Kamina - des Kaisers Großfunkstation in Afrika - Reinhard Klein-Arendt, Peter Sebald

Kamina - des Kaisers Großfunkstation in Afrika

Telefunken in der deutschen Kolonie Togo 1911-1914
Buch | Softcover
228 Seiten
2019 | 1. Erstauflage
Nova MD (Verlag)
978-3-96443-228-5 (ISBN)
27,95 inkl. MwSt
Die Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg ist vom Wettlauf zwischen den Großmächten um die Weltherrschaft geprägt. Die neuartige „drahtlose Telegraphie“ spielt hierbei eine Schlüsselrolle: Wem es gelingt, ein leistungsfähiges globales Netz von Funkstationen zu errichten, kann seine weltweit operierenden Militärverbände mit nie dagewesener Flexibilität und Effizienz führen.
Fieberhaft beginnen die Rivalen, in ihren überseeischen Besitzungen Funkstationen zu errichten. Die Deutschen wählen Kamina im Innern ihrer westafrikanischen Kolonie Togo als Standort für die zentrale Station ihres Funknetzes aus. Zwischen 1912 und 1914 stampft ein deutsch-österreichisches Team der Firma Telefunken eine riesige Funkstation aus dem staubigen Savannenboden, unterstützt von afrikanischen Handwerkern und Zwangsarbeitern. Neun Antennentürme und hochmoderne Sender ermöglichen es der Besatzung von Kamina ab Juli 1914, direkt mit Berlin zu kommunizieren – eine damals kaum für möglich gehaltene technische Leistung. Der Erste Weltkrieg dringt jedoch bald zu der einsamen Station vor und entscheidet ihr Schicksal. – Das Buch erzählt die dramatische Geschichte anhand von originalen Fotos und Dokumenten.

Bald nach der Wiedervereinigung Deutschlands begannen auch Afrikanisten ihre Erkenntnisse, die sie über Jahrzehnte nach Ost und West getrennt gesammelt hatten, in ein gemeinsames Forschungsszenario zu integrieren. So hielt auf dem Afrikanistentag in Köln 1994 Reinhard Klein-Arendt einen Vortrag zur Technikgeschichte Afrikas mit dem Titel „Die Niederschlagung der Nama- und Herero-Aufstände in Deutsch-Südwestafrika – Ansätze zu einer elektronischen Kriegführung“. In diesem Vortrag nahm die Funktechnik die zentrale Rolle ein. Unter den Zuhörern befand sich Peter Sebald, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeine Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin. Er hatte seit 1956 die Akten des Reichskolonialamts zu Togo ausgewertet und in einem umfangreichen Buch „Togo 1884-1914“ veröffentlicht. Weil er sich dabei besonders auf das Leben der Togoer unter dem deutschen Kolonialregime konzentrierte, spielte die Funkstation Kamina in seinem Buch nur eine Nebenrolle. Aber da seit 1990 die Bestände im damaligen Zentralarchiv der DDR in Potsdam (heute im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde) jetzt ohne Reglementierungen einzusehen waren, konnte Reinhard Klein-Arendt die Akten betreffend die deutschen Kolonien für ein Buch („Kamina ruft Nauen!“) auswerten, das sich mit den Funkprojekten in den deutschen Kolonien in Afrika und im Pazifik beschäftigte und in dem die Station Kamina nur eine unter mehreren war. Danach trennten sich die Berufswege beider. 1990 begann Peter Sebald im Nationalarchiv Togos die etwa 3.000 Akten des Kaiserlichen Gouvernements aufzuarbeiten, um die Geschichte Togos in mehreren Projekten noch genauer fassen zu können. Diese Arbeit setzte er für jeweils mindestens drei Monate pro Jahr bis Mai 2010 fort, ein Zeitpunkt, der mit dem 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Togos am 27. April zusammenfiel. Im Zuge dieser Tätigkeit stieß er bald auf weitere Kamina-Akten. Auf seiner ersten Reise ins Landesinnere Togos 1990 führte ihn Yves Marguerat, lange Jahre Geograph und Historiker am französischen Forschungszentrum ORSTOM in Lomé, auf das vier Quadratkilometer große ehemalige Gelände der Funkstation Kamina bei Atakpamé. Ende der 1990er Jahre verdichteten sich in Lomé die Informationen, dass sich in Ljubljana (Slowenien) Hunderte von Originalfotos des Erbauers von Kamina, des Österreichers Anton Freiherr Codelli befänden (vor dem Ersten Weltkrieg war das heutige Slowenien Teil der Österreich-Ungarischen Monarchie). Allerdings war es für ausländische Interessenten wie Philippe David, einem französischen Juristen und Sammler westafrikanischer Bildzeugnisse aus der Kolonialära, nur sehr begrenzt möglich, Einsicht in die Fotosammlung zu nehmen. In diesen Jahren entstand nun bei Klein-Arendt und Sebald trotz dieser Widrigkeiten die Idee, gemeinsam eine Dokumentation zur Funkstation Kamina in Wort (Akten) und Bild (Fotosammlung Codellis in der Nationalen und Universitätsbibliothek in Ljubljana) herauszugeben. In seinen Monaten in Deutschland wertete nunmehr Sebald die Akten vor allem des Reichspostamts aus – er erhielt dabei zahlreiche nützliche Aktenverweise des Experten auf diesem Gebiet, Dr. Kundler, dem an dieser Stelle dafür besonders gedankt sei. Reinhard Klein-Arendt übernahm die Beschaffung des Bildmaterials, nämlich der Fotos und der Übersichtskarten. Dies stellte sich als eine langwierige, zeitaufwendige – auch kostspielige Aufgabe – heraus. Nach vielen Briefen, E-Mails und Telefonaten gelang es schließlich im Jahre 2006, die von Codelli angefertigten 193 Fotos auf DVD von der Nationalbibliothek in Ljubljana zu erhalten. Für die freundliche Hilfe bei der Beschaffung sei hier besonders den BibliotheksmitarbeiterInnen Dr. Mihael Glavan und Renata Solar gedankt. Für die großzügige finanzielle Unterstützung beim Ankauf der digitalen Kopien ist Konsul Helmut Fohs zu danken, für die moralische Hilfe Philippe David. Im Zuge der Erarbeitung des Manuskripts gaben die Autoren den Gedanken auf, eine bloße „Dokumentation in Wort und Bild“ herauszugeben. Stattdessen setzte vor allem Reinhard Klein Arendt diese Dokumentation ausführlich in den historischen Kontext, in dem sich das Kamina-Projekt bewegte. Im Jahre 2009 schließlich nahm Reinhard Klein-Arendt eine Einladung des Goethe-Instituts in Lomé wahr, dortselbst einen öffentlichen Vortrag über die Geschichte des Bauprojekts Kamina zu halten. Auf derselben Reise führten die Autoren eine ausführliche Feldforschung auf dem Gelände von Kamina durch: Gelände und Realien wurden vermessen und kartographiert, so weit dies noch nicht anlässlich früherer Reisen Peter Sebalds geschehen war. Ferner wurde eine Fotodokumentation des jetzigen Zustands Kaminas angefertigt. Diese wird in diesem Band die historischen Fotos ergänzen, um die Geschichte der Station Kamina in ihrer Kontinuität bis heute auch im Bild darzustellen. Die Textdokumentation besteht hauptsächlich aus kürzeren und längeren Zitaten der mittelbar und unmittelbar an Kamina beteiligten Zeitgenossen. Damit sollen die ideologischen, politischen, wirtschaftlichen und technologischen Grundlagen des Denkens, auf denen sich das Projekt Kamina gründete, dokumentiert werden (für die mit technischen Begriffen nicht vertrauten Leser ist im Anhang ein gesondertes Kapitel „Technischer Hintergrund“ beigefügt). Übersichtskarten und ‑skizzen sowie Grafiken ermöglichen einen besseren Einblick in die Anlage Kamina sowie in den geographischen Kontext der Station. Für die Erstellung dieses Kartenmaterials sei Monika Feinen, der Kartographin des Instituts für Afrikanistik der Universität zu Köln, herzlich gedankt. Ein besonderer Wert besteht in der großen Zahl der Fotos, nicht nur von den Realien der Funkstation, sondern auch von den Menschen – Europäern wie Afrikanern, den Erbauern von Kamina. Die Fotos sind thematisch geordnet, weniger chronologisch, um den Text treffend ergänzen zu können. So hoffen die Autoren, dass einerseits die Fotos dazu anregen, den gesamten Text zu lesen, dass andererseits der Text die Fotos besser verstehen lässt und vor allem zur Betrachtung der Details anregt. In diesem Zusammenhang gebührt der Dank der Autoren Herrn Prof. Dr. Gilbert Yigbe, Chef des Departement d’Allemand der Universität Lomé, für die Übertragung der Bildunterschriften vom Deutschen ins Französische. Darüber hinaus formulierte Herr Yigbe die französische Zusammenfassung der vorliegenden Monographie. In unserer globalisierten Welt sollte die wichtigste Botschaft von „Kamina“ nicht vergessen werden, dass nämlich die internationale Kommunikation dem Frieden dienen sollte. Hätten sich die deutschen Erbauer und vor allem die deutsch-kolonialen Zerstörer der Station diesem Ziel verschrieben, so würden die neun Funktürme von Kamina vielleicht noch heute stehen. Dieses faszinierende Hochtechnologieprojekt wäre längst unter den Schutz der UNESCO gestellt worden und würde noch heute ungezählte togoische und ausländische Betrachter nach Kamina ziehen. Aber auch so hoffen die Autoren, dem Leser durch Wort und Bild einen plastischen und unmittelbaren Einblick in die Geschehnisse um die Station Kamina vermitteln zu können. Reinhard Klein-Arendt / Peter Sebald im August 2013

Erscheinungsdatum
Verlagsort Deutschland
Sprache deutsch
Maße 170 x 240 mm
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Neuzeit bis 1918
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Wirtschaftsgeschichte
Technik Nachrichtentechnik
Schlagworte Afrika • Atakpamé • Deutsche Kolonie • drahtlose Telegraphie • Erster Weltkrieg • Funkstation • Kamina • Kolonialismus • Kolonialzeit • Peter Sebald • Telefunken • Telegraphie • Togo
ISBN-10 3-96443-228-8 / 3964432288
ISBN-13 978-3-96443-228-5 / 9783964432285
Zustand Neuware
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