Singvögel und Raben waren auch nicht mehr da

Shigemi Ideguchi (1919–2001) studierte Jura in Osaka und Tokyo. Im Zweiten Weltkrieg wurde er zum Dienst als Soldat in die Kaiserliche Japanische Armee einberufen. Am 6. August 1945 erlebte er aus nächster Nähe den Atombombenabwurf auf Hiroshima. Seine sehr persönlichen Eindrücke und Erinnerungen an dieses Ereignis und seine Auswirkungen veröffentlichte er 1989 in Japan.

"Höllenbilder, in meine Seele eingebrannt"
SPIEGEL online, 6. August 2016

"Shigemi Ideguchi gehört zu den ganz Wenigen, die den Abwurf der Atombombe trotz schwerster Verbrennungen und Verstrahlungen überlebt hat. Singvögel und Raben waren auch nicht mehr da heißt sein Bericht aus dem Zentrum der Atomexplosion. Erst 1989 hat er seine Erinnerungen an die Katastrophe veröffentlicht. In Japan spricht man bis heute ungern von den Bomben auf Hiroshima und Nagasaki. Auch davon handelt dieses kleine, erschütternde Buch."
WDR 3 Gutenbergs Welt, 11. Oktober 2015

"Was sind die grausig fantasievollen Schilderungen, die sich in der Weltliteratur über die Hölle finden, gegen diesen Bericht eines Überlebenden des Atombombenangriffs auf Hiroshima? (...) Was den Lesern auf den Seiten des schmalen Bandes erwartet, übertrifft selbst Vorahnungen von Kennern der 'Materie'."
Neues Deutschland, 7. August 2015

"Rima Ideguchi übersetzte zum 70. Jahrestag des ersten Atombombenabwurfs einen autobiographischen Bericht von Großvater Shigemi Ideguchi, den er 1989 in Japan veröffentlicht hatte. Seine Geschichte beschreibt hautnah das Ereignis und dessen Folgen der Zerstörung auf Mensch, Natur und Gebäude. Der Autor beschreibt - auch immer wieder mit Galgenhumor - die nachfolgenden Tage und Wochen."
Unsere Kirche Bochum, 13. August 2015

„Shigemi Ideguchi hat eine detailgetreue Beschreibung hinterlassen, die eher an ein literarisches Werk als ein gewöhnliches Tagebuch erinnert.“ – Thüringer Allgemeine Zeitung, 01.10.2016, online: http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Lesung-zu-Hiroshima-Singvoegel-und-Raben-waren-auch-nicht-mehr-da-560023434

Schwestern bewegten sich wie Samen des Löwenzahns, Nachtwandlerinnen gleich, zwischen ihren am Boden liegenden Kolleginnen, wie Geister zwischen umgeworfenen Grabsteinen. Manche blieben, vielleicht erblindet, stehen, manche bewegten sich orientierungslos auf der Stelle. Keine hatte die Kraft, den anderen zu helfen. Keine weinte oder schrie. Bis gerade waren sie noch in Reih und Glied marschiert, nun waren sie wie Grashüpfer überall verteilt.
Das waren Höllenbilder ohne Höllenlärm.
Das waren Höllenbilder in angstvoller Stille.