Vielleicht Esther

***** 1 Bewertung

Buch | Hardcover
285 Seiten
2014
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-42404-9 (ISBN)
19,95 inkl. MwSt
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»Der eigentliche Held meines Buches ist die deutsche Sprache, die ich erst als Erwachsene zu lernen begonnen habe. Durch den Sprachwechsel entkomme ich der Identität, die mir die russische Sprache zuschreibt. Auf Deutsch bin ich nicht mehr von vornherein im Recht, hier spreche ich weder in der Rolle des Siegers noch des Opfers (wozu mich meine osteuropäisch-jüdische Geschichte ohnehin zwingt). Es entsteht eine Art Stereo-Effekt. Historisch freigesprochen, kann ich mich der Frage zuwenden, wo wir heute als Menschen stehen – unabhängig davon, wer unser Großvater war.«
Hieß sie wirklich Esther, die Großmutter des Vaters, die 1941 im besetzten Kiew allein in der Wohnung der geflohenen Familie zurückblieb?
Die jiddischen Worte, die sie vertrauensvoll an die deutschen Soldaten auf der Straße richtete wer hat sie gehört?
Und als die Soldaten die Babuschka erschossen, "mit nachlässiger Routine" wer hat am Fenster gestanden und zugeschaut?

Die unabgeschlossene Familiengeschichte, die Katja Petrowskaja in kurzen Kapiteln erzählt, hätte ein tragischer Epochenroman werden können: der Student Judas Stern, ein Großonkel, verübte 1932 ein Attentat auf den deutschen Botschaftsrat in Moskau.

Sterns Bruder, ein Revolutionär aus Odessa, gab sich den Untergrundnamen Petrowski. Ein Urgroßvater gründete in Warschau ein Waisenhaus für taubstumme jüdische Kinder.

Wenn aber schon der Name nicht mehr gewiß ist, was kann man dann überhaupt wissen?

Statt ihren gewaltigen Stoff episch auszubreiten, schreibt die Autorin von ihren Reisen zu den Schauplätzen, reflektiert über ein zersplittertes, traumatisiertes Jahrhundert und rückt Figuren ins Bild, deren Gesichter nicht mehr erkennbar sind.

Ungläubigkeit, Skrupel und ein Sinn für Komik wirken in jedem Satz dieses eindringlichen Buches.

Katja Petrowskaja, 1970 in Kiew geboren, studierte Literaturwissenschaft in Tartu (Estland) und promovierte in Moskau. Seit 1999 lebt sie in Berlin und arbeitet als Journalistin für russische und deutsche Print-Netzmedien. Seit 2011 ist sie Kolumnistin bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Für ihre Erzählung »Vielleicht Esther« erhielt sie den Ingeborg-Bachmann-Preis 2013.

»Selten wurde eine Familienrecherche, und es gibt ihrer inzwischen ja unzählige, derart spannend und bisweilen tränentreibend dargeboten. ... Als Romanfiktion wäre es überladen und unglaubwürdig, würde es konstruiert wirken. So ist es große Literatur geworden.« Volker Hage DER SPIEGEL 20140317

»Katja Petrowskaja, Siegerin von Klagenfurt, Geschenk für eine Literatur, die versteht, wie viel Kraft in einer fremden Sprache steckt.« Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Schon jetzt ist die deutsche Gegenwartsliteratur um eine kluge, flamboyante und höchst eigenständige Stimme reicher.« Ijoma Mangold, DIE ZEIT

Erscheint lt. Verlag 10.3.2014
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Gewicht 378 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aspekte-Literatur-Preis • Ernst-Toller-Preis • Familiengeschichte • Ingeborg-Bachmann-Preis • Schubart-Literaturpreis
ISBN-10 3-518-42404-1 / 3518424041
ISBN-13 978-3-518-42404-9 / 9783518424049
Zustand Neuware
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5 Buchhändler-Bewertung

von (Buchhändler, Lehmanns Media Web-Redaktion), am 09.10.2015


Steffen Ille
Buchhändler
Großartig

Katja Petrowskajas Annäherungen an ihre Familiengeschichte, die auch eine Geschichte des deutsch-ukrainischen Verhältnisses ist, ist ein der bewegendes literarisches Dokument. Völlig zu Recht erhielt sie dafür den Ingeborg-Bachmann-Preis 2013.
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