Gesichtsdiagnose -  Lillian Bridges

Gesichtsdiagnose (eBook)

eBook Download: PDF | EPUB
2014 | 2. Auflage
304 Seiten
Urban & Fischer Verlag - Fachbücher
978-3-437-29586-7 (ISBN)
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Schulen Sie Ihren diagnotischen Blick. Denn durch das Verständnis der Gesichtszüge und besonderen Merkmale eines Gesichts, können Sie mehr über Leben und Gesundheitszustand Ihres Patienten erfahren.

Das Gesicht eines Menschen zu lesen und zu deuten, stellte schon in der frühen TCM eines der wichtigsten Diagnoseinstrumente dar. Aber auch heute kann diese Kunst -  unter Berücksichtigung aller übrigen Befunde -  Ihnen zu einem präziseren Untersuchungsergebnis und damit einer effektiven Therapie verhelfen.

Neu in der 2. Auflage: • Alle Kapitel überarbeitet • In Wort und Bild stark erweitertes Diagnosekapitel • Neue Gesichtskarte der Emotionen • Neues Kapitel zu Jing- und Qi-Markern

Einleitung


Die Gesichtsdiagnose hat in China eine altehrwürdige und gut dokumentierte Tradition, die Jahrtausende zurückreicht. Ursprünglich gehörte sie zu den alchemistischen Methoden des Taoismus, die eine Rückbesinnung auf das – am besten als „wahres Gesicht“ oder wahres Wesen eines Menschen beschreibbare – „Urgesicht“ und die ererbte Konstitution oder Essenz (Jing) einschlossen. Eine Überbeanspruchung des Jing kann zu Krankheit und ein schwerer Mangel zum Tod führen. Aus dem taoistischen Streben nach einer Verlängerung der normalen Lebensspanne und letztlich nach Unsterblichkeit ging die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) hervor. Und die Gesichtsdiagnose entwickelte sich zu einer Untersuchungstechnik, mit der sich Jing-Mangelzustände feststellen bzw. der Qi-Fluss oder die Lebenskraft/-energie und die geistige Ausstrahlung (Shen) beurteilen ließen. Als „Trilogie“ bilden Jing, Qi und Shen eine wichtige Einheit, die es zu schützen und zu bewahren gilt, weil sie entscheidend für die Langlebigkeit ist. Sie werden daher als die „Drei Schätze“ bezeichnet.
Die Gesichtsdiagnose war auch eine der Methoden, mit denen Ärzte und Heilkundige eine Palpation vermeiden konnten. Vielleicht kennen Sie ja die chinesischen Frauenstatuetten aus Elfenbein. Nur an solchen liegenden Modellen durften die Patientinnen ihre Schmerzen lokalisieren; denn ein Berühren des weiblichen Körpers außerhalb der Extremitäten galt als unziemlich. Um geeignete Kräuterrezepturen für die Behandlung festzulegen, wandten die Ärzte daher Puls-, Zungen-, Geruchs- und Gesichtsdiagnose als alternative Techniken an. Dass die Gesichtsdiagnose nicht nur einen Teilbereich, sondern eines der wichtigsten Diagnoseinstrumente in der frühen TCM darstellte, belegen alte Gesichtskarten, auf denen Gesichtsmeridiane und Akupunkturpunkte eingezeichnet sind. In der klassischen Literatur wie dem „Yellow Emperor’s Classic“ [Klassiker des Gelben Kaisers] finden sich zahlreiche Bezüge zu Gesichtszeichen als diagnostischen Indikatoren und zum chinesischen Begriff Xiang. Damit wird laut Elizabeth Rochat de Valle „die Praxis der Physiognomie“ bezeichnet, „durch Betrachtung des äußeren Erscheinungsbildes das wahre Wesen und Schicksal eines Individuums zu erkennen“ [1]. Auch die alte Bedeutung des chinesischen Worts für „Farbe“ im Sinne von „Gesichtsfarbe“ verweist auf den diagnostischen Gebrauch. Aus dem Gesicht lassen sich zahlreiche Hinweise auf die Gesundheit ablesen, angefangen mit der genetischen Grundausstattung.
Jing könnte man als körperlichen Ausdruck des angeborenen Potenzials oder der DNS beschreiben, da es zur Ausformung des Körpers beiträgt und ihn mit Attributen wie (Lebens-)Kraft und Stärke versieht. Für eine lange Lebenszeit ist daher die Erhaltung des Jing entscheidend. Im täglichen Leben zehren Menschen von ihrer Qi-Energie, die sie verarbeiten und zur Abpufferung des Jing-Verbrauchs nutzen können. Im Leuchten der Augen und schimmernden Glanz der Haut manifestiert sich Shen, der Geist. Diese „Drei Schätze“ lassen sich an unzähligen Gesichtsmerkmalen erkennen: an Jing-Markern die vorhandene Jing-Menge, an der Gesichtskarte der Jing-Verbrauch, an Qi-Markern, welche Art Qi benötigt wird. Veränderungen der Gesichtszüge und -merkmale zeigen, wie viel Qi für Organfunktionen verfügbar ist, und anhand des Augenleuchtens ist die Shen-Qualität beurteilbar. Mit dem diagnostischen Instrument der Gesichtsdiagnose können TCM-Ärzte oder Therapeuten überhaupt wertvolle Hinweise auf die Gesundheit gewinnen. Einer der größten Vorzüge der Gesichtsdiagnose besteht darin, dass sich kleinere gesundheitliche Störungen unverzüglich erkennen lassen – was präventivmedizinisch von unschätzbarem Wert sein kann.
Die Gesichtsdiagnose erwies sich auch in anderen praktischen Bereichen wie Heiratsvermittlung, Wahrsagerei und Geschäften als vielseitig einsetzbar. Sie wurde sogar dazu benutzt, die Aufstiegschancen in der Regierungshierarchie und die Erfolgsaussichten von Politikern und Generälen vorherzubestimmen. Noch heute lesen Chinesen überall auf der Welt Gesichter, wenn auch mittlerweile meistens zur Wahrsagerei. Das Gesicht eines Menschen verrät nicht nur, wer er ist, sondern auch, was ihm passiert ist. Es zeigt sogar, wie es vermutlich weitergehen wird, wenn jemand den eingeschlagenen Weg nicht verlässt. Somit erlaubt es, die Zukunft mit einiger Treffsicherheit zu prognostizieren. Noch leichter lässt sich die Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen vorhersagen. Denn schon lange vor einem objektiven Testbefund zeichnet sich bereits im Gesicht ab, ob ein Organ erkrankt oder geschwächt ist. Selbst heute noch kann man in Chinesenvierteln auf der ganzen Welt gegen ein geringes Entgelt durch einen „Gesichtsleser“ sein Schicksal oder seine Zukunft deuten lassen. Wahrsager erwiesen sich in vielfacher Hinsicht als gute Therapeuten, die Menschen mit emotionalen oder körperlichen Problemen halfen, ihr wahres Wesen zu verstehen. Dass ein Gesicht oder bestimmte Züge aber auch als „falsch“ oder „schlecht“ abgewertet werden konnten, warf einen Schatten auf die Gesichtsdeutung. Damals wie heute prägten kulturell-gesellschaftliche Präferenzen die Maßstäbe, nach denen ein Gesicht als schön oder ideal und Gesichtszüge als erfolgversprechend galten.
Doch nicht nur bei den Chinesen, sondern auch im Westen hat die Gesichtsdeutung eine lange Tradition. Schon die Griechen studierten bekanntlich die Physiognomie, und sowohl Aristoteles als auch Platon schrieben Abhandlungen über Gesichter. Historisch spielte die Gesichtsdeutung in Europa lange eine Rolle. Mit Schädelformen befasste sich die im 18. Jahrhundert in Europa und Amerika populäre Phrenologie. Von Abraham Lincoln, einem der berühmtesten Präsidenten der USA, weiß man, dass er seine Kabinettsmitglieder nach Gesichtszügen aussuchte. Ein vergriffenes Exemplar des Maytag Sales Manual aus den frühen 1900er-Jahren belegt sogar, wie verkaufsförderlich die richtige Deutung von Gesichtern sein konnte.
Gesichter zu lesen habe ich durch die chinesische Familie meiner Mutter und in erster Linie von meiner Großmutter Mary Chen Lowe gelernt (▸ Abb. 0.1). Diese Fähigkeit ist in der Familie über viele Generationen weitergegeben und stets geschäftlich, zu medizinischen Diagnosen oder auch zur Wahrsagerei benutzt worden. Meine Großmutter hatte das Glück, dass sie als Lieblingstochter ihres Vaters die alten Lehren von ihm beigebracht bekam. Denn damals war es nicht selbstverständlich, dass Mädchen so etwas lernen durften. Ihr Vater machte primär in geschäftlichen Dingen von der Gesichtsdeutung Gebrauch. Als erfolgreicher Bankier in Shanghai führte er seinen Erfolg darauf zurück, dass er die Gesichter seiner Kunden lesen konnte, um anhand ihrer Persönlichkeit zu entscheiden, ob sie kreditwürdig waren bzw. für wie lange und in welcher Höhe er ihnen Geld lieh.

Mary Chen Lowe, meine Großmutter. Sie war eine kleine, zierliche und heitere Frau mit entzückendem Lächeln. Dank ihrer Weisheit blieb ihr wunderschönes Gesicht trotz traumatischer Lebensereignisse bemerkenswert faltenfrei.
Auch meine Großmutter nutzte die Gesichtsdeutung zu Geschäftszwecken und avancierte zur erfolgreichen Chefin einer größeren Strickwarenfabrik (Lilly of California). Sie musterte das Gesicht von allen, die zu ihr ins Haus kamen, um ihnen anschließend alles über ihre Persönlichkeit, Fähigkeiten, Gesundheit und unentdeckten Potenziale zu erzählen. Ich hatte sie zum Glück ab meinem fünften Lebensjahr ständig in meiner Nähe. An den Wochenenden konnte ich sie besuchen, neben ihr sitzen und sie beim Gesichtslesen beobachten. In ihrem Haus herrschte ein reger Betrieb wie in einem großen Bahnhof: Jeder musste sich mustern lassen, um hereinzukommen, und sich bei der Rückkehr einer erneuten Gesichtsprüfung unterziehen.
Meine Großmutter war eine weise und wunderbare Frau, aber auch geschäftstüchtig und gewitzt. In der Gesichtsdeutung sah sie ein hervorragendes Hilfsmittel im Umgang mit anderen. Weil ich gern in ihrer Nähe war und sie mich faszinierte, wollte ich es ebenfalls lernen. Obwohl sie allen sechs Kindern das „Gesichtslesen“ beigebracht hatte, war ich von 18 Enkelkindern die einzige, die es erlernen und anwenden wollte. So habe ich meine ganze berufliche Karriere der Wiedereinführung der Gesichtsdiagnose im medizinischen (TCM) und geschäftlichen Bereich gewidmet.
Obwohl ich meine Kindheit damit zubrachte, viel über Gesichter zu erfahren, nahm ich es nicht allzu ernst, bis mir bewusst wurde, dass andere Leute gar nicht wussten, wie man Gesichter liest. Dafür schulde ich meinem Exmann, dem Vater meiner Kinder, Dank. Der Ärmste hatte erst den Familientest zu bestehen, bevor ich ihn heiraten durfte, und das war wirklich keine Lappalie. Er ist ein sehr strukturiert und logisch (dominante linke Hirnhälfte) denkender Ingenieur, aber glücklicherweise auch sehr aufgeschlossen. Als es ernst mit uns wurde, musste ich ihn meinen Großeltern vorstellen. Im Hauseingang stand mein Onkel, der nach dem Händeschütteln mit einem aufmerksamen Blick auf die Stirn fragte: „Oh, mit 24 sind Sie ja fast gestorben, was ist denn passiert?“ Meinem Freund fiel die Kinnlade herunter. Wie mein Onkel das wissen könne? Worauf dieser lakonisch entgegnete: „Es steht Ihnen auf der Stirn...

Erscheint lt. Verlag 24.7.2014
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Naturheilkunde
ISBN-10 3-437-29586-1 / 3437295861
ISBN-13 978-3-437-29586-7 / 9783437295867
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