Krieg. Wahn. Sex. Liebe.
Drava (Verlag)
978-3-85435-765-0 (ISBN)
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Walter Fanta, geb. 1958, Germanist und Historiker, Dozent am Robert-Musil-Institut der Universität Klagenfurt, ist Mitherausgeber der 'Klagenfurter Ausgabe', der digitalen kommentierten Edition sämtlicher Werke, Briefe und nachgelassener Schriften Robert Musils. Seit Mitte der 1990er Jahre beschäftigt er sich mit der editorischen Erschließung von Musils Nachlassmanuskripten. Die wichtigste monographische Veröffentlichung neben zahlreichen Publikationen zu Musil in Sammelbänden und Fachzeitschriften: Die Entstehungsgeschichte des 'Mann ohne Eigenschaften' von Robert Musil (2000). Walter Fanta ist Geschäftsführer der Internationalen Robert-Musil-Gesellschaft.
Fluchtpunkt ›Sex‹. Die Pläne für das Finale des Mann ohne Eigenschaften sehen zumindest ursprünglich die Darstellung exzessiver sexueller Entladung vor. Clarisse wird von Walter vergewaltigt, Moosbrugger fällt in seinem Versteck nach der gelungenen Flucht aus dem Gefängnis über das gefeuerte Dienstmädchen Rachel her, Ulrich verführt Diotima im Anschluss an ein Gartenfest, der Rausch des Kriegsausbruchs mündet in allgemeine Promiskuität, die gewendeten Figuren bekräftigen ihre neue Identität im Partnertausch. Diese zweite Fluchtlinie des Romangeschehens resultiert aus produktionsgeschichtlichen und konzeptionellen Motivierungen. Musil transferiert im jahrzehntelangen Schreibprozess obsessive sexuelle Fantasien in den jeweils noch ungeschriebenen Teil des Romans. Der Vorgang ist auf der Ebene der Autorpsyche als Sublimierung zu beschreiben, auf der Ebene der Romanfiktion als Sanktifizierung der Hauptfigur Ulrich, zu dessen Eigenschaftslosigkeit auch gehört, scheinbar keine Sexualität zu besitzen, Verführungssituationen auszuweichen, sich aus seinen Frauenbeziehungen zu lösen und einen zunehmend zölibatären Habitus anzunehmen. Dem heiligen Ulrich im kanonischen Teil des Romans stehen obszöne Fantasien und Szenen sadistischen Gehalts in den Apokryphen gegenüber, gipfelnd in der Verführung Diotimas. In dieser Schlüsselszene des unveröffentlichten Romanteils fallen der produktive und der konzeptuelle Aspekt zusammen. Musil behält sich die Ausgestaltung der ödipalen Verwirklichung im Koitus Ulrichs mit Diotima zur Bewahrung der Vorlust am Schreiben für den Schluss vor; zugleich hält er diesen sexuellen Akt am Ende des Romans für konzeptuell nötig, als finale Abreaktion des desillusionierten Ulrich; der Akt, der dem Fällen des Turms gleichkommt, ist ein bildlicher Ausdruck des Schlags gegen die Zivilisation, den der Kriegsausbruch bedeutet. Der gesellschaftliche Zusammenbruch in den Tagen der Mobilmachung drückt sich in der Formel aus, welche in Musils Notizen wiederkehrt: 'Sex und Krieg = Zuflucht des Zeitalters'. [II/4/68] Die Maskerade im Schlusskapitel der Entwurfsserie von 1928 verweist auf das von Michael Bachtin analysierte Prinzip der Karnevalisierung im bürgerlichen Großroman mit seiner apokalytischen Tendenz. Hier fügt sich der Mann ohne Eigenschaften mit seinem erdachten Finale ein: Figurentransvestie, allgemeine Promiskuität, die Welt – ein Bordell, ein Karneval!
Erscheint lt. Verlag | 3.9.2015 |
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Zusatzinfo | Faksimiles |
Sprache | deutsch |
Maße | 130 x 210 mm |
Gewicht | 520 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Germanistik |
Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Literaturwissenschaft | |
Schlagworte | Der Mann ohne Eigenschaften (Musil) • Finale des »Mann ohne Eigenschaften« • Musil, Robert • Robert Musil • textgenetische Erforschung des Nachlasses |
ISBN-10 | 3-85435-765-6 / 3854357656 |
ISBN-13 | 978-3-85435-765-0 / 9783854357650 |
Zustand | Neuware |
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