Sisyphos im Management

Die vergebliche Suche nach der optimalen Organisationsstruktur

(Autor)

Buch | Softcover
235 Seiten
2015 | 2. Auflage
Campus (Verlag)
978-3-593-50226-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sisyphos im Management - Stefan Kühl
24,90 inkl. MwSt
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen heute eigenverantwortlich handeln, aber möglichst nur in dem vom Management vorgegebenen Rahmen. Man fordert von ihnen, wie "Unternehmer in Unternehmen" zu agieren, dabei immer im Sinne des gesamten Unternehmens.
Stefan Kühl analysiert systematisch die Paradoxien und Widersprüche, die durch die neuen Managementkonzepte entstehen. Anhand aktueller Trends im Managementdiskurs zeigt er, warum die Suche nach einer optimalen Organisationsstruktur vergeblich ist und warum das Management diese Suche trotzdem nicht aufgeben sollte.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen heute eigenverantwortlich handeln, aber möglichst nur in dem vom Management vorgegebenen Rahmen. Man fordert von ihnen, wie »Unternehmer in Unternehmen« zu agieren, dabei immer im Sinne des gesamten Unternehmens.Stefan Kühl analysiert systematisch die Paradoxien und Widersprüche, die durch die neuen Managementkonzepte entstehen. Anhand aktueller Trends im Managementdiskurs zeigt er, warum die Suche nach einer optimalen Organisationsstruktur vergeblich ist und warum das Management diese Suche trotzdem nicht aufgeben sollte.

Stefan Kühl ist Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Organisationssoziologie, an der Universität Bielefeld. Er arbeitet als Organisationsberater der Firma Metaplan für verschiedene deutsche Unternehmen.

Inhalt
Die optimale Organisationsstruktur und die Suche nach dem heiligen Gral der Organisation - Vorwort 9
1.
Zum Umgang mit Paradoxien und Dilemmata neuer Organisationsformen - Einleitung 19
1.1.Das Junktim zwischen zweckrationaler Entscheidungsfindung und dem bürokratischen Organisationsmodell 20
1.2.Eine neue Vorstellung, wie die optimale Organisationsstruktur aussieht 22
1.3.Paradoxien und Dilemmata - ein neuer Fokus 25
2.
Die Heimtücke der eigenen Organisationsgeschichte 29
2.1.Das "Sei-Selbstständig"-Paradox: Die zentralistische Einführung dezentraler Strukturen 33
2.2.Das "Entscheide-selbst-aber-nur-unter-Vorbehalt"-Paradox: Das Management lässt entscheiden 38
2.3.Das "Organisier-dich-selbst-aber-nicht-so"-Paradox: Die Bedrohung der bereits existierenden Selbstorganisation 46
2.4.Paradoxien: Eskalation oder Bewältigung 51
3.
Die Mythen um unternehmerisch handelnde Mitarbeiter 53
3.1.Mythos: Unternehmerisches Handeln lässt sich auf allen Ebenen der Organisation gleichzeitig einführen 56
3.2.Mythos: Die Mitarbeiter als neue Machthaber im Unternehmen 61
3.3.Mythos: Das Konzept der Intrapreneurship fördert die Integration der Mitarbeiter in das Unternehmen 68
3.4.Paradoxe Verhaltensanforderungen in vermarktlichten Organisationen 75
4.
Qualität: Paradoxe Effekte und ungewollte Nebenfolgen des Qualitätsmanagements 77
4.1.Die Auseinandersetzung mit den impliziten Spielregeln: Informalität als Umgangsform mit
paradoxen Verhaltensanforderungen 80
4.2.Der paradoxe Effekt eines integrierten Qualitätsmanagements 87
4.3.Der Rückstoßeffekt: Der Japan-Mythos im Qualitätsmanagement 92
4.4.Anpassung an die Interessen der Beratungsfirmen und Qualitätsabteilungen 98
4.5.Der Zwang zu zählbaren Leistungen: Die Schweigespirale des Qualitätsmanagements 104
4.6.Qualitätsmanagement ist die Antwort - doch was war eigentlich die Frage? 110

5.
Zentralisierung durch Dezentralisierung 115
5.1.Das Managementkonzept des Führens im Team: Die Erweiterung der Gruppenarbeit auf die
erste Führungsebene 118
5.2.Probleme der Zusammenarbeit im Team 124
5.3.Das Dezentralisierungsparadox: Führung im Team und die Zentralisierung von Entscheidungen 136
5.4.Variationen der zentralisierten Dezentralisierung: Konsequenzen für die Diskussion über
neue Organisationsformen 145
5.5.Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen als ungewollte Nebenfolge der Dezentralisierung 149
6.
Über das erfolgreiche Scheitern
von Gruppenarbeitsprojekten 151
6.1.Die Relativität des Effizienzarguments in der Gruppenarbeit 155
6.2.Das Humanisierungsargument, machttheoretisch gewendet: Gruppenarbeit - eine problematische Tauschbörse
für die Mitarbeiter 167
6.3.Das fehlende Lock-in: Die Erosion von Gruppenarbeit 178
6.4.Das erfolgreiche Scheitern von Gruppenarbeitsprojekten 188
7.
Innovation trotz Imitation 191
7.1.Vom Nutzen und Schaden des schönen Scheins 194
7.2.Organisationsstruktur als Marketinginstrument 202
7.3.Wie entstehen neue Organisationsformen? Imitation plus 208
7.4.Paradoxe Anforderungen 214
8.
Jenseits eines verengten zweckrationalen Organisationsverständnisses 217
8.1.Die Unmöglichkeit der andauernden Thematisierung von Paradoxien und Dilemmata 218
8.2.Der Nutzen der Sisyphusarbeit 220
Nachwort zur Methodik221
Anmerkungen225
Literatur227

"Fallen Sie nicht auf das Versprechen von der perfekten Organisationsstruktur herein
Wie separieren Sie Ihr Unternehmen in Abteilungen, Projektgruppen oder Task-Forces, um die Leute bestmöglich einzusetzen? Wie viele Freiheiten oder Auflagen geben Sie Ihren Mitarbeitern, wenn die morgens um halb 9 ins Büro trotten? Zahlreiche Management-Ratgeber wollen darauf die beste Antwort gefunden haben. Stefan Kühl kommt in seiner wissenschaftlichen Analyse zu dem Ergebnis, dass es dazu gar keine klare Empfehlung geben kann, denn jede favorisierte Organisationstruktur produziert von sich heraus 'Widersprüche und Paradoxien'.
Qualitätsmanagement erhöht vielleicht die Qualität, vor allem aber die Bürokratie
'Dieses Buch zerstört die Hoffnung, eine optimale Organisationstruktur für ein Unternehmen, eine Verwaltung, ein Krankenhaus, eine Universität oder eine Armee finden zu können' schreibt der Soziologieprofessor bereits im Vorwort. Und liefert in der nachfolgenden Diskussion auf Grundlage 'der systemtheoretischen Organisationsforschung' Belege dafür, dass 'Qualitätsmanagement häufig nicht zu mehr Qualität, sondern zu mehr Bürokratie' führt und 'Dezentralisierungs- und Enthierarchisierungsmaßnahmen' die Betreffenden meist mehr verwirren als befreien.
Schauseite, informelle und formelle Dimension
Ausgehend von den drei Dimensionen aller Organisationen, der "Schauseite" (die nach außen gerichtete, 'aufgehübschte Fassade'), die 'formale Seite' (Regeln und Vorgaben) und die 'informelle Seite' (die alltägliche Praxis mit allen Routinen) nimmt Kühl Chancen und Risiken von Umstrukturierungsmaßnahmen unter die Lupe. Das Buch wendet sich weniger an den Change-Manager, der sich konkrete Anweisungen wünscht als an den 'Architekten' im Unternehmen, der valide, notfalls auch unbequeme Antworten auf Management-Fragen bevorzugt und auf lange Sicht plant.

Management-Journal - Fazit: Kühl liefert eine pointierte, organisationssoziologische Analyse zur Frage nach der optimalen Organisationsstruktur. Kein Buch für den Macher, aber ein enorm nützlicher Wegweiser für den Strategen im Management oder den Business-Berater." (Oliver Ibelshäuser, www.Management-Journal.de vom 1.9.2015)

Die optimale Organisationsstruktur und die Suche nach dem heiligen Gral der Organisation - Vorwort
Den Traum von der optimalen Organisationsstruktur gab es schon, bevor sich im 17. und 18. Jahrhundert ein allgemeines Verständnis ausbildete, was eine Organisation überhaupt ist. Schon die Sassaniden, die im 3. Jahrhundert nach Christus Persien dominierten, debattierten, wie man die Herstellung von Glas und Seide optimieren könnte. Zur Hochzeit des Stadtstaates Venedig im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit diskutierten die Räte, wie die Schiffsproduktion am effizientesten organisiert werden könnte. Die holländischen und britischen Kaufleute, die im 16. und 17. Jahrhundert ihre Schiffe nach Asien schickten, um Gewürze einzukaufen, berieten darüber, wie diese Unternehmungen am besten strukturiert werden könnten. Und heute verwenden Unternehmen, Verwaltungen, Armeen, Krankenhäuser, Universitäten, Schulen und Verbände viel Zeit darauf, die Organisationsform auszumachen, die ihnen den am besten geeigneten Rahmen für die optimale Ausführung ihrer Arbeiten bietet.
Gibt es diese optimalen Organisationsstrukturen aber wirklich? Zwar suggerieren Managementbücher, Artikel in Wirtschaftszeitschriften und die Foliengewitter in Praktikervorträgen, dass man den heiligen Gral der Organisation gefunden hat oder jedenfalls sehr nahe daran ist, ihn zu finden. Schaut man jedoch genauer hin, wird offenbar, mit wie viel Widersprüchen die nach Perfektion strebenden Organisationen zu kämpfen haben.
Einerseits sollen Mitarbeiter als "Unternehmer im Unternehmen" innerhalb der Organisation konkurrieren, andererseits sollen sie mit anderen Mitarbeitern kooperieren können. Motto: Alle ziehen gemeinsam an einem Strang, aber nur die Besten setzen sich durch. Einerseits wird von den Mitarbeitern verlangt, dass sie ihren eigenen Weg gehen, andererseits sollen sie das Gesamtziel der Organisation nicht aus den Augen verlieren. Motto: Jeder sucht sich seinen eigenen Weg, aber wir sitzen alle in einem Boot. Einerseits sollen die Mitglieder - wenn nötig - die von oben verordneten Regelwerke verletzen, andererseits die von der Organisation vorgegebenen Strukturen achten. Motto: Tu, was du willst, aber verletze ja nicht die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze. Einerseits soll für Querdenker mit ihrer Kreativität und Flexibilität Platz und Handlungsspielraum vorhanden sein, andererseits sollen die Ressourcen der Organisation möglichst effektiv eingesetzt werden. Motto: Sei unorthodox, behindere dadurch aber nicht die im Namen der Effizienz stattfindende Standardisierung von Abläufen.
Gerade in Organisationen, die Entscheidungskompetenzen dezentralisieren, ihre Hierarchiestufen reduzieren und die strikte Abgrenzung von Abteilungen auflösen, stellen sich grundlegende Koordinationsprobleme: Wie wird die schwierige Koordination zwischen selbstständigen, vorrangig auf sich selbst bezogenen Einheiten hergestellt? Wie lässt sich die Koordination zwischen teilautonomen Gruppen, Prozesslinien, Segmenten oder Profitcentern organisieren, obwohl ihnen ein hohes Maß an Autonomie zugestanden wird? Wie findet der Ausgleich zwischen der geförderten und geforderten lokalen Rationalität der Teams und der Gesamtrationalität der Organisation statt? Das grundlegende Problem von Organisationen ist: Je mehr die einzelnen Einheiten einer Organisation in der Lage sind, sich zu verselbstständigen, desto dringender, aber auch komplizierter wird die Integration dieser Einheiten in die Gesamtorganisation. Mit der zunehmenden Differenzierung in selbstorganisierte, teilautonome Einheiten wird die Integration immer schwieriger, gleichzeitig aber auch immer notwendiger.
Unter diesen Bedingungen ähnelt die Suche nach der optimalen Organisationsstruktur den Bemühungen des Sisyphos, der vergeblich versucht, mit seinem Felsbrocken den Gipfel des Berges zu erklimmen. Genauso wie der Felsbrocken Sisyphos immer wieder entgleitet, genauso wird die Hoffnung des Managements

Erscheint lt. Verlag 11.5.2015
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Maße 141 x 213 mm
Gewicht 301 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Arbeitsklima • Arbeitsorganisation • Hierarchie • Innovation • Lernende Organisation • Management; Theorien/Konzepte/Strategien • Organisation • Organisationsforschung • Organisationsmanagement • Organisationssoziologie • Organisationsstruktur • Unternehmen • Unternehmensführung • Unternehmenskultur • Unternehmensorganisation • Unternehmensstruktur • Widerspruch • Zentralisierung
ISBN-10 3-593-50226-7 / 3593502267
ISBN-13 978-3-593-50226-7 / 9783593502267
Zustand Neuware
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