Das regionalgeschichtliche Phänomen ¿Moordorf¿. Ostfrieslands berüchtigtster Ort im 18. und 19. Jahrhundert
disserta Verlag
978-3-95935-489-9 (ISBN)
Theo Meyer wurde 1955 in Süd-Victorbur, Ostfriesland geboren. Nach seinem Abitur und Zivildienst begann er sein Geschichts- und Sportwissenschaftsstudium für das gymnasiale Lehramt in Hannover. Sein Referendariat machte er in Hamburg. Er befand sich ab 2001 im niedersächsischen Schuldienst und ging 2017 in den Ruhestand. Nebenbei arbeitete er als wissenschaftlicher und pädagogischer Mitarbeiter in verschiedenen Kultur- und Bildungseinrichtungen und ist weiterhin als freier Autor tätig.
Seine berufliche Tätigkeit im Landesarchiv Niedersachsen in Aurich motivierte ihn, sich der Thematik des vorliegenden Buches zu widmen.
Textprobe:
Kapitel 2.5.2.: Konflikte zwischen Schulmeister und Elternschaft:
Den Siedlern von Moordorf war die Notwendigkeit des regelmäßigen Schulbesuchs ihrer Kinder wenig klar. Zu massiv stellte sich der Kampf um das tägliche Brot als Grundproblem ihrer Existenz in den Vordergrund. Im Herbst des Jahres 1782 sah sich Schulmeister Detmers gezwungen, sich deswegen an die Behörden zu wenden. Sein Schreiben verdeutlicht die schwierige Situation des Erziehers, die vorrangig davon gekennzeichnet war, dass die Eltern nicht konsequent für den Schulbesuch ihres Nachwuchses sorgten. Detmers ging es hauptsächlich um den Schulbesuch der Kinder, die zur Arbeit oder zur Bettelei noch nicht fähig waren. Für die anderen schulpflichtigen Heranwachsenden, die sich mit Arbeiten oder Betteln betätigten, zeigte er sogar Verständnis.
Der Moorvogt sagte in allen Kolonistenbehausungen an, dass die Behörden die Verfehlungen der Siedler mit Geldzahlungen und Körperzüchtigungen bestrafen wollten, falls sie den Schulbesuch ihrer schulfähigen Kinder nicht konsequent in die Wege leiteten. Um die Wichtigkeit dieser Angelegenheit zu unterstreichen, wurden die Eltern gleich zu einer Zahlung von Gerichtsgebühren aufgefordert. Der Moorvogt suchte 21 Familien auf, die sich allerdings weigerten, die Gebühren zu entrichten. Die Sache verlief wahrscheinlich im Sande. Weitere Akten liegen zu der Angelegenheit nicht vor. Man ließ manchmal Gnade vor Recht ergehen, weil jede Geldstrafe gleich eine große Belastung für die Familien darstellte und hinsichtlich des eigentlichen Zwecks doch nur sehr wenig erreicht wurde.
Im Dezember 1782 wiederholte der Schulmeister seine Klagen über den mangelnden Schulbesuch vor allem im Sommer sowie den schlechten Zustand des Schulgebäudes und -raumes. Es waren keine Bänke und Tische in dem Schulraum vorhanden. Die Siedler hatten diese behelfsmäßig teilweise aus Moorsoden gefertigt. Dies macht deutlich, wie schwierig es gewesen sein muss, eine Lernatmosphäre in der Behausung zu schaffen.
Wieder äußerte Detmers zum Teil Verständnis für die Kinder, die seine Einrichtung nicht aufsuchten. Wenn man diese Probleme mit der Situation in anderen Landesteilen, etwa Westpreußen, vergleicht, ist festzustellen, dass diese Angelegenheiten nicht spezifisch ostfriesische waren. Noch 1784 besuchten in manchen Bezirken Westpreußens weniger als ein Prozent der Kinder die Winterschule; die Realisierung der Sommerschule stellte sich kaum mehr als eine Illusion dar.
Mit einer Reihe von Verwaltungsmaßnahmen wurde in preußischer Zeit versucht, die Sommerschule nach und nach durchzusetzen. Das für die ganze Monarchie geltende Generallandschulreglement von 1763 machte die Sommerschule für alle Schulpflichtigen verbindlich. Nach dem Gesetz sollte die Schule selbst in der Erntezeit ohne Unterbrechungen stattfinden.
Es bestand eine Verpflichtung der Moordorfer Kolonisten bzw. der Schüler, die Schule mit Heizmaterial zu versorgen und den Schulraum vor Unterrichtsbeginn vorzuheizen. Dies konnte nur sinnvoll geregelt werden, wenn die Kinder alle zur gleichen Zeit Torf mit zur Schule brachten. Im Winter besuchten etwa acht bis zwölf Kinder die Schule. Dann kam nicht so viel Torf zusammen, dass die Kinder es im Unterrichtsraum warm genug hatten. Manchmal war der mitgebrachte Torf so nass, dass das Feuer erlosch.
Das fehlende Engagement der Elternschaft, die zugesagten Arbeiten auf dem Schulland zu verrichten, zwang den Schulmeister, selbst regelmäßig auf dem Feld zu arbeiten. Da er verpflichtet war, seiner Unterrichtsobliegenheit nachzukommen, wenn die Eltern ihm mehr als acht Kinder zum Lernen schickten, bedeutete dies, nicht für den eigenen Lebensunterhalt auf dem Schulland arbeiten zu können. Er beanspruchte für seine Lehrtätigkeit die entsprechende Entlohnung und machte allen kund, dass er bei der Sicherstellung bestimmter Voraussetzungen sehr wohl in der Lage war, einen guten Unterricht durchzuführen.
Die Stell
Erscheinungsdatum | 08.02.2019 |
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Sprache | deutsch |
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 418 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte |
Schlagworte | Armut • Moordorf • Moorkolonie • Moorkultivierung • Ostfriesland • Regionalgeschichte • Stigmatisierung • Urbarmachung |
ISBN-10 | 3-95935-489-4 / 3959354894 |
ISBN-13 | 978-3-95935-489-9 / 9783959354899 |
Zustand | Neuware |
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