Was uns erinnern lässt - Kati Naumann

Was uns erinnern lässt

***** 17 Bewertungen

(Autor)

Buch | Hardcover
416 Seiten
2019 | 3. Auflage
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-247-4 (ISBN)
20,00 inkl. MwSt

Hunger, Vertreibung, Wiedervereinigung und Versöhnung: In »Was uns erinnern lässt« erzählt Kati Naumann das bewegende Schicksal zweier Frauen vor dem Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte und der Kulisse des Rennsteigs im Thüringer Wald. Ein Roman-Highlight für alle Leserinnen von »Altes Land«, »Bühlerhöhe« und Carmen Korns Jahrhundert-Trilogie.

1977: Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.

2017: Die junge Milla findet abseits der Wanderwege im Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren.

Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.

  • »ein ebenso kenntnisreicher wie berührender Text [...] ein Roman, der hervorragend lesbar ist, zu Herzen geht und spannend komponiert wurde« NDR Kultur
  • »Kati Naumann widmet sich ebenso einfühlsam wie eindrücklich einem selten thematisierten Kapitel deutscher Geschichte, aus dem wir noch immer für die Gegenwart lernen können.« BÜCHERmagazin
  • »Dieses starke Stück Geschichte aus der deutsch-deutschen Vergangenheit erzählt von Familie, Heimat, Zwangsenteignung und Schuld.« Neue Presse Hannover
  • »Man blickt dabei in Abgründe staatlicher Gewalt, aber auch in die Abgründe der menschlichen Seele. [...] fesselnd erzählt, [...] ein ergreifender, aber unsentimentaler Betrag zur Aufarbeitung deutscher Geschichte.« MDR Thüringen
  • »Ein fesselnder Familienroman, der vom Leben in der deutschen Sperrzone im Thüringer Wald erzählt.« Bücher-Magazin
  • »eine warmherzige Geschichte über Freundschaft, sondern auch ein historisches Zeugnis über das Leben der Bürger im ehemaligen DDR-Grenzgebiet mit genauer Recherche und Gesprächen mit Zeitzeugen« Neue Presse Coburg
  • »Kati Naumann beschreibt mit viel Einfühlungsvermögen das Misstrauen der Behörden gegenüber der Familie, die Bespitzlungen, die Schikanen, die brutale Umsiedlung [...] Über die gut 400 Seiten baut die Autorin einen Spannungsbogen auf, der auch überraschende Wendungen beinhaltet. [...] Ein Buch aus dem Leben, welches noch viel abgeschirmter war, als das der meisten anderen DDR-Bürger.« Sächsische Zeitung
  • »Ein fesselnder Familienroman, der viel Wissenswertes über das Leben in der ehemaligen DDR vermittelt.« News
  • »Der Roman erzählt emotional berührend von einem Familienschicksal, das sich gegen seine Epoche stemmt.« MDR Kultur

Kati Naumann wurde 1963 in Leipzig geboren. In Sonneberg, im ehemaligen Sperrgebiet im Thüringer Wald, verbrachte sie einen Großteil ihrer Kindheit. Die studierte Museologin schrieb bereits mehrere Romane sowie Songtexte für verschiedene Künstler und das Libretto zu dem Musical Elixier (Musik von Tobias Künzel). Sie verfasste Drehbücher für Kindersendungen und entwickelte mehrere Hörspiel- und Buchreihen für Kinder. Kati Naumann lebt mit ihrer Familie am Stadtrand von Leipzig.

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Belletristik • bücher für frauen • bücher neuerscheinungen • DDR • DDR Buch • ddr bücher • DDR Roman • deutsch-deutsche Geschichte • Deutsche Autoren • Familiendrama • Familiengeschichte • Frauenfreundschaft • Frauenschicksal • frauenschicksale bücher • Grenze • Hotel • Mauer • Ost West • Rennsteig • Roman Neuerscheinung • Sperrgebiet • Thüringen • Thüringer Wald • Todesstreifen
ISBN-10 3-95967-247-0 / 3959672470
ISBN-13 978-3-95967-247-4 / 9783959672474
Zustand Neuware
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5 Warmherzig und spannend

von , am 01.05.2019

Das Buch hat mich rundum begeistert, sowohl als Familienroman als auch als Geschichtsroman.
Es wird die Geschichte der Familie Dressel vom Ende des 2. Weltkrieges bis 1977 bzw. 2018 beschrieben - überzeugend, lehrreich, spannend, warmherzig und unterhaltsam.
Ich bin genau so alt wie Andreas Dressel und in der DDR aufgewachsen.
Trotzdem dachte ich an vielen Stellen des Buches "Wow.....", war ich total ergriffen oder geschockt. Viele Passagen haben mich lange beschäftigt.
Der Autorin ist es meisterhaft gelungen, das Thema gut recherchiert, leicht und interessant zu Papier zu bringen.
Sie baut durch den ständigen Wechsel von "davor" und "danach" einen Spannungsbogen, der bis zum Schluss hält.
Zusammengefasst: Geistreiche Unterhaltung auf hohem Niveau!

5 Bewegende Geschichte

von , am 19.04.2019

Milla findet am Rennsteig einen verschütteten Keller. Als sie in den Keller steigt, ist es, als geriete sie in eine Zeitkapsel. Alles ist noch genau so, wie es die Bewohner des ehemaligen Hotel "Waldeshöh" vor 40 Jahren verlassen haben. Anhand von alten Schulheften findet sie die Namen der ehemaligen Besitzer. Besonders mit Christine Freunde Milla sich an. Durch sie erfährt sie mehr von den Geschichten über das ehemalige Hotel Waldeshöh. Nach der Teilung Deutschlands liegt es genau in der Sperrzone. Ohne Passierschein darf kein Mensch dort hin. Die Bewohner müssen mit vielen Schikanen leben. Sie haben keinen Telefonanschluß und kein fließendes Wasser. Krankenwagen und Postboten kommen nicht mehr zu ihnen durch. Trotzdem wollen die Menschen ihr Zuhause nicht verlassen. Milla und Christine versuchen nun diese Vergangenheit für die Familie aufzuarbeiten und stoßen dabei auf einige Ungereimtheiten.

Die Geschichte der Familie Dressel ist eine interessante Reise in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Die Familie hatte das Pech, daß ihr Haus in der Sperrzone zwischen den beiden deutschen Staaten lag. Diese Erlebnisse der Vergangenheit hat jeder auf seine Art verarbeitet - oder auch nicht verarbeitet. Da ist Christine, die jedes kleine Teil aus ihrer Vergangenheit hortet. Sie gehört zu den "Bewahrern". Sie will sich aber nur an die schönen Dinge erinnern. Ihre Ängste kommen erst wieder nach und nach an die Oberfläche. Die "Verdränger", wie Andreas, wollen sich nicht gern erinnern. Obwohl er fast täglich in Dressels Forst geht um nach dem Rechten zu sehen, redet er sich ein, mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben. Das macht ihn wütend und diese Wut läßt er an seinen Mitmenschen aus. Am schlimmsten sind die "Leugner" wie Siggi. Sie leugnen das Unrecht, das den Menschen durch sie angetan wurde. Sie reden sich so lange raus, bis sie davon überzeugt sind, den Leuten noch einen Gefallen getan zu haben.
Alle diese Personen treffen wir hier in einer wunderbaren Geschichte über eine Familie in einer schwierigen Zeit. Jeder von ihnen muß lernen, sich der Vergangenheit zu stellen und Frieden zu finden.

5 Der Titel ist Programm

von (Ilsenburg), am 17.04.2019

Kati Nauman verbindet in ihrem Roman geschickt die moderne, vernetzte Welt von heute mit einem herrlichen Stückchen Erde, das mitsamt der dort lebenden Familie im Verlauf der DDR-Geschichte vom Rest der Welt abgeschnitten wurde – abgeschnitten von der Telefonleitung, von der Postzustellung, sowie von der medizinischen Notversorgung. Dieser scheinbare Widerspruch bildet das Verbindungselement zwischen zwei Handlungssträngen, die die Geschichte des Hotels Waldeshöh von den 1950er bis in die 1970er Jahre einmal live und einmal rückblickend begleiten.

Die Moderne wird durch die junge Milla vertreten, deren Leben von einer gewissen Trostlosigkeit geprägt zu sein scheint. Als Alleinerziehende entgleitet ihr der langsam erwachsenwerdende Sohn Neo, der bisher ihr Leben bestimmt hat. Ihr Brotjob in einer Anwaltskanzlei ist auch nicht gerade erfüllend. Begeistern kann sie sich für Lost Places, Orte, die vor vielen Jahren verlassen wurden und wie eine Zeitkapsel das vergangene Leben in Form von zurückgelassenen Gegenständen konserviert haben. Das Spekulieren über die kleinen Geheimnisse der ehemaligen Bewohner befriedigt Sensationsgelüste und voyeuristische Bedürfnisse. Millas größter Traum ist die Entdeckung eines solchen Lost Place, und zwar als erste. So ist sie in 2017 im Thüringer Wald abseits der Wanderwege unterwegs und findet einen überwucherten Keller.

Die Vergangenheit verkörpert Christine Dressel, die im Hotel Waldeshöh aufgewachsen ist. Sie hat den Ausbau der innerdeutschen Grenze miterlebt, am eigenen Leib viel intensiver als die meisten DDR-Bürger erfahren, welche Bedeutung und Auswirkungen diese Grenze für die einfachen Leute hatte.

Ich konnte mich mit beiden Protagonistinnen identifizieren, die Nöte und Sorgen beider gut nachvollziehen, Millas Hin- und Hergerissenheit bezüglich der Sinnhaftigkeit ihrer Freizeitaktivitäten sind mir ebenso ein Begriff wie die Heimatverbundenheit von Christine. Selbst Andreas, Christines Bruder, der im Roman unnahbar und ein wenig grummelig erscheint, konnte ich gut verstehen. Diese Reserviertheit gegenüber Unbekanntem, nicht nur Menschen, sondern auch „neumodischem Schnickschnack“, ist, so glaube ich, ein typisches Verhalten für diese Generation. Ich mochte Andreas sehr, und zwar mitsamt seines Schäferhundes Lux, der genauso tickt wie er.

Für mich war „Was uns erinnern lässt“ genau das, was der Titel aussagt, ein Anschub, mich zu erinnern: an meine eigene Kindheit im Sperrgebiet, an einen Kindergeburtstag im 500 Meter Schutzstreifen, an den vorgezeigten Pionierausweis, um den Schlagbaum zu passieren. Es war eine Erinnerung an die Angepasstheit der Menschen in der DDR, an den Ärger, den ich bekam, weil ich draußen beim Spielen „Like A Virgin“ von Madonna vermutlich falsch, aber erkennbar sang. Das hatte ich schon fast vergessen. Die Darstellung war für mich durchweg glaubwürdig, nichts schien mir übertrieben. Ich bin dankbar für diesen Roman. Sehr gern empfehle ich ihn allen Wissenden und erst recht allen "Unwissenden", die wo anders aufgewachsen oder später geboren sind, weiter.

5 Interessante und spannende Zeitgeschichte

von (Berlin), am 12.04.2019

Milla ist immer auf der Suche nach „Lost Places“. Sie ist wie viele andere unterwegs und postet ihre Erfolge im Internet um ihre Erlebnisse mit anderen zu teilen. Als sie im Thüringer Wald unterwegs ist, glaubt sie nicht, dass sie an diesem Tag noch erfolgreich sein wird. Dann bemerkt sie plötzlich im Wald Pflastersteine, einen Weg der fast zugewachsen ist. Und es kommt noch besser. Plötzlich bemerkt sie, dass der Untergrund auf dem sie steht, anders ist. Sie entdeckt eine verschlossene Holzluke und in dem darunter liegenden Raum einen Keller. Dieser Keller ist komplett eingerichtet, so dass sie heraus bekommt, dass es sich um den Keller des Hotels Waldeshöh handelt. Sie entdeckt auch noch alte Schulhefte von Andreas und Christine Dressel. Das alles weckt ihre Neugier. Plötzlich möchte sie auch gar nicht mehr ihre Entdeckung im Internet veröffentlichen. Im Gegenteil, sie möchte die Dressels finden, um zu erfahren, was damals geschehen ist. Daraus entwickelt sich eine Geschichte, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Milla findet die Dressels und taucht mit ihren tief in die Vergangenheit.
Kati Naumann hat mit ihrem Roman über ein Thema geschrieben, über die die wenigsten etwas wussten. Sicher die Sperrgebiete waren mir bekannt und auch, dass sie nur mit Passierscheinen betreten werden durften. Aber das es auch Zwangsumsiedlungen gab, das war mir neu.

Die Autorin hat hier mit viel Liebe eine fiktive Familiengeschichte mit einem authentischen historischen Hintergrund geschrieben. Besonders berührt hat mich, dass die Familie bis zum Schluss gedacht hat, dass sie ihr Hotel doch noch einmal irgendwann eröffnen können. Sie haben sich nicht unterkriegen lassen und versucht aus dieser Situation das Beste zu machen. Erst mit der Zwangsumsiedlung ist in der Familie etwas zerbrochen und sie haben aufgegeben. Toll, dass es da die Heldin Milla gab, die den Anstoß gab, jetzt nach so vielen Jahren sich wieder zusammenzufinden.

Ich fand das Buch sehr fesselnd geschrieben. Das ist ein Buch, dass ich lange in Erinnerung behalten werde. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.

4 Deutsch-deutsche Geschichte im Einzelfall

von , am 02.04.2019

Auf einer Wanderung im Thüringer Wald sucht und findet Milla einen Lost Place, einen unberührten Ort. Es ist ein Keller, in den sie eindringt und in dem sie auf die Geschichte des Hauses und der ehemaligen Bewohner stößt. Sie versucht die Geschichte zu rekonstruieren und sucht die ehemaligen Besitzer auf, mit denen sie sich schließlich anfreundet.
Bei dem Keller handelt es sich um Überreste des Hotels Waldeshöh, das die Familie Dressel seit Generationen betrieb. Aufgrund der Lage in der Sperrzone, nahe der Grenze der DDR zur BRD war es für Besucher nicht mehr ohne weiteres zu erreichen, für einen Hotelbetrieb eine äußerst ungünstige Entwicklung. Die Betreiber wurden durch das System in der DDR Restriktionen und schließlich der Enteignung und Umsiedlung ausgesetzt. Mich hat hier sehr die deutsch-deutsche Geschichte interessiert, diese wurde teilweise sehr gut vorgestellt (1945-77), insbesondere die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Verhältnisse in der DDR.
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, die sich einander annähern, dadurch entstand eine gewisse Spannung, man möchte gerne wissen wie es weitergeht. Der Schreibstil was schön flüssig, einfache Sprache, aber durch die Dialoge doch lebendig gehalten.
Die einzelnen Charaktere haben mich dennoch nicht so mitgenommen, wie ich es gerne gehabt hätte, manches blieb mir hier zu flach und ich konnte es nicht so recht nachvollziehen: Milla ist eher eine Einzelgängerin, nur auf den Sohn fixiert, dennoch gelingt ihr die Annäherung an die Dressels (Hotelbesitzerfamilie) recht mühelos.
Insgesamt betrachtet aber eine gute Lektüre, die mich ein wenig in unsere Landesgeschichte eintauchen ließ und mir zudem den Rennsteig als lohnendes Ausflugziel nähergebracht hat.

5 Die Wahrheit kommt ans Licht

von , am 01.04.2019

Im Jahr 2017 findet Milla im Thüringer Wald den alten Keller eines früheren Hotels im Thüringer Wald, welches vor vielen Jahren abgerissen wurde. Es ist das Hotel Waldeshöh in Dressels Forst. Milla geht auf Spurensuche und findet die Geschwister Dressel, die zusammen mit ihren Eltern, Oma und Tante im Jahre 1977 zwangsumgesiedelt wurden. Wer hat das damals veranlasst?

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Die Story hinter dem Buch war meines Erachtens sehr gut durchdacht und im Buch selbst gut umgesetzt. Als Leser wurde man abwechselnd in Kapitel durch das „Heute“ und die auf der anderen Seite durch die Geschichte des Hotels Waldeshöh ab den Kriegsjahren (ca. 1940) geführt. Der Schreibstil hat mir gut gefallen, es war flüssig geschrieben und für mich gab es auch keine langweiligen Passagen im Buch. Es war spannend bis zum Schluss und bis herauskam was damals geschehen war und wer dies letztendlich veranlasst hatte. Da ich selbst in der DDR aufgewachsen bin, finde ich solche Bücher immer besonders spannend und interessant zu lesen und ich wurde nicht enttäuscht.

4 Leben zwischen Ost und West

von , am 30.03.2019

Die Anwaltsgehilfin Milla hat ein ausgefallenes Hobby: Lost Places, verlassene Orte. Als sie eines Tages im Thüringer Wald unterwegs ist, findet sie einen solchen Ort, den Keller eines ehemaligen Hotels, in dem sich noch allerlei Habseligkeiten der früheren Bewohner befinden. Vom Hotel selbst ist nur noch Schutt vorhanden. Durch ein beschriftetes Schulheft erfährt Milla den Namen einer Familienangehörigen, Christine, und nimmt Kontakt zu ihr auf.
Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich schnell eine Freundschaft. Milla erfährt, dass Christines Familie in den 1950er Jahren aus ihrer Heimat im Sperrgebiet zwischen DDR und BRD vertrieben und zwangsumgesiedelt wurde. Wer die Umsiedlung veranlasst hat, wissen sie bis heute nicht. Nachforschungen, die Christines Tante Elvira angestellt hatte, verliefen im Sande, und auch eine Entschädigung hat die Familie nie erhalten.
Milla ist von der Geschichte fasziniert und beginnt ebenfalls damit, im Namen der Familie Nachforschungen anzustellen und Unterlagen anzufordern. Zusammen mit Christine sucht sie Zeitzeugen und ehemalige Freunde der Familie auf. Dabei entdeckt sie, dass der Verräter von damals ein ganz anderer ist als vermutet...
Das Buch behandelt ein interessantes Thema: das Leben einer Familie im Sperrgebiet zwischen Ost- und Westdeutschland. Es ist haarsträubend zu lesen, welchen Repressalien und Schikanen die Familie ausgeliefert war. So durften die Großeltern eines Tages nicht mit den Enkeln ins Sperrgebiet zurück, weil die Enkel nicht in ihren Ausweisen vermerkt waren. War der Schlagbaum unbesetzt, hieß es warten, bis sich der Beamte endlich blicken ließ. Wehe, man wagte es, ohne Kontrolle die Grenze ins Sperrgebiet zu passieren. Im nächsten Moment war der Beamte zur Stelle und nahm einen fest.
Das Buch liest sich größtenteils flüssig, doch teilweise ist die Geschichte unnötig in die Länge gezogen und trivial. Nach einem der vielen Stromausfälle weint Christines kleine Schwester im Dunkeln, woraufhin die große Schwester ihr den Nacken kitzelt, bis sie wieder lacht. Wie interessant...
Was mich ebenfalls genervt hat, war das Festhalten am wöchentlichen Ritual des Gästezimmer Putzens. Seit Jahren hat das Hotel Waldeshöh keine Gäste mehr gesehen, trotzdem werden jeden Samstag die Zimmer geputzt und die Betten frisch bezogen. Die Kinder hausen beengt in einem kleinen Kämmerchen, doch die Gästezimmer sind tabu. Ein für die nicht vorhandenen Gäste angeschaffter Badeofen steht neu herum, die Familie heizt das Badewasser mit der Waschmaschine. Alles nicht nachvollziehbar und für meine Begriffe ziemlich dumm.
Ob das Leben in der DDR sich tatsächlich so abgespielt hat, kann ich nicht beurteilen, es war aber auf jeden Fall sehr interessant, einen Einblick in das Leben einer Familie zu bekommen, die zunehmend isoliert und auf sich selbst gestellt im Grenzgebiet zwischen Ost und West lebte.

4 Guter Roman

von , am 26.03.2019

Die 14jährige Christine lebt im Jahre 1977 im ehemaligen Hotel Waldeshöh im Thüringer Wald. Direkt hinter Stacheldraht in der Sperrzone, ohne Passierschein kann dies Gebiet niemand betreten.

Im Jahr 2017 entdeckt Milla abseits der Wanderwege einen überwucherten Keller und kommt der Geschichte des Hotels Waldeshöh auf die Spur. Sie forscht nach und stößt auf Christine. Diese Begegnung hat Auswirkungen....

Das Buch zeigt auf, wie es hinter der Grenze wirklich zuging. Man kann sich dies eigentlich nicht wirklich vorstellen und während des Lesens bekommt man so manches Mal ein beklemmendes Gefühl. Die Autorin vermittelt ihr Wissen sehr intensiv - dadurch wirkt die Geschichte noch lange nach. Die Handlung besteht aus zwei Strängen, die man deutlich unterscheiden kann und den roten Faden nicht verliert. Die Charaktere sind gut dargestellt -und vor allem glaubhaft.

5 Nahe Geschichte

von (Dresden), am 25.03.2019

Milla ist auf einer Wanderung im Thüringer Wald und findet Reste eines Hauses und einen alten Keller. Sie will diesen als einen Lost Place im Internet veröffentlichen. Als sie sich den Keller genauer ansieht, findet sie ein altes Schulheft. Der Name darauf lautet Christine Dressel und Milla wird neugierig und sucht nach dieser Frau. Sie findet sie auch und so erfährt sie die Geschichte der Familie Dressel, des ihr gehörenden Waldes und vor allem des alten Hotels „Waldeshöh“ am Rennsteig. Eine Geschichte, die bis in den zweiten Weltkrieg zurück reicht…

Das Ganze wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Zum einen ist es die Geschichte der Familie Dressler, die den Krieg übersteht, die schweren Jahren nach dem Krieg und dann die schlimmen Jahre, als mit der Errichtung der Grenze zur BRD das Haus im engsten Sperrgebiet stand und sie quasi zwischen zwei Zäune leben mussten. Die lange Zeit der Schikanen durch die Polizei und die Grenztruppen, keine Möglichkeit eines normalen Lebens. Und trotzdem empfanden sie das Haus als ihr Zuhause und ihre Heimat. Die schwere Zeit, nachdem sie in einer Nacht- und Nebelaktion das Haus verlassen mussten.
Im zweiten Handlungsteil geht es um die Zeit 30 Jahre nach der Wende, in der die Familie versucht, das Grundstück zurück zu erhalten. Es geht um Familienzusammenhalt und Enttäuschung, aber auch um Verrat.
Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Es ist sehr gut lesbar und unterhält, gleichzeitig erfährt man aber auch sehr viel über die damalige Zeit, aber auch die heutige Zeit. Die Figuren sind nicht einfach nur schwarz-weiß, sondern vielschichtig angelegt. Man merkt der Autorin an, dass sie den Thüringer Wald sehr liebt. Ich kann das Buch nur absolut empfehlen.

5 Das unbeschreibliche Gefühl von Heimat

von (Recklinghausen), am 20.03.2019

Ich bin begeistert !
“Was uns erinnern lässt” ist mein Lesehighlight für das erste Quartal von 2019 und für mich einer der schönsten Romane , die ich in letzter Zeit gelesen habe . Die Geschichte der Familie Dressel und ihrem Hotel Waldeshöhe im tiefen Thüringer Wald, wird mit so viel Wärme und Geborgenheit in jedem Satz , bildlich dargestellt und mit ganz viel Herz erzählt .
Die Liebe zur Heimat und zu den Menschen , ist greifbar, in jedem Wort spürbar . Ich war noch nie im Thüringer Wald, aber Kati Naumann hat es geschafft und “Dressels Forst” , mit all seinen Bewohnern aus ihrer wunderbaren Erzählung zu mir nach Hause gebracht . Es war ein wunderschönes und sehr emotionales Leseerlebnis für mich . Zu Gast bei den liebenswerten und trotz der Repressalien immer zufriedenen und glücklichen Dressels , in ihrem Hotel Waldeshöhe am Rennsteig , im tiefen Thüringer Wald . Einfühlsam und ohne viel Verschnörkelung , aber dafür mit ganz viel Atmosphäre , erzählt die Autorin die berührende Familiengeschichte, die mich sofort “gefangen genommen” hat und nicht mehr loslässt. Selbst Tage später kreisen meine Gedanken noch immer um diesen tollen Roman , der seinen wohlverdienten Platz bei meinen Herzensbüchern bekommt.


Sehr gerne vergebe ich für den intensiven Roman gute
5 Sterne
und eine unbedingte Leseempfehlung für alle die gerne Familiengeschichten lesen und sich für unsere Geschichte interessieren .

4 Es lohnt sich zu kämpfen

von , am 16.03.2019

Milla arbeitet in einer Anwaltskanzlei, in ihrer Freizeit entdeckt sie mit ihrem Sohn Neo gerne sogenannte Lost Places. Das sind Orte, die von ihren Besitzern, freiwillig oder unfreiwillig, verlassen wurden und nun leer stehen. So findet Milla auch die Überbleibsel des ehemaligen DDR Hotels Waldeshöh. Von dem einstigen Hotel ist nur noch der Keller übrig, dort stößt Milla auf die Namen Andreas und Christine Dressel und das Datum 23. Juni 1977. Milla begibt sich auf die Suche und macht die beiden tatsächlich ausfindig.

Aufgebaut ist die Geschichte in zwei Teile. Zum einen Milla, die in der Gegenwart die Familie Dressler besucht und zum anderen die Vergangenheit, die von 1945 bis 1977 reicht. Erzählt werden diese beiden Teile immer im Wechsel. Dieser Aufbau hat mir sehr gut gefallen. Nach und nach erfährt der Leser etwas über die Familie Dressel und lernt das Hotel kennen. Nebenbei gibt es noch geschichtliche Fakten zu erkunden. Außerdem erfährt man etwas über das Leben in der DDR. Vor allem darüber, wie es ist, wenn man niemandem vertrauen kann – auch den eigenen Freunden nicht. Diese Gefühle hat Kati Naumann sehr gut rübergebracht. Mir haben die Charaktere gut gefallen. Sie wirkten authentisch und zum Großteil sympathisch. Milla blieb mir etwas fern. Und der Freund der Familie war mir etwas zu schmierig und suspekt. In der Geschichte treten viele Charaktere auf, da war der Stammbaum auf dem vorderen und hinteren Umschlag sehr hilfreich!
Leider kam ich nur schleppend in die Gehsichte rein! Obwohl mir der Schreibstil gut gefallen hat und die Geschichte sich flüssig liest. Der Wechsel zwischen Erzählteil und Dialogen ist Kati Naumann gelungen und wirkt sehr ausbalanciert. Auch ist es spannend mitzuverfolgen, was denn nun dazu geführt hat, dass die Familie ihr Hotel verlassen musste.
Die Atmosphäre in der Geschichte wirkt sehr authentisch und realistisch. Kati Naumann ist selbst in Sonneberg – somit im Handlungsgebiet – in DDR-Zeiten aufgewachsen, somit konnte sie hier auf ihre Erfahrungen zurückgreifen.
Mir hat dieser Roman gut gefallen. Für mich hätte die Geschichte noch tiefer in das DDR-Leben eintauchen und auch so manch eine Szene ausführlicher sein können. Dennoch wurde ich gut unterhalten und vergebe vier von fünf Sternen.

4 Unterhaltsam

von , am 10.03.2019

Milla, alleinerziehende Mutter des 14jährigen Neo, macht sich in ihrer Freizeit gerne auf die Suche nach Lost Places und ist dementsprechend gut ausgerüstet auf ihren Wanderungen. So findet sie auch eines Tages endlich einen Lost Place, den vor ihr noch niemand entdeckt hat und ist ganz aufgeregt. Sie hat den intakten Keller eines ehemaligen Hotels in der Nähe des Rennsteigs entdeckt. Sogar die gefüllten Marmeladengläser stehen noch dort. Was ist hier passiert, dass von dem Hotel nur noch der Keller steht? Sie nimmt eines der Schulhefte mit, die sie dort unten findet und kommt so in Kontakt mit Familie Dressel, der einmal das Haus gehört hat. Doch was ist passiert?

Auf einer zweiten Zeitebene nähern wir uns dem Ende des Hotel Waldeshöh chronologisch gesehen ab der Zeit des Zweiten Weltkriegs, wo wir die tatkräfitge Johanna kenenn lernen, die sich nicht unterkriegen lässt von den vielen Schicksalsschlägen. Auch als das Hotel Waldehöh in der Sperrzone direkt an der deutsch-deutschen Grenze liegt und nur noch die Familie dort lebt.

Kati Naumann erzählt die Geschichte sehr anschaulich und als Leser kann man die Schikanen des DDR Regimes miterleben. Sympathische Figuren, ein Familiengeheimnis und die Geschichte eines Hotels, das lange keines war. Mit einem sehr stimmigen Ende hat es mir schöne Lesestunden beschert.

5 Erinnerungen

von (Bad xxx), am 09.03.2019

In „Was uns erinnern lässt“ erzählt Kati Naumann die Geschichte einer Familie über mehrere Generationen, die in der Sperrzone lebte und umgesiedelt wurde.

Kati Naumann wurde 1963 in Leipzig geboren, ist Schriftstellerin, Autorin und war Museologin in einem Buch- und einem Musikinstrumentenmuseum. Sie lebt mit ihrer Familie in Leipzig und London. Die Themen Thüringer Wald und Sperrgebiet haben sie durch den Wohnort ihrer Großeltern immer begleitet und das Schreiben war für sie wie eine Zeitreise in ihre Vergangenheit mit glücklichen Erinnerungen.

Der Roman ist in zwei Erzählsträngen geschrieben. Die Geschichte der fiktiven Familie Dressel im Hotel Waldeshöh im Thüringer Wald von 1945 bis 1977 und von Milla, die 2017 auf ihrer Suche nach „Lost Places“ den überwucherten Keller des ehemaligen Hotels entdeckt.
Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll. Der Inhalt ist sehr gut ausgearbeitet. Die eingearbeiteten Erinnerungen und vielen Hintergrundrecherchen ergeben einen guten und atmosphärischen Einblick in die gesellschaftspolitischen und persönlichen Situationen. Kati Naumann hat viele unterschiedliche reale Details eingearbeitet, durch die ein Teil unserer deutsch-deutschen-Geschichte dargestellt wird. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, lebendig und authentisch.

Mir hat dieser Roman mit einem Stück unserer nahen Zeitgeschichte rund um das Leben in der Sperrzone, mit Erinnerungen und Gedanken zur Heimat sehr gut gefallen.

4 Erinnerungen machen uns stark

von (Schwarzenbek), am 07.03.2019

Inhalt

1977:
Das Zuhause der vierzehnjährigen Christine ist das ehemals mondäne Hotel Waldeshöh am Rennsteig im Thüringer Wald. Seit der Teilung Deutschlands liegt es hinter Stacheldraht in der Sperrzone direkt an der Grenze. Schon lange findet kein Wanderer mehr den Weg dorthin. Ohne Passierschein darf niemand das
Waldstück betreten, irgendwann fahren weder Postauto noch Krankenwagen mehr dort hinauf. Fast scheint es, als habe die DDR das Hotel und seine Bewohner vergessen.
2017:
Die junge Milla findet abseits der Wanderwege m Thüringer Wald einen überwucherten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen.

Eindruck

Die Grausamkeiten, Härte, Unerbittlichkeit und Menschenverachtung in der ehemaligen DDR sind jedem bekannt. Sei es durch das Erlebte oder das Erlernte; und es macht auch nach Jahrzehnten immer
wieder sprachlos. Doch die Einzelschicksale, die "Randerscheinungen" oder die scheinbaren Kleinigkeiten sind es, die
im verborgenen schlummern und darauf warten entdeckt und erzählt zu werden.

So hat es Kati Naumann in diesem Roman gemacht. Einfühlsam, detailliert aber ohne erhobenen Zeigefinger oder unnötige Gefühlsduselei. Die Geschichte des Hotel Waldeshöh und der Familie, die es Generation über Generation aufrecht und am Leben gehalten hat, hat mir so manches Mal die Tränen in die Augen getrieben. Durch ihren Schreibstil, die greifbaren Charaktere und die Beschreibungen der Landschaften, Gegebenheiten und Gebäude konnte ich mitleiden, mitfiebern, mithoffen.

Schicksalsschläge ertragen, für die Erinnerung und den Erhalt von Familienwerten und Traditionen kämpfen, die Hoffnung auf Gerechtigkeit und Wiedergutmachung nicht aufgeben, das hat mich Kati Naumann mit diesem Buch gelehrt. Ich war zu Beginn des Lesens an einem schlechten Punkt - JETZT kenne ich meinen Weg... vielen Dank dafür.

Fazit

"Was uns erinnern lässt" ist das was uns am Leben hält. Unserer Vergangenheit können wir uns nicht entziehen, unserer Gegenwart und Zukunft schon. Man muss nur für sein Recht und um seine Erinnerungen kämpfen, denn Unrecht wird nicht Recht nur weil man es totschweigt.

5 Ein sehr bewegender Roman

von (Niedersachsen), am 01.03.2019

Die alleinerziehende Mutter Milla, arbeitet in einer Anwaltskanzlei und ist zum Ausgleich immer wieder auf der Jagd nach verlorenen Orten, so genannter Lost Places. Auf den Rennsteig-Höhenkamm des Thüringer Waldes stößt sie auf überwucherte Gebäudereste. Sie entdeckt eine Falltür, darunter führt eine Steintreppe in den Keller. Es ist ein gut sortierter Wirtschaftsraum mit beschrifteten Marmeladengläsern sowie alten Zeitungen aus dem Jahre 1977 und Geschirr mit dem Brandstempel Hotel Waldeshöh. Daneben stapelten sich alte Schulhefte von Christine und Andreas Dressel, die den toten Ort mit Leben in Verbindung bringen. Milla versucht, die ehemaligen Bewohner des Hauses zu finden und entdeckt dabei auch ihre eigene Identität.

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Der Vergangenheitsstrang erzählt die Geschichte des Hotels Waldeshöh und seiner Bewohner, der Familie Dressel, die in der Sperrzone am Rennsteig gelebt haben. In der Gegenwart begleitet der Leser Milla bei der Kontaktaufnahme mit der Familie Dressel und sieht wie die Begegnung zwischen Milla und Christine Dressel beide Frauen verändert.

Die beiden Erzählstränge wechseln sich ab. Nach und nach wird dabei aufgeklärt, was am 2. Juli 1977 geschah. Die Atmosphäre hat die Autorin großartig eingefangen. In diesem Roman von Kati Naumann konnte ich hinter die Fassade der ehemaligen DDR blicken und habe einiges mehr erfahren. Das Leben in den Sperrzonen und die Repressalien, die mit der Zeit immer schlimmer wurden, so dass den Menschen dort kaum mehr ein normales Leben möglich war. Jemand, der so etwas nicht selbst erlebt hat, kann nur ungläubig den Kopf schütteln.

Kati Naumann erzählt in einem berührenden und flüssigen Schreibstil. Ich konnte mich schwer ihrer Erzählweise entziehen. Der Roman hat mich sehr bewegt, es war eine spannende Zeitreise, toll recherchiert und absolut lesenswert. Für mich schon jetzt ein Jahreshighlight!

5 Familiengeschichte in Episoden

von , am 28.02.2019

Die Schriftstellerin Kate Naumann hat mit ihrem neuen Roman „Was uns erinnern lässt“ eine tolle Geschichte in mehreren Episoden geschrieben. Der Schauplatz ist in der Sperrzone der DDR im Thüringer Wald.
Kate Naumann hat in ihrer Kindheit ihre Ferien im Sperrgebiet verlebt, da sind die Erlebnisse mit den Grenzern aus erster Hand.

2017 findet Milla abseits des Wanderwegs den Keller des Hotels Waldeshöh. Dort findet sie ein Heft von einer früheren Bewohnerin, dem Mädchen Christine, die als Kind da gelebt hat. Milla sucht nach der Familie.
Dann geht es zurück nach 1977, Wir lernen episodenhaft die Bewohner kennen des Hotels kennen.
Erschreckend waren die Repressalien die die Familie Dressler aushalten musste. Jetzt will Milla der Familie helfen, ihren Anspruch für ihren früheren Besitz zu bekommen.

Kate Naumann hat die Geschichte der Familie sehr interessant und berührend gestaltet. Das war ein richtig schöner Lesegenuss.

5 Anspruchsvoller Roman über die Bedeutung von Heimat und Vergangenheitsbewältigung

von , am 23.02.2019

Kati Naumann hat ein wichtiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte aufgegriffen, indem sie mit dem Schicksal der (fiktiven) Familie Dressel nicht nur das alltägliche Leben im Grenzgebiet des geteilten Deutschland, sondern auch das Thema Zwangsumsiedlung zu elementaren Komponenten ihres Werkes gemacht hat. Behutsam und mit sehr persönlichem Bezug bringt die Autorin den Lesern Hintergrundinformationen näher, die auch Jahre nach der Wiedervereinigung einem Großteil der Bevölkerung sicherlich nicht bekannt sind oder deren Ausmaß vielen Menschen nicht bewusst ist. Dieses bewegende Werk zeichnet sich nicht nur durch ein unglaubliches Maß an Authentizität (– sowohl in Ausarbeitung der Figuren, Glaubwürdigkeit der Dialoge als auch des Lokalkolorits –) aus, sondern besticht zudem durch die unheimlich intensive Recherche, die der Story zugrunde liegt. Private Erinnerungen der Autorin sind ebenso in die fiktive Handlung eingewoben worden wie die Erlebnisse von Zeitzeugen. Bereits im vorangestellten Autoreninterview wird deutlich, wieviel Herzblut in die Aufarbeitung dieses Themas, das lange Zeit als Tabu galt, geflossen ist. – Die im Sperrgebiet lebenden Menschen wurden besonders stark von der DDR-Regierung überwacht: viele von ihnen haben nicht nur jahrelang unter Schikanen gelitten, sie haben auch unverschuldet ihr Zuhause verloren, wurden zwangsumgesiedelt.

Hinsichtlich der Handlung spricht die Inhaltsangabe des Verlags für sich. Ich möchte nur so viel ergänzen: In diesem Roman, der zeitweise an Spannung jedem Krimi Konkurrenz machen könnte, steckt weitaus mehr als die Begegnung zweier Frauen (Milla und Christine), die sich gemeinsam daran machen, ein altes Familienrätsel aufzuklären, langersehnte Antworten zu finden, ein Unrecht anzuprangern und Frieden zu schließen – sei es mit der Vergangenheit oder ihren aktuellen Lebensumständen. Wir lesen von starken Frauen, Selbstfindung, der Sehnsucht nach Heimat, dem Wunsch nach Verbundenheit, der Wichtigkeit von Familie…zu einem Großteil vor dem Setting des Rennsteigs im Thüringer Wald, wo einst das mondäne Hotel Waldeshöh der ganze Stolz der Familie Dressel war. Auch die Frage nach dem Einfluss von Social Media auf unsere Selbstwahrnehmung wird angerissen. Erleben wir nur noch, um online darüber zu berichten? Definieren wir uns darüber, wie andere Menschen (– Fremde? –) uns wahrnehmen?

Erzählt wird aus mehreren Perspektiven und in verschiedenen Zeitebenen, die vom Jahr 1945 bis zur Gegenwart reichen. Ein großes Lob möchte ich der Autorin dafür aussprechen, wie es ihr gelungen ist, derlei unterschiedliche Handlungsstränge gekonnt abwechselnd aneinanderzureihen, dass sie nicht nur ein stimmiges Gesamtbild ergeben und einen tiefen Einblick in den Charakter der Figuren ermöglichen, sondern auch die Spannung konstant aufrechterhalten. Alle Kapitel bauen logisch aufeinander auf und die Handlung ist zu jeder Zeit verständlich; saubere Cuts zwischen den Handlungssträngen &/oder Erzählperspektiven verhindern jegliche Gefahr, den Überblick zu verlieren. Ich habe besonders die optimistische, durch und durch sympathische Figur Johanna als Inspiration empfunden und bewundere die Intensität, mit der die Autorin auch die Nebenfiguren so lebensnah beschrieben hat, dass man als Leser/in meint, Teil der betreffenden Familie zu sein. Der flüssige, mitreißende Schreibstil tut sein Übriges dazu, dass man das Buch am liebsten in einem Rutsch durchlesen möchte.

Das in kühlen Grautönen gehaltene Cover wirkt sehr nostalgisch und erinnert durch die geringe Farbintensität an eine ausgeblichene Fotografie, an eine Erinnerung (was gestalterisch sehr treffend in Bezug auf den Buchtitel ist). Die junge Frau in der Abbildung sieht nachdenklich aus; sie ist umgeben von Natur, scheint jedoch trotz der sie umgebenden Schönheit des Waldes bedrückt. Woran mag sie wohl denken?

Fazit: Dieser anspruchsvolle, emotionale Roman wirkt lange nach und sollte Pflichtlektüre für jeden Geschichtsunterricht mit DDR-Thematik werden. Ich habe mich nicht nur sehr gut unterhalten gefühlt, sondern auch etwas dazugelernt. Verdiente 5 Sterne, Bravo!
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