Krakatau - Simon Winchester

Krakatau

Buch | Softcover
368 Seiten
2005
btb Verlag (TB)
978-3-442-73336-1 (ISBN)
9,50 inkl. MwSt
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Ein atemberaubender Wissenschaftskrimi – brillant recherchiert und packend geschrieben.


Am Montag, den 27. August 1883, um zwei Minuten nach zehn Uhr erschütterte eine gigantische Explosion die Welt. Die Vulkaninsel Krakatau zwischen Java und Sumatra wurde in Millionen Teile zersprengt. Dieser dramatischste Vulkanausbruch der Menschheitsgeschichte markiert ein neues Verständnis des Planeten Erde. Bestsellerautor Simon Winchester („Der Mann, der die Wörter liebte“) inszeniert die Geschichte Krakataus als furiosen Thriller.




Simon Winchester, preisgekrönter britischer Journalist und erfolgreicher Sachbuchautor, hat als Auslandskorrespondent aus fast allen Ländern der Welt berichtet. Mit seinem Erfolgstitel "Der Mann, der die Wörter liebte" eroberte er erstmals die Bestsellerl

Es war an einem warmen Sommerabend in den siebziger Jahren. Ich stand in einer Palmenplantage auf einem grünen Hügel im Westen Javas. Da sah ich zum ersten Mal vor den fahlblauen Bergen des fernen Sumatra die kleine Gruppe von Inseln, die noch von dem einstigen Vulkan Krakatau übrig geblieben war.
Im linken Teil der Gruppe erhob sich ein hoher, pyramidenförmiger Gipfel, der an seiner Nordflanke lotrecht ins Meer abfiel. Zur Rechten drückten sich ein paar weniger hohe Inseln an den Horizont. Dazwischen lag ein niedriger, vollkommen symmetrischer Kegel, von dem eine dünne Rauchwolke aufstieg. Der Qualm bildete eine schwärzlich graue Fahne, die zunächst senkrecht nach oben stieg, aber sobald sie ein paar hundert Fuß über dem sich verdunkelnden Meer von den Passatwinden erfasst wurde, nach links weggefegt wurde und sich allmählich auflöste, bis nichts als ein langsam verblassender Fleck vor dem lachsfarbenen Leuchten der untergehenden Sonne übrig blieb.
Ich muss verzückt dort gestanden haben, bis es fast dunkel war. Dann riss ich mich los und fuhr nach Jakarta zurück. In der endlosen Nacht auf dem Rückflug gen Westen dachte ich immer wieder an diese Szene vollendeter Schönheit. Krakatau faszinierte mich umso mehr, weil dies ein Ort von elementarer Bedeutung war - ein Ort, der die Prozesse der Erde sichtbar machte und einst eine unglaubliche Katastrophe erlebte, doch inzwischen wieder zur Ruhe gefunden hatte.
Es sollte fast ein Vierteljahrhundert vergehen, bevor ich wieder nach Java kam. Aufgrund meiner Arbeit hielt ich mich vorwiegend in der Inselmitte auf, in Städten wie Jogjakarta, Surakarta und Semarang. Vor meinem Rückflug entschloss ich mich ganz spontan, noch einmal das westliche Ende der Insel aufzusuchen. Und so fuhr ich, wie damals in den siebziger Jahren, zur Küstenstraße hinunter.
Ich wollte nur aus einem einzigen Grund dorthin - um einen, wie ich dachte, letzten Blick auf einen Ort zu werfen, von dem zwar nur wenige Menschen außerhalb Ostindiens genau wussten, wo er lag, wie er aussah und was dort geschah, der aber einen Namen - Krakatau - trug, der sich über Jahrzehnte tief ins kollektive Bewusstsein der Welt einprägte. Es gab einen berühmten Film (der die Insel zugegebenermaßen auf der falschen, der östlichen Seite Javas ansiedelte). Es gab ein beliebtes Kinderbuch (das die Insel zugegebenermaßen in einem ganz anderen Ozean, nämlich dem Pazifischen statt dem Indischen, platzierte). Der Name war in das kulturelle Vokabular der Welt eingegangen. Das Wort rief ein ganz bestimmtes, unerklärliches Echo hervor und hatte etwas exotisch Vertrautes an sich. Es war ein Wort, das man gerne aussprach und auch gerne hörte. Und nun war ich dem Vulkan so nahe, dass ich mir die Gelegenheit, ihn noch einmal zu sehen, nicht entgehen lassen wollte.
Als ich den besten Aussichtspunkt auf der Küstenstraße erreichte, war es bereits Abend, vielleicht etwas später und somit etwas dunkler als beim letzten Mal. Von dem riesigen eisernen Leuchtturm vor dem Hafen von Anyer - den die Holländer als Ersatz für jenen Leuchtturm gebaut hatten, der von den schrecklichen Flutwellen infolge der gigantischen Eruption weggerissen worden war - glitt ein Lichtstrahl gelassen über die glatten Wasser der Sundastraße.
Vor mir lag wie damals die Inselgruppe, die sich diesmal schwarz von den lebhaften Rottönen des westlichen Himmels abhob. Der riesige Gipfel im linken Teil der Gruppe sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte, und auch die flachen Inseln, die diesmal mit den Abendwolken verschmolzen. Und in ihrer Mitte erhob sich die Pyramidenform des einzigen aktiven Überbleibsels jener Katastrophe, der Kegel, dessen Gipfel von einem seltsamen orangefarbenen Feuer umstrahlt schien. Durch meine Brillengläser konnte ich ganz klar erkennen, dass das Orange tatsächlich Feuer war und dass wie damals Rauch aufstieg, der sich diesmal jedoch im windstillen Abendhimmel zu schwarzen Wolken auftürmte.
Eines war jedoch unübersehbar anders. Der Kegel - den die Einheimischen, wie ich inzwischen wusste, mit dem malaiischen Wort Anak als "Kind" dessen bezeichneten, was vor der großen Eruption hier gewesen war - wirkte diesmal irgendwie größer, breiter und viel höher, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Ich blinzelte und sah noch einmal genauer hin. Ich maß die Pyramide so gut ich konnte neben dem großen Gipfel zur Linken ab und versuchte, mich daran zu erinnern, wie groß der kleinere Berg im Verhältnis zu jener Felswand gewesen war. Er war inzwischen eindeutig höher, daran bestand kein Zweifel. In solchen Situationen spielt einem das Gedächtnis natürlich bisweilen einen Streich, doch je länger und angestrengter ich hinüberstarrte, desto sicherer wurde ich mir. Der Vulkan, das "Kind des Krakatau", war in den fünfundzwanzig Jahren, seit ich ihn zuletzt gesehen hatte, um einiges gewachsen.
Als ich mir die Karten vornahm, um mich zu vergewissern, stellte ich sofort fest, dass die neueren Vermessungen alle übereinstimmten. Die kleine Insel, die ungefähr vierzig Jahre nach dem jähen Untergang ihres Vorfahren aus dem Meer erstanden war, wuchs inzwischen selbst außergewöhnlich rasch heran. Durch einen Vergleich der Karten, die seit der letzten Juniwoche des Jahres 1927 erschienen waren, als der neue Kegel sich erstmals aus dem Wasser erhoben hatte, ließ sich errechnen, dass er ziemlich gleichmäßig gewachsen war, und zwar um durchschnittlich zwölf Zentimeter pro Woche.
Gewiss hatte es auch einige Ausbrüche gegeben - einen Lavastrom hier, eine heftige Eruption da -, doch im Allgemeinen war Anak Krakatau seit 1927 jeden Monat regelmäßig um etwa fünfzig Zentimeter gewachsen. Seit seiner Geburt war er mit jedem Jahr um sechs Meter höher und ungefähr zwölf Meter breiter geworden. Und wenn dieses Wachstum stetig angehalten hatte, bedeutete dies, dass mein Berg um sage und schreibe einhundertfünfzig Meter höher war als in jenem Jahr, in dem ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte.
Und aus genau diesem Grund hat mich dieses robuste Kerlchen von einem Vulkan seither nicht mehr losgelassen. Es ist ein Vulkan, der sich absolut und vollkommen sichtbar weigert zu erlöschen.

Reihe/Serie btb-TB ; 73336
Übersetzer Harald Stadler
Sprache deutsch
Original-Titel Krakatoa
Maße 125 x 187 mm
Gewicht 330 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Krakatau, Geschichte • Taschenbuch / Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft • TB/Sachbücher/Geschichte/Sonstiges • TB/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft • Vulkane
ISBN-10 3-442-73336-7 / 3442733367
ISBN-13 978-3-442-73336-1 / 9783442733361
Zustand Neuware
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