Nicht-Dualität

Dôgen Zenji trifft Michel Henry

(Autor)

Buch
412 Seiten
2018
Traugott Bautz (Verlag)
978-3-95948-352-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nicht-Dualität - Ellen Wilmes
45,00 inkl. MwSt
Die vorliegende Forschungsarbeit definiert eine Expedition in eine Welt, die unter einer gewendeten Voraussetzung untersucht wird. Die gewendete Voraussetzung ist die Übersetzung von einer dualistischen Voraussetzung von Welt zu einer nicht-dualistischen Voraussetzung von Welt. Dies wird erarbeitet an dem Phänomen des absoluten Idem, bekannt als Satori oder Erleuchtung im Zen-Buddhismus. Unter dem Blickwinkel der radikalen Lebensphänomenologie von Michel Henry und dem Shobogenzo als grundlegendes Werk des japanischen Zen-Meisters Dögen Zenji werden Eigenschaften des absoluten Idem zusammengetragen, die in ihren Einzelheiten (Körper, Geist, Denken, Handeln, Dualität, Nicht-Dualität, Phänomenalität der Gleichzeitigkeit, Ausschließlichkeitsphänomen, Kausalität und Zeit, Ethik) erforscht werden. Unter der geänderten Voraussetzung ist diese Forschungsreise eine Art "Neuformatierung" von Welt. Auf diese Weise ergibt sich:

1. Welt ist unter einer gewendeten Voraussetzung in die Nicht-Dualität setzbar.

2. Auswirkungen auf Forschung in allen wissenschaftlichen Bereichen folgen, weil andersartige Fragestellungen möglich sind.

3. Probleme von Welt und Menschheit (Krieg, Frieden, Umwelt, Energie) können neuartige Fragen und Antworten finden.

4. Das Individuum nicht einfach nur Individuum in der Gestalt des Subjektes unter, neben, mit einem Objekt, sondern dass das Individuum als "KörperGeistung" ist bereits die ganze Welt und kennt somit auf die gewendeten Fragen Antworten.

5. Mit der gewendeten Voraussetzung entwickeln sich wiederum gewendete Definitionen von Begrifflichkeiten, deren Bedeutungen und deren Wirkungen, wie zum Beispiel für Zeit, Raum, Sprache, Körper und Geist, Welt, Kauslität, Ethik, Phänomenalität u.a.

Um zu den Ergebnissen der Forschungsreise zu kommen, wurde mit der Methode der tripartite elucidation von Dögen Zenji gearbeitet, mit dem Sprung der gegen-reduktiven Methode von Michel Henry in gekürzter Form, mit der Form eines absichtslosen Gesprächs und der Übersetzung als Wendung in die neu gesetzte Voraussetzung der Nicht-Dualität.

1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

2.1 Problemfeld und Aufgabenstellung

2.2 Zur Sprache der Arbeit

2.3 Zum Forschungsstand

2.4 Die Interdisziplinarität dieser Forschungsreise

2.5 Struktur der Arbeit

3 Einführung in die angewendete Methode

3.1 Die Methode dieser Forschungsarbeit

3.2 Ein Gespräch in absichtsloser Absicht

3.2.1 Das hier geführte Gespräch in absichtsloser Absicht

3.2.2 Absichtslose Absicht

3.3 Tripartite elucidation nach D?gen

3.4 Der Sprung

3.5 Der Sprung ist IST

4 Übersetzen in Form einer Wendung

4.1 Hinübergehen als Wendung

4.2 Das Sh?b?genz? und seine Sprache

4.3 Das Übersetzen in die Sprache der radikalen Lebensphänomenologie

4.4 Die Begegnung im übersetzen Raum

5 Das absolute Idem als das vollständige Verstehen

5.1 Was bedeutet das "absolute Idem" hier, genau HIER?

5.2 Das absolute Idem und die fünf Stände des Tozan entdeckt im Tun

5.3 Tozan und die fünf Stände als eine Gestalt des absoluten Idem

5.4 Identifikation als Weg zum absoluten Idem

5.4.1 Das durchsichtige Sehen

5.4.2 Das "Derselbe machen"

5.5 Die Angst vor der Identifikation, die Identität heißt

5.5.1 Die Rolle Selbst

5.5.2 Das Ich als Gestalt eines Selbst

5.5.3 Die Angst

5.5.4 Sinne und Tod

5.5.5 Denken und Angst im "all-ein"

5.6 Ohne Hindernis

5.7 Das absolute Idem

6 Körper und Geist als KörperGeistung

6.1 Körper und Geist als KörperGeistung im

6.2 Die festgelegten Voraussetzungen

6.2.1 Die sichere Einheit der Objektivität und Gesetze und ihre unsicheren Folgen

6.2.2 Eine veränderte Realität mit, in und durch ein "Wider" den Stand?

6.3 Das Werkzeug des Denkens

6.3.1 Hier und Dort sein

6.3.2 Die maßlose ganze Struktur des Hier und Dort zugleich

6.3.3 Das Tun als wirkliche greifbare Wirklichkeit

6.4 Das Körperhandeln

6.4.1 Der Umsturz in der Greifbarkeit von Körper-Leib-Fleisch-Geist-Seele

6.4.2 Der Körper als das "all-ein"

6.4.3 Die Nicht-Differenz einer differenzierten Zeit des "all-ein"

6.4.4 Das HierSein "ohne"

6.4.5 HIER ist Handeln ohne Bedingungen und ohne Setzung

6.5 Die KörperGeistung

6.5.1 Umwendung zum wirklichen Handeln

6.5.2 Die Gleichwertigkeit von Körper und Geist

7 Dualität und Nicht-dualität

7.1 Die geänderte VorausSetzung

7.2 Kurze Untersuchung über die Dualität

7.3 Das Paradoxon als das Unanschauliche und Vorhandene

7.4 Die Mitte zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit - Nicht-Dualität?

7.5 Der Logos der absoluten Ungetrenntheit am Beispiel der Worte

8 Die Phänomenalität der Gleichzeitigkeit

8.1 Der Logos der Ungetrenntheit als Gleichzeitigkeit

8.2 Das Prinzip des gleichzeitigen ungetrennten Nehmen und Lassen

8.3 Ein paar Worte zum "Geist"

8.4 Existiert beim Nehmen und Lassen wirklich Gebung?

8.5 Das Selbst und das Sich ? Anmerkungen

8.6 Die Gleichzeitigkeit als zeitloser Raum

9 Das Ausschließlichkeitsphänomen

9.1 Die Positivität der Ausschließlichkeit

9.2 Ausschließlichkeit als freie Wahrheit

9.3 Einfachheit und Wahrheit

9.4 Die Paradoxität der totalen Ausschließlichkeit

10 Wirkliche Kausalität und wirkliche Zeit

10.1 Die Abhängigkeit der Welt von der Zeit

10.2 Was ist wirklich Zeit?

10.3 Kausalität und Zeit unter dem Logos der Ungetrenntheit

10.4 Die "ethische" Gestalt der Nicht-Dualität

10.4.1 Traditionelle Begründungen für eine Moral und Ethik in Form von Gesetzen

10.4.2 Die Erkenntnis der "ethischen" Gestalt als Wiedererkennen

10.4.3 Das "ethische Handeln als "ohne Macht"

10.5 Das "ethische" Folgen unseres Wirkens

11 Der Sprung endet mit dem wirkend endenden Beginn

11.1 Das einstweilige Fazit als Ende dieser Forschungsreise

11.2 Die erste Perspektive: Die Übersetzung ist Aufklärung

11.3 Die zweite Perspektive: Sein und Werden - eine gleichzweiwertige Gestalt

11.4 Die dritte Perspektive: Worte als nicht duale duale KörperGeistung

11.5 Die vierte Perspektive: Das Internet als "ich bin drin"

11.6 Die fünfte Perspektive: Interdisziplinarität

11.6.1 Kurze Einführung in die Thematik

11.6.2 Ein interdisziplinäres Gespräch - Jahrhunderte übergreifend

12 Nachwort

13 Literaturverzeichnis

14 Index

2 Einleitung 2.1. Problemfeld und Aufgabenstellung Ich möchte diese Forschungsarbeit mit Schritten im Schnee beginnen. Jeder kennt diese Erfahrung. Das Besondere daran, wir können im Winter Fußtritte im Schnee sehen. Wir können sogar erkennen, ob es große oder kleine Füsse waren, Hunde mitgegangen sind oder andere Tiere den Weg kreuzten. Dies erscheint uns ganz „normal“. Doch, ist es das wirklich? Im Sommer, wenn wir gehen, sehen wir keine Fußtritte und dennoch sind sie, wie im Winter im Schnee, da. Keiner sagt nun, dass schon jemand anders den Weg vorher gegangen ist. Niemand denkt mehr daran. Niemand bemerkt den Unterschied. Niemand achtet darauf. Ist hier nicht die Besonderheit eines Schrittes zu bemerken? Einmal ist er so deutlich sichtbar und ein anderes Mal verschwindet er, obwohl er doch gegangen worden ist.1 Diese Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der Erfahrung des vollständigen Verstehens als absolutes Idem; im Zen, Satori genannt. Dies ist nach allgemeiner Auffassung etwas Besonderes. Aber hier muss ich enttäuschen, denn es ist ebenso besonders wie es ebenso normal ist, Schritte zu gehen. Schritte zu gehen, ist schlichtweg eine ganz normale Erfahrung, die jeder Mensch erfährt. Dōgen sagt: „Jeder Mensch besitzt dieses Dharma2 im Überfluss.“3 Dōgen gibt damit zu erkennen, dass wir als Menschen alle dieses vollständige Verstehen reichlich besitzen, nur fehlt es uns an „Übung“ oder „Auflösungen“ von gewohntem Gesetztem, wie z. B. Schritte gehen und bemerken, dass wir sie gehen. Somit ist das vollständige Verstehen sowohl etwas ganz Normales als auch gleichzeitig etwas Besonderes, weil es der Übung bedarf, 1 Statistiken geben zwischen 6000 Schritte am Tag, was viermal um die Erde gehen, entsprechen würde bis ca. 50 Millionen Schritte an. Das wäre einmal um die Erde. https://www.jetzt.de/usertext/336000/Zahlen-ueber-Zahlen-Statistiken-des-Lebens, 18.03.2018, 17.40 Uhr. 2 Dharma gesehen als der ungeteilte Geist, der auch in einem Fußtritt zu sehen ist. „Es gibt keine Daseinsform- nicht einmal Bodhi oder Nirwana-, die nicht selbst dieser Geist wäre; alle Dharmas, die zehntausend Phänomene und die Ansammlung aller Dinge, sind alle ausnahmslos nur dieser eine ungeteilte Geist.“ Dōgen Zenji 2013e, S. 139. 3 Dōgen Zenji 2013a, S. 129. 12 Schritte zu bemerken, nicht nur im Winter. Doch, was bedarf in unserer aller Leben keiner Übung? Wir können nicht wie viele Tiere sofort laufen. Wir lernen es. Wir können nicht sofort sprechen. Wir üben es lange bis wir es begreifen. Wir üben schreiben, rechnen und lesen. Wir erlernen unseren Beruf und bis wir darin über Erfahrung verfügen, vergeht Zeit. Also, mit welcher Begründung sollten wir ablehnen, die Erfahrung des vollständigen Verstehens zu erlernen und zu üben, wo sie uns doch näher ist als alles andere? Und, was ist uns näher als unser eigener Körper, seine Empfindungen, geistigen Aktivitäten, Erfahrungen, und der handelnde Körper zum Beispiel beim Sport? Hinter jeder Übung verbirgt sich die Relation „Mensch und Dinge“. Diese Relation hat hier die Folge, dass Fußtritte im Schnee sichtbar werden. Eine Frage liegt uns unweigerlich auf der Zunge: Warum sollten wir hier üben? Es gibt einen berühmten Spruch, den schon Schopenhauer zitierte und dieser lautet: „Tat tvam asi – das bist du!“4 Sich selbst als sein Tun zu verstehen, ist eine Übung. Wir sind nicht nur das, was wir sehen, fühlen, riechen, schmecken, hören und denken können. Wir sind am allermeisten das, was wir sind in, mit und durch unser eigenes Tun und Handeln. „Die Handlung bewirkt den Prozeß nicht, sondern der Prozeß bewirkt die Handlung und erwirkt sich dadurch selbst. Sie geht ›von selbst‹ – und dies ist das deutlichste Signum und Kriterium für den Prozeß; er wird nicht ›gemacht‹, sondern er vollbringt sich selbst. […] Der Prozeß ermächtigt sich zu sich selbst und erscheint als das ›es‹ im Ablauf. Das Es taucht gewissermaßen als der verborgene Ursprung auf und herrscht mit höchster Souveränität, alles gleichzeitig aus dem Zusammenhang hervorgehen lassend.“ 5 4http://www.arthur-schopenhauer-studienkreis.de/Schopenhauer-Upanishaden/ schopenhauer-upanishaden.html, 16.10.2014, 11.06 Uhr. 5 Rombach 1994, S. 159. Anders als Rombach es hier sieht, ist die Handlung sehr wohl der Prozessbewirker. Eine Handlung bedeutet, dass dort jemand etwas tut. Wenn etwas getan wird, löst dies Prozesse aus oder die Handlung steht schon im Prozess. Im Wort Prozess steckt eine zeitlich versteckte Dimension, die mit einem Weg „von - nach“ verknüpft ist. Wenn Rombach dies als verborgenen Ursprung sieht, den er „es“ nennt, übersieht er den Ursprung, den er sucht, indem er die Handlung unterordnet. Das Gehen ist jedoch kein Prozess, sondern eine Handlung, die zu einem Prozess wird oder werden kann. Das Wort Prozess ist eine Abstraktion. Eine Handlung ist Praxis. 13 Das heißt, Fußtritte im Schnee oder überhaupt auf der Erde zu hinterlassen, ist ein Ausdruck des Eigenen als Selbstheit.6 Dōgen sagt: „Dieses Erfahren IM TUN nennen wir Buddha—Dharma die wirkliche Welt oder die Erfahrung der Wirklichkeit.“7 Ebenso liest der Leser diese Arbeit nicht einfach nur, sondern er ist das Lesen, wenn er zulässt, dass diese Handlung des Lesens jetzt seine Handlung ist, die einzige, die es jetzt zu tun gilt. Dann wäre der Prozess, wie Rombach es im Zitat beschreibt, die Handlung. Damit verbunden ist eine Haltung, die mögliche Erwartungshaltungen und Textvorstellungen soweit wie möglich zurücktreten lässt, um den Forschungsraum sowohl für den Schreibenden als auch für den Lesenden so groß wie möglich zu halten. Schon Husserl schreibt in der Krisis: „Selbstdenker sein, autonomer Philosoph im Willen zur Befreiung von allen Vorurteilen, fordert von ihm die Einsicht, daß alle seine Selbstverständlichkeiten Vorurteile sind, daß alle Vorurteile Unklarheiten aus einer traditionellen Sedimentierung sind.“8 Schriftsprache scheint auf den ersten Blick schon Einschränkung, Beschränkung, geformte Haltung und eben Vorstellung zu sein, doch lässt ein nicht dualistischer Gesichtspunkt auch eine andere Betrachtungsweise zu. Ich möchte mich hier Ralf Müller anschließen, der in seinen Studien über Dōgens Sprachdenken schreibt: „Dōgens Werk setzt eine unabschließbare Semiose ins Werk, die nicht bei einer Paradoxikalität einzelner Aussagen zu einem Halt kommt. Über die (anti-)logische Aussageform hinaus gibt die Rhetorik eine multidimensionale Bewegungsdynamik, die in aller Offenheit der Sprache alle vorhandenen Potenziale nutzt.“9 Und: „Er [Dōgen, E.W.] [bezieht] sich nicht naiv auf die Objektivität von Welt, [negiert] aber andererseits auch nicht zugunsten einer mystizistischen Position. Welt ist nicht unmittelbar gegeben, sondern in vielfacher Weise vermittelt und so auch sprachlich. Sprache wird, um es noch einmal zu betonen, nicht nur wegen ihrer analytischen Leistungen gewürdigt, sondern zu einer authentischen Ausdrucksmöglichkeit aufgewertet.“10 Damit sei hier betont, dass diese Haltung der Handlung als „Jetzt“ eben als geschriebene Sprache sich durch diese Arbeit zieht. Das absolute Idem zu beschreiben, Worte zu setzen, die es 6 Selbstheit als das, was jeder gerade einfach ist, eine Echtheit des eigenen Moments des Tuns. 7 Dōgen Zenji 2013e, 15, Bd.4. 8 Husserl 1996, S. 79. 9 Müller 2013, S. 346. 10 Müller 2013, S. 307.

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie libri nigri ; 67
Sprache deutsch
Maße 152 x 225 mm
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie
Schlagworte Dögen Zenji • Libri Nigri • Nicht-Dualität
ISBN-10 3-95948-352-X / 395948352X
ISBN-13 978-3-95948-352-0 / 9783959483520
Zustand Neuware
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