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Kindheit im Kontext einer mütterlichen Borderlinepersönlichkeitsstörung. Kindorientierte Betrachtungs- und Handlungsmöglichkeiten klinischer Sozialarbeit

Buch | Softcover
72 Seiten
2017
Diplomica (Verlag)
978-3-96146-591-0 (ISBN)
39,99 inkl. MwSt
Ein Blick in die Statistiken aus dem Erhebungsjahr 2015 zeigt, dass nahezu jeder vierte männliche (22,0?%) und jede dritte weibliche (33,3?%) Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren zumindest zeitweise an mindestens einer psychischen Erkrankung leidet. Darauf basierend gehen konservative Schätzungen davon aus, dass ca. 3?000?000 Kinder in diesem Jahr mit mindestens einem psychisch kranken Elternteil in einem Haushalt zusammengelebt haben. Diese zeigten in Relation zur Vergleichsgruppe, in der Eltern nicht psychisch erkrankt waren, ein signifikant erhöhtes Auftreten von Entwicklungsrisiken auf. Das liegt u. a. daran, dass die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion im Sinne einer entwicklungsförderlichen Beziehung signifikant reduziert sein kann.
Eine psychische Erkrankung, die sich besonders stark auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt, ist die Borderlinepersönlichkeitsstörung, kurz BPS. Der Fokus dieser Veröffentlichung liegt daher auf diesem Krankheitsbild und einer Untersuchung seiner möglichen Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes. Dabei wird eine psychologische sowie sozialpädagogische Sichtweise eingenommen, um auf dieser Grundlage die Termini Kindheit, Lebensweltorientierung, Entwicklungsrisiken sowie die BPS zu definieren. Darauf aufbauend werden Risikofaktoren und Entwicklungsrisiken bei elterlichen psychischen Erkrankungen im Allgemeinen sowie einer mütterlichen BPS im Speziellen erläutert. Schlussendlich werden sozialpädagogische Handlungsmöglichkeiten im Sinne der Entwicklung des Kindes dargelegt.

Tobias Düsterdick erblickte im Jahre 1987 im malerischen Leipzig das Licht der Welt. Nach seinem Abitur und Zivildienst verschlug es ihn nach Jena, um dort Pädagogik/Erziehungswissenschaft und Psychologie zu studieren. Nach einem Auslandssemester in Finnland beendete er im Jahr 2011 seinen Bachelor. Danach zog es den Autor nach Dresden, um dort den Master of Childhood Research and Education - Kindheitsforschung, Beratung und Bildung zu absolvieren. Bereits in seinem Studium war er sehr interessiert an den Schnittstellen der Sozialen Arbeit und Psychologie bzw. Psychotherapie. Dieser Prämisse folgend begann er im Jahr 2016 eine Ausbildung zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie. Er absolvierte dabei stetig Weiterbildungen im Bereich Systemische Beratung und Therapie. Unmittelbar nach seinem Studium arbeitete der Autor an einer Dresdner Schule, wo er zahlreiche SchülerInnen traf, deren Eltern psychisch erkrankt waren. Seine Motivation war dabei, diese jungen Menschen präventiv sowie intervenierend zu unterstützen. Daraus erwuchs die Motivation für die vorliegende Arbeit.

Textprobe:
Kapitel 5 Einfluss von Borderline auf die Kindheit
Kinder von psychisch kranken Eltern im Allgemeinen sowie von Müttern mit einer BPS im Speziellen können zahlreichen Risikofaktoren ausgesetzt sein, die in ihrer Lebenswelt von hoher Relevanz sind. Generell ist festzuhalten, dass Einschränkungen der seelischen Gesundheit von Müttern meist schwerwiegender wirken als bei Vätern. Das ist damit zu begründen, dass Mütter nach wie vor primär für die Versorgung der Kinder und die Haushaltsführung zuständig sind. Somit gehören diese Kinder zu einer Hochrisikogruppe.
Nichtsdestotrotz beschreiben die Betroffenen das Verhältnis zu ihren Eltern als relativ positiv. Die folgenden lebensweltlich relevanten Risikofaktoren werden i.B. in Krisenzeiten relevant.
5.1 Relevante Risikofaktoren in der kindlichen Lebenswelt bei psychischen Erkrankungen der Eltern im Allgemeinen
Für Kinder wirkt eine mögliche innerfamiliäre Tabuisierung überaus belastend. So dürfen sie nicht mit Außenstehenden über die psychische Erkrankung und ihre Auswirkungen kommunizieren. Dies wird entweder offen kommuniziert oder implizit dem Kind vermittelt. Deswegen wird die Erkrankung häufig zu einem geteilten Familiengeheimnis. Das beeinflusst in der Folge das Familienklima tiefgehend, ohne dass die Ursache Außenstehenden bekannt wird.
Über die Krankheit zu sprechen erscheint betroffenen Kindern häufig nichtsdestotrotz wie eine Art der Treulosigkeit gegenüber ihren Eltern. "Ich habe heute immer noch das Gefühl, meine Mutter zu verraten, wenn ich anderen Leuten von meiner damaligen Situation erzähle." Deswegen ist es möglich, dass selbst Gesprächsangebote, auch von entfernteren Familienmitgliedern, nicht angenommen werden.
Betroffene Kinder empfinden zumeist eine Isolation, da sie häufig nicht wissen, an wen sie sich vertrauensvoll wenden können. Folglich bleiben mannigfaltige Ängste und Sorgen, aber auch die Wut auf den erkrankten Elternteil, unthematisiert und belasten die Lebenswelt des Kindes.
Einen weiteren Risikofaktor stellt die Desorientierung dar. Kinder nehmen zwar mit zunehmendem Alter und Einsichtsfähigkeit das abweichende Verhalten ihrer Eltern wahr, können dies aber aufgrund fehlender Krankheitsaufklärung weder verstehen noch entsprechend in bestehende kognitive Strukturen einordnen. Nicht selten verängstigen oder verwirren bestimmte krankheitsbedingte Verhaltensweisen die betroffenen Kinder. "Für mich war das Konfuse das Schlimme, dass ich nicht wusste was los war. [...] Ich hätte mir Informationen gewünscht, dieses drüber reden also das meine Mutter gesagt hätte: Hör mal, das ist so und so."
Schlussendlich folgen häufig Schuldgefühle. So können Kinder glauben, sie seien selbst an der Erkrankung des Elternteils schuld, z.B. durch kindstypische Verhaltensweisen wie toben oder bockig sein. Besonders eklatant ist das in der Phase des magischen Denkens der Kinder. Dort besteht der Glaube, dass Gedanken direkt zu Taten werden könnten. Diese direkte Schuldzuweisung kann von unaufgeklärten Angehörigen oder von den Eltern selbst verstärkt werden.
Auch der Aspekt der Stigmatisierung ist zu nennen. Durch das relativ hohe Unwissen der Bevölkerung in diesem Bereich kann es bei Bekanntwerden einer seelischen Erkrankung zu einem merklichen Maß an Ablehnung, sozialer Ausgrenzung oder auch zu grenzüberschreitendem Interesse gegenüber dem betroffenen Elternteil oder dem Kind selbst kommen.
Zahlreiche Studien zeigen, dass die elterliche Erziehungskompetenz bei der Gruppe von Eltern mit seelischen Erkrankungen im Vergleich zu psychisch gesunden Eltern im Mittel reduziert ist. Insbesondere die Bereiche der Grenzziehung sowie der Wahrnehmung der kindlichen Bedürfnisse stellen für die betroffenen Eltern Herausforderungen dar. Eine mögliche Folge ist, dass Kinder, die von objektiven Beobachtern als unauffällig charakterisiert werden, von den Eltern als auffällig und schwierig - sogar als psychisch krank -

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 154 x 221 mm
Gewicht 124 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik Sozialpädagogik
Sozialwissenschaften Soziologie
Schlagworte Borderline • Eltern-Kind-Beziehung • Eltern-Kind-Interaktion • Entwicklungsrisiken • Kindheit im Kontext psychischer Erkrankung • Kindheitsforschung • kindliche Lebenswelt • Klinische Sozialarbeit • Lebensweltorientierung • Persönlichkeitsstörung • Psychische Erkrankung • Risikofaktoren • Schutzfaktoren
ISBN-10 3-96146-591-6 / 3961465916
ISBN-13 978-3-96146-591-0 / 9783961465910
Zustand Neuware
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