Die Vernetzung der Welt (eBook)
448 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-03061-9 (ISBN)
Eric Schmidt ist promovierter Informatiker und Executive Chairman von Google. Von 2001 bis 2011 war er CEO des Unternehmens. Zuvor hatte er Führungspositionen bei anderen Technologie-Unternehmen inne. Sowohl beim US-Präsidenten als auch beim britischen Premierminister gehört er zum Beratergremium für Wissenschaft und Technik.
Eric Schmidt ist promovierter Informatiker und Executive Chairman von Google. Von 2001 bis 2011 war er CEO des Unternehmens. Zuvor hatte er Führungspositionen bei anderen Technologie-Unternehmen inne. Sowohl beim US-Präsidenten als auch beim britischen Premierminister gehört er zum Beratergremium für Wissenschaft und Technik. Jared Cohen ist Gründer und Direktor von Google Ideas. Nach einem Studium in Stanford und Oxford hat er im Planungsstab des US-Außenministeriums gearbeitet. Der SPIEGEL nannte ihn «ein politisches Wunderkind», das Magazin TIME zählt ihn zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt. Er ist Autor der Bücher «Children of Jihad: A Young American's Travels Among the Youth of the Middle East» und «One Hundred Days of Silence: America and the Rwanda Genocide».
Gesteigerte Effizienz
Die neuen virtuellen Handlungsspielräume sorgen dafür, dass vieles in der physischen Welt effizienter wird. Wenn die digitale Vernetzung die entlegenen Winkel der Erde erreicht, werden immer neue Nutzer zahlreiche ineffiziente Märkte, Systeme und Vorgehensweisen optimieren können, in den reichsten Nationen genauso wie in den ärmsten. Das Resultat sind erhebliche Effizienz- und Produktivitätssteigerungen, vor allem in Entwicklungsländern, wo Wachstum und Fortschritt über Jahrzehnte durch technologische Isolation und politische Fehlentscheidungen verhindert worden sind. Hier werden die Menschen mit weniger Aufwand bessere Ergebnisse erzielen.
Wenn Smartphones und Tablets auch in armen Ländern erschwinglich sind, werden sie dort große Veränderungen bewirken.
Nehmen wir als hypothetisches Beispiel die Verbesserungen, die schon einfache Mobiltelefone für eine Gruppe von Fischerinnen im Kongo bedeuten: Während diese Frauen ihren Fang früher auf den Markt brachten und im Laufe des Tages zusehen mussten, wie die Fische verdarben, lassen sie sie nun im Fluss und warten auf die Anrufe ihrer Kunden.[11] Erst wenn eine Bestellung erfolgt, holen sie einen Fisch aus dem Wasser, schlachten ihn und nehmen ihn aus. Sie benötigen keine teuren Kühlschränke, niemand muss nachts auf das Gerät aufpassen, der Fisch verdirbt nicht (und vergiftet damit auch keine Kunden mehr). Außerdem wird auf diese Weise die Gefahr der sinnlosen Überfischung gebannt. Die Fischerinnen können ihren Markt außerdem ausbauen, wenn sie andere Fischer in der Umgebung einbeziehen und sich mit ihnen per Telefon absprechen. Für die Frauen und ihre Dorfgemeinschaft wäre das ein guter Ersatz für eine formale Marktwirtschaft, die sicher noch Jahre auf sich warten lässt.
In Entwicklungsländern ermöglichen Mobiltelefone einen neuen Zugang zu und Umgang mit Informationen, und sie verbreiten sich rasch. In Afrika gibt es heute rund 650 Millionen Mobiltelefone, in Asien sind es fast drei Milliarden.[12] Bei den meisten handelt es sich um einfache Handys, mit denen die Nutzer Anrufe tätigen und SMS verschicken können;[13] Internetanschlüsse sind selten, da diese Dienstleistungen in solchen Ländern oft unerschwinglich sind und selbst die Menschen, die sich Internet-Handys oder Smartphones leisten können, die Gebühren nicht bezahlen können. Dies wird sich jedoch ändern, sodass auch die Menschen in Entwicklungsländern von der Smartphone-Revolution profitieren werden.
Hunderte Millionen Menschen leben heute kaum anders als ihre Großeltern und haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 60 oder auch nur 50 Jahren.[14] Die Aussichten, dass sich die politische oder wirtschaftliche Situation in ihren Ländern in absehbarer Zeit spürbar verbessert, sind eher schlecht. In einer Hinsicht haben sich ihr Alltag und ihre Zukunftsaussichten jedoch verändert: Sie sind vernetzt. Mehr noch, sie werden eine ganze Generation von älteren Technologien (zum Beispiel Einwahlmodems) überspringen und direkt mit schnellen drahtlosen Verbindungen einsteigen. Das heißt, die Veränderungen, die mit der Vernetzung einhergehen, werden hier noch schneller greifen als in den Industrienationen. Die Einführung von Mobiltelefonen wird hier eine weitaus größere Revolution bewirken, als dies von der Warte der entwickelten Länder aus erkennbar ist. Wenn Menschen in Entwicklungsländern online gehen, werden sie mit einem Mal Zugang zu sämtlichen Informationen der Welt haben, und zwar in ihrer eigenen Sprache. Das trifft selbst auf analphabetische Hirten der Massai in der Serengeti zu, deren Sprache Maa keine Schriftform kennt.[15] Sie werden in der Lage sein, mündlich Marktpreise zu erfragen, sich über den Aufenthalt von Raubtieren zu verständigen und gesprochene Nachrichten auf ihrem Gerät abzuhören. Mobiltelefone werden es vormals isolierten Menschen ermöglichen, mit anderen in Kontakt zu treten, die weit entfernt leben und wenig mit ihnen gemeinsam haben. Wirtschaftlich werden sie Möglichkeiten finden, mit Hilfe der verfügbaren Geräte ihre Unternehmen auszubauen, effizienter zu gestalten und ihre Gewinne zu steigern, wie die Fischerinnen dies auf regionaler Ebene mit ihren einfachen Handys konnten.
Die Vernetzung bringt aber nicht nur Smartphones, sondern sie versetzt die Menschen außerdem in die Lage, Daten zu sammeln und zu nutzen. Die Daten sind ein Werkzeug, und in Regionen, in denen mangelhafte Informationen zu Gesundheit, Bildung, Wirtschaft und den Bedürfnissen der Bevölkerung Wachstum und Entwicklung verhinderten, kann die Möglichkeit, effektiv Daten zu sammeln, die Spielregeln verändern. Vom verbesserten Zugang zu digitalen Daten profitiert die gesamte Gesellschaft: Behörden können den Erfolg ihrer Programme besser überprüfen; Medien sowie Nichtregierungsorganisationen können sie für ihre Arbeit nutzen und Tatsachen überprüfen. Amazon wertet beispielsweise die Daten seiner Händler aus und bietet ihnen auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Kredite an, und das selbst in Fällen, in denen andere Banken einen Kredit verweigern würden. Größere Märkte und präzisere Daten tragen dazu bei, die Wirtschaft gesünder und produktiver zu machen.
Auch Entwicklungsländer werden vom Fortschritt bei Geräten und Hightech-Maschinen profitieren. Selbst wenn die neuesten Smartphones und Haushaltsroboter unerschwinglich bleiben, können Schwarzmärkte, wie der chinesische shanzhai, auf denen Imitate von elektronischen Geräten zu günstigen Preisen verkauft werden, die Kluft zwischen Arm und Reich überwinden helfen.[16] Technologien, die im Kontext von Industrienationen entwickelt werden, finden in Entwicklungsländern ganz eigene Anwendungen. In der generativen Fertigung, auch 3D-Druck genannt, können Maschinen physische Objekte «drucken», indem sie die dreidimensionalen Daten eines Objekts aufnehmen und seine Konturen scheibchenweise in flüssigem Kunststoff oder einem anderen Material nachformen.[17] Solche Drucker können inzwischen eine ganze Reihe von Gegenständen produzieren, von Mobiltelefonen über Maschinenbauteile bis hin zu Modellen von Motorrädern.[18] Diese Maschinen werden natürlich auch in Entwicklungsländern zum Einsatz kommen. Mit Hilfe gemeinschaftlich genutzter 3D-Drucker und Open-Source-Vorlagen ließe sich beispielsweise jedes benötigte Werkzeug nachbauen, und es wäre nicht mehr nötig, auf die langwierige und komplizierte Anlieferung teurer Fertigprodukte zu warten.
In den Industrienationen wird der 3D-Druck in modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen. In Zukunft werden Maschinen, die von hochqualifiziertem Personal bedient werden, je nach Bedarf und nach Anleitungen aus dem Internet neue Materialien und Produkte maßgeschneidert anfertigen. Dieses Verfahren wird zwar die billige Massenproduktion, wie sie in vielen Branchen üblich ist, nicht ersetzen, doch in Industrienationen wird es eine beispiellose Produktvielfalt ermöglichen.Viele Menschen in Industrienationen werden die neue Informationstechnologie nutzen, um ihre alltäglichen Erledigungen zu optimieren. Zum Beispiel werden sie integrierte Waschmaschinen verwenden, die Kleidung waschen, trocknen, bügeln, falten und sortieren, ein Garderobeninventar führen und per Algorithmus je nach Tagesplan ihrer Nutzer bestimmte Kombinationen vorschlagen. Haarschnitte werden endlich automatisiert und präzise. Die Akkus von Handys, Tablets und Laptops werden schnurlos aufgeladen und machen das lästige Hantieren mit Kabeln überflüssig. Die vielen mobilen Geräte, die wir täglich verwenden, werden in einem einfachen und intuitiv zu bedienenden Informationsmanagementsystem zusammengeführt, was uns den Umgang mit der Technologie deutlich erleichtern wird. Solange unsere Privatsphäre und unsere Daten geschützt sind, können uns diese Systeme viele lästige Alltagsaufgaben wie Besorgungen, To-do-Listen und verschiedene Kontrollaufgaben abnehmen, die eine gewisse Belastung darstellen und uns von wichtigeren Dingen abhalten. Unsere neurologischen Schwächen, etwa Vergesslichkeit und Betriebsblindheit, werden durch Informationssysteme kompensiert, die genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind. Wir werden nicht nur Gedächtnisstützen wie Kalender und To-do-Listen verwenden, sondern auch Hilfsmittel bei sozialen Fragen: Wenn wir bei der Erledigung einer bestimmten Aufgabe Unterstützung benötigen, stellen sie automatisch einen Kontakt zu Freunden oder Bekannten her, die über das entsprechende Fachwissen verfügen.
Mit Hilfe dieser integrierten Systeme, die wir im Berufs- wie im Privatleben einsetzen, können wir unsere Zeit effektiver nutzen, zum Beispiel um nachzudenken, eine wichtige Präsentation vorzubereiten oder ungestört an einer Schulveranstaltung unserer Kinder teilzunehmen. Die herkömmlichen Suchmaschinen werden zu Vorschlagsmaschinen, die Nutzern alternative Suchbegriffe anbieten, um das Gesuchte schneller zu finden. Sie werden die Effizienz insbesondere steigern, indem sie unseren Denkprozess stimulieren und unsere Kreativität fördern statt hemmen. Natürlich werden wir von vielen Geräten umgeben sein. Beispielsweise werden wir mit Hilfe von Holographien eine virtuelle Version unserer selbst an andere Orte schicken können. Die Informationsflut wird weiter zunehmen, und wir werden endlose Möglichkeiten haben, unsere Zeit zu vertrödeln. Aber wir werden auch produktiver sein, wenn wir es wollen.
Auch auf Gebieten wie der Robotertechnik, der künstlichen Intelligenz und der Stimmerkennung befinden sich Entwicklungen in der Pipeline, die unser Leben...
Erscheint lt. Verlag | 3.5.2013 |
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Übersetzer | Jürgen Neubauer |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Digitales Zeitalter • Facebook • Gläserner Bürger • Globalisierung • Google • Informationstechnik • Journalismus • Politik • Terrorismus • Vernetzung • Wandel • Weltgesellschaft • Zukunft |
ISBN-10 | 3-644-03061-8 / 3644030618 |
ISBN-13 | 978-3-644-03061-9 / 9783644030619 |
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