KLÄÄSCH

Zusammenstöße mit Kunst, Mode und anderen Disziplinen. 1984–1994

(Autor)

Buch
352 Seiten
2019
Maro (Verlag)
978-3-87512-488-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

KLÄÄSCH - Lisa D.
38,00 inkl. MwSt
Klääsch schildert in Bild und Text Stationen aus der Laufbahn der selbsternannten Mode­schöpferin und Modeaktivistin Lisa D. Eines ihrer Markenzeichen waren Shows und Perfor­mances, in denen sie die Mode und die ­Modenschau aus den Händen der Profis befreite und sie zum Erzählen lust­voller Gegengeschichten vergatterte.­
»Klääsch« – Buchobjekt in japanischer Bindung – lädt zur Leseperformance ein: Alle Seiten müssen geöffnet werden, um den Text zu entdecken.
Klääsch schildert in Bild und Text Stationen aus der Laufbahn der selbsternannten Modeschöpferin und Modeaktivistin Lisa D. Eines ihrer Markenzeichen waren Shows und Performances, in denen sie mit KollegInnen, KünstlerInnen, MusikerInnen, SchauspielerInnen, SchriftstellerInnen, Laienmodels und Szenenudeln die Mode und die Modenschau aus den Händen der Profis befreite und sie - mal kulturell wichtigtuerisch, mal anarchisch-aufmüpfig - zum Erzählen lustvoller Gegengeschichten vergatterte.Dabei kollidierte sie mit einer Reihe sehr unterschiedlicher, teils illustrer Milieus und Persönlichkeiten: vom Literatur und Kunstbetrieb der Avantgardestadt Graz bis zum Schaustellermilieu einiger Rummelplätze, von der Halbwelt verblichener Stripteaselokale bis zur Glitzerwelt des Playboy-Magazins, von der Undergroundszene Berliner Hinterhofkeller bis zu ehrwürdigen Hochkulturtempeln, von Hans Gamperl und Sister über Lucas Cejpek bis zu Elfriede Jelinek, von Fiona Bennett über Lena Braun bis zu Otto Sander.Zwischen Bildstrecken von sieben Shows lässt Lisa D. die Begegnungen und Zusammenstöße aus der Sicht ihres Models Alice Daddledale wieder aufleben. Dabei entsteht nicht nur eine Geschichte von den eigensinnigen Streifzügen einer lustvoll dilettierenden, sich ihr eigenes Genre erschaffenden Freibeuterin, sondern auch das Panorama einer Zeit, in der sich die Grenzen zwischen Kunst und Kommerz, Ost und West, männlich und weiblich, Beherrschung und Selbstbeherrschung auflösen. Im Hintergrund werden Logen gegründet, Paraden erfunden, Weltgeschichte versäumt, Parties gesprengt, Freunde verraten und Genies geboren.

Lisa D. (Elisabeth Prantner), geboren in Klagenfurt, Österreich, gelernte Pädagogin, ist seit 1984 als freischaffende Modeschöpferin tätig, zuerst in New York und Graz, dann in Berlin, wo sie mitten in die Wendeszene schlitterte. Neben dem Betrieb ihres gleichnamigen Mode­labels Lisa D. realisiert sie zahlreiche ungewöhnliche Shows, ­Per­formances und Aktionen, in denen sie in der Sprache der Mode Geschichten erzählt. Seit 2011 betreibt sie in Berlin das Veränderungsatelier »Bis es mir vom Leibe fällt«, und den Verein »Bis es mir vom Leibe fällt e.V.« Siehe: https://bisesmirvomleibefaellt.com

Prêt-à-porter, maßgeschneidert

Die erste Show finanzierte 1984 Humanic. Eigenes Geld war nicht vorhanden. Die gelernte Pädagogin hatte keine spezielle Modeausbildung. Einfach einmal ausprobiert habe sie es. Es sollten noch viele Modeschauen folgen. Sie führten Elisabeth Prantner als Lisa D. aus Graz hinaus bis nach New York. Seit vielen Jahren lebt sie in Berlin, wo sie heute noch ihr Veränderungsatelier »BIS ES MIR VOM LEIBE FÄLLT« betreibt.
Ihre langjährige Weggefährtin und Managerin Brigitte Bidovec und Herbert Nichols-Schweiger, Leiter der Steirischen Kulturinitiative, setzen mit Lisa D., Klääsch. Zusammenstöße mit Kunst, Mode und anderen Disziplinen 1984–2010 der besonderen Modemacherin und ihren extravaganten Schauen ein besonderes Prêt-à-porter. Das im MaroVerlag erschienene Buch ist eine flamboyante Rückschau, ein faltenloser Chick in Fotografie und Erinnerung.

Lisa D.s frühe Grazer Inszenierungen in der Thalia Bar oder im Meerscheinschlössl haben mit dem einige Jahre später stattgefundenen Club-Gastspiel einer noch recht ungekannten Band namens Nirvana etwas gemeinsam. Wir waren alle dabei. Während vom Nirvana Konzert keine (mir bekannten) Fotos existieren, gibt der Bilderteil in Klääsch uns jetzt die teilweise Möglichkeit einer Gedächtniskontrolle.
Lisa D.s Models kamen aus den Untiefen der Gesellschaft genauso wie auch aus ihrer Mitte. Manche stiegen für den ersten Gang sogar aus ihrem selbstgebauten Olymp herab. Wer Kunst hatte, die Welt allen erklärte; oft nicht wusste, wie ihm/ihr geschah, konnte auch Model. Meistens richtig gut. Wer in Lisa D.s Paradiese, ob Striptease-Lokal, ob Geisterbahn, Zutritt hatte, brauchte nicht mehr das Schiff der Träume von Fellini entern oder Greenaways Kontrakt des Zeichners unterfertigen. Rausch und Sinn, burlesker Für-wie-Gegenbarock waren zwischen Lagen von bunten Stoffen an Nichtmodeorten zu finden.
15 der insgesamt 30 Modeschauen haben Eingang ins Buch gefunden. Klääsch strotzt vor handgenähter und nicht weichgezeichneter Fotomaterie. Es war noch eine Welt frei von Photoshop Dämonen. Das allein gibt dem Buch ein Sinnlichkeits-Gütesiegel. Selbst die Standbilder zu „Servus Kaiser“ aus TV-Aufnahmen des ORFs – echte Fotografien konnten nicht mehr gefunden werden – bergen eine raue, brachiale Schönheit in sich. Die Dioramen der Lisa D. waren nicht nur vor der Linse bunt zusammengehäkelt. Ein weites Panorama ergeben auch die Fotografen und Fotografinnen. Der Doyen der Grazer Fotoszene, Helmut Tezak fotografierte eine der ersten Schauen, „Von Herzen von hinten“. Annette Hauschild, Mitglied der renommierten Berliner Agentur Ostkreuz hielt „Der Garten Eden – Gans in Weiss“ fest. Auch der Kärntner Fotograf Gerhard Maurer hat andere Schwerpunkte als Mode. Trotzdem führte ein Model-Shooting-Abstecher zum Titel des Buches.

Wem Bilder aus Lisa D.s Gewand-Hausorchester reichen, dem schenkt das Buch einen freien Blick. Wer aber lesen möchte, was Alice Daddledale, Lieblingsmodel der Modemacherin, so aus dem Nähkästchen plaudert, und auch noch Buchliebhaber ist, dem steht ein Entscheidungsmoment mit möglichen Schmerzfaktor bevor. Nicht nur bei der Frage: Who is Alice?
Lisa D.s in Buchstaben gekleidetes Leben hinter den Catwalks verlangt von uns allen nach Öffnung. Das Buch selbst ziert sich wie ein kapriziöses Model, seinen Text auf den Rückseiten der Fotografien einfach so herzuzeigen. Diese Doppel-Seiten sind unaufgeschnitten, aber zumindest auf der Vorderkante immerhin perforiert. Es gilt sich nun für und wider diese Perforier-Performance zu entscheiden.
Einfachste Variante: Zwei Bücher kaufen, eines als unberührte Schönheit als Blickfang ins Regal stellen, das zweite mit einem geeigneten Werkzeug (stumpfes längliches Messer, dünnes Lineal, Mikado-Stäbchen, Fettuccine – ungekocht!) neben dem Lesesessel platzieren. Wer zarte, ruhige und längliche Finger hat, kann auch auf jede Fremdhilfe verzichten.
Die Ein-Buch-Variante, die zugleich ein Lesen ermöglicht, aber das Buch nicht beschneidet, ist – im Selbstversuch getestet – herausfordernder:

1. Zwei der verbundenen Seiten vorsichtig auseinanderbiegen, bis eine zylinderförmige Biegung entstanden ist und die Buchstaben erkennbar werden.
2. In den entstandenen rundum bedruckten Hohlraum durch die abgewandte Öffnung genügend Licht strahlen lassen und zu lesen beginnen.

Warnhinweis: So zu lesen bedeutet andauernde Körperverformung, damit zumindest die Augen alles erfassen können. Betrachter des Lesenden könnten diese Verrenkungen und Kopfdrehungen – entsprechend elegant umgesetzt – aber auch wieder an Bewegungsabläufe mancher Models erinnern. Ein solcher Umgang mit Klääsch wird dann für jeden Leser und jede Leserin zur persönlichen Hommage an Lisa D.s Werk, wandelt sich zu einem schwindelerregenden literarischen Catwalk.

Verfasser: Emil Gruber
https://www.gat.st/news/pret-porter-massgeschneidert

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 157 x 230 mm
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Design / Innenarchitektur / Mode
Schlagworte Berliner Mode • Bis es mir vom Leibe fällt • Fiona Bennett • Geisterbahn • Graz • Modenschau • Modeperformance • Sanders Otto
ISBN-10 3-87512-488-X / 387512488X
ISBN-13 978-3-87512-488-0 / 9783875124880
Zustand Neuware
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