Verhaltensprobleme bei Nager, Reptil & Co. (eBook)

Von den Grundlagen bis zum Management

Dr. Patricia Solms (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
292 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-0029-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verhaltensprobleme bei Nager, Reptil & Co. -
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Angst und Aggression müssen nicht sein! Kleintiere wie Kaninchen, Frettchen und auch Papageien, Sittiche oder Reptilien sind sehr beliebt, werden aber häufig nicht artgerecht gehalten. So wächst auch die Zahl dieser Tiere, die mit Verhaltensstörungen in der Tierarztpraxis vorgestellt werden. Dieser Leitfaden vermittelt praxisnah und leicht verständlich Grundlagen des Medical Trainings, gibt wertvolle Tipps zur Prävention von Verhaltensstörungen und zeigt Therapieansätze auf. Ein hilfreiches Nachschlagewerk insbesondere für Praxisteams, die nicht auf Verhaltensmedizin spezialisiert sind.

Dr. med. vet. Patricia Solms hat in Gießen studiert und über abnormal-repetitive Verhaltensweisen promoviert. Sie trägt die Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie, praktiziert in eigener Praxis in Mainz, gibt regelmäßig Seminare zu Verhaltensstörungen bei Klein- und Heimtieren für Tierärzte und Tiermedizinische Fachangestellte und ist Autorin zahlreicher Fachpublikationen. www.kleintierpraxis-rheinallee.de

Dr. med. vet. Patricia Solms hat in Gießen studiert und über abnormal-repetitive Verhaltensweisen promoviert. Sie trägt die Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie, praktiziert in eigener Praxis in Mainz, gibt regelmäßig Seminare zu Verhaltensstörungen bei Klein- und Heimtieren für Tierärzte und Tiermedizinische Fachangestellte und ist Autorin zahlreicher Fachpublikationen. www.kleintierpraxis-rheinallee.de

1.1 Allgemeine Einführung


Unter dem Begriff „Heimtiere“ versammelt sich ein breites Spektrum an Tierarten. Diese reichen von kleinen Nagern, wie Mäusen, Ratten und Gerbilen, bis zu etwas größeren Säugetieren, wie Kaninchen, aber auch Reptilien und viele Vogelarten. Die Grundlagen des Lernens sind für alle Tiere gleich. Jedes Tier ist grundsätzlich lernfähig, sonst könnte es nicht überleben, und somit ist auch jedes Tier trainierbar. Dem Lernen sind jedoch natürliche Grenzen gesetzt, z. B. aufgrund anatomischer Gegebenheiten. So kann beispielsweise eine Schildkröte keine Gegenstände mit den Füßen greifen.

Viele Heimtiere gehören zu noch nicht domestizierten Arten, diese sind häufig etwas weniger „fehlertolerant“ als domestizierte Arten, die oft auch dann noch die menschliche Nähe suchen, wenn sie zuvor schon negative Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Bei Wildtieren ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich bei Trainingsfehlern zurückziehen oder nur noch schwer zum Mitmachen zu motivieren sind, deutlich höher. Umso wichtiger ist ein sorgfältig und systematisch aufgebautes Training. Artspezifische Besonderheiten stellen den Halter beim Training vor unterschiedliche Herausforderungen. Beispielsweise kann es bei sehr kleinen, sich schnell bewegenden Tieren, wie z. B. Mäusen, schwieriger sein, im richtigen Moment zu belohnen.

BEACHTE

Das Wissen über das Normalverhalten und die Körpersprache der jeweiligen Art ist Voraussetzung für ein sinnvoll aufgebautes Training. Anhand des Normalverhaltens kann man erkennen, welche Trainingsaufgaben für das Tier leichter zu erlernen sind und welche schwieriger. So ist eine bewegungsaktive Art einfacher zu trainieren, von einer Stelle zu einer anderen zu laufen, während längeres Stillsitzen für sie eine schwierigere Aufgabe darstellt.

Die Anforderungen des Trainings sollten an die Körpersprache des Tieres angepasst werden. Daher ist ein möglichst genaues Wissen über die Körpersprache hilfreich, um den emotionalen Zustand des Tieres zu erkennen: Ist es entspannt, aufmerksam oder schon etwas ängstlich?

Viele Heimtiere lernen am besten, wenn die Trainingseinheiten kurz sind und immer wieder von kleinen Pausen unterbrochen werden.

 

PRAXISTIPP

Grundsätzlich sollte das Training so gestaltet sein, dass das Tier freudig mitarbeitet und viele Erfolgserlebnisse hat (positive Verstärkung).

1.2 Lernverhalten


Alle Tiere lernen permanent, nicht nur wenn der Halter sich entscheidet, mit ihnen zu trainieren. Jedes Mal, wenn ein Mensch in den Wahrnehmungsbereich des Tieres kommt, findet Lernen statt. Wie der Alltag mit den Heimtieren gestaltet wird, hat somit erheblichen Einfluss darauf, ob sich die Tiere in ihrem Zuhause wohlfühlen und wie die gezielt geplanten Trainingseinheiten ablaufen.

Der Ort, an dem der Käfig, das Terrarium oder die Voliere steht, hat erheblichen Einfluss darauf, ob sich die Heimtiere wohlfühlen und wie viel sie vom Alltag der Menschen mitbekommen. Bei den meisten Arten ist es sinnvoll, einen ruhigen Standort zu wählen. Gleichzeitig sollte ein Zimmer gewählt werden, in dem sich regelmäßig Menschen aufhalten. Stehen die Heimtiere in einem nur wenig benutzten Zimmer, neigen zum einen die Halter eher dazu, die Versorgung zu vernachlässigen und zum anderen nehmen viele Heimtiere das Betreten des Zimmers durch einen Menschen als etwas Ungewöhnliches und damit potenziell Bedrohliches wahr.

Ob mit jedem einzelnen Tier intensiv trainiert oder nur eine gewisse Gewöhnung an den Menschen angestrebt wird, hängt stark von der Anzahl der gehaltenen Tiere ab. So halten viele Reptilienzüchter Dutzende bis Hunderte Tiere, sodass ein Einzeltraining nicht möglich ist. Der typische Heimtierhalter hingegen hat nur wenige Tiere und sollte zeitlich in der Lage sein, sich mit diesen Tieren intensiv zu beschäftigen.

1.2.1 Habituation


Bei der Habituation kommt es zu einer „Gewöhnung“ an einen sich wiederholenden Reiz, sodass die Reaktion des Tieres auf diesen Reiz im Laufe der Zeit immer schwächer wird. Die Habituation ist gerade in den ersten Wochen nach dem Einzug neuer Heimtiere wichtig. Im besten Fall gewöhnen sich die Tiere an die typischen Geräusche, Gerüche und optischen Eindrücke des Haushaltes, in dem sie jetzt leben und reagieren auf diese nach einer Weile nicht mehr. Damit die Habituation gelingt, müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:

Der Reiz darf weder positive noch negative Konsequenzen haben.

Der Reiz tritt immer wiederholt auf oder hält über längere Zeit an.

Der Reiz ist so schwach, dass er keine stärkere emotionale Reaktion des Tieres auslöst.

Die Habituation an bestimmte Reize kann sehr unterschiedlich verlaufen: An leise Haushaltsgeräusche, z. B. das Geräusch einer Spülmaschine, gewöhnen sich die meisten Tiere sehr schnell, eine Habituation an das Geräusch des Staubsaugens ist hingegen viel unwahrscheinlicher, weil der Reiz für die meisten Tiere zu stark ist und deshalb ohne eine gezielte Desensibilisierung und Gegenkonditionierung ( Kap. 1.2.2, Kap. 1.2.4) bei ihnen Furcht auslöst. Bei der Beurteilung der Reizintensität müssen unbedingt die unterschiedliche Hör- und Sehfähigkeiten der Tierarten berücksichtigt werden. So hören und kommunizieren manche Arten, z. B. Ratten und Gerbile, auch im Ultraschallbereich, der unserem Ohr nicht zugänglich ist ( Kap. 5.1, Kap. 8.1). Andere Arten, wie z. B. Schlangen, hören nur sehr eingeschränkt und nehmen dafür Erschütterungen und Vibrationen sehr genau war ( Kap. 12.1). Somit würde eine Schlange, wenn ihr Terrarium in der Nähe der Musikanlage steht, die Erschütterungen durch die Bässe deutlich spüren.

1.2.2 Desensibilisierung


Bei der systematischen Desensibilisierung erfolgt ebenfalls eine Gewöhnung an einen Reiz. Diese Gewöhnung wird erreicht, indem das Heimtier gezielt in sehr kleinen Schritten mit dem auslösenden Reiz konfrontiert wird. Damit eine Desensibilisierung gelingt, müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:

Der Reiz muss so schwach sein, dass das Tier nicht oder nur minimal und kurz reagiert.

Die Stärke des Reizes wird in so kleinen Schritten gesteigert, dass das Tier weiter entspannt bleibt und keine Reaktion zeigt.

Der Reiz darf während des Trainings nicht unkontrolliert auftreten.

Beispiel für eine Desensibilisierung

Eine Kornnatter zeigt Anspannung beim Öffnen der Terrarientür, z. B. wenn die Tierhalterin das Wasser wechseln möchte. Dies ist körpersprachlich daran zu erkennen, dass die Schlange ihren Vorderkörper in ein waagrechtes „S“ legt. Außerdem züngelt sie hochfrequent. Damit die Schlange sich an das Öffnen der Tür gewöhnen kann, beginnt die Halterin zunächst damit, nur die Hand an die Scheibe zu legen. Hierauf zeigt die Schlange keine Reaktion. Die Halterin wiederholt diese Bewegung mehrfach. Dann öffnet sie die Scheibe des Terrariums nur circa 1 cm weit und schließt sie danach sofort wieder. So arbeitet sie sich in kleinen Schritten über mehrere Tage vor, bis sie in das Terrarium greifen kann und die Schlange ruhig liegen bleibt. Bis dahin wechselt sie das Wasser regelmäßig an Zeitpunkten, an denen die Schlange sich sowieso in ihr Versteck zurückgezogen hat.

BEACHTE

Nach einer erfolgreichen Desensibilisierung sollte man nicht davon ausgehen, dass das Tier das erwünschte Verhalten auch zukünftig beibehält, sondern man sollte immer bedenken, dass es sich auch wieder ändern kann. Auch wenn Tiere beim Hineingreifen der Halterin in den Käfig oder das Terrarium lange friedlich waren, können hormonelle Veränderungen, z. B. durch Eiablage oder Trächtigkeit, dazu führen, dass die Tiere plötzlich ein aggressives Verhalten zeigen.

1.2.3 Konditionierung


Eine bestimmte Assoziation findet häufig statt und wird fest im Gehirn verankert, das heißt, sie wird erlernt. Es werden zwei Formen der Konditionierung unterschieden:

Klassische Konditionierung

Ein zunächst neutraler Reiz wird mit einem reflexauslösenden Reiz gekoppelt. Hierdurch kommt es nach der Verknüpfung zu einer „reflexartigen“ oder emotionalen Reaktion auf den ursprünglich neutralen Reiz. Diese Reaktion ist nicht bewusst steuerbar und findet weitgehend ortsunabhängig statt.

Beispiel für eine klassische Konditionierung

Ein leises „Clickgeräusch“ hat für das Tier zunächst keine Bedeutung. Erhält das Tier mehrfach sofort nach dem Click eine Futterbelohnung, wird das Geräusch mit dem Futter assoziiert. Da viele...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2022
Reihe/Serie Reihe TFA-Wissen
Zusatzinfo 88 Abbildungen, 2 Tabellen Downloadmaterial: Infoblätter für Patientenbesitzer, Videos
Sprache deutsch
Themenwelt Veterinärmedizin
Schlagworte abnormal-repetitives Verhalten • Aggression • Angst • Desensibilisierung • Ernährung • Haltung • Heimtier • Kaninchen • Kleinsäuger • Kleintier • Konditionierung • Medical Training • Meerschweinchen • Problemverhalten • Reptil • Verhalten • Verhaltensmodifikation • Verhaltensstörung • Verhaltenstherapie • Vogelhaltung
ISBN-10 3-8426-0029-1 / 3842600291
ISBN-13 978-3-8426-0029-4 / 9783842600294
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