Homo mediator

Geschichte und Menschenbild der Mediation
Buch | Hardcover
296 Seiten
2005 | 1., Aufl.
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-94146-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Homo mediator - Joseph Duss-von Werdt
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Mediation ist vor allem eine Lebenshaltung
In einer Zeit, in der es vor allem um Effizienz, um Strategien, Techniken und schnelle Lösungswege geht, stellt der Autor das Grundlegende und das Nachhaltige des Bereiches Mediation in den Mittelpunkt. Die Darstellung ihrer Geschichte und das philosophierende Nachdenken über die Person des Mediators gibt dem neuen Fach Rückhalt und verleiht ihm eine solide Grundlage.

Mediation ist nicht etwa in jüngerer Zeit aus Amerika zu uns hinübergekommen, sondern sie hat in Europa eine eigene, Jahrhunderte zurückreichende Geschichte und Tradition. Der Autor zeigt uns ihre geschichtlichen Wurzeln, angefangen bei Solon im 6. Jahrhundert vor Christus über den "mediator familiaris" Ludwigs des Deutschen, die großen Vermittlerpersönlichkeiten des Westfälischen Friedens bis hin zu den eher leisen Vermittlern im Zweiten Weltkrieg. Dabei stellt der Autor heraus, was diese Vermittlerpersönlichkeiten auszeichnete, was sie gemeinsam hatten und was wir heute von ihrem Vorgehen lernen können.

Im zweiten Teil des Buches entwirft er ein Bild des vermittelnden Menschen und der Vermittlung als einer Lebenshaltung; er arbeitet in den Kapiteln "Vertrauer", "Schweiger - Hörer und Frager", "Mitbürger", "Menschenrechtler", "Teilnehmer am Machtspiel" die spezifische Lebensform des homo mediator heraus: Mediation kann nicht unabhängig von der eigenen Persönlichkeit durchgeführt werden, sie ist eher eine Sache der Haltung und Lebensweise als eine Methode oder juristische Vorgehensweise.

Joseph Duss-von Werdt, Prof., Dr. phil., Dr. theol., früher Leiter des Instituts für Ehe und Familie in Zürich, Mitbegründer und -herausgeber der Zeitschrift Familiendynamik, Dozent für Systemtherapie an der Universität Fribourg (Schweiz); zur Zeit Lehrbeauftragter für Mediation an der Fernuniversität Hagen (Lehrgebiet Recht) und deren Vertreter im wissenschaftlichen Beirat des interuniversitären European Master on Mediation (Sion); Ausbilder, Supervisor und Praktiker der Mediation in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Auf den Spuren des homo mediator

Erster Teil
Geschichte und Geschichten von Mediatorinnen und Vermittlern in Europa

Vorzeichen der Geschichtsbetrachtung
Anthropologische Gründe für den vermittelnden Umgang bei Konflikten
Der jeweilige Kontext
Geschichte in Geschichten erzählen

Solon - innenpolitischer Vermittler im Athen des 6. Jahrhunderts v. Chr.
Der Kontext
Einschub: Die griechische Sprache der Vermittlung"... schließlich gemeinsam zum Vermittler gewählt"
Demokratiebildende Vermittlung

Alvise Contarini - ein in allen Lagunen bewanderter Diplomat
Venedig zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges
War Contarini als Mediator erwünscht?
Das Pflichtenheft
Die Persönlichkeit
Wer verhandelte mit wem?
Rahmenbedingungen und Arbeitsmethoden des Mediators
Mediator des Friedens
Alvise Contarini von sich selbst und von anderen gesehen

Fabio Chigi - ein parteiischer Taktiker?
Der unmögliche Auftrag
Mediator nach Vorschrift
Der Ko-Mediator
Gefangen in Widersprüchen

Theoretiker und Methodiker des 17. und 18. Jahrhunderts
17. Jahrhundert
18. Jahrhundert

Abraham de Wicquefort - ein Theoretiker der Praxis

Den Unbekannten ein Denkmal, den Bekannten zur Erinnerung
Zum Wortgebrauch und Begriffswandel im Laufe der Zeit
Politische Mediation
Mediatrices et mediatores familiares
Vermittler, Agenten und Kuppler in Liebesdingen
Gemeinschaftsmediatorinnen und -mediatoren
Wirtschaftsmediatoren
Mediatoren bei Gewalttaten und anderen Strafsachen

Mediatrix"Mittlerin" und "Fürsprecherin"
Frauen von Rang und Namen

Private oder öffentliche Person?
Die Friedenskonferenzen von Den Haag 1899 und 1907
Nicolas Politis aus Poitiers

Ein Vermittler und kein Vermittler in Kriegen des 20. Jahrhunderts
Max Waibel, privater Vermittler einer vorzeitigen Kapitulation im Jahr 1945
Richard Holbrooke: Die "Mission" einer zu öffentlichen Person im Jahr 1995

Lehrt Geschichte etwas, und lernen wir daraus?

Zweiter Teil
homo mediator - philosophische Entwürfe zu einem Selbstbild

Vermittelnd schreiben, vermittelnd lesen

Philosophierer
Mediationsgerecht philosophieren
Vom Standpunkt der Mediation aus
Aus meinem philosophischen Wanderbuch

Partisan
Vermittlung als Lebenspraxis
Der Stehpunkt für den Standpunkt Mediation

Mitmensch
Bezogen von Mensch zu Mensch von Mensch
Entzauberung der Mitmenschlichkeit
Menschenbilder sind Mitmenschenbilder "Mittelsmensch" .
Einmitten
Das Vermittlungsdreieck
Wer ist wer und wer ist was in der Mediation?
Der homo mediator zwischen Sein und Rolle

Unterscheider
Mitmenschen sind gleich im anders Anderssein
Konkret - abstrakt
Induktion und Deduktion
Problem-Auge und Konflikt-Auge Unterscheiden verbindet

Trialogiker
Trialogik
Die Grundzahl Drei und die drei Grundzahlen
Der Satz vom Widerspruch oder vom ausgeschlossenen Dritten
Kontradiktorisch und konträr
Der Satz vom eingeschlossenen Dritten
Monologik
Beziehungslogik
Stufen der intersubjektiven Wahrnehmung
Diskurs

Vertrauer
Vertrauen gegen Mißtrauen
Gesellschaft des Vertrauens?
Durch Vertrauen Vertrauen mehren
Da wenig Vertrauen, auch wenig Nachfrage nach Vermittlung?
Als homo mediator Vertrauen mehren

Schweiger - Hörer - Frager
Von der Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren
Hören, Schweigen und Sprechen gestalten Wirklichkeit
Rhetoriker des Schweigens und des Hörens
Rhetoriker ohne Argumente
Rhetoriker des Fragens
Vorsicht mit dem Verstehen und Verstandenwerden

Macht-Mitspieler
Macht (und Gewalt) - beim Wort genommen
Das Unbehagen der Vermittler mit Macht und Gewalt
Macht und Machtmittel

Mitbürger
Gemeinschaft und Gesellschaft
Gemeinschaft j Gesellschaft
Der Ort des Mediators am jeweiligen Ort der Mediation
Das Dilemma des institutionalisierten Vermittlers

Demokrat
Souveräner Untertan und untertaner Souverän
Demokratie ist Diskurs
Bodenhaftung der Demokratie und Vermittlung
Demokratisierung durch Mediation
Parteiloser Demokrat: Civis et

Auf den Spuren des homo mediator

Nach der nicht ganz oberflächlichen Durchsicht der Fachliteratur bin ich versucht zu sagen, die vorliegende Schrift bestehe aus zwei Vermißtmeldungen: Die erste betrifft die Auskünfte über die europäische Geschichte der Mediation, die zweite das Nachdenken der Vermittler über sich selbst.

Neugierig darauf, wie alt das jeweils als neu Ausgegebene sei, machte ich mich seit der ersten Berührung mit dem Thema vor ungefähr dreißig Jahren auf die Suche und bin fündig geworden - nur eben nicht in der Fachliteratur. Diese beschäftigt sich vornehmlich mit dem Modus des Machens, seinen rechtlichen sowie berufspolitischen Bezügen; der Modus des Seins hingegen berührt kaum den Rand. Mein geschichtliches Interesse gilt mehr den Vermittlern als der Vermittlung, und parallel dazu frage ich (mich) nach ihrem heutigen Selbstbild und seiner Auswirkung auf die Lebenspraxis. Damit beschäftigt, kamen mir weitere Frage näher: Woran liegt es, daß sich immer noch so viele ausbilden, obwohl die Praxis mit der Zunahme ihrer Zahl kaum Schritt hält? Hat das etwas damit zu tun, wie sie ihr menschlichen Sosein verstehen und verwirklichen wollen?

Solange darüber nicht geforscht wird, läßt sich über Motivationen natürlich nur dies und das vermuten, zum Beispiel, daß sie mit dem "Markt" und der Hoffnung auf neue berufliche und finanzielle Möglichkeiten verbunden seien. Erklärt das jedoch ausreichend das anhaltende Interesse an der Mediation? Es kommen zweifellos andere "Zeichen der Zeit" hinzu. Allenthalben wird besorgt festgestellt, die Gewalt nehme zu, wobei Vermittlung an den gewaltlosen Umgang mit Konflikten angekoppelt wird. Gesellschaftspolitisch stellen sich Probleme mit der weltweiten Migration, den sich durchdringenden und aufeinanderprallenden Kulturen, dem globalisierten Wertedurcheinander und gesellschaftlichen Phänomenen, von denen man glaubt, Mediation könnte und sollte Gutes ausrichten. Neue Spezialitäten und Spezialisten tauchen auf. Aus Frankreich etwa wird von 20000 Mitgliedern einer Vereinigung berichtet, die für Gemeindebehörden, öffentliche Transporte, private Ferienveranstalter, Bewohner großer Siedlungen und anderswo als médiateurs zur Verfügung stehen.

Weitere Hintergründe der magnetischen Kraft der Mediation mögen sein: Enttäuschungen über wirkungsloses oder kontraproduktives Intervenieren bei Konflikten, Hoffnung auf Hilfe bei sozialen Unruhen, kultureller Identitätssuche, Völkerwanderungen, Terror und Antiterror, Zukunftsängsten, angesichts der Krisen der ältesten Demokratien in den USA und in Europa, ausbeuterischer Bewirtschaftung der Lebensgrundlagen, Monopolisierung und Verknappung des Wassers, wachsenden Mehrheiten von Armen und schrumpfenden Minderheiten von Reichen.

Wo immer wir hinschauen, sehen wir, wie vieles aus den Fugen gerät, ganze Gesellschaften chaotisch und unlenkbar werden. Sicherheit und sogar eine neue Weltordnung werden zwar versprochen, aber welche dieser Versprechen sind denn schon eingelöst? Die Unsicherheit nimmt ebenso zu wie kollektive Turbulenzen und individuelle Resonanzen in Form von Verwirrtheit, Depression, Angst, Gewalt, Terror aus Verzweiflung und ohnmächtigem Antiterror. All das ist genauso bedrohlich wie "kybernetisch" verständlich, scheint irrational wie rational motiviert zu sein.

Zusammengenommen paaren die beiden Worte irrational und rational Lebensgefühl, emotionale Befindlichkeit, für das rationale Wissen nicht erreichbare Ab-Gründe sowie Vernunft und Bewußtheit. Doch ich befürchte, daß sie sich zur Zeit nicht zusammentun, sondern gnadenlos entzweien. Orientierungslose (anomische) Tendenzen weisen darauf hin, daß die Vernunft ihre eigene Sache nicht meistert und an Grenzen stößt, die seit der Aufklärung nicht für möglich gehalten wurden, deren Leitidee es ja schließlich war, es gebe für die Ratio keine Hindernisse. Einmal werde alles durchschaubar und planbar sein. Wurde nicht unbei

Sprache deutsch
Maße 162 x 235 mm
Gewicht 595 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Familienmediation • Familientherapie • Mediation • Mediation / Konfliktschlichtung • Mediator
ISBN-10 3-608-94146-0 / 3608941460
ISBN-13 978-3-608-94146-3 / 9783608941463
Zustand Neuware
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