Friedrich der Grosse und George Washington

Zwei Wege der Aufklärung
Buch | Hardcover
365 Seiten
2011 | 2. Aufl. 2012
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-94647-5 (ISBN)
23,00 inkl. MwSt

Das Doppelporträt des großen preußischen Königs Friedrich der Große (1712-1786) und des ersten amerikanischen Präsidenten George Washington (1732-1799) zeigt zwei Versuche, Licht in die Politik zu bringen: die Variante der »Aufklärung von oben« in Preußen und eine Form »von unten« in den Vereinigten Staaten.


Preußen und die Vereinigten Staaten sind die beiden aus Selbstermächtigung
heraus gegründeten neuen Staaten des Jahrhunderts der Aufklärung. Und manch ein
Preuße hat auf der amerikanischen Seite für die Unabhängigkeit gekämpft. Aus dem
fernen Europa hat jedoch auch der preußische König interessiert über den großen
Teich geschaut, wobei die historische Forschung diese Neugier bisher weitgehend
übersah.
Der Vergleich zwischen Friedrich und sinem kritischen Bewunderer
Washington wirft nicht zuletzt ein scharfes Licht auf die Defizite des
fritzischen Staatsverständnisses als aufgeklärter Monarch.

Jürgen Overhoff, geboren 1967 in Lippstadt, studierte in Berlin, London und Cambridge Neuere Geschichte, Evangelische Theologie, Philosophie und Politologie. Seit 2013 ist er Professor für Historische Bildungsforschung an der Universität Münster. Die dortige Arbeitsstelle für Deutsch-Amerikanische Bildungsgeschichte gründete er 2014. Zwischen 2018 und 2022 amtierte er als Präsident der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts.

1.FRIEDRICH DER GROSSE UND GEORGE WASHINGTON - PARALLELE LEBEN

George Washington hatte viel Gutes über Friedrich den Großen zu sagen, als er sich im Sommer 1786 berufen fühlte, die Leistungen des weltberühmten Preußenkönigs in wenigen pointierten Worten zu würdigen. Von seinen europäischen Freunden war er wohlunterrichtet über den bemitleidenswert schlechten Gesundheitszustand des einst so kraftvollen Monarchen, der Preußens und Europas Geschicke beinahe ein halbes Jahrhundert lang geprägt hatte; so kamen seine Äußerungen, die er dem Marquis de Lafayette zwölf Wochen vor Friedrichs Ab leben mitteilte, einem vorgezogenen Nachruf gleich.
Lafayette, Washingtons Weggefährte aus den Tagen des ame

rikanischen Unabhängigkeitskrieges, hatte den siechen preußischen Monarchen selbst erst vor wenigen Monaten in Deutschland aufgesucht; nun schrieb ihm Washington, es gebe in der Welt niemanden, der Friedrich dem Großen »als Soldat« ebenbürtig sei. Doch auch »als Politiker«, der seinem effizient verwalteten preußischen Staat ein rationales Gepräge verliehen habe, komme »ihm keiner gleich«. Als Feldherr und Staatenlenker sei der König noch immer ein unerreichtes Vorbild für viele Militärs und Regierungschefs. So habe auch er, Washington, in vielerlei Hinsicht eine hohe »Meinung« von dem preußischen Herrscher, die selbst in den Altersjahren des Königs noch »weiter angewachsen« sei.

Doch Washington beließ es nicht bei diesem überschwenglichen Lob. Den überraschenden Schlusspunkt seiner Ausführungen bildete eine fundamentale Kritik. Es sei »zu beklagen«, so Washington, dass Friedrichs im Grunde »großartiger Charakter« leider auch einen dunklen »Schand eck« aufweise. Seit der amerikanischen Revolution von 1776 forderten auch in Europa die Menschen in zunehmendem Maße, als mündige Bürger an den Regierungsgeschäften beteiligt zu sein; Friedrich aber habe sich sein Leben lang gegen jede Form der bürger lichen Mitsprache in Staatsangelegenheiten gewehrt. Noch immer, auch als kranker Mann, regiere er sein Preußen als ein von niemandem gezügelter Alleinherrscher von oben herab mit Befehlen, Edikten, Anordnungen und Erlassen. Nur seinen eigenen Willen lasse er als Maßstab des politischen Handelns gelten. Es sei aber schändlich, dass »ein Mann« ganz allein die Einwohner eines großen Reiches nach Lust und Laune dirigiere und sich somit selbst zum »Tyrannen über Millionen« erhebe. Dies werfe »einen Schatten« auf ihn, der sein Lebenswerk in der Rückschau »für immer« verdunkeln werde.

Washington wusste sehr genau, von wem er sprach. Schon als junger Mann hatte er den Lebensweg des preußischen Königs mit Interesse verfolgt. Als er selbst während des Siebenjährigen Krieges in Pennsylvania erstmals im Kampf gegen die Franzosen ein amerikanisches Regiment kommandieren durfte, verschlang er mit Begeisterung die Berichte über den kühnen Sieg, den der Preußenkönig als Feldherr im sächsischen Roßbach gegen denselben Feind errungen hatte. Aufrichtig bewunderte er die Verwegenheit, mit der sich der risikofreudige Friedrich, oftmals sogar in Unterzahl, dem Gegner entgegenwarf. Auch war Washington ihm zu Dank verp ichtet: Indem Friedrich der Große die französischen Truppen in Europa in einen langen und kräftezehrenden Krieg verstrickte, trug er entscheidend dazu bei, Frankreichs Herrschaft über weite Teile Nordamerikas zu brechen.

So nimmt es nicht wunder, dass Washington 1759 bei einem Londoner Handelshaus eine große Büste des preußischen Königs bestellte, um mit dieser kostbaren Erwerbung den Eingangsbereich seines Landsitzes Mount Vernon in Virginia zu schmücken. Einige Jahre später kaufte er seinem Stiefsohn Jacky die Spielzeugfigur eines preußischen Dragoners. Dieser in einem kunstfertigen Miniaturformat gestaltete Elitesoldat Friedrichs des Großen kam auf dem Holzfußboden des Kinderspielzimmers von Mount Vernon zum Einsatz.

Erscheint lt. Verlag 26.9.2011
Zusatzinfo mit ca. 19 Abbildungen
Sprache deutsch
Maße 130 x 214 mm
Gewicht 550 g
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik
Schlagworte Aufklärung • Aufklärung (Zeitalter) • Friedrich II., König von Preußen (der Große); Biografien • Friedrich (Preussen, König II.)/Biografie • Friedrich (Preussen, König II.)/Biographie • Washington, George • Washington, George/Biografie • Washington, George/Biographie
ISBN-10 3-608-94647-0 / 3608946470
ISBN-13 978-3-608-94647-5 / 9783608946475
Zustand Neuware
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