Kinder des Nichts

Geschichte einer Odyssee

***** 1 Bewertung

(Autor)

Buch
208 Seiten
2012 | 1. erste Auflage 2012
Edition 8 (Verlag)
978-3-85990-171-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinder des Nichts - Peter Weitzner
19,00 inkl. MwSt
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Kinder des Nichts ist ein Montageroman. Erzählt wird die Kindheit Michael Rothfelds. Es ist die Geschichte einer Odyssee, wie der Junge und seine Schwester einer Deportation entkommen und untergetaucht überleben. Die Reise führt durch das brennende Hamburg, in das polnische Totenhaus, in die Oase einer Dachstube, in der die Grossmutter in ihrer Gefasstheit, dem Leben inmitten des Wahns, den inneren Zusammenhang verleiht, sie führt in die Falle des Gestapomanns Hoth, später in den Garten des einsiedlerischen Grossvaters, und in die Ruinenlandschaft der Nachkriegszeit. Dem Exodus stellt Weitzner, den Erzählstrang der Bilder durchbrechend, seine gegenwärtigen Anschauungen und Träume entgegen. Durch rhythmische Gliederung, einer musikalischen Anordnung, in der jede Sequenz eine Einheit bildet, entstand ein Opus.Hineingeworfen in das Leben, in diesen unabschätzbaren Raum, von dem man nie wusste, was er enthielt, was er bringen würde, ausgesetzt seinen versteckten, noch nicht aktivierten Dramen, seinen irrwitzigen Manövern, die einem das Unterste nach Oben kehren können, hat dieser Junge die Herausforderung angenommen und seinen Widerpart geliefert. '›Ich musste das einmal probieren, es musste einfach sein‹, sagte er schlicht. ›Aber wo hast du die Zirkusuniform her?‹ ›Eingetauscht gegen Mehl, beim Trödler‹, war die Antwort.Wir standen noch schweigend für einen Moment da, Pauli blinzelte in die Ferne auf den schmalen Horizont, der sich weit da unten in der sich verengenden Strasse abzeichnete, fixierte dort einen entlegenen Punkt und sagte, ›werde zum Zirkus gehen, früher oder später, das ist sonnenklar!‹'

Peter Weitzner ist 1936 in Wien geboren. Er schildert in Kinder des Nichts seine Kindheit. Er studierte Malerei von 1956 bis 1962 an der Hochschule für Künste, Berlin, war Dozent für Kunst und Spielpädagogik an der Pädagogischen Hochschule, danach Hochschullehrer für interdisziplinäre Bildertheaterprojekte an der Hochschule der Künste, Berlin, schrieb und inszenierte Stücke, war künstlerischer Leiter des Fachbereichs ›Objekttheater‹ an der Hoogeschool voor de Kunsten, Amsterdam. Er lebt mit seiner Frau Anne in Berlin, malt und schreibt.

Erscheint lt. Verlag 26.10.2012
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Maße 125 x 205 mm
Gewicht 358 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur
Schlagworte brennendes Hamburg • Deportation • eine Kindheit unter den Nazis ­ erzählt Jahre später • eine Kindheit unter den Nazis erzählt Jahre später • gegenwärtige Anschauungen und Träume • Kindheit von Michael Rothfeld • Montageroman • Oase einer Dachstube • Opus • polnisches Totenhaus • rhythmische Gliederung und musikalische Anordnung • Ruinenlandschaft der Nachkriegszeit • unabschätzbarer Raum Leben • untergetaucht überleben
ISBN-10 3-85990-171-0 / 3859901710
ISBN-13 978-3-85990-171-1 / 9783859901711
Zustand Neuware
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5 Authentisches Zeitzeugnis

von (Berlin), am 02.05.2016

Der Autor schildert unter dem Pseudonym Michael Rothfeld (seinem zweiten Vornamen) von seiner Kindheit, der Deportation als Jude entkommen, untergetaucht, Odysee, die vom brennenden Hamburg nach Polen und wieder über Umwege in die Ruinenlandschaft von Hamburg führt. Die Zerrissenheit der Geschichte, Ängste und Gespaltenheit der Zeit, die in Grausamkeiten unsäglicher Art münden, spiegelt sich auch in den Familienhistorie und im Innern der handelnden Personen wider. Ein authentisches Zeitzeugnis.

Der Titel "Kinder des Nichts" sagt ein großartiges Buch an, weil die Kindheit wie auch millionenfach im Dunkel der Zeitgeschichte verlaufen ist, die tragischen Tode, die Armseligkeiten und Tiefen der menschlichen Natur erlebend als Zeitzeugen beweisend.

Mit Hilfe der kindlichen Kraft und der eigenen Stärke, der Erwachsenen mit der realitätssensiblen Mutter und Verwandten mit ihrem Überlebenswillen, Zähigkeit und Durchhhaltewillen zusammen mit der unsichtbaren Kraft der äußeren Lebensfügungen gelingt es den Überlebenden die grausigen Schrecken durchzustehen und dabei auch noch kreativ zu überleben.

Die einzelnen Abschnitte, vielleicht noch in größere Sequenzen vom Autor zu untergliedern für die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit, sind wunderbar erzählt in klaren Sätzen, wortschöpferisch Themen der Menschheit neu formuliert, genau das Wesentliche treffend. Wiewohl in Distanz zu den Dingen, wie anders könnte man sonst die grausige Erinnerung so verstehend und mitfühlsam beschreiben.

Allerdings hätte man sich gewünscht, dass deswegen gerade der Autor seine Spaltung, Heimatlosigkeit mit der selbst gewählten Distanz überwunden, seine Biografie legalisiert
und damit seine Ruhelosigkeit aufgegeben und eine innere Heimat gefunden hätte. Vielleicht hat sich der Autor aber in seiner selbst gefunden.
Denn der Roman erzählt nicht nur von der Odysee der Kindheit mit dem schrecklichen Familienschicksal, sondern der Autor kündigt schon auch in den eingeschobenen Träumen seine in der Kindheit entstandenen Lebenspläne an, sogar bis ins Alter hinein eine Weltsicht, die neben dem Zeitzeugnis philosophische Ansätze darlegt, die zu weiterem Diskurs auffordern.

Für den Autor ist der Roman eine Form der Bewältigung in der Montage die Kindheit wie ein Puzzle zusammenzufügen, um das Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Form der Bewältigung, die Erlebnisse nochmals schmerzhaft durchzustehen von der Plattform der jetzigen Erinnerung.
Für den Leser ein aufrüttelndes Mahnmal der deutschen Geschichte, für die jüngere Generation die Vergangenheit nicht beschönigend aufzeigend, authentisch, somit weisend für die Zukunft aktiv für die Menschenwürde einzutreten, und zwar bei jedem Atemzug und in jedem Augenblick.

Das Ideal vom "guten" Menschen bleibt ein Ideal. Es zerbricht immer wieder an der Wirklichkeit, reibt sich an ihr doch wie es in der Menschheitsgeschichte bisher immer der Fall war. Die spannende Frage bleibt, ob die Jahrtausende wie ein Sandkorn waren und die Menschheit sich in fiktiver Zukunft – falls sich diese nicht selbst zerstört – auf eine höhere Stufe entwickeln kann.
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