Kannibalische Katharsis - Christian Moser

Kannibalische Katharsis

Literarische und filmische Inszenierungen der Anthropophagie von James Cook bis Bret Easton Ellis

(Autor)

Buch | Softcover
124 Seiten
2005 | 1., Aufl.
Aisthesis (Verlag)
978-3-89528-456-4 (ISBN)
14,50 inkl. MwSt
Die Figur des Kannibalen erlebt gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts nicht nur in den Kulturwissenschaften, sondern auch in den künstlerischen Medien – insbesondere in den populären Horror- und Thriller-Genres – eine außergewöhnliche Konjunktur. Der Kannibale erlangt in den spätkapitalistischen Gesellschaften des Westens geradezu den Status einer kulturellen Ikone. In der Wahrnehmung dieser Ikone kreuzen sich noch einmal die beiden gegensätzlichen Traditionslinien, die den europäischen Diskurs über die Anthropophagie seit Jahrhunderten bestimmen – die ethnozentrische Bestialisierung des Kannibalen und seine kulturkritische Idealisierung. Doch indem sie sich kreuzen, neutralisieren sie sich gegenseitig: Die der Kannibalen-Figuration herkömmlicherweise zugeschriebenen Bedeutungen unterliegen einer nachhaltigen Erosion. Die Gestalt des Kannibalen wird im Zuge dieser Erosion ästhetisiert; das kritische Potential der Metapher verflüchtigt sich. Der anthropophagische Akt gewinnt das dubiose Ansehen eines kathartischen Vorgangs – einer gewaltsamen, aber heilsamen Reinigung, welche die Gesellschaft von vermeintlich fremden und schädlichen Elementen befreit. Der Kannibalismus wird zum Insignium einer Kultur, die sich offen zu ihren unersättlichen Begierden bekennt und sich eben dadurch von aller ,Schuld‘ und allem ,Schmutz‘ reinigen zu können glaubt.

Christian Moser, 1966 geboren, lebte in München und arbeitete als Autor, Illustrator und Comiczeichner. Seine Arbeiten erschienen unter anderem in "Tempo", "Prinz" und der "Süddeutschen Zeitung". Von 1993 bis 1995 war er Chefredakteur des Magazins "Comicstrich". Seit 2002 stand er gemeinsam mit Severin Groebner auch als Kabarettist auf der Bühne. Christian Moser verstarb 2013.

I. Einleitung: Kannibalische Gesellschaftsordnungen
1. Primitivistische und kulturalistische Auffassungen der Anthropophagie
2. Anthropophagie und Anthropemie

II. Der Kannibalismus im Fadenkreuz der wissenschaftlichen Empirie
1. William Arens: Entzauberung des Kannibalen-Mythos?
2. Essen sehen: Captain Cooks kannibalische Versuchsanordnung

III. Der Kannibale als Medium verfremdender Selbsterkenntnis
1. Selbsterkenntnis und Selbstenteignung: Michel de Montaigne
2. Hermeneutik der Oberfläche: Joseph Conrad

IV. Die reinigende Wirkung des Konsums: Kannibalische Horror-Szenarien im späten 20. Jahrhundert
1. Die kannibalische Kamera: Cannibal Holocaust
2. Kannibalische Killer: Hannibal Lecter und Patrick Bateman

Erscheint lt. Verlag 24.3.2005
Reihe/Serie Aisthesis-Essay ; 18
Sprache deutsch
Maße 135 x 205 mm
Gewicht 160 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte American Psycho • Anthropophagie • Hannibal Lecter • HC/Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft • James Cook • Joseph Conrad • Kannibalismus • Kannibalismus in Film und Literatur • Michel de Montaigne
ISBN-10 3-89528-456-4 / 3895284564
ISBN-13 978-3-89528-456-4 / 9783895284564
Zustand Neuware
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