Zwischen den Blöcken

NATO, Warschauer Pakt und Österreich

Manfried Rauchensteiner (Herausgeber)

Buch | Hardcover
817 Seiten
2010
Böhlau Wien (Verlag)
978-3-205-78469-2 (ISBN)
85,00 inkl. MwSt
Jahrzehnte hindurch beherrschte die Existenz zweier Militärblöcke das politische Handeln und militärische Denken Europas. Die theoretische Möglichkeit der gegenseitigen totalen Vernichtung ließ das Bild vom Gleichgewicht des Schreckens entstehen. Und Österreich lag exakt an der Schnittlinie der Blöcke. Die Wahrnehmung war allerdings unterschiedlich. Während man in der NATO meist ein freundliches Militärbündnis sah, wurde immer wieder spekuliert, ob nicht der Warschauer Pakt jenseits aller Beteuerungen aggressive Absichten hegte. Mittlerweile ist klar geworden, dass Österreich in den Planungen von Ost und West eine sehr wesentliche Rolle zukam, und dass es auf Grund seiner eigenen militärischen Schwäche einer Art Vielfachbedrohung ausgesetzt war. 12 Autoren, Wissensträger und namhafte Wissenschafter, gehen dem Bedrohungsbild, der Wahrnehmung und den Schlussfolgerungen nach, die Österreich aus seiner Existenz zwischen den Blöcken zog.

Wolfgang Mueller, geb. 1970 in Wien, Professor für Russische Geschichte an der Universität Wien, korr. Mitglied der Österr. Akademie der Wissenschaften, Professorial Lecturer der Diplomatischen Akademie. Zuvor stellv. Direktor des Instituts für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung der ÖAW, Forschungstätigkeit an der Russischen Akademie der Wissenschaften und Stanford University.

Berthold Molden arbeitet als Historiker in Wien.

Manfried Rauchensteiner ist Historiker, Universitätsprofessor und Autor zahlreicher Bücher, darunter das Standardwerk "Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918". Er lebt und arbeitet in Wien.

Robert Kriechbaumer, Dr. Phil., Mag. phil., Univ.-Prof. für Neuere Österreichische Geschichte, geb. 1948 in Wels, Studium der Geschichte, Philosophie, Psychologie und Politikwissenschaft an den Universitäten Salzburg und München, Stipendiat der Görres-Gesellschaft, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Humboldt-Gesellschaft. Seit 1992 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek.

Manfried Rauchensteiner
Die Rahmenhandlung - eine Einführung
Bruno Thoß
Osterreich in der Entstehungs- und Konsolidierungsphase des westlichen Bündnissystems (1947-1967)
Michael Gehler
'to guarantee a country which was a military vacuum'
Die Westmachte und Osterreichs territoriale Integrität 1955-1957
Wolfgang Mueller
Der Warschauer Pakt und Osterreich 1955-1991
Hans Rudolf Fuhrer
Neutral zwischen den Blocken: Osterreich und die Schweiz
Manfried Rauchensteiner
Sandkasten und Übungsraume.
Operative Annahmen und Manöver des Bundesheers 1955-1979
Hannes Philipp
Der Operationsfall 'A'. Gesamtbedrohung im Zeichen der Raumverteidigung, 1973-1991
Friedrich Korkisch
Die atomare Komponente. Überlegungen für einen Atomwaffen-Einsatz in Osterreich
Peter Jankowitsch
Das Problem der Aquidistanz. Die Suche der Zweiten Republik nach außenpolitischen
Leitlinien
Andreas Resch
Der österreichische Osthandel im Spannungsfeld der Blocke
Martin Malek
Osterreich und der Auflosungsprozess des Warschauer Pakts (1989-1991)
Horst Pleiner
Österreich und die NATO am Ende des 20. Jahrhunderts
Berthold Molden
Die Ost-West-Drehscheibe. Osterreichs Medien im Kalten Krieg
Bibliografie (Auswahl)
Personenregister
Abkürzungsverzeichnis
Autorenverzeichnis

Hans Rudolf Fuhrer

Neutral zwischen den Blocken: Osterreich und die Schweiz

Die Ausgangslage
Der im 'Moskauer Memorandum' vom 5. April 1955 gefundene Kompromiss, wonach Osterreich neutral wie die Schweiz werden sollte, hat den Weg zu Osterreichs Staatsvertrag freigemacht. Gerald Stourzh nennt ein lange geheim gehaltenes Gespräch zwischen dem sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw M. Molotow und dem amerikanischen Staatssekretar John Foster Dulles vom 13. Februar 1954 in Berlin als Zäsur und Wendepunkt in der Vorgeschichte des Staatsvertrags. Dulles soll seinem Amtskollegen die Zustimmung der USA zu einem Osterreich, das mit frei gewählter Neutralität 'eine Schweiz zu sein wünscht', signalisiert haben. Nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunden des Staatsvertrags durch die Signatarmachte in Moskau und nachdem der letzte alliierte Soldat das Land verlassen haben sollte, verabschiedete das österreichische Parlament das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die immerwährende Neutralität Osterreichs. Dieser Tag ist zum Nationalfeiertag erklärt worden, was die Bedeutung auch für kommende Generationen unterstreichen sollte.
Die österreichische Bundesregierung war nun beauftragt, eine Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Vorbild der Schweiz zu fuhren. Das war nicht unproblematisch. Zu vieles war anders als in der Schweiz und alles war neu. Wohl hatten sich bereits 1947 78 % der befragten Österreicherinnen und Osterreicher für eine strikte Neutralität nach dem Muster der Schweiz ausgesprochen, doch wussten wirklich alle, was dies bedeutete ? Der Chefredakteur der 'Neuen Zürcher Zeitung', Hugo Butler, wusste von Hans Thalberg, dem österreichischen Botschafter in Bern, zu berichten, dass dieser gesagt habe: 'Das Erstaunlichste ist, dass die Bewohner dieser beiden Nachbarlander überzeugt davon sind, dass sie sich bestens kennen und in Wirklichkeit weniger voneinander wissen als Länder, die durch einen Ozean voneinander getrennt sind. Die Vorurteile diesseits und jenseits des Arlbergs sitzen sehr tief.' Thalberg wird auch das Bild von den 'beiden gleichen, aber einander doch so unähnlichen Alpenbrüdern, die mit dem Rucken gegeneinander sitzen', zugeschrieben. Wenn er dies viele Jahre nach dem Staatsvertrag noch so feststellte, wie muss es dann um das Wissen über die Neutralität im Allgemeinen und über die schweizerische Neutralität im Speziellen nach dem Zweiten Weltkrieg bestellt gewesen sein ? Da wir dies nicht mehr konkret nachfragen können, wollen wir für eine vergleichende Beurteilung der mehr als fünfzigjährigen österreichischen Neutralität 'zwischen den Blocken' zunächst einmal den beiden Fragen nachgehen: Was ist Neutralität im Allgemeinen und was ist schweizerische Neutralität im Speziellen ? Des Weiteren wäre nach der Haltung der Regierung in Moskau zur Neutralität im 20. Jahrhundert zu fragen. Ein dritter Schritt dient der Analyse der Berichte des schweizerischen Gesandten in Wien über die Rolle der Blocksysteme in West und Ost, und schließlich waren noch einige Fragen zur Gleichheit und Ungleichheit der österreichischen und schweizerischen Neutralität zu stellen.

Eine Neutralität 'nach dem Vorbild der Schweiz'

Skizze

Die zentrale Lage in Europa im Allgemeinen sowie die Zugehörigkeit zur europäischen Zwischenzone West im Speziellen bestimmen seit 1291 die militaärgeografische Situation der Eidgenossenschaft. Die beiden Machtzentren - im Westen irgendeine Form von Frankreich (Haus Valois, später Bourbon) und im Osten irgendeine Form des Römisch-Deutschen Reiches (Haus Habsburg) - liessen ein machtpolitisches Spannungsgeflecht in Westeuropa entstehen.
Das spiegelbildliche System prägte auch die Zwischenzone Ost, in der das heutige Osterreich liegt. Hier befand sich auch das deutsche Machtzentrum im Nordwesten und irgendeine Form von Russland (Haus Romanow) bzw. die Sowjetunion im Osten. Geografisch gehören zudem Osterreich und die Schweiz zum Alpen

Erscheint lt. Verlag 8.4.2010
Reihe/Serie Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek ; Band 036
Co-Autor Horst Pleiner, Martin Malek, Friedrich Korkisch, Hans Rudolf Fuhrer, Peter Jankowitsch, Andreas Resch, Wolfgang Mueller, Berthold Molden
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Robert Kriechbaumer
Zusatzinfo div. s/w-Abb., Karten, Tab. u. Graf.
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Maße 178 x 245 mm
Gewicht 1480 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Europäische / Internationale Politik
Schlagworte Hardcover, Softcover / Geschichte/Zeitgeschichte (1945 bis 1989) • NATO • Österreich • Österreich; Politik/Zeitgesch. • Österreich; Politik/Zeitgeschichte • Politik • Warschauer Pakt • Warschauer-Pakt-Staaten
ISBN-10 3-205-78469-3 / 3205784693
ISBN-13 978-3-205-78469-2 / 9783205784692
Zustand Neuware
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