Das Ende des Regenbogens

(Autor)

Buch | Softcover
450 Seiten
2016
Cross Cult (Verlag)
978-3-95981-144-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Ende des Regenbogens - Vernor Vinge
14,00 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen;
    keine Neuauflage
  • Artikel merken
Der weltberühmte Poet Robert Gu wäre beinahe an Alzheimer gestorben und hat dabei zwanzig Jahre Fortschritt verpasst. Jetzt kommt er im Jahr 2025 mit wiederhergestelltem Verstand und Körper in San Diego zu sich und ist von der Realität schockiert. Bücher sind so gut wie ausgestor-ben. Computer wurden mittlerweile durch „intelligente“ Kontaktlinsen ersetzt, die ihn beinahe an jedem Ort mit dem Internet verbinden können. Selbst er hat sich verändert. Er ist fünfundsiebzig, sieht jedoch fast wie ein Teenager aus. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs des neuen Digitalen Zeitalters. Während Gu versucht, mit seiner Zukunft zurechtzukommen, zerrt ein Fremder ihn und andere Unschuldige in eine Verschwörung, die katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen könnte ...

Künstliche Intelligenz und technologische Singularität spielen in den Texten Vernor Vinges eine wichtige Rolle. In seinem bereits 1993 veröffentlichten Aufsatz The Technological Singularity vertritt er die These, dass das exponentielle Wachstum in der Technologie einen Punkt erreichen wird, ab dem es nicht mehr möglich sein wird, über die Konsequenzen auch nur zu spekulieren. Für Das Ende des Regenbogens hat er 2007 den Locus-Award erhalten. [nbsp] Foto © Raul654 (CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=762394)

Prolog Von Glücksfällen und Gutem Mitdenken Der erste kleine Glücksfall kam als öffentliche Peinlichkeit für das European Center for Defense Against Disease (Europäisches Zentrum für Krankheitsabwehr) verkleidet daher. Am 23. Juli hatten Schulkinder in Algier behauptet, eine Atemwegserkrankung würde über den Mittelmeerraum herfallen. Diese Behauptung basierte auf einer gerissenen Analyse von Antikörpern in Algiers und Neapels Massenverkehrssystemen. Das CDD hatte nicht sofort eine Antwort zur Hand, aber in weniger als drei Stunden meldeten Freizeit-Apostel der öffentlichen Gesundheit ähnliche Ergebnisse aus anderen Städten, komplett mit Ausbreitungskarten. Die Seuche war mindestens eine Woche alt und stammte höchstwahrscheinlich aus Zentralafrika, außerhalb des Wirkungsbereichs jener Apostel. Als die Presseabteilung des CDD endlich eine öffentliche Stellungnahme hinbekam, war die Seuche auch in Indien und Nordamerika ausgebrochen. Schlimmer noch, ein Journalist in Seattle hatte den Erreger isoliert, identi ziert und herausgefunden, dass es sich um ein Pseudo-Mimivirus handelte. Das war die Wendung mit dem größtmöglichen Peinlichkeitsgrad gewesen, den sich die Presseabteilung hätte vorstellen können: damals, in den späten Jahren des ersten Jahrzehnts hatte das CDD sein enormes Budget mit seiner brillanten Verteidigung gegen die New Sunrise Sekte gerechtfertigt. Die New Sunrise Sekte war der zweitschlimmste Euro-Terror des Jahrzehnts gewesen. Nur die Führung des CDD hatte verhindert, dass daraus eine weltweite Katastrophe geworden war. Ein Pseudo-Mimivirus war für die Sunrise-Seuche verantwortlich gewesen. Es gab noch immer gute Leute beim CDD. Es waren dieselben Spezialisten, die 2017 die Welt gerettet hatten und für den Fall vom 23. Juli hatten sie schnell eine Lösung zur Hand. Dadurch konnte die Presseabteilung eine mehr oder minder zutreffende Verlautbarung veröffentlichen: Ja, dieses Pseudo-Mimi war den herkömmlichen Veröffentlichungsprotokollen entkommen. Daran war ein einfacher Softwarefehler auf der Website für „aktuelle Ereignisse“ des Centers war schuld gewesen. Und ja, es könnte sein, dass dieses Pseudo-Mimi ein Ableger der Sunrise-Seuche war. Abgeschwächte Stämme des ursprünglichen, tötungsoptimierten Virus spukten noch immer über die Welt und gehörten zum permanenten Hintergrundrauschen der Biosphäre. Dieses Jahre waren bereits drei aufgetaucht, eines nur fünf Tage zuvor, am 18. Juli. Darüber hinaus (und an diesem Punkt fanden die Leute von der Presseabteilung ihren typischen Elan wieder), alle diese Fälle waren subklinisch gewesen, da sie im wesentlichen keine erkennbaren Symptome aufgewiesen hatten. Das Pseudo-Mimi verfügte über ein riesiges Genom (nun, riesig für ein Virus, im Vergleich zu allem andern klein). Die New Sunrise Sekte hatte dieses Genom zu einem Schweizer Taschenmesser des Todes gemacht, ausgestattet, sich gegen fast jede Abwehr durchzusetzen. Aber ohne eine solche Optimierung waren Pseudo-Mimis nichts weiter, als schwerfällige Haufen von DNS-Müll. „Und darum möchten wir, vom CDD, uns zum Schluss dafür entschuldigen, dass wir es versäumt haben, dieses Routineereignis öffentlich bekannt zu geben.“ Eine Woche verging. Zwei Wochen. Es traten keine weiteren Infektionen mit dem Organismus auf. Antikörpererhebungen belegten, dass die Epidemie nie sehr viel weiter als über den Rand des Mittelmeerraums hinausgekommen war. Die Behauptung des CDD über den Ausbruch war absolut zutreffend. Diese Art von „subklinischer Atemwegsepidemie“ war schon beinahe ein Widerspruch in sich selbst. Wenn nicht einmal ein Opfer unter eintausend eine laufende Nase bekommt, ist der Virus schon beinahe von der Wohlfahrt abhängig, um es um die ganze Welt zu schaffen. Die Erklärungen des CDD wurden akzeptiert. Die Freizeit-Apostel der öffentlichen Gesundheit hatten aus einer alltäglichen Mücke einen Elefanten gemacht. Tatsächlich gab es nur eines, das an der Geschichte des CDD nicht stimmte, und dass niemandem bemerkte: Das Versagen, das Virus öffentlich bekanntzugeben, war kein Fehler auf der öffentlichen Website gewesen. Stattdessen hatte der Fehler im kürzlich überarbeiteten internen Alarmsystem des Centers gelegen. Also hatten die verantwortlichen Spezialisten genauso wenig von diesen Vorkommnissen mitbekommen, wie die Öffentlichkeit; erst durch die Freizeit-Apostel waren beide Parteien darauf aufmerksam geworden. In den inneren Kreisen der EU-Geheimdienste gab es Leute, die solche Fehler nicht sehr wohlwollend aufnahmen. Dabei handelte es sich um Leute, die dem Terror tagtäglich die Stirn boten. Dabei handelte es sich um Leute, von deren größten Erfolgen man niemals etwas hörte ... und deren Versagen schlimmere Folgen haben konnte, als die Sunrise-Seuche. Verständlicherweise waren diese Leute sowohl paranoid, als auch besessen. Der Ausschuss der EU-Geheimdienste beauftragte einen ihrer aufgewecktesten Agenten, den jungen Deutschen Günberk Braun damit, eine hinter verschlossenen Türen ablaufende Neustrukturierung des CDD zu überwachen. In den Bereichen der Geheimdienste, die von Braun wussten, war er gewissermaßen eine Berühmtheit ... als Besessenster, der Besessenen. Auf jeden Fall beeilten sich er und seine Teams, die internen Berichtsstrukturen des CDD zu überarbeiten. Danach machten sie sich daran, für die nächsten sechs Monate das ganze Center zu beurteilen, wozu auch unregelmäßige „Brandschutzübungen“ gehörten, die Bedrohungen und Mutmaßungen betrafen, bizarrer, als alles, was sich die Epidemiologen jemals zu erträumen gewagt hätten. Für das CDD erwiesen sich diese sechs Monate als Qual für die Inkompetenten und als Offenbarung für die Brillanten. Aber eine Werbeeinspielung während einem Fußballspiel beendete von Brauns rigorose Brandschutzübungen nach nicht einmal zwei Monaten. Die erste Begegnung der Griechisch-Pakistanischen-Fußballserie fand am 20. September in Lahore statt. Die Griechisch-Pakistanische-Serie war sozusagen Tradition ... vielleicht waren die Anhänger auch einfach nur altmodisch. Auf jeden Fall war der Werbe lm sehr plump und zwanzigstes Jahrhundert. Es gab Werbungen, deren Anzeigen jeder ständig sah. Die innere Absperrung des Stadions wurde als Werbe äche verkauft, aber selbst die waren nicht auf jeden einzelnen Zuschauer zugeschnitten. Während des Spiels geschahen zwei erwähnenswerte Dinge (abgesehen davon, dass die Griechen gewonnen haben). Während der Halbzeit wurde ein dreißig Sekunden langer Werbe lm für honiggesüßten Nougat gezeigt. Innerhalb einer Stunde verzeichneten einige freiberu iche Marktanalysten einen explosionsartigen Verkaufsanstieg bei Nougat, der drei Minuten nach der Werbung einsetzte. Diese eine Werbung hatte dem Sponsor das Hundertfache seiner Kosten eingespielt. Das war der Stoff, aus dem Träume bestanden ... zumindest derer, die geradezu ungesund auf die Kunst des Verkaufens xiert waren. Diese Millionen debattierten den ganzen Nachmittag lang über dieses beachtenswerte Ereignis. Der Werbe lm wurde bis ins kleinste Detail analysiert. Im Grunde war er fantasielos und passte zu der drittklassigen Firma, die ihn produziert hatte. Erwähnenswert war, dass sie keinerlei unterbewusste Botschaft enthielt (auch wenn dass die primäre Hoffnung derjenigen gewesen war, die sie untersucht hatten). Die Verzögerung und die Plötzlichkeit des Anstiegs waren im Vergleich zu herkömmlichen Werbungsreaktionen völlig untypisch. Alle vernünftigen Teilnehmer der Diskussion kamen innerhalb von Stunden zu dem einhelligen Ergebnis, dass das Honig-Nougat-Wunder die Art von Fata Morgana war, deren Wurzeln in den Möglichkeiten moderner Datenerhebung steckten: wenn man sich eine Milliarde Dinge ansieht, bemerkt man häu g einen dieser Zufälle, die einmal in einer Million auftreten. Am Ende des Tages war es auch schon wieder vorbei, eine weitere kleine Erschütterung innerhalb der Myriaden von Unterhaltungen des öffentlichen Lebens. Bestimmte Beobachter beschäftigten sich jedoch weiterhin damit. Günberk Braun verfügte, wie die Meisten im inneren Kreis des AEUG (Ausschuss Europäischer Geheimdienste) über einen enormen (sind wir mal ehrlich: einen besorgniserregenden) Respekt vor der Macht, die die offene Informationsauswertung hatte. Eines seiner Teams bemerkte das Honig- Nougat-Wunder. Sie begutachteten die dazugehörige Diskussion. Zugegeben, das Ereignis war höchstwahrscheinlich nur eine Fata Morgana. Und dennoch warf es weitere Fragen auf; manche davon gehörten zu denen, deren Beantwortung eine besondere Spezialität von Regierungen war. Und das bringt uns zu dem zweiten Glücksfall. Aus einem Bauchgefühl heraus ordnete Braun eine Brandschutzübung an: Die analytischen Ressourcen des CDD sollten sich auf den Stellenwert des Honig-Nougat-Wunders auf die öffentliche Gesundheit konzentrieren. Welchen praktischen Nutzen dieses Mysterium auch haben mochte, für das Center stellte es eine Übung für geheime Notfalluntersuchungen in Echtzeit dar. Damit war es nicht viel bekloppter, als seine vorangegangenen Übungen. Die intelligenteren Spezialisten des CDD genossen diese Art von Festlichkeiten mittlerweile. Eilig erdachten sie tausend Spekulationen und eine halbe Million Tests. Das würden die Samen der Untersuchungsbäume für die Nachforschung sein. Während der nächsten zwei Tage arbeiteten sich die Analysten des CDD diese Bäume entlang hinunter, verlängerten und kürzten ... während dieser Zeit hielten sie sich mit Statistiken zurück; so zu arbeiten könnte mehr Fata Morganas erzeugen, als sich ein Freizeit- Vertriebler vorstellen konnte. Schon allein die Themenliste würde ein altertümliches Telefonbuch füllen. Hier sind die guten Teile in dramaturgischer Ordnung: Es gab keinerlei Zusammenhang zwischen dem Verkaufsanstieg und der Honig-Nougat- Werbung. Diese Schlussfolgerung basierte nicht auf theoretischer Analyse: Das CDD führte die Werbung einer kleinen Testgruppe vor. Der ganze Werbeblock der Halbzeit wurde auf ähnliche weise getestet. Eine der Stadionanzeigen – eine Werbung für eine Partnerbörse, die nur kurz gesendet worden war – hatte gelegentlich für Interesse an Nougat gesorgt. (Offenbar hatte sich ein Design-Künstler an der Werbung für die Partnerbörse ausgetobt, der Hintergrund bestand aus sich überschneidenden Linien und ergaben ein ablenkendes Moiré-Muster). Weiter unten am Testbaum wurde die Werbung der Partnerbörse einigen ausgewählten Zuschauern vorgeführt. Beispielsweise hatte sie keine gesteigerte Wirkung auf Personen mit Antikörpern gegen das Pseudo-Mimivirus vom 23. Juli. Die Werbung der Partnerbörse weckte in denjenigen einen Heißhunger auf Nougat, die sich mit der früheren Version des Pseudo-Mimi, vom 18. Juli, in ziert hatten. Das vom CDD ordnungsgemäß gemeldete. Als Kind hatte sich Günberk Braun oft vorgestellt, wie er den Feuersturm über Dresden verhindert hätte, die Nazis und ihre Todeslager oder Stalin davon abgehalten, die Ukraine auszuhungern. An freien Tagen, als er noch nicht die Möglichkeit hatte, Nationen zu beeinflussen, hatte sich der kleine Günberk vorgestellt, was er am 7. Dezember 1941 an einer Radarstation auf Hawaii getan hätte oder als amerikanischer FBI-Agent im Sommer 2001. Vielleicht durchlebte jeder Junge eine solche Phase, größtenteils ignorant, was den historischen Kontext angeht, in der er einfach nur der rettende Held sein will. Aber als Braun diesen aktuellsten Bericht durchging, wusste er, dass er mitten in etwas drinsteckte, das genauso groß wie seine Kindheitsfantasien war. Das Pseudo-Mimi vom 18. Juli und die Werbung während des Fußballspiels ... zusammen ergaben sie den hervorragend getarnten Test eines neuen Waffenkonzepts. In seiner fertiggestellten Form würde eine solche Waffe die Sunrise-Seuche wie ein bösartiges Spielzeug aussehen lassen. Geringstenfalls würde biologische Kriegsführung so präzise und überraschend wie Kugeln und Bomben werden: Man in zierte hinterrücks eine Bevölkerung mit einer sich langsam und zufällig verbreitenden Krankheit, so dass es kaum bemerkte wurde und dann peng, Erblindung, Verstümmelung oder Tod ... Im Einzelfall durch eine E-Mail oder gleich Milliarden mit einer Fernsehübertragung. Zu schnell, als dass irgendeine Seuchenschutzbehörde etwas unternehmen könnte. Wäre Braun ein Angestellter des CDD, hätte diese Entdeckung zu einer sofortigen Alarmierung aller Seuchenschutzbehörden der Indo-Europäischen-Allianz geführt und darüber hinaus wäre eine Mitteilung an das CDC in Amerika und an das CDPC in China rausgegangen. Aber Günberk Braun war kein Epidemiologe. Er war Spion, und selbst dafür paranoid. Brauns Brandschutzübung stand unter seiner persönlichen Kontrolle; es war einfach, unter diesen Umständen die Neuigkeit unter Verschluss zu halten. Gleichzeitig nutze er seine Ressourcen im AEUG und der Indo-Europäischen-Allianz. Innerhalb von Stunden steckte er bis zum Hals in mehreren Projekten. Er brachte die besten Sektenexperten zusammen, die man in der Gemeinschaft der Indo- Europäischen Geheimdienste nden konnte, und ließ sie auf seine Beweise los. Er wandte sich an die militärischen Aktivposten der Allianz, Zentralafrikas und der ganzen Versagerstaaten am Rande der modernen Welt. Es gab handfeste Hinweise auf den Ursprung des Pseudo- Mimi vom 18. Juli. Obwohl seine Nachforschungen nicht biowissenschaftlich waren, konnten sich Brauns Analysen den Besten des CDD messen ... nur cleverer, zahlreicher und mit weitaus mehr Ressourcen. Dessen ungeachtet hatten sie Glück: während der nächsten drei Tage zählten sie zwei und zwei (und zwei und zwei und zwei ...) zusammen. Am Ende hatte er eine gute Vorstellung davon, wer hinter dem Waffentest steckte. Und zum ersten Mal in seinem Leben hatte Günberk Braun wirklich Angst.

Prolog Von Glücksfallen und Gutem Mitdenken Der erste kleine Glücksfall kam als offentliche Peinlichkeit für das European Center for Defense Against Disease (Europaisches Zentrum für Krankheitsabwehr) verkleidet daher. Am 23. Juli hatten Schulkinder in Algier behauptet, eine Atemwegserkrankung würde über den Mittelmeerraum herfallen. Diese Behauptung basierte auf einer gerissenen Analyse von Antikorpern in Algiers und Neapels Massenverkehrssystemen. Das CDD hatte nicht sofort eine Antwort zur Hand, aber in weniger als drei Stunden meldeten Freizeit-Apostel der offentlichen Gesundheit ahnliche Ergebnisse aus anderen Stadten, komplett mit Ausbreitungskarten. Die Seuche war mindestens eine Woche alt und stammte hochstwahrscheinlich aus Zentralafrika, außerhalb des Wirkungsbereichs jener Apostel. Als die Presseabteilung des CDD endlich eine offentliche Stellungnahme hinbekam, war die Seuche auch in Indien und Nordamerika ausgebrochen. Schlimmer noch, ein Journalist in Seattle hatte den Erreger isoliert, identi ziert und herausgefunden, dass es sich um ein Pseudo-Mimivirus handelte. Das war die Wendung mit dem großtmoglichen Peinlichkeitsgrad gewesen, den sich die Presseabteilung hatte vorstellen konnen: damals, in den spaten Jahren des ersten Jahrzehnts hatte das CDD sein enormes Budget mit seiner brillanten Verteidigung gegen die New Sunrise Sekte gerechtfertigt. Die New Sunrise Sekte war der zweitschlimmste Euro-Terror des Jahrzehnts gewesen. Nur die Führung des CDD hatte verhindert, dass daraus eine weltweite Katastrophe geworden war. Ein Pseudo-Mimivirus war für die Sunrise-Seuche verantwortlich gewesen. Es gab noch immer gute Leute beim CDD. Es waren dieselben Spezialisten, die 2017 die Welt gerettet hatten und für den Fall vom 23. Juli hatten sie schnell eine Losung zur Hand. Dadurch konnte die Presseabteilung eine mehr oder minder zutreffende Verlautbarung veroffentlichen: Ja, dieses Pseudo-Mimi war den herkommlichen Veroffentlichungsprotokollen entkommen. Daran war ein einfacher Softwarefehler auf der Website für "aktuelle Ereignisse" des Centers war schuld gewesen. Und ja, es konnte sein, dass dieses Pseudo-Mimi ein Ableger der Sunrise-Seuche war. Abgeschwachte Stamme des ursprünglichen, totungsoptimierten Virus spukten noch immer über die Welt und gehorten zum permanenten Hintergrundrauschen der Biosphare. Dieses Jahre waren bereits drei aufgetaucht, eines nur fünf Tage zuvor, am 18. Juli. Darüber hinaus (und an diesem Punkt fanden die Leute von der Presseabteilung ihren typischen Elan wieder), alle diese Falle waren subklinisch gewesen, da sie im wesentlichen keine erkennbaren Symptome aufgewiesen hatten. Das Pseudo-Mimi verfügte über ein riesiges Genom (nun, riesig für ein Virus, im Vergleich zu allem andern klein). Die New Sunrise Sekte hatte dieses Genom zu einem Schweizer Taschenmesser des Todes gemacht, ausgestattet, sich gegen fast jede Abwehr durchzusetzen. Aber ohne eine solche Optimierung waren Pseudo-Mimis nichts weiter, als schwerfallige Haufen von DNS-Müll. "Und darum mochten wir, vom CDD, uns zum Schluss dafür entschuldigen, dass wir es versaumt haben, dieses Routineereignis offentlich bekannt zu geben." Eine Woche verging. Zwei Wochen. Es traten keine weiteren Infektionen mit dem Organismus auf. Antikorpererhebungen belegten, dass die Epidemie nie sehr viel weiter als über den Rand des Mittelmeerraums hinausgekommen war. Die Behauptung des CDD über den Ausbruch war absolut zutreffend. Diese Art von "subklinischer Atemwegsepidemie" war schon beinahe ein Widerspruch in sich selbst. Wenn nicht einmal ein Opfer unter eintausend eine laufende Nase bekommt, ist der Virus schon beinahe von der Wohlfahrt abhangig, um es um die ganze Welt zu schaffen. Die Erklarungen des CDD wurden akzeptiert. Die Freizeit-Apostel der offentlichen Gesundheit hatten aus einer alltaglichen Mücke einen Elefanten gemacht. Tatsachlich gab es nur eines, das an der Geschichte des CDD nicht stimmte, und dass niemandem bemerkte: Das Versag

Erscheinungsdatum
Verlagsort Ludwigsburg
Sprache deutsch
Maße 12 x 18 mm
Gewicht 449 g
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Belletristik und verwandte Gebiete • Computer • Digitales Zeitalter • Science Fiction • Zukunft
ISBN-10 3-95981-144-6 / 3959811446
ISBN-13 978-3-95981-144-6 / 9783959811446
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Ursula K. Le Guin

Buch | Hardcover (2023)
Memoranda (Verlag)
48,00
Roman

von Nils Westerboer

Buch | Softcover (2022)
Klett-Cotta (Verlag)
18,00