Geschichte des Kindergartens

Von den ersten vorschulischen Einrichtungen des 18. Jahrhunderts bis zur Kindertagesstätte im 21. Jahrhundert

***** 1 Bewertung

(Autor)

Buch | Softcover
224 Seiten
2016 | 1. Aufl.
Brandes & Apsel (Verlag)
978-3-95558-183-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geschichte des Kindergartens - Manfred Berger
19,90 inkl. MwSt
Der Kindergarten - Kita im heutigen Sprachgebrauch - als wichtigste vorschulische pädagogische Institution reicht mit seinen Vorläuferorganisationen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Vor diesem Hintergrund zieht Manfred Berger Bilanz. Er wendet sich an alle an der Geschichte des Kindergartens Interessierten, besonders aber an die, die in der öffentlichen Kleinkindererziehung tätig sind oder dafür ausgebildet werden und ihr Hintergrundwissen erweitern wollen.

Berger folgt der Entwicklung in vier Schritten: Von den Anfängen bis zum Untergang des Kaiserreichs, von der Weimarer Republik bis zum Ende der Nazi-Gewaltherrschaft, dem Neubeginn nach 1945 in Ost und West bis zur Wiedervereinigung 1990 und der Entwicklung bis heute. Hinzugefügt ist ein Abschnitt zur Geschichte der jüdischen
öffentlichen Kleinkindererziehung.

Manfred Berger, geboren 1944 in München, in der Aus- und Fortbildung sowie Beratung von sozialpädagogischen Fachkräften in Hort, Heim und Kindergarten tätig. Leiter des von ihm mitbegründeten Ida-Seele-Archivs in Dillingen/Donau, das die Geschichte des Kindergartens und der Sozialarbeit/-pädagogik erforscht. Veröffentlichte über 1.000 Aufsätze zur Kindergartenpädagogik und zur Soziarbeit/-pädagogik sowie zahlreiche Bücher, bei Brandes & Apsel u. a.: Sexualerziehung im Kindergarten (6. Aufl.); Frauen in der Geschichte des Kindergartens; Alice Salomon; Henriette Schrader-Breymann; Clara Grunwald.

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie wissen & praxis ; 180
Zusatzinfo mit zahlreichen Abbildungen und Dokumenten
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Maße 155 x 235 mm
Gewicht 389 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Allgemeines / Lexika
Sozialwissenschaften Pädagogik Vorschulpädagogik
Schlagworte Geschichte • Geschichte der Pädagogik • Kindergarten • Pädagogik • Pädagogik, Geschichte • Vorschule und Kindergarten
ISBN-10 3-95558-183-7 / 3955581837
ISBN-13 978-3-95558-183-1 / 9783955581831
Zustand Neuware
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5 Informativ

von (Erkrath), am 14.02.2017

Übersicht: Berger reflektiert in seiner detailreichen Geschichte des Kindergartens durchgängig das Spannungsfeld zwischen privater Erziehung durch die Eltern und der frühzeitig einsetzende öffentliche Erziehung. Er beschreibt die Entwicklung der ersten pädagogischen Ideen zur öffentlichen Erziehung bis zum Ende der Kaiserzeit, diskutiert die Entwicklung der Reformpädagogik, die mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus aus Deutschland verschwand, setzt sich mit der öffentlichen Kleinkindererziehung in der DDR auseinander und zeichnet im 5ten Kapitel den aktuellen Stand der Frühpädagogik ab 1990 nach, basierend auf Fröbel, Montessori, Freinert und dem Situationsansatz (S.171).

Warum Kindergärten? Essentielle Gründe für die Schaffung von Kindergärten waren die Armut der Massen, der Wandel der Familien, der erhöhte Stellenwert der Kindheit (S.14). Damit einher ging die Idee, die Eltern zu entlasten, aber auch in ihrer Erziehungsfähigkeit zu unterstützen. Beabsichtigt ist dabei eine Wechselwirkung zwischen öffentlicher Kleinkindererziehung und der Erziehung in der Familie: Kinder tragen die für sie neuen Ideen, die sie in den Kindergärten (heute Kitas) erhalten, in ihre Familien herein.

Welche Pädagogik? Von pädagogischer Seite stand dabei die persönliche Entwicklung der Kinder im Vordergrund. Fröbel betonte die Bedeutung der ersten fünf bis sechs Lebensjahre „als die Keimperiode für das ganze Wachstum des Gewächses“ (S.23). Die Pädagogik zielte darauf ab, den Kindern diese Freiheit zum Wachstum durch Freiräume zum Spielen zu belassen und Toleranz zu üben.

Reformpädagogik: Mit viel Sympathie schildert Berger die Reformpädagogik, insbesondere die Montessori Pädagogik (S.88). Er nennt namentlich viele Förderinnen der Montessori-Pädagogik. Er erwähnt Rosa Katz, die 1926 in Warnemünde den „wandernden Kindergarten“ gründete. Dieser siedelte sich dort an, wo infolge einer vorübergehenden Ansammlung von Kindern ein Bedürfnis nach ihm vorhanden war (S.93). Kurz weist er auf die 1926 erfolgte Gründung des ersten Waldorfkindergartens hin (S.96) und skizziert kurz die Grundzüge dieser Pädagogik: die Förderung der Phantasie (S. 96).

Staat und Kindererziehung: Diese Idee der freien Entwicklung eines Kindes stand im Kontrast zum obrigkeitsstaatlichen Denken, das stille und gehorsame Untertanen forderte und im freien Kinderspiel die staatliche Ordnung gefährdet sah (S.30). Die Kinder wurden nicht mehr allseitig und naturgemäß gebildet, sondern zu gehorsamen, folgsamen und unterwürfigen Bürgern gedrillt (S.9, 66). So wurden z.B. mit dem Beginn des Jahres 1936 die Montessori Kindergärten verboten (S.107. Es folgte eine vollständige ideologische Unterordnung der Pädagogik während der Zeit des Nationalsozialismus mit dem Ziel, schon kleine Kinder zu gehorsamen Soldaten zu erziehen.

Konfessionelle Kindergärten: Die Rolle der konfessionellen Kindergärten erschöpfte sich in der Vermittlung der Religion und der Akzeptanz und Zementierung obrigkeitsstaatlichen Denkens sowie der Vermittlung von sekundären Tugenden wie Fleiß, Disziplin, Gehorsam und Ordnung (S.75). Berger zitiert sowohl von katholischer wie evangelischer Seite Kindergebete für Hitler (S.111, 113) und bedauert, dass die Kirchen mit ihrem religiösen Selbstverständnis, dass Kinder Gott gehören, dem Nationalsozialismus nichts eigenes entgegensetzten.

Jüdische Kindergärten: In dem Exkurs über jüdische Kindergärten leuchtet religiöse Toleranz auf. Die Kindergärten wurden in erster Linie von vermögenden Großbürgern gegründet und durch Spenden unterhalten. Ihr Ziel ist die Vermittlung jüdischen Glaubens und Lebens. Sie nahmen und nehmen jedoch nicht nur jüdische, sondern auch Kinder anderer Konfessionen auf.

Die Entwicklung seit 1990: Die Integration der früheren Kindergärten in der ehemaligen DDR erforderte ein weitgehendes Umdenken in der Pädagogik und der Funktion der Erzieher und Erzieherinnen. Der Autor zeigt die Entwicklung der Inklusion auf und zeigt auf, welch strukturelle Vielfalt Kindergärten aufweisen (veränderte Öffnungszeiten, unterschiedliche Buchungszeiten). Ins Zentrum rückt die frühkindliche Bildung, die ihrerseits ein hohes Bildungsniveau der Erzieher(innen) erfordert. Damit einher geht eine breite pädagogische Fachdiskussion und die Erstellung fundierter Erziehungs-und Bildungspläne (S.168). „Das Spiel hilft den Kindern, in die Gesellschaft hineinzuwachsen, Kompetenzen zu entwickeln und eine eigene Identität zu entwickeln“ (S.169).

Fazit: Die Lektüre dieses Buches zeigt, wie wertvoll eine gute Pädagogik ist, das ihr Bestand nicht selbstverständlich ist und dass sie immer wieder neu belebt werden muss.

Andreas Schulz
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