Rudolf Augstein - Peter Merseburger

Rudolf Augstein

Der Mann, der den SPIEGEL machte
Buch | Softcover
512 Seiten
2009
Pantheon (Verlag)
978-3-570-55078-6 (ISBN)
14,95 inkl. MwSt
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Der Mann, der den SPIEGEL machte

Rudolf Augstein war der einflußreichste Journalist der Nachkriegszeit. Peter Merseburger, bekannt für seine großartig erzählte Brandt-Biographie, legt nach jahrelangen intensiven Recherchen und Quellenstudien ein Lebensbild des SPIEGEL-Gründers vor, das den bedeutenden Publizisten in all seinen faszinierenden Widersprüchen zeigt.

Rudolf Augstein hat mit der Gründung des SPIEGEL im Jahr 1947 – da war er gerade 23 Jahre alt – nicht nur das erfolgreichste politische Magazin der Bundesrepublik geschaffen, er hat auch den politischen Diskurs des Landes über Jahrzehnte mitbestimmt. Die Geschichte des 'Sturmgeschützes der Demokratie', wie Augstein den SPIEGEL einmal ironisch nannte, ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik.

Von vielen bewundert, von nicht wenigen gefürchtet, war Augstein eine faszinierende Persönlichkeit, unabhängig und kritisch, mit Witz und scharfem Verstand begabt. Politiker aller Parteien stießen sich ein ums andere Mal an seinem 'Schmutzblatt'. Bei aller prinzipiellen Liberalität schwang jedoch immer ein konservativer Grundton mit, und wie Willy Brandt forderte er die deutsche Einheit, als andere sie längst aufgegeben hatten.

Peter Merseburger, Verfasser zweier großer Biographien über Kurt Schumacher und Willy Brandt, ist eine vielschichtige und einfühlsame Biographie dieser genialen und schwierigen Persönlichkeit gelungen.

• Peter Merseburger ist der führende Autor großer politischer Biographien
• Merseburgers Willy-Brandt-Biographie – ausgezeichnet mit dem Deutschen Bücherpreis

Peter Merseburger, geboren 1928, war von 1960 bis 1965 Redakteur und Korrespondent beim SPIEGEL und ab 1969 TV-Chefredakteur des NDR. Als Korrespondent leitete er in den siebziger und achtziger Jahren die ARD-Studios in Washington, London und Ostberlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, seine Biographie Willy Brandts wurde 2003 mit dem Deutschen Bücherpreis ausgezeichnet. Heute lebt Merseburger in Berlin und arbeitet als freier Publizist.

Am Ende war er eine Ikone, zwei Jahre vor seinem Tod zum „World Press Freedom Hero" und zum „Journalisten des Jahrhunderts" gewählt. Wie kein anderer der schreibenden Zunft hat Rudolf Augstein den Deutschen nach dem Krieg seinen Stempel aufgedrückt. Die Bundesrepublik wäre anders ohne ihn und seinen Spiegel. Er war ein gnadenloser Realist, eine Grundeinstellung, die im Lebensgefühl jener Frontgeneration wurzelt, der er angehörte - die sich missbraucht und verheizt fühlte und, die dröhnenden Propagandalügen des NS-Systems noch im Ohr, nach dem Krieg nicht nur „Dies nie wieder!" schwor, sondern seither jedem großen Wort misstraute. So wurde der Spiegel, entstanden aus der Laune eines exzentrischen britischen Panzermajors inmitten der Hannoverschen Trümmerwüste, durch Rudolf Augstein und seine jungen, aus dem Krieg heimgekehrten Redakteure zu einem allwöchentlich erscheinenden Institut der Respektlosigkeit, das nicht nur die neuen demokratischen Obrigkeiten, sondern auch die Besatzungsmächte schonungslos kritisierte. Er wurde zu einer Volkshochschule der Ehrfurchtverweigerung und Skepsis gegenüber aller Autorität, zu einem Blatt des Widerspruchs und des Infragestellens, ohne die demokratischer Diskurs nicht zu denken ist. Und selbst noch Verächter des Spiegel nannten ihn Ende der achtziger Jahre eine mächtige Institution, die zum bundesdeutschen Fundament gehört - als stärkster Gegenpol zur Politik der Apparate im Parteien- und Verbändestaat. Eine Biographie Rudolf Augsteins und die Entwicklung der Bundesrepublik lassen sich so schwer trennen wie Augstein und die Geschichte des Spiegel. Augstein war „Mr. Spiegel", und ohne Augstein tut sich, wie die Leser heute spüren, sein Geschöpf, eben der Spiegel, nicht ganz leicht - auch wenn die Auflage stimmt. Das Blatt lebt in Vielem von seinem Ruf, und dem gerecht zu werden, ist schwer, zumal er das Monopol auf investigativen Journalismus nicht mehr hat, seit konkurrierende Wochenblätter und selbst Tageszeitungen sich ebenfalls im Enthüllen üben. Was in den Jahren des Neuanfangs möglich war, heute würde man es in Alices Wunderreich verweisen: dass ein 23-jähriger Kriegsabiturient, ausgerüstet nur mit der soliden Bildung Hannoverscher Gymnasien, mit Ostfronterfahrung als Artillerist und zwei Jahren als Volontär und Redakteur, zum Chefredakteur berufen wird und man ihm - mit der Lizenz - ein Drittel der Zeitschrift, die er führen soll, praktisch auch schenkt (und das er bald zur Hälfte aufzustocken versteht). Launen, Zufälle und viel, viel Glück stehen also am Anfang der Karriere des demobilisierten Reserveleutnants. Aber er weiß die Gunst der Stunde zu nutzen, macht mit Gespür für Themen, rasiermesserscharfer Intelligenz und analytischem Scharfblick den Spiegel aus bescheidensten Anfängen zum größten deutschen und europäischen Nachrichtenmagazin. Jene Respektlosigkeit, die anfangs Konflikte mit den britischen Zensoren bringt, sichert Augstein treue Leser, vor allem das Überleben in den kritischen Monaten nach der Währungsreform. Bald deckt sein Spiegel Korruption auf, wo er sie findet. Die antiautoritäre Grundtendenz, sein Eintreten für Sauberkeit in Regierung und Verwaltung, sein Kampf für Liberalität und Rechtsstaat machen ihn zum „Sturmgeschütz der Demokratie", wie er sich gern und etwas selbstzufrieden nennt. Doch in diese Rolle hineinzufinden dauert, denn niemand hat diese jungen Redakteure, die in der NS-Diktatur aufgewachsen sind, Demokratie oder Toleranz gelehrt - auch Rudolf Augstein nicht. So ist der frühe Spiegel, wie könnte es auch anders sein, ein Stück Mentalitätsgeschichte der jungen Bundesrepublik - er spiegelt jenen schwierigen Lernprozess wider, den die Westdeutschen durchmachen, um am Ende doch zu überzeugten und guten Demokraten zu werden. Aber der Spiegel wäre nicht zu dem geworden, was er ist, hätte Augstein sich nicht früh große Gegner gesucht und an ihnen Maß genommen. Er ist ein Mann, der Feindbilder braucht und im Kampf gegen sie zu eigener Größe findet. Politisch ernst genommen wird sein Spiegel erst, als er persönlich unter dem Pseudonym Jens Daniel gegen Konrad Adenauer erbittert und leidenschaftlich zu Felde zieht - gegen die Westintegration und für die Wiedervereinigung, die er durch die Westverträge in bald unerreichbare Ferne rücken sieht. Durch und durch national- und deutschzentriert, wird Augstein zum schärfsten intellektuellen Widerpart des Gründungskanzlers, und sein Kampf gegen Franz Josef Strauß, der die Bundeswehr mit Atomwaffen ausrüsten will, ist inzwischen legendär: Über Jahre führen Jens Daniel und der Spiegel eine publizistische Kampagne ohnegleichen, in der ihnen praktisch alle Mittel recht sind - ein Vernichtungsfeldzug, der freilich nicht denkbar ist ohne die Blößen, die das bayrisch-barocke Mannsbild Strauß ihnen zuhauf bietet. Das Duell zwischen Augstein und dem Verteidigungsminister gipfelt 1962 schließlich in der Spiegel-Affäre, der schwersten innenpolitischen Krise seit Bestehen der Bundesrepublik, während der die Zukunft des Magazins buchstäblich auf Messers Schneide steht und die zur Zäsur in der Entwicklung der jungen deutschen Demokratie werden soll. Dass die Polizei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Räume des Magazins im Hamburger Pressehaus besetzt, dass Augstein und führende Mitarbeiter unter dem Vorwurf des Landesverrats verhaftet werden, führt zu einem Aufschrei der Öffentlichkeit, den so niemand, am wenigstens Augstein und die Spiegel-Leute selbst, erwartet hatte. Der des Verrats verdächtigte Spiegel-Herausgeber wird zum Märtyrer der Pressefreiheit, für die Studenten und Professoren auf die Straße gehen, und diese Reaktion auf das massive Vorgehen der Staatsgewalt läutet den Abschied vom deutschen Obrigkeitsstaat ein. So markiert die Spiegel-Affäre einen wichtigen Wendepunkt in der politischen Kultur der jungen Demokratie. Weil Rudolf Augstein sein Blatt als Kampfinstrument zu nutzen weiß, steht es auch nicht immer in Opposition zu den Regierenden. Es rennt an gegen Adenauer und Strauß und den ganzen rheinisch-katholischen Muff der fünfziger Jahre und beschleunigt damit unzweifelhaft das Ende der Ära Adenauer. Danach aber paktiert es eindeutig mit der Regierung Brandt, plädiert mit Verve für deren Ostpolitik und macht Front gegen eine christdemokratische Opposition, die Brandt zu stürzen und die Öffnung nach Osten zu verhindern trachtet. Es ist ein Seitenwechsel, der Augsteins zutiefst nationaler Haltung entspricht: Wie kaum ein anderer bleibt er Vorkämpfer der deutschen Einheit und sieht, auch wenn die Grenzen zwischen den deutschen Staaten erst einmal festgeschrieben werden, darin doch die Chance zur Bewahrung der Nation. Und es ist diese Haltung, die ihn - wenn auch nur vorübergehend - an die Seite des von ihm bekämpften Helmut Kohl führt.

Erscheint lt. Verlag 12.1.2009
Zusatzinfo mit Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Maße 125 x 200 mm
Gewicht 620 g
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Augstein, Rudolf • Berühmtheiten • Biografisch • Verleger (Biografien/Erinnerungen); Augstein, Rudolf
ISBN-10 3-570-55078-8 / 3570550788
ISBN-13 978-3-570-55078-6 / 9783570550786
Zustand Neuware
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