Psychotherapie komplexer Persönlichkeitsstörung

Grundlagen der psychoanalytisch-interaktionellen Methode

(Autor)

Buch | Hardcover
309 Seiten
2007 | 1. Aufl. 2007
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-94481-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Psychotherapie komplexer Persönlichkeitsstörung - Ulrich Streeck
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lt;p>Eine Therapie von Patienten mit komplexen Persönlichkeitsstörungen kann dann erfolgreich sein, wenn sie auf die Gestaltung entwicklungsförderlicher zwischenmenschlicher Beziehungen ausgerichtet ist. Dieses Buch enthält die Ergebnisse und Erfahrungen eines Autors, der seit fast 30 Jahren mit der psychoanalytischinteraktionellen Einzel- und Gruppentherapie erfolgreich arbeitet.


lt;p>In Lehr- und Therapiebüchern wird die Diagnostik und Therapie einzelner, häufig klar umrissener Krankheits- und Störungsbilder erläutert. In der klinischen Praxis sieht man dagegen überwiegend Patienten, die unter einer Kombination von verschiedenen Störungsbildern leiden. Besonders im stationären Bereich sind das häufig strukturelle Persönlichkeitsstörungen in Kombination mit weiteren Erkrankungen wie zum Beispiel Phobien oder Depressionen. Diese Patienten galten lange als unbehandelbar. Sie leiden unter einer verzerrten Wahrnehmung ihrer selbst und anderer Menschen oder der Unfähigkeit, Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten. Ihre Störungen manifestieren sich überwiegend in der sozialen Lebenswelt, in der Beziehung zu anderen Menschen. Hier setzt die psychoanalytisch- interaktionelle Methode an. Sie verlangt vom Therapeuten eine diagnostische und therapeutische Herangehensweise, die auf das Verhalten des Patienten in sozialen Situationen, im Umgang mit anderen und dem Therapeuten fokussiert. Im Vordergrund der Therapie steht deshalb das Bemühen um entwicklungsförderliche zwischenmenschliche Beziehungen.

Ulrich Streeck, Prof. Dr. med. habil., M. A., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist Psychoanalytiker, Soziologe und Sozialpsychologe; ehem. Ärztlicher Direktor der Klinik Tiefenbrunn in Rosdorf bei Göttingen.

lt;p>
1. Einleitung
2. Strukturelle Störungen, komplexe Störungen und schwere Persönlichkeitsstörungen
- Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen
- Organisation der Persönlichkeit und inneres Arbeitsmodell
- Komplexe Störungen
- Zur Problematik des Störungsbegriffs und des Konzepts der Komorbidität
- Dekompensation, auslösende Situation und
- Beziehungsstörungen als Therapiefokus
Soziale Lebenswelten
- Zur existenziellen Bedeutung des sozialen Lebens
- Interpersonalität in der Psychoanalyse und der soziologische Interaktionismus
- Zusammenleben mit Anderen und körperliche Gesundheit
Psychische Dispositionen und interpersonelle Beziehungen
- Psychotherapie als »talk in interaction«
- Erleben und Verhalten in Beziehungen
Unbewusster Konflikt und Entwicklungsstörung
3. Zur Diagnostik struktureller und komplexer Störungen
- Strukturelle Störungen und soziale Umwelt
- Beeinträchtigungen basaler psychischer Funktionen bei strukturellen Störungen
- Mentalisieren
- Klinische Besonderheiten struktureller Störungen
Selbstentwicklung, Bindung, Mentalisieren und traumatisierende Entwicklungsbedingungen
Strukturelle Störungen und soziale Ängste
- Zur Psychodynamik sozialer Ängste
- Soziale Ängste und Abwehr von Sexualität
- Soziale Ängste und narzisstische Persönlichkeitsstörung
- Soziale Ängste und die Angst vor Kontrollverlust
4. Psychotherapeutische Methoden und therapeutische Kommunikation
Modifikationen der Psychoanalyse für Patienten mit schweren
Persönlichkeitsstörungen
- Die psychoanalytisch-interaktionelle Modifikation (Heigl und Heigl-Evers)
- Selbst- und Beziehungsregulierung im Zentrum der therapeutischen Aufmerksamkeit
Strukturelle Störungen und die therapeutische Beziehung
- Szenische Darstellungen, Enactments und nichtsprachliches Verhalten
- Soziale Ängste und die therapeutische Beziehung
5. Die psychoanalytisch-interaktionelle Therapie
- Zur Geschichte der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie
- Progression statt Regression
Die therapeutische Arbeitsweise
Vor Beginn der Behandlung
- Die Zeit für die Vorbereitung des Patienten
- Zur Aufklärung des Patienten
- Aufklärung über die Diagnose
- Aufklärung über die geplante Behandlung
Rahmenbedingungen
Rahmenbedingungen als Vertrag
Voraussetzungen für die therapeutische Arbeit
- Fokus und Schwerpunkt der Behandlung
- Behandlungsziele
- Aufgabenverteilung in der Therapie und die therapeutische Arbeitsweise
- Kooperation in der Behandlung: Der Therapeut
- Kooperation in der Behandlung: Der Patient
- Suizidales und selbstverletzendes Verhalten
- Umgang mit Medikamenten
- Therapie außerhalb der Therapiezeiten
- Dauer der Behandlung
- Rahmen und therapeutische Ordnung
- Gruppentherapie in der Ambulanz und in der Klinik
6. Psychoanalytisch-interaktionelle Behandlungstechnik
Das therapeutische Setting
- Das Setting der Einzeltherapie
- Das Setting der Gruppentherapie
Die Haltung des Psychotherapeuten
- Der Psychotherapeut als präsente andere Person
- Authentizität als Haltung
- Emotionale Akzeptanz und Gegenübertragungsgefühle
Das therapeutische Gespräch
- Antworten
- Zum antwortenden Umgang mit Idealisierungen
- Antworten und Antizipation habituellen Verhaltens
- Antworten und das Primat der Progressionsorientierung
- Zur passageren Übernahme von psychischen Funktionen:
- Der Therapeut in der Funktion eines Selbstobjekts


1. Einleitung
Wenige Tage nachdem ich meine erste Stelle als Medizinalassistent in der Psychiatrie angetreten hatte, wurde in der Mittagszeit, als ich allein mit einem Pfleger auf der Station war, ein großer, kräftiger Mann in angespanntem und erregtem Zustand von zwei Polizisten auf die Station gebracht. Nachdem die Polizisten berichtet hatten, dass der Mann in einem öffentlichen Gebäude randaliert habe und verwirrt erschienen war, verließen sie die Station, und ich war mit dem Patienten, der unruhig auf und ab lief und gelegentlich laut schimpfte, allein im Untersuchungszimmer. Ich wollte ein Gespräch anfangen und versuchen, den Zustand des Mannes zu verstehen. Der schien mich nicht zu beachten und schimpfte weiter vor sich hin, um sich plötzlich in drohender Pose vor mir aufzubauen. Als ich merkte, in welcher Lage ich war, packte mich heftige Angst. In diesem Moment kam der Pfleger, der schon viele Jahre in der Psychiatrie tätig war, in das Untersuchungszimmer, ging auf den immer noch verwirrt erscheinenden Patienten zu, deutete auf einen Stuhl und sagte in ruhigem, aber entschiedenem Ton: »Setzen Sie sich bitte dort hin.« Einen kurzen, aber spannungsreichen Moment lang zögerte der Patient. Dann setzte er sich zu meiner Verwunderung auf den Stuhl, den der Pfleger ihm angewiesen hatte.
Diese Szene, die sich vor mehr als 30 Jahren ereignet hat, ist mir bis heute fotografisch genau im Gedächtnis geblieben. Es war offensichtlich, dass es dem Pfleger weder mit irgendeinem instrumentellen Verhalten noch mit Hilfe irgendwelcher technischen Mittel gelungen war, die Situation zu entschärfen, sondern dass er die Situation genau erfasst und sich sensibel auf den Patienten abgestimmt hatte.
Jahre später, als mich die Bedeutung von nichtsprachlichem Verhalten in der therapeutischen Arbeit mit Patienten mit strukturellen Störungen und schweren Persönlichkeitsstörungen zu beschäftigen begann, wurde mir die Bedeutung eines weiteren, scheinbar nebensächlichen Details dieser Szene deutlich: der Umstand, dass der Pfleger, während er den Patienten aufgefordert hatte, sich hinzusetzen, sich nicht etwa vor ihn hingestellt hatte, sondern im Gegenteil zur Seite getreten war, so dass aus der Sicht des Patienten der Weg zur Tür des Untersuchungszimmers frei war und er, wenn er gewollt hätte, ohne Schwierigkeiten aus dem Raum hätte herauslaufen können. In der weiteren Zusammenarbeit mit diesem Pfleger lernte ich dessen Erfahrungen im Umgang mit schwierigen Menschen zu schätzen, die er mir allerdings nie mit Worten vermittelte, sondern über die ich viel erfuhr, indem ich meinerseits möglichst genau zu erfassen versuchte, was zwischen den Patienten und ihm geschah. Hätte ich ihn gefragt, weshalb er sich in der Szene im Untersuchungszimmer mit dem Patienten so verhalten hat, wie er das getan hat, hätte er mir über den allgemeinen Hinweis auf seine Erfahrungen hinaus vermutlich keine plausiblen Gründe dafür nennen können.
Aus heutiger Sicht würde man die Störung des Patienten am ehesten als eine Achse I- und Achse II-Störung in Komorbidität klassifizieren. Wäre eine derartige Diagnose in der damaligen Situation aber in irgendeiner Weise nützlich gewesen? Sicherlich nicht. Die Beobachtung, dass der Pfleger dem Patienten zugewandt, aber unmissverständlich Grenzen gesetzt hatte, ohne ihn zu bedrohen oder zu überwältigen, und dass er dem Patienten mit seinem nichtsprachlichen Verhalten, seinem Zur-Seite-Treten, gezeigt hatte, dass er die Situation in Grenzen mit gestalten kann, haben mich mehr darüber gelehrt, wie eine förderliche therapeutische Situation geschaffen werden kann und in welchem Maße dazu die jeweils aktuellen Umstände erfasst werden müssen, als alles diagnostisch-klassifikatorische Wissen das jemals vermocht hätte.
Von der Beobachtung dieser Szene zwischen dem Pfleger und dem Patienten hat meine Überzeugung ihren Ausgang genommen, die sich in den folgenden Jahrzehnten meiner klini

Erscheint lt. Verlag 11.4.2007
Sprache deutsch
Maße 161 x 235 mm
Gewicht 610 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Klinische Psychologie
Geisteswissenschaften Psychologie Persönlichkeitsstörungen
Geisteswissenschaften Psychologie Psychoanalyse / Tiefenpsychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Abwehr • Affekte • Empathie • Gegenübertragung • Gruppentherapie • Interaktion • Intersubjektivität • Objektbeziehung • Persönlichkeitsstörungen • Psychoanalyse • Psychotherapie • Relationale Psychoanalyse • Spaltung • Therapieprozess • Trauma • Übertragung • Unbewusste
ISBN-10 3-608-94481-8 / 3608944818
ISBN-13 978-3-608-94481-5 / 9783608944815
Zustand Neuware
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