Rabenschwarze Intelligenz
Piper (Verlag)
978-3-492-25915-6 (ISBN)
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Josef H. Reichholf, 1945 in Aigen am Inn geboren, lehrt Naturschutz an der Technischen Universität München und leitet die Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung in München. Der populäre Naturwissenschaftler wurde für seine Forschungen und Veröffentlichungen mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Sigmund-Freud-Preis.
»Reichholf beschreibt spannend und unterhaltsam die cleveren Verhaltensweisen dieser oft verkannten Vögel.«
VorwortMeine erste nähere Bekanntschaft mit den Rabenvögelnmachte ich mit einer Dohle. Damals war ich geradezehn Jahre alt. Ein älterer Junge hatte seit dem Jahr davor eine"Dachl", wie die Dohlen im Niederbayerischen hießen.Einen frei fliegenden Vogel zu besitzen, beeindruckte michso sehr, dass ich unbedingt auch eine Dohle haben wollte.Auf mein Bitten und Drängen hin verriet er mir schließlich,wie man an eine junge Dohle kommt. In die Spitze unseresDorfkirchturms müsse man zur rechten Zeit im Mai steigen.Ganz oben sind ihre Nester! Eine Treppe im gemauertenTurm und dann Steiggriffe am zentralen Balken führen dorthinauf.An einem ruhigen Tag in den Pfingstferien riskierte ich es.Die Treppen hoch, das ging sehr schnell. Schwieriger wurdees in der engen Turmspitze,weil ich bald nicht mehr aufwärtsschauen, sondern nur noch tasten konnte. Zudem war esstickig heiß und sehr staubig. Die Dohlen nisteten seitJahrhunderten in diesem Turm. Sie bauten die Nester aufden Sparren und Streben alljährlich Schicht um Schichthöher, bis so ein Nestturm zu hoch wurde und abstürzte.Die Bestandteile der Nester voller Kotreste, mit viel Staubund Mumien von Jungvögeln, die nicht zum Ausfliegenkamen, landeten in der Tiefe auf der oberen Plattform desgemauerten Turms, wo sie der Mesner alle Jahre wiedereinmal entfernen musste. Beliebt waren sie daher nicht, diekleinen schwarzen Dohlen mit ihren silbrig grauen, irgend-wie "klug" wirkenden Köpfen und den stahlblauen Augen.Aber man duldete sie, weil es schon immer so gewesen war,dass sie in der Turmspitze lebten.Wenn die Glocken geläutetwurden, kamen sie aus allen Luken mit lautem Geschrei hervor,umschwärmten flatternd den Turm, beruhigten sichwieder und verschwanden darin.Mindestens 50 Dohlenpaare hausten damals im Kirchturm.Die meisten hatten Junge, als ich die Kolonie erreichte. Daherwar es leicht, einen passend erscheinenden Jungvogel auseinem der Nester zu holen, die in Griffweite waren. Ziemlichverdreckt von all dem Zeugs, das auf mich niederging,weil ichunweigerlich an alte Nester stieß, aber mit einer schreiendenJungdohle als Beute, die ich unter dem Hemd versteckthielt,kehrte ich zurück und schlich mich wie ein Dieb ausder Kirche.Ein schlechtes Gewissen hatte ich nicht, denn mit zwei bisdrei Jungen pro Nest und somit sicherlich über 100 Jungvögelnallein in jenem Jahr schien mir der Verlust einerDohle vertretbar. Zudem sollte diese ja nicht umkommen,sondern großgezogen werden und frei fliegen. Vielleichtwürde sie auch wieder zur Kolonie zurückkehren was siespäter tatsächlich tat. Denn ich hatte nicht bedacht, dass dieso muntere, schon richtig keck um sich schauende Jungdohleviel zu alt gewesen war, um auf Menschen geprägt zu werden.Sie fraß, schien unersättlich, wuchs heran, lernte von selbstdas Fliegen und als sie so richtig schön groß geworden war,flog sie davon, zurück zu den Ihrigen. In den knapp zweiMonaten, die sie unter meiner Fürsorge aufwuchs, hatte ichviel gelernt.Am eindrucksvollsten war,wie genau sie mich kannte und vonallen anderen Menschen unterschied. Egal, wie ich gekleidetwar, sie irrte sich niemals. Als sie fliegen konnte, streifte sieums Haus herum, lernte die Umgebung kennen und verflogsich nicht ein einziges Mal. Die Leute im Dorf beeindruckteich mit meiner Dohle sehr.Denn wenn ich sie "Hansi" rief, sohatte ich sie genannt, antwortete sie mit "da, da" und kamauch meist sogleich angeflogen. Gern saß sie auf meinerSchulter, knabberte dabei am Ohrläppchen und quatschte mirunentwegt auf Dohlisch ins Ohr.Die Stunden, die ich in die Schule musste, mochte sie nicht.Da blieb sie im Haus eingesperrt. Nachmittags gingen wir"fliegen". Gemeinsam suchten wir dann auf der Wiese nachInsekten. Da war sie natürlich viel besser als ich. Als die Sommerferienbegannen und ich den ganzen Tag Zeit für sie gehabthätte, verli
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2011 |
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Reihe/Serie | Piper Taschenbuch |
Zusatzinfo | Mit 25 Abbildungen und sieben Grafiken im Text |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Maße | 120 x 187 mm |
Gewicht | 240 g |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Natur / Ökologie |
Naturwissenschaften ► Biologie ► Evolution | |
Naturwissenschaften ► Biologie ► Zoologie | |
Schlagworte | Biologie • Buch Vögel • Corvidae • Elster • Habicht • Intelligenz • krähen • Ornithologie • Rabe • Raben • Rabenvögel • Tier Verhalten • Verhaltensforschung • Vögel • Zoologie |
ISBN-10 | 3-492-25915-4 / 3492259154 |
ISBN-13 | 978-3-492-25915-6 / 9783492259156 |
Zustand | Neuware |
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