Freundschaft gehört, sich über-bzw. unterlegen zu fühlen und welchen Schaden oder Nutzen dieses Verhalten bringen soll.

Umso gelungener finde ich die Auseinandersetzung der Autorin mit den gesellschaftlichen Hintergründen, mit der Schilderung eines gewaltgeprägten Wohnviertels, mit verfeindeten Familienclans, mit Straßenschlägereien und Morden. Einer Welt, die ebenso beängstigend wie faszinierend wirkt und die vielleicht erklärt, warum es so wichtig war, sich mit Menschen zu umgeben, die das eigene Selbst ergänzen und dem Leben eine gewisse Beständigkeit geben. Auch die frühe Jugend der beiden Mädchen, schuf ein umfassendes Gesellschaftsporträt. Denn während Lila ganz bewusst heiratet, erscheint es der gebildeten Elena absolut fremd mit 16 Jahren den Bund der Ehe einzugehen.

Fazit
Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen Roman, der eine Mädchenfreundschaft nicht nur an Gefühlen, sondern auch an gesellschaftlichen Normen festmacht. Die Geschichte hat Tiefgang und lebt von einer schönen Sprache, sie erzählt unaufgeregt vom Leben und schildert ganz nebenbei das Erwachsenwerden zweier Menschen. Der Gesamteindruck der entsteht, braucht etwas Zeit um sich zu entfalten, lässt mich aber als Leser doch zufrieden zurück, vor allem, weil es eine Fortsetzung gibt, die zeigen wird, wie sich das Leben der beiden Hauptprotagonistinnen entwickelt.

5 Meine geniale Freundin

von (Deutschland), am 03.09.2016

Lila und Elena, beste Freundinnen seit Kindheitstagen in einem weniger wohlsituierten Viertel Neapels. Die eine, Lila, Tochter eines Schusters, ohne große Zukunft vor sich, obwohl sie offenkundig mit hoher Intelligenz gesegnet ist und diese wohldosiert einzusetzen weiß. Die andere, genannt Lenù, ebenfalls recht klug, aber sie muss hart pauken, um die entsprechenden Schulleistungen zu erbringen. Für Lenù steht nach der kurzen obligatorischen Grundschule der Weg zur höheren Bildung offen, immer wieder angestachelt durch Lila führt dieser wider Erwarten in ungeahnte Höhen, bis hin zum Gymnasium, wo sie Latein und Griechisch lernt. Für Lila bleibt alles beim Alten: das bekannte Viertel, die Arbeit in der Schusterei, die bekannten Gesichter. Doch aus dem Mädchen wird eine attraktive junge Frau, die schon bald sehr viel Aufmerksamkeit erregt und zwischen alte Fehden gerät.

Wenn ein Roman mit einem solchen Marketingaufwand schon lange vor der Veröffentlichung in aller Munde ist, stellt sich unweigerlich Neugierde ein. Für mich hierbei besonders überraschend: dass Romane bejubelt werden, ist keine Seltenheit, aber dass sich das literarische Feuilleton und die eher massenorientierten Kanäle einig sind bzw. überhaupt über dasselbe Buch sprechen, erstaunt da schon eher. Beim Lesen jedoch hat sich dieser scheinbare Widerspruch schnell aufgelöst: ja, das Buch kann sowohl die einen wie auch die anderen bedienen und wer sich gleichermaßen lesend bewegt, kann sich doppelt freuen.

Band eins der Tetralogie erzählt die Kindheit und Jugend der beiden Frauen. Nuanciert werden Parallelen und Diskrepanzen zwischen den beiden Mädchen vorgestellt, immer wieder führt sie das unsichtbare Band jedoch wieder zusammen. Ohne Frage ist die Erzählerin Lenù sympathisch und lädt schnell ein, sie liebzugewinnen; faszinierender jedoch ist ihr Pendant, das in der Charakterzeichnung vielschichtiger und undurchschaubarer ist. Es braucht keine großen Beschreibungen, die Episoden ihres Lebens, das scheinbar widersprüchliche Handeln charakterisieren diese junge Frau in ausreichendem Maße und lassen Raum für psychologische Spekulationen – insbesondere darüber, was in den kommenden drei Bänden erzählt werden wird. Auch wenn die Erzählerin zurückblickt, wählt sie doch in dieser Passage den Blickwinkel des unwissenden Mädchens, was den Einblick in die neapolitanische Gesellschaft der 50er Jahre insbesondere spannend gestaltet, vieles bleibt vage und nicht begreifbar für die jungen Figuren – die Aussagen lassen jedoch wenig Raum für Interpretation. Die Rolle der Familienclans und mafiöse Strukturen werden mehr als deutlich kritisiert.

Blickt man weniger tief in den Roman, besticht die Sprachgewaltigkeit der Autorin. Ein Plauderton, fast wie von einer Freundin, der immer die richtige Note trifft, lässt den Text regelrecht dahingleiten, so dass die gut 400 Seiten im Nu vorbeifliegen. Wunderschön leicht erzählt sie von der Freundschaft und auch innigen Zuneigung zwei Mädchen – einem Thema, das insbesondere Leserinnen leicht ansprechen dürfte.

Ja, es gibt literarisch anspruchsvollere Bücher, aber wenige sind dabei so unterhaltsam und leicht. All dem Lob für Elena Ferrante – wer auch immer sie sein mag – kann ich mich sehr leicht anschließen.

4 Langeweile & Genialität

von , am 29.08.2016

Inhalt (übernommen)

In einem volkstümlichen Viertel Neapels wachsen sie auf, derbes Fluchen auf den Straßen, Familien, die sich seit Generationen befehden, das Silvesterfeuerwerk artet in eine Schießerei aus. Hier gehen sie gemeinsam in die Schule, die unangepasste, draufgängerische Lila und die schüchterne, beflissene Elena, beide darum wetteifernd, besser zu sein als die andere. Bis Lilas Vater sein brillantes Kind zwingt, in der Schusterei mitzuarbeiten, und Elena mit dem bohrenden Verdacht zurückbleibt, das Leben zu leben, das eigentlich ihrer besten, ihrer so unberechenbaren Freundin zugestanden hätte.

Charaktere

Elena Greco und Raffaella Cerullo sind die beiden Hauptcharaktere im Roman, wobei wir Raffaella - oder auch Lila, wie sie von Elena genannt wird - nur durch die Sicht von Elena kennen lernen, da der Roman als eine Art Memoiren Elena´s geschrieben ist.

Elena ist ein eingeschüchtertes junges Mädchen, als sie Lila kennen lernt. Beide reden nicht viel miteinander und müssen sich erst einmal "beschnuppern". Elena will so sein, wie sie Lila in ihrer kindlichen Naivität sieht: Stark, mutig und besser als alle anderen. Sie tut alles, um ihr zu gefallen. Auch die Jahre über bis hin ins Teenager-Alter ändert sich ihre Absicht nicht. Die eigentlich Bessere, Klügere und Vernünftigere der beiden sieht sich immer noch klein und unscheinbar und tut alles, was sie tut, nur um Lila zu gefallen. Damit ist sie mir manchmal auf die Nerven gegangen. Sie hat sich zu sehr von anderen - allen voran Lila - bestimmen lassen, obwohl diese das gar nicht von ihr verlangt hatten. Diesen Weg hat sie sich selbst ausgesucht. Oder wollte sie im Grunde nur gefallen? Wollte im ärmlichen Italien Anerkennung? Verstehen kann ich das, aber bei Elena ging das fast bis zur Selbstaufgabe.

Lila hingegen war schwer einzuschätzen. Sie tat mir leid, ich fand sie zeitweise unmöglich, aber auch liebevoll, zuvorkommend und aufrichtig. Ich glaube, sie hat insgeheim gewusst, dass sie die Schwächere der beiden ist und wollte so sein wie Elena. Sie hat relativ schnell ihren Biss und ihre Naivität verloren und sich den anderen angepasst - obwohl sie nie so sein wollte. Vielleicht lag es am Verhalten ihrer Eltern, die sie nicht auf die weiterführende Schule gehen lassen wollten, oder aber sie hat die Stärke gegenüber Elena nur vorgetäuscht, weil sie spürte, dass sie sie brauchte. Aus ihr bin ich leider nicht schlau geworden.

Eines hatten sie doch gemeinsam: Sie wollten aus ihrem Leben etwas machen und zu Geld kommen. Wobei die Wege, die sie eingeschlagen haben, unterschiedlicher kaum sein konnten: Die eine heiratet reich, kapituliert, verrät scheinbar ihre Träume und die andere setzt auf schulische Bildung, zu der sie nur gekommen ist, weil sie der anderen gefallen wollte.

Die Beziehung der beiden entwickelt sich im Laufe des Romans. Vom gemeinsamen Puppen spielen bis hin zu den ersten Liebelein teilen sie fast alles miteinander. Ich hatte den Eindruck, dass es Elena erst gut ging und sie aufgeblüht ist, als sie längere Zeit durch Schule und Ferien von Lila getrennt war und ihrem "Einfluss" entzogen war. Aber immer wieder hat sie die Nähe zu Lila gesucht, obwohl sie gespürt hat, dass diese ihr nicht gut tut.

Schreibstil

Elena Ferrantes Schreibstil war gewöhnungsbedürftig. Und das meine ich durchaus nicht negativ. Durch viele Wiederholungen und lange Sätze habe ich eine Zeit lang gebraucht, um in die Geschichte zu finden. Auch die vielen Namen und Verwandtschaftsverhältnisse sind zu Beginn sehr viel. Aber da hilft einem super die Übersicht im Buch und der kleine Flyer als Beilage weiter (den fand ich super, da man nicht immer wieder zurückblättern musste!). Aber das Durchhaltervermögen hat sich gelohnt: Das letzte Drittel war brillant! Ich hatte den Eindruck, dass sich der Schreibstil dem Alter der Protagonisten angepasst hat: Von "einfach" und teilweise wirklich langweilig (Beginn), wurde er immer anspruchsvoller und literarischer.
Was mir gut gefallen hat, mit wie viel kindlicher Nüchternheit Ferrante über den Krieg erzählt hat und welche Auswirkungen er auf Elena und Lila hat, obwohl die beiden ja nicht gewusst haben, wie es wirklich war. Ein Satz ist mir im Gedächtnis geblieben, der vielleicht meine Formulierung etwas klarer macht: "So war unsere Welt, voller Wörter, die töteten: Krupp, Tetanus, Flecktyphus, Gas, Krieg, Drehbank, Trümmer, Arbeit, Luftangriff, Bombe, Tuberkulose, Vereiterung." (S. 32/33).

Fazit

Ein wunderbarer Roman über Freundschaft, Träume und Realität, der leider auch zu Beginn seine Schwächen hatte. Schade finde ich, dass die Geschichte eigentlich aus vier Bänden besteht (was beim ersten Klapptext lesen nicht ersichtlich war) und wir hier bei "Meine geniale Freundin" den Weg von Elena und Lila nur bis ins Teenager-Alter begleiten dürfen.

3 Der Beginn einer lebenslangen Freundschaft

von , am 27.08.2016

Seit seinem Erscheinen im Jahr 2011 ist dieses Buch in Italien Kult und konnte auch den angloamerikanischen Buchmarkt im Sturm erobern. Nun erscheint der erste Teil der Neapolitaner Sage von Elena Ferrante, „Meine geniale Freundin“, über die Kindheit und Jugend der Freundinnen Elena und Lila im Suhrkamp Verlag auch endlich in deutscher Übersetzung.

Ein Buch über eine lebenslange Freundschaft und Konkurrenz.

Die Erzählung beginnt damit, dass sich eine Frau auflöst, nicht einfach nur verschwindet, sondern alles vernichtet, was auf ihre Existenz hindeutet. Dieses Ereignis nimmt die Ich-Erzählerin zum Anlass die gesamte Geschichte ihrer Freundschaft und Lebenswege aufzuschreiben.

Im Neapel der Nachkriegszeit wachsen die jungen Mädchen Elena und Lila in einfachsten Verhältnissen auf. Ihr Leben ist geprägt von der Aussichtslosigkeit auf sozialen Aufstieg, der täglichen Gewalt in und zwischen den Familien und dem damaligen Rollenbild der Frau, nach welchem sie später vor allem ihre Aufgaben als Mutter und Ehefrau zu erfüllen haben. Doch die beiden Mädchen sind ausgesprochen intelligent und gerade Lila treibt Elena immer wieder zum Lernen an, um über sich selbst und vielleicht irgendwann aus diesen ärmlichen Verhältnissen herauszuwachsen.

Der erste Teil der Sage beschäftigt sich mit der Kindheit und Jugendzeit der beiden Freundinnen, vom ersten Annähern beim Puppenspielen bis zur Heirat der einen mit blutjungen 16 Jahren.

Um diesen Roman ist ein rätselhafter Hype entstanden, der wohl auch hauptsächlich darauf beruht, dass die Identität der Verfasserin ungeklärt ist. Gibt es Elena Ferrante wirklich oder ist sie nur ein Pseudonym? Zu Gesicht bekommen hat sie bisher noch niemand, aber ab und zu erscheinen schriftliche Interviews im Internet.

Ich bin gespannt, ob sich dieser Hype auch in Deutschland halten wird. Die anderen drei Teile der Saga werden zeitnah ebenfalls bei Suhrkamp erscheinen, was dem Erfolg der Tetralogie sicher zugute kommen wird, denn ein Teil der Spannung entsteht eben durch das chronologische Erzählen und eine Verzögerung der Fortsetzung könnte diesen Spannungsbogen nur zu leicht unterbrechen.

Wie ich die geniale Freundin letztendlich fand? Da bin ich immer noch sehr unschlüssig. Einerseits hat mich der Einstieg in die Erzählung sehr fesseln können, diese Vorstellung, dass ein Mensch sich im letzten Lebensabschnitt einfach auflöst und aus dem Leben anderer auslöscht. Sogar aus Fotos schneidet Lila ihr Gesicht heraus. Diese Kompromisslosigkeit und Vollständigkeit ihrer Auflösung ist beeindruckend und rätselhaft.

Die Schilderungen ihrer Kindheit artet dann leider oft in schlichte Nacherzählung aus. Das Wirrwarr der vielen Namen und Spitznamen ist verwirrend, ebenso die verwickelten Familienverhältnisse im Armenviertel. So heißt Lila eigentlich Raffaella Cerullo und wird von allen anderen, bis auf Elena, Lina gerufen. Elena Greco heißt dann in Wirklichkeit Lennucia oder Lenù. Diese Namensspielerei ist oft verwirrend und ermüdend. Bei den vielen Figuren, die das Viertel bevölkern, muss man deshalb immer wieder nach vorne ins Personenverzeichnis blättern.

Die Männerfiguren sind allesamt schrecklich, die alltägliche Brutalität oft ekelerregend. Elena Ferrante wird ein ungeschönter Blick auf das einfach Leben bescheinigt und gegen Ende steigert sich das Spannungsfeld aus den jahrelangen Rivalitäten, sodass man nur darauf wartet, dass ich die Gewalt wieder ihren Weg bahnt. Frauen sind entweder Nutten oder anbetungswürdige reine Wesen, denen aber unverhohlen nachgestellt wird und sobald das ein männliches Familienmitglied spitzkriegt, beginnt die Gewaltspirale von neuem.

Wirklich faszinierend fand ich aber die Figur der Lila, zu Beginn ein dürres, widerspenstiges Kind, das einen erstaunlich behände und regen Geist besitzt und so sein gesamtes Umfeld immer wieder düpiert. Mit der Ich-Erzählerin verbindet sie eine Freundschaft, die mal von inniger Zuneigung, mal von erbittertem Konkurrenzkampf geprägt ist. Für beide ist Bildung der Weg heraus aus dem Rione, aus der Armut und dem fremdbestimmten Leben, das die Männer ihnen auferlegen. Letztlich wird nur eine von ihnen den Weg raus aus Neapel finden. Die geistigen Duelle und das gegenseitige Antreiben zu immer weiteren Erkenntnissen, der Hunger nach Bildung sind die Highlights in diesem Buch. Besondere Momente von geistiger Klarheit und Schönheit angesichts der tristen Umgebung.

Die Sprache ist einfach und schnörkellos, leider aber zu selten poetisch. Fesseln konnte sie mich oft nicht, aber zum Ende hin entwickelt sich doch ein Sog, da man vermutet, dass die ganzen Entwicklungen unausweichlich in einem großen Knall hinzu gipfeln.

Verstehe ich den Hype um dieses Buch? Teilweise. Lila und ihr Lebensweg fesseln mich mehr als Elena und ich möchte unbedingt wissen, was noch geschieht und sie letztendlich zur Auflösung mit 66 Jahren treibt. Auch das Äußere des Buches verkörpert das sehnsuchtsvolle Zurückblicken auf das eigene Leben, romantisch verklärt und melancholisch zugleich.

Würde ich dieses Buch empfehlen? Durchaus, allein schon, damit man mitreden kann :-). Das Schöne an einem Hype ist doch, dass man sich mit so vielen verschiedenen Menschen über ein Buch austauschen kann – ein Gemeinschaftserlebnis und gemeinsames Mitfiebern mit den Figuren.

5 Der Beginn einer langen Freundschaft

von , am 23.08.2016

Elena, Mitte 60, erhält einen überraschenden Anruf vom Sohn ihrer besten Freundin Lila: Diese ist verschwunden. Und mit ihr alles, was in irgendeiner Form ein Beweis für ihre Existenz sein könnte. Elena ist davon weit weniger überrascht als Lilas Sohn und nimmt dieses Ereignis zum Anlass, die Geschichte ihrer Freundschaft schriftlich festzuhalten.
Sie beginnt Mitte der 50er Jahre im Rione, einem armen Viertel von Neapel. Vermögend ist dort niemand (und wenn, dann bestimmt nicht auf legalem Weg), Gewalt bestimmt den Alltag. Man verdient nicht viel, trinkt dafür umso mehr und Streitigkeiten werden mit den Fäusten ausgetragen und vererben sich von den Eltern auf die Kinder. Hier begegnen sich die freche Lila und die schüchterne Elena und sind bald unzertrennlich. Sie wetteifern darum, wer die Beste in der Schule ist, was Lila überaus leicht fällt. Doch während Elenas fleißiges Lernen mit dem Besuch einer weiterführenden Schule belohnt wird, muss Lila in der Schusterei ihres Vaters mithelfen.
Es ist eine grausame und archaische Zeit, in der die beiden Mädchen aufwachsen. Doch Lila verfügt über eine derart große Intelligenz, Wissbegier und ein immenses Selbstbewusstsein, dass sich selbst die Jungen vor ihr fürchten und manche Erwachsene eingeschüchtert sind. Elena, ebenfalls intelligent, findet in Lila ein Vorbild, dass ihr die Kraft gibt, sich anzustrengen um in der Schule voranzukommen - ein Weg, der Lila verwehrt bleibt. Während Elena eine Klasse nach der anderen besucht und sogar auf das Gymnasium kommt, wird es für Lila immer schwieriger je älter sie wird, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
Das Buch ist weit mehr als 'nur' die Geschichte einer Kinder- und Jugendfreundschaft. Die unter einem Pseudonym schreibende Autorin lässt ein Neapel auferstehen, das ich beim Lesen stets deutlich vor Augen hatte: die Armut, den Dreck, die heruntergekommenen Häuser und mittendrin die Menschen, die sich so gut wie möglich durchschlagen. Es ist ein Sittengemälde des Neapels der Fünfziger Jahre, das so eindrucksvoll und überzeugend geschrieben ist, dass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die folgenden Bände lesen werde, die in Italien bereits vor mehreren Jahren erschienen sind. Vielleicht ist es nicht ganz einfach zu lesen (jede Menge 'Personal' mit italienischen Namen - aber es gibt ein Personenverzeichnis) und nicht immer eine chronologische Erzählweise, aber die Mühe lohnt sich. Mir sind alle Figuren sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf den Folgeband!
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