Arbeitsplatzbezogene Ängste und Arbeitsplatzphobie (eBook)

Phänomenologie, Diagnostik, Behandlung, Sozialmedizin
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2013 | 1. Auflage
234 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-023810-7 (ISBN)

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Arbeitsplatzbezogene Ängste und Arbeitsplatzphobie -  Beate Muschalla,  Michael Linden
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Arbeitsplatzbezogene Ängste führen oft zu Langzeitarbeitsunfähigkeit und Frühberentung und verursachen hohe Kosten. Diagnostik und Therapie sind schwierig und erfordern spezielle Kenntnisse. Das Werk gibt einen Überblick über das Thema unter Einbezug der Arbeitspsychologie und -medizin, der klinischen Psychologie, Psychiatrie und Psychosomatik. Das diagnostische und therapeutische Vorgehen sowie Besonderheiten der sozialmedizinischen Beurteilung werden umfassend beschrieben. ContentPLUS bietet zusätzliche diagnostische Instrumente, die ''Job-Angst-Skala'' und das ''Arbeits-Angst-Interview'', sowie einen Selbsthilfetext für Betroffene.

Dr. Beate Muschalla, Psychologische Psychotherapeutin, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation und am Institut für Arbeitspsychologie der Universität Potsdam. Prof. Dr. Michael Linden, Psychiater, Psychosomatiker und Psychotherapeut. Ärztlicher Direktor des Rehabilitationszentrums Seehof, Chefarzt der Abteilung Verhaltenstherapie und Psychosomatik. Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Berlin.

Dr. Beate Muschalla, Psychologische Psychotherapeutin, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation und am Institut für Arbeitspsychologie der Universität Potsdam. Prof. Dr. Michael Linden, Psychiater, Psychosomatiker und Psychotherapeut. Ärztlicher Direktor des Rehabilitationszentrums Seehof, Chefarzt der Abteilung Verhaltenstherapie und Psychosomatik. Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Berlin.

Deckblatt 1
Inhaltsverzeichnis 7
Vorwort 13
1 Wertigkeit von Arbeit 15
1.1 Organisationsformen der Arbeit in der modernen Industriegesellschaft 15
1.2 Gesellschaftliche Arbeitsethik 17
1.3 Individuelle Arbeitsethik 19
2 Arbeit als positiver Lebensfaktor 21
2.1 Positives Erleben der Arbeit 21
2.2 Arbeitszufriedenheit 21
2.3 Arbeitsmotivation 23
2.4 Charakteristika guter Arbeitsplätze 24
3 Arbeit als Belastungsfaktor 26
3.1 Sachliche Quellen beruflicher Belastung 26
3.2 Soziale Konflikte und Mobbing 28
3.3 Häufigkeiten von Belastungserleben am Arbeitsplatz 31
4 Interaktionsmodelle von Belastung und Belastungsreaktionen 33
4.1 Belastung versus Beanspruchung 33
4.2 Stress 34
4.3 Burnout 34
4.4 Absentismus 35
4.5 Innere Kündigung und Sabotage 36
4.6 Probleme bei der Arbeit infolge psychischer Erkrankungen 37
5 Fähigkeitsbeeinträchtigungen und Leistungsanforderungen am Arbeitsplatz 40
5.1 Person-Umwelt-Passung 40
5.2 Das ICF-Modell von Funktion, Fähigkeit, Kontext und Partizipation 41
5.3 Fähigkeitsbeeinträchtigungen bei psychischen Erkrankungen 42
6 Angst im Kontext von Belastungen am Arbeitsplatz 44
6.1 Leistungsanforderungen und -bewertungen 44
6.2 Rudelverhalten und Rangkämpfe 46
6.3 Bedrohung durch Dritte 47
6.4 Unfallgefahr und Gesundheitsgefährdungen 47
6.5 Unkontrollierbare Veränderungen 49
6.6 Existenzbedrohung 49
7 Angst am Arbeitsplatz im Kontext psychischer Erkrankungen 51
7.1 Hirnorganische Erkrankungen und Teilleistungsstörungen 51
7.2 Suchterkrankungen 52
7.3 Schizophrene und schizotype Erkrankungen 53
7.4 Affektive Erkrankungen 53
7.5 Posttraumatische Störungen und Anpassungsstörungen 54
7.6 Persönlichkeitsstörungen 55
8 Dimensionale Konzepte von arbeitsplatzbezogenen Ängsten 59
8.1 Angst 59
8.2 Arbeitsplatzangst in der Gesundheitsforschung 61
8.3 Gegenstandsbezogene Typisierung von Arbeitsplatzängsten 62
8.4 Psychopathologische Dimensionen arbeitsplatzbezogener Ängste 65
8.5 Die Job-Angst-Skala (JAS) 68
8.6 Die Arbeitsplatzphobieskala 75
8.7 Zusammenhänge zwischen verschiedenen Job-Angst-Dimensionen 79
8.8 Job-Angst und Trait-Angst 79
8.9 Job-Angst bei psychosomatischen Patienten im Vergleich zu somatisch erkrankten Patienten 80
8.10 Job-Angst und Geschlecht 82
8.11 Job-Angst und Arbeitsunfähigkeit 82
8.12 Job-Angst und Arbeitsplatzcharakteristika 84
9 Angsterkrankungen und arbeitsplatzbezogene Angsterkrankungen 86
9.1 Prävalenz und Differenzialdiagnostik von Angsterkrankungen 86
9.2 Arbeitsplatzbezogene Angsterkrankungen 88
9.3 Arbeitsplatzphobie als gemeinsame Endstrecke verschiedener Grunderkrankungen 91
9.4 Das strukturierte Arbeits-Angst-Interview (AAI) 93
9.5 Prävalenz arbeitsplatzbezogener Angsterkrankungen bei Psychosomatikpatienten 95
9.6 Komorbiditäten zwischen klassischen Angsterkrankungen und Arbeitsplatzangsterkrankungen 97
9.7 Nosologischer Status arbeitsplatzbezogener Angsterkrankungen 100
10 Kontext- und personbezogene Vulnerabilitäts- und Resilienzfaktoren bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 103
10.1 Berufsfeldanforderungen als Umwelt-Kontextfaktoren bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 103
10.2 Das soziale Netz als Umwelt-Kontextfaktor bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 106
10.3 Herzerkrankung als Person-Kontextfaktor bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 110
10.4 Clusteranalytische Typologisierung von Patienten mit Job-Ängsten anhand von Kontextfaktoren 112
11 Sozialmedizinische Aspekte bei arbeitsplatzbezogenen Angsterkrankungen 117
11.1 Häufigkeiten von Leistungsminderung und Arbeitsunfähigkeit bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 117
11.2 Sozialmedizinische Begutachtung bei Arbeitsplatzängsten 124
11.3 Kasuistik einer Arbeitsfähigkeitsbeurteilung bei Arbeitsangst 130
11.4 Grad der Behinderung (GdB) und Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 133
11.5 Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung 135
12 Prävention von arbeitsplatzbezogenen Ängsten durch betriebliche Gesundheitsförderung und organisationale Hilfen 138
12.1 Betriebliche Gesundheitsförderung bezüglich psychischer Belastungen 138
12.2 Prävention von Arbeitsplatzängsten durch Kommunikations- und Führungsverhalten 140
12.3 Angstreduktion durch Kooperation und Teamarbeit zwischen Mitarbeitern 144
12.4 Bibliotherapie als Selbsthilfe bei Ängsten am Arbeitsplatz 146
12.5 Ansprechpartner im Betrieb 147
12.6 Mobbing-Beratungsstellen 149
13 Behandlungsansätze bei arbeitsplatzbezogenen Ängsten 150
13.1 Allgemeine Therapieprinzipien bei Arbeitsplatzängsten 150
13.2 Diagnostik und Erarbeitung eines psychologischen Störungsmodells 151
13.3 Besonderheiten der Exploration bei Arbeitsplatzängsten 155
13.4 Symptom- und störungsorientierte Behandlung bei Arbeitsplatzängsten 159
13.5 Fähigkeitsorientierte Psychotherapie 168
13.5.1 Fähigkeitstraining 169
13.5.2 Kompensation bei überdauernden Fähigkeitsstörungen 172
13.5.3 Standardisierte Gruppen zum Training arbeitsbezogener Fähigkeiten 173
13.6 Kontextorientierte Therapie 176
13.6.1 Grundlagen der kontextorientierten Therapie 176
13.6.2 Berufliche Belastungserprobung 179
13.6.3 Stufenweise Wiedereingliederung 181
13.6.4 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) 182
13.6.5 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) 184
13.6.6 Return-to-work-Programme 187
13.6.7 Entfernung vom Arbeitsplatz: Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit als Therapiemaßnahme 188
13.7 Behandlung von Arbeitsplatzangsterkrankungen in speziellen Settings 192
13.7.1 Die Aufgabe niedergelassener Ärzte bei Arbeitsplatzängsten 192
13.7.2 Richtlinienpsychotherapie bei arbeitsplatzbezogenen Angsterkrankungen 195
13.7.3 Die Rolle der stationären psychosomatischen Rehabilitation bei Arbeitsplatzängsten 196
14 Fallbeispiele von arbeitsplatzbezogenen Ängsten und Behandlungsverläufen 200
14.1 »Das ist doch verrückt: Ich komme da nicht mehr rein?!« – Arbeitsplatzphobie nach depressiver Episode und Insuffizienzerinnerung 200
14.2 »Ich werde gemobbt!« – Spezifische soziale Phobie vor der Chefin 203
14.3 »Wenn ich einen Fehler mache . . .« – Arbeitsplatzbezogene generalisierte Sorgenangst 205
14.4 »Meine Existenz wurde zerstört« – Anpassungsstörung mit Verbitterungsaffekt und sekundärer Arbeitsplatzphobie 208
15 Schlussbemerkungen und Ausblick 211
Literatur 213
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 232
Stichwortverzeichnis 233

1          Wertigkeit von Arbeit


1.1       Organisationsformen der Arbeit in der modernen Industriegesellschaft


In der Arbeitspsychologie wird »Arbeit« verstanden als ein Grundaspekt menschlicher Lebenswirklichkeit, eine zielgerichtete, zweckrationale Tätigkeit, die der Daseinsvorsorge und Schaffung optimaler Lebensverhältnisse dient. Arbeit ist aufgabenbezogen und mit gesellschaftlichem Sinngehalt versehen. Es handelt sich um einen vermittelnden Prozess zwischen Mensch und Umwelt, der sich in eingreifenden und verändernden Tätigkeiten äußert (Giese 1927; Rohmert 1972; Fürstenberg 1975; Schmale 1983).

Für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit verwendet der erwachsene Mensch einen Großteil seines Tages. Daher macht der Arbeitsplatz schon zeitlich einen großen Teil seiner sozialen Umwelt aus. Die Art der Tätigkeit trägt zum Ansehen in der Gesellschaft und zur finanziellen Sicherheit bei. Arbeit ist ein wesentlicher Teil der Selbstverwirklichung eines Menschen, bestimmend für sein Selbstbild und seine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten, die beeinflusst werden sowohl von den materiellen und organisationalen Arbeitsbedingungen als auch von den Mitarbeitern. Zudem beeinflusst die Arbeitssituation auch viele andere Lebensbereiche der Person. Zufrieden zu sein mit der Arbeitssituation ist mitentscheidend für die generell erlebte Lebenszufriedenheit (Schumacher et al. 1995).

Im Laufe der Jahrhunderte, aber speziell auch in den letzten Jahrzehnten vollzogen und vollziehen sich zahlreiche Wandlungsprozesse in der Arbeitswelt. Eine Wandlung betrifft die mit dem industriellen Fortschritt einhergehende Veränderung der Arbeit von der Hand- zur Kopf-, zur Dienstleistungs- und seit neuestem zur computerisiert-kontrollierten Arbeit.

Je nach Art der Arbeit verändern sich auch die Anforderungen und Freiheitsgrade für die Arbeitstätigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten: Standen früher überwiegend körperlich fordernde Arbeiten im Vordergrund, bei denen sozioemotionale und kognitive Fähigkeiten nachrangig waren (z. B. beim Heu-Rechen auf dem Feld), erforderten Arbeitsplätze seit der Mechanisierung mehr kognitive Leistungen (z. B. Konzentration als Kranführer), oder Schnelligkeit bei der Ausführung sehr spezialisierter Handlungsabläufe (z. B. Einscannen von Waren an der Supermarktkasse). Mit Zunahme von Arbeitsfeldern im Dienstleistungssektor traten zunehmend soziale Kompetenzen und sogenannte Soft Skills in den Vordergrund.

Die moderne Arbeitswelt erfordert in den meisten Berufen hohe Anpassungsleistungen, Flexibilität und Multitaskingfähigkeiten der arbeitenden Menschen. So muss eine »einfache« Verkäuferin im Supermarkt sich jederzeit flexibel in ständig wechselnden Situationen adäquat verhalten. Sie muss freundlich mit genervten Kunden umgehen, kompetent Auskünfte über die Waren geben, Waren heben und einsortieren, kassieren und das passende Geld herausgeben, aufpassen, dass keine Waren gestohlen werden, und dies ggf. als Alleinbesetzung und Alleinverantwortliche ihrer Schicht in einer Filiale, mit der prinzipiell jederzeitigen Möglichkeit eines Raubüberfalls. Eine besondere Belastung der modernen Arbeitsbedingungen stellt die Kontrolle der Arbeitsleistung im Rahmen von Qualitätssicherung, Zielvorgaben oder Benchmarking dar, die häufig auch noch computergestützt online erfolgt. So werden heute selbst Verkäuferinnen an der Supermarktkasse permanent per Computer überwacht, wie viele Waren sie pro Minute über den Scanner ziehen. Verkäuferinnen in Boutiquen erhalten am Abend eine Rückmeldung, wie viele Kunden den Laden betreten haben und wie viele Käufe getätigt worden sind. Putzfrauen in Hotels bekommen Minutenvorgaben pro Zimmer. Schreibkräften wird die Zahl der Anschläge vorgerechnet usw. Bei vielen Arbeitsplätzen gibt es regelmäßig anonyme Kontrollen des Arbeitsverhaltens durch Supervisoren, wenn nicht gleich eine Dauerüberwachung per Videokamera erfolgt.

Die Frage ist, welche Voraussetzungen eine Person mitbringen muss, um diese Rahmenbedingungen oder Anforderungen erfüllen zu können, und dies umso mehr, als eine einfache angelernte Tätigkeit als Verkäuferin als Standard für den »allgemeinen Arbeitsmarkt« angesehen werden kann, d. h. grundsätzlich von jedermann zu erbringen sein sollte.

Bei der Beurteilung von Arbeitsplatzanforderungen können drei unterschiedliche Referenzen zugrunde gelegt werden, d. h. (a) der konkrete Arbeitsplatz, (b) der konkrete Beruf bzw. das allgemeine Berufsfeld und (c) der allgemeine Arbeitsmarkt. Bezogen auf den aktuellen Arbeitsplatz ist zu präzisieren, was der Betreffende konkret an Tätigkeiten ausübt. Generelle Berufsbezeichnungen wie bspw. »Krankenschwester« sind nicht geeignet, berufliche Anforderungen hinreichend abzubilden. Eine Krankenschwester kann je nach Einsatzort verschiedenste Tätigkeiten ausüben: Als Pflegedienstleitung übt sie bspw. überwiegend am Schreibtisch organisatorische und planerische Tätigkeiten aus und hat selbst wenig Patientenkontakte. Im Blutspendedienst muss sie zügig die Patienten nach einem festen Muster abfertigen, wobei sie ohne besondere kommunikative und empathische Leistungen auskommen kann. In einer psychiatrischen Akutstation führt sie möglicherweise Gruppentherapien durch, stellt Medikamente, hält regelmäßige Kontakte zu allen Patienten und benötigt die Fähigkeit, mit deren emotionalen Auslenkungen professionell umzugehen. In einem Pflegeheim muss sie zusätzlich auch noch schwer heben können. Diese Vielfalt an potentiellen Tätigkeiten eines Menschen mit einer bestimmten Berufsqualifikation, hier bspw. Krankenschwester, beschreibt das berufsbezogene Anforderungsprofil. Es umfasst alles, was jemandem mit der gegebenen Ausbildung übertragen werden kann.

Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst alle Tätigkeiten, die einem Arbeitssuchenden zumutbar sind. Vom Grundsatz her kann ein Arbeitssuchender vom Arbeitsamt auf jeden beliebigen Arbeitsplatz verwiesen werden. Es gibt keine speziellen Tätigkeitsbeschreibungen und kein spezifisches Fähigkeitsprofil, die die Anforderungen auf dem »allgemeinen Arbeitsmarkt« charakterisieren. Dementsprechend kommen alle Anlerntätigkeiten in Frage wie z. B. eine »einfache« Verkaufstätigkeit, eine Arbeit als Reinigungskraft, eine Anstellung in einem Holund Bringedienst oder in einer Registratur. Es können also auch alle denkbaren Fähigkeiten für »Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt« bedeutsam sein. Als Modell für den allgemeinen Arbeitsmarkt kann man sich ein Hotel vorstellen. Dort gibt es Gartenarbeiter, Reinigungskräfte, Handwerker, Kellner, Empfangsdamen, Büromitarbeiter, Verwaltungsangestellte und Manger, d. h. Berufe mit unterschiedlichen mentalen Anforderungen, so dass für Menschen mit unterschiedlichsten persönlichen Voraussetzungen, d. h. in der Terminologie der ICF »Personfaktoren« (WHO 2001), auf ihnen mögliche und zumutbare Tätigkeiten verwiesen werden können.

1.2       Gesellschaftliche Arbeitsethik


Die Bedeutung von »Arbeit« im Lebenskonzept wie auch die Einstellung eines Berufstätigen zu seiner Tätigkeit hängen sowohl vom kulturell-gesellschaftlichen als auch individuellen Hintergrund und der Arbeitsethik ab. Unterschiedliche Gesellschaften, Gesellschaftsphilosophien und Religionen lassen sich auch durch ihre Aussagen zu Wettbewerbsorientierung, Leistungsstreben und Arbeitsethik beschreiben und unterscheiden (Furnham et al. 1994).

Arbeitsethik bedeutet auf der gesellschaftlichen Ebene allgemeingültige Normen und Maximen der arbeitsbezogenen Lebensführung im Zusammenhang mit der Verantwortung für Andere. Im Laufe der Geschichte, von der Antike über das Mittelalter bis heute, gab es viele Wandlungen im Verhältnis der Menschen zur Arbeit: Im antiken Griechenland war körperliche Arbeit eher verpönt. Das Philosophieren dagegen war hochgeschätzt und setzte Muße voraus. Die einzige Philosophie der Antike, in der die Arbeit gepriesen wurde, war der Stoizismus. Im Mittelalter wurde Arbeit bis zur Reformation weitgehend als Mühsal und Strafe aufgefasst. Der Kirchenvater Augustinus betont bspw., dass im Paradies »lobenswerte Arbeit nicht mühselig« sei (Drobner 2000), während die Strafe in der Hölle in ewiger Arbeit bestünde.

Im Gegensatz dazu ist die protestantische Arbeitsethik (Weber 1904) gekennzeichnet durch die Vorstellung von Arbeit als Pflicht, die nicht in Frage gestellt wird, d. h. fast als eine Art der Erfüllung eines göttlichen Auftrags. Die Arbeit bildet den Mittelpunkt des Lebens, um den herum sich der Mensch Freizeit gestaltet. Diametral zur katholisch-vorreformatorischen Auffassung erklärte der reformierte Geistliche Johann Kaspar Lavater im 18. Jahrhundert, selbst im Himmel könnten Menschen ohne eine Beschäftigung...

Erscheint lt. Verlag 5.9.2013
Zusatzinfo 14 Tab.
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Angststörungen • Arbeitsangst • Arbeitsplatzphobie
ISBN-10 3-17-023810-8 / 3170238108
ISBN-13 978-3-17-023810-7 / 9783170238107
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