Halo: Die Gesandte

TOBIAS S. BUCKELL ist Science-Fiction-Autor und ein wahrer Kenner des HALO-Universum. Er wirkte maßgeblich an der Entstehung der offiziellen HALO-Enzyklopädie mit. Aus seiner Feder stammen außerdem der viel beachtete HALO-Roman Das Cole Protokoll sowie zahlreiche Kurzgeschichten. Er lebt und arbeitet in Bluffton, Ohio.

Vor sechs Jahren waren sie noch der Feind gewesen. Jetzt konnte Melody ihre Sprache sprechen. Wie schnell die Dinge sich änderten. Doch manchmal fiel es ihr noch immer schwer, die schrecklichen Erinnerungen zu verscheuchen. Obwohl sie eine Gesandte war. Obwohl die Spirits leer standen und nur noch als Ersatzteillager benutzt wurden. „Da wären wir.“ Sie blieb vor dem Ren stehen, einem kleinen, kastenförmigen Frachtshuttle, das mit seinen vier Impulsantrieben wie gemacht war für schnelle Kurzstreckenflüge. „Victoria, programmiere die Koordinaten ein, die ich dir gegeben habe. Diese Zone ist weit genug von dem ganzen Chaos entfernt. Suraka können wir vergessen.“ Ein paar Stunden zuvor hatten sie gesehen, wie die Feinde von Flottenmeister Rojka ’Kasaan Suraka aus dem Orbit angegriffen hatten. Ein hässlicher, perfekt geplanter Überfall hatte die menschlichen Verteidigungsanlagen um die Stadt in kürzester Zeit vernichtet. Alle Schiffe mit Slipspace-Antrieben, ob am Boden oder bereits in der Luft, waren abgeschossen worden. Mit dieser Aktion war jede Hoffnung auf den Frieden gestorben, den Melody hier eigentlich aushandeln sollte. Anschließend hatten sich die Sangheili gegeneinander gewandt, in einem brutalen, unerbittlichen Kampf um die Zukunft dieser Welt – und sie steckte mittendrin. Victoria blickte zurück zu der Hangaröffnung und der Schlacht. „Du machst Witze. Das einzige Mal, als ich in einer Kampfsituation geflogen bin, war in einem Simulator auf der Erde. Und das war Teil der Grundausbildung.“ „Und da wurdest du genau für Situationen wie diese ausgebildet“, entgegnete Melody. Aufmunternd drückte sie die Schulter der anderen Frau. „Du schaffst das. Ich vertraue dir.“ Sie tippte das Kontrollfeld an, woraufhin die Shuttletür aufklappte, und Adam und Jens schoben sich an ihr vorbei, um sich im Cockpit festzuschnallen. Victoria blieb jedoch, wo sie war, und griff nach Melodys Hand. Ihre Finger waren kalt, und selbst im seltsamen Sangheili-Licht wirkte sie blass. „Du kannst nicht hierbleiben.“ „Ich muss“, erwiderte Melody.