Islamic Finance Welche Herausforderungen bestehen für den Finanzplatz Europa? - Sven Gußmann

Islamic Finance Welche Herausforderungen bestehen für den Finanzplatz Europa?

(Autor)

Buch | Softcover
116 Seiten
2014 | Erstauflage
Igel Verlag RWS
978-3-95485-040-2 (ISBN)
44,99 inkl. MwSt
Für die islamischen Finanzinstitute legen der Koran und die Sunna die religiösen und rechtlichen Rahmenbedingungen fest und bilden auch das soziale und ethische Fundament für das gesamte islamische Finanzwesen. Dessen wichtigstes Merkmal ist, dass Geldzinsen grundsätzlich nicht statthaft, ja sogar verboten sind. Ein Geschäftsmodell, bei dem Zinsen für vergebene Darlehen verlangt und auf die Einlagen des Kunden gezahlt werden, kommt für eine konforme Bank nicht in Frage. Noch problematischer ist die Situation für Versicherungsunternehmen, denn das konventionelle Versicherungsgeschäft ist absolut unzulässig. Neben dem Zinsverbot, welches auch die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen betrifft, sind im Islam auch Glückspiel und bestimmte Formen von Unsicherheit in Verträgen verboten. Beispielsweise wird eine Lebensversicherung als Wette auf den Tod verstanden und ist damit weder aus ethischer noch aus rechtlicher Sicht ein im Islam zulässiges Produkt. Die religiösen Restriktionen führen dazu, dass islamische Finanzdienstleistungen für einen Außenstehenden nicht nur kompliziert klingen, sondern auf den ersten Blick auch wenig attraktiv erscheinen. Die Perspektive ändert sich allerdings, wenn man bedenkt, dass jeder vierte Mensch auf Erden ein Muslim ist.

Textprobe:
Kapitel 3, Der Markt und die Zielgruppe:
Gegenwärtig leben ca. 1,5 Mrd. Menschen islamischen Glaubens auf der Erde, das entspricht fast 23 % der Weltbevölkerung, demnach ist fast jeder vierte Mensch auf dem Planeten ein Muslim - was den Islam zur zweitgrößten Weltreligion macht. Geographisch liegen die Kerngebiete mit islamischer Mehrheit im arabischen Raum und dieser wird traditionell in den nordafrikanischen Maghreb (Westen) und in den arabischen Maschrek (Orient) unterteilt. Interessanterweise liegen mit Indonesien, Pakistan, Indien und Bangladesch die vier Staaten, welche für fast die Hälfte aller Muslime eine Heimat darstellen, außerhalb des Ursprungsgebietes. Die ökonomischen Fakten sprechen indes eine sehr wechselhafte Sprache, zum einen zählen mit der Türkei, Saudi-Arabien und Indonesien derzeit drei islamisch geprägte Nationen zu den G-20 Staaten und neben Katar, mit 83.841 Int-$ / Jahr auf Platz 1, befinden sich mit Singapur, Brunei, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten weitere 4 islamische Länder in den Top 20 beim kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf des IMF. Zum anderen befinden sich allerdings am Ende dieser Liste mit Afghanistan, Bangladesch und Mauretanien die Armenhäuser der islamischen Welt mit weniger als 2.100 Int-$ / Jahr. Der rasante wirtschaftliche Aufschwung der arabischen Halbinsel ist eng mit den noch sprudelnden fossilen Rohstoffvorkommen dieser Region verknüpft, sowie die Förderung als auch der Export bilden damit den Großteil des Bruttoinlandproduktes dieser Staaten. Die Kaufkraft, welche sich für das Islamic-Finance-Marktpotenzial verantwortlich zeigt, ist in den Ländern der arabischen Halbinsel bereits vorhanden, und doch führen bisher die wenigsten Muslime ihre Bankgeschäfte Schari a-konform durch. Dazu kommt, dass die Versicherungsdichte und vor allem die Versicherungsdurchdringung (das prozentuale Verhältnis zwischen Prämieneinnahmen und BIP) der islamischen Staaten signifikant unter den Werten ähnlich entwickelter Nationen liegen. Wie dieses Marktpotenzial für den europäischen Islamic-Finance-Markt aussehen könnte, darüber soll die anschließende Markt- und Zielgruppenanalyse Aufschluss geben.
3.1, Die Marktanalyse:
2008 verwalteten weltweit über 300 private islamkonforme Finanzdienstleister ein Gesamtanlagevermögen von ca. 200 Mrd. US-$, dazu zählen Banken, Erst- und Rückversicherer (Takaful- und Retakaful-Operatoren) und die als Islamic Windows bezeichneten Tochtergesellschaften konventioneller Unternehmen. Der Markt wächst seit dem Jahr 2000 kontinuierlich im zweistelligen Prozentbereich und die folgenden vier Kennzahlen unterlegen dies eindrucksvoll:
1. Islamic Banking Assets stiegen um +17% CAGR von 2004 mit 260 Mrd. US-$ bis 2008 auf 487 Mrd. US-$.
2. Emissionsvolumen Sukuk stiegen um + 88% CAGR von 2001 mit 1 Mrd. US-$ bis 2008 (Prognose) auf 49,1 Mrd. US-$.
3.Anzahl islamischer Fonds stieg um + 28% CAGR von 2000 mit 102 Anleihen bis 2009 auf 925 Anleihen.
4. Takaful Prämien stiegen um + 20,4% CAGR von 2004 mit 1,4 Mrd. US-$ bis 2010 (Prognose) auf 4,3 Mrd. US-$.
Die Markperspektiven für Europa:
Das Potenzial des europäischen Marktes für islamische Finanzdienstleistungen wird vor allem durch die nachgenannten Wachstumstreiber vorangeschoben:
1. In der EU leben derzeit ca. 15 Mio. Muslime, dies ist vor allem auf die Zuwan-derung seit den 1960er Jahre und Konversion zurückzuführen. Sie stellen damit nur 3% der gesamten EU-Bevölkerung, aber eine wachsende Minderheit dar.
2. Nur ca. 5% der in Deutschland lebenden Muslime nutzen Islamic Finance.
3. Die Marktdurchdringung für islamkonforme Finanzprodukte liegt bei 15%
4. Der deutsche Markt hat ein Gesamtvolumen von ca. 1,2 Mrd. Euro (Baufinanzierung 400 Mio., Konsumentenkredite 220 Mio. Euro und Geldanlagen 590. Mio. Euro).
5. Die religiösen Muslime würden als Neukunden gewonnen und nicht von konkurrierenden konventionellen Banken oder Versicherungen

Sprache deutsch
Maße 153 x 219 mm
Gewicht 204 g
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
Schlagworte Europa; Wirtschaft • Islamic Banking • Risikomanagement
ISBN-10 3-95485-040-0 / 3954850400
ISBN-13 978-3-95485-040-2 / 9783954850402
Zustand Neuware
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