Umsatzsteuer (eBook)
732 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-5352-3 (ISBN)
Dieter Kurz, Regierungsdirektor a.D. im Finanzministerium Baden-Württemberg, Stuttgart.
Dieter Kurz Dieter Kurz, Regierungsdirektor a.D. im Finanzministerium Baden-Württemberg, Stuttgart. Gabi Meissner Prof. Dr. Gabi Meissner, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Universität Freiburg. Katharina Peter Katharina Peter, Steuerberaterin, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Hochschule Aalen, Dozentin an der Steuerfachschule Dr. Endriss Manuela Rittig Manuela Rittig, M. A. Taxation, Dipl.-Finanzwirtin, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Frankfurt a. M., Lehrbeauftragte an der DHBW Karlsruhe und der Finanzfachhochschlule Ludwigsburg, Dozentin in der StB-Aus- und Fortbildung.
Teil A Einführung in das Umsatzsteuerrecht
1 Funktionsweise des Umsatzsteuersystems
Das USt-System ruht auf zwei Säulen:
- Ausgangsumsatzsteuer,
- Vorsteuer.
Dies soll anhand des nachfolgenden Beispiels aufgezeigt werden.
BEISPIEL
U nimmt im Jahr 01 die Tätigkeit eines Tabakwarenhändlers auf. Im Jahr 01 hat er insgesamt aus dem Verkauf von Tabakwaren 150 000 € eingenommen. Die Tabakwaren bezieht U von dem Großhändler G. U hat im Jahr 01 Tabakwaren für insgesamt 142 800 € eingekauft. G hat U hierüber Rechnungen ausgestellt und ihm hierin insgesamt USt i. H. v. 22 800 € berechnet. Am 31.12.01 sind von diesen Tabakwaren noch Bestände im Teilwert von 20 000 € vorhanden.
Das Umsatzsteuerrecht konzentriert sich in diesem Zusammenhang auf folgende zwei Fragen:
- Wie viel USt fällt bei U aus dem Verkauf der Tabakwaren an?
- Wie hoch ist der Vorsteuerabzug des U im Jahr 01?
Für die Ermittlung der Ausgangsumsatzsteuer gilt der Grundsatz: Die Ausgangsumsatzsteuer steckt in den Einnahmen, ist also nicht auf die Einnahmen mit dem jeweils gültigen Steuersatz (hier 19 %) draufzuschlagen, sondern aus ihnen herauszurechnen (hier mit dem Faktor 19/119). Dementsprechend beträgt die Ausgangsumsatzsteuer bei U 19/119 von 150 000 €, d. h. 23 949,58 €.
Für die Ermittlung der Vorsteuer gilt der Grundsatz: Die Vorsteuer kann grundsätzlich unabhängig von den Ausgangsumsätzen abgezogen werden. Der Vorsteuerabzug steht dem Unternehmer also auch für Waren zu, die noch nicht veräußert wurden. Somit kann U im Jahr 01 die volle ihm in Rechnung gestellte USt i. H. v. 22 800 € als Vorsteuer geltend machen.
Ausgangsumsatzsteuer und Vorsteuer sind allerdings nicht derartig getrennt, dass es sich dabei um selbstständige Ansprüche handeln würde. Vielmehr liegt (für einen einzelnen Voranmeldungszeitraum) nur ein einziger Anspruch in Höhe des Saldos von Ausgangsumsatzsteuer und Vorsteuer vor. Es wäre somit für U beispielsweise unmöglich, die Vorsteuer i. H. v. 22 800 € an eine Bank abzutreten. Dies wurde zwar schon versucht, jedoch vom BFH (vgl. Urteil vom 24.03.1983, BStBl II 1983, 612) ganz eindeutig abgelehnt. Per Saldo versteuert der Unternehmer auf diese Weise auf Dauer gesehen nur seinen Rohaufschlag (die sog. Marge). Da die Marge häufig auf einer Wertschöpfung (Mehrwert) beruht, wird die USt – insbesondere auf europäischer Ebene – auch als Mehrwertsteuer bezeichnet.
Das Ziel der USt ist die Besteuerung des Endverbrauchs. Abgesehen von bestimmten steuerfreien Umsätzen soll der Endverbrauch möglichst lückenlos besteuert werden. Zugleich verfolgt die USt jedoch auch das Ziel der steuerlichen Neutralität. Daraus folgt, dass ein Endverbrauch, gleichgültig wie viele Umsatzstufen der Umsatz zuvor durchlaufen hat, insgesamt nur einmal besteuert wird. Dieses Ziel wird insbesondere durch den Vorsteuerabzug für Vorumsätze erreicht. Der Unternehmer zieht die USt als Vorsteuer ab, die der Unternehmer, der an ihn eine steuerpflichtige Leistung erbracht hat, an das Finanzamt abzuführen hatte. Dies ist jedoch nicht der einzige Weg, auf dem dieses Ziel erreicht wird.
Bei Einfuhren aus dem Drittland (Länder außerhalb der EU) hat der Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten, die er in der Regel wieder als Vorsteuer abziehen darf. In manchen Fällen lässt das Umsatzsteuerrecht den Vorumsatz unbesteuert und besteuert die Eingangsleistung beim Leistungsempfänger, der dann bezüglich dieser von ihm zu entrichtenden USt auch wieder zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, sofern er die Eingangsleistung für Zwecke seiner anschließenden vorsteuerunschädlichen Umsätze verwendet. So wird bei Lieferungen von einem EU-Land an einen Unternehmer in einem anderen EU-Land die Lieferung als sog. innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei belassen. Der erwerbende Unternehmer hat dafür jedoch die sog. Erwerbsumsatzsteuer (§ 1a UStG) zu entrichten, die er wiederum in der Regel als Vorsteuer abziehen darf. Das Gleiche gilt für Werklieferungen und sonstige Leistungen ausländischer Unternehmer, bei denen die USt im sog. Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b UStG) vom leistungsempfangenden Unternehmer geschuldet wird, der diese Umsatzsteuer auch wieder in der Regel als Vorsteuer abziehen darf.
Bei Geschäftsveräußerungen (§ 1 Abs. 1a UStG) wird auf die Besteuerung überhaupt verzichtet, sofern die übertragenen Besitzposten in das Unternehmen des Erwerbers gelangen und damit letztlich einer Besteuerung nicht entgehen können. Weiterhin gibt es Fälle, in denen der Grundsatz der nur einmaligen Besteuerung dadurch erreicht wird, dass der leistende Unternehmer nicht seinen Umsatz, sondern als Ausgleich für die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung lediglich die Marge (zum Beispiel die Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis) zu versteuern hat. Dies ist der Fall bei den Reiseleistungen (§ 25 UStG) und im Gebrauchtwarenhandel (Differenzbesteuerung nach § 25a UStG).
2 Aufbau des Umsatzsteuergesetzes
Das UStG ist wie andere Steuergesetze so systematisch aufgebaut, dass man sich bei Kenntnis der Systematik verhältnismäßig leicht im Gesetz zurechtfindet. Entsprechend den zwei tragenden Säulen des Umsatzsteuerrechts, der Ausgangsumsatzsteuer und der Vorsteuer, befasst sich das Gesetz zunächst mit diesen beiden Säulen, und zwar
- §§ 1 bis 13b UStG mit der Ausgangsumsatzsteuer und
- §§ 15 und 15a UStG mit der Vorsteuer.
Dazwischen liegen einige Vorschriften über Haftung (§ 13c) und Rechnungen (§§ 14 bis 14c). Die Rechnungen betreffen sowohl die Ausgangsumsatzsteuer als auch die Vorsteuer und sind deshalb dazwischen angesiedelt. Danach folgen mit den §§ 16 bis 22f UStG mehr verfahrenstechnische Vorschriften, die jedoch auch materielle Vergünstigungen beinhalten können, insbesondere § 19 UStG, der die Kleinunternehmer von der Besteuerung freistellt.
Es schließen sich mit den §§ 23 bis 25f UStG Regelungen über Sonderfälle an, die wegen der besseren Übersichtlichkeit aus den allgemeinen Regelungen herausgenommen worden sind. U. a. findet man hier die Regelung des § 24 UStG mit seinen Pauschalierungen für die Land- und Forstwirtschaft, den § 25 UStG mit seinen Sonderregelungen für die Besteuerung von Reiseleistungen und den § 25a UStG mit der Differenzbesteuerung für Wiederverkäufer von beweglichen Gegenständen. Bei den das UStG abschließenden §§ 26 bis 29 handelt es sich u. a. um Verfahrensvorschriften, Bußgeldvorschriften, Strafvorschriften und Übergangsregelungen. Sie sind teilweise erst nachträglich als a-, b-, c- und d-Paragraphen in das UStG eingefügt worden.
3 Die allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes über die Ausgangsumsatzsteuer (§§ 1 bis 13b UStG)
Die Ausgangsumsatzsteuer wird ermittelt über die §§ 1, 4 (inkl. 4b), 10, 12 und 13 (inkl. 13a und 13b) UStG (Rechtsfolgenormen). Die dazwischen liegenden Paragraphen stellen im Wesentlichen Erläuterungen der jeweils vorangegangenen oben aufgeführten Paragraphen dar. Die Rechtsfolgenormen sollen im Folgenden kurz erklärt werden.
3.1 § 1 UStG
Da die Umsatzsteuer, wie ihr Name sagt, die Umsätze besteuert, regelt § 1 UStG, welche Umsätze unter das Umsatzsteuergesetz fallen. Fällt ein Umsatz unter das UStG, ist er nach der Begriffsregelung des UStG steuerbar. In aller Regel bedeutet die Feststellung der Steuerbarkeit eines Umsatzes auch, dass USt anfällt. Es gibt jedoch hiervon auch Ausnahmen. Dafür ist als nächste Station § 4 (eventuell auch § 4b) UStG von Bedeutung.
3.2 §§ 4 und 4b UStG
§§ 4 und 4b UStG stellen bestimmte steuerbare Umsätze von der USt frei. Deshalb muss nach der Feststellung der Steuerbarkeit geprüft werden, ob der Umsatz nach einer der zahlreichen Ausnahmeregelungen der §§ 4 und 4b UStG steuerfrei ist. Hinsichtlich dieser Befreiungen gilt der Grundsatz: Befreiungen sind eng auszulegen, weil sie Ausnahmen von dem Grundsatz sind, dass ein steuerbarer Umsatz auch steuerpflichtig ist. Zu den wichtigsten Befreiungsregelungen gehören die Befreiung der Ausfuhr nach § 4 Nr. 1 Buchst. a und die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG. Auch hieran ist wieder ein Ordnungsprinzip des Gesetzgebers zu erkennen, dass er nämlich zunächst das Wichtigste und dann das weniger Wichtige bringt, sofern dem nicht eines der anderen (später darzustellenden)...
Erscheint lt. Verlag | 7.4.2022 |
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Reihe/Serie | Finanz und Steuern |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Recht / Steuern ► Steuern / Steuerrecht ► Umsatzsteuer |
Schlagworte | Blaue Reihe Umsatzsteuer • Corona-Steuerhilfegesetze • EU-MwSt-Reform • Fernverkauf • FST Umsatzsteuer • kurz • Meissner • OSS • Rechnungsstellung • steuerschuldumkehr • Umsatzsteuer • Umsatzsteuer-Digitalpaket • Umsatzsteuergesetz • Umsatzsteuerrecht • UStG • Vorsteuerabzug |
ISBN-10 | 3-7910-5352-3 / 3791053523 |
ISBN-13 | 978-3-7910-5352-3 / 9783791053523 |
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