Nathan der Weise (eBook)
237 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960758-0 (ISBN)
Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen - 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.
Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen – 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.
Nathan der Weise.
Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen
Anhang
1. Zur Textgestalt
2. Anmerkungen
3. Leben und Zeit
3.1 Biografie
3.2 Leben als Schriftsteller
3.2.1 Innere Biografie als problematischer Gegenstand
3.2.2 Vertrauen auf den Zufall und Widerspruch
3.2.3 Verzicht auf endgültige Ziele
4. Entstehungsgeschichte
4.1 Der Fragmenten-Streit
4.1.1 Begriffliche Orientierung
4.1.2 Positionen im Fragmenten-Streit
4.1.3 Reaktionen im Fragmenten-Streit
4.2 Der Stoff und seine Tradition
4.2.1 Die Ringparabel und ihr Vorbild
4.2.2 Historische Quellen
5. Rezeption – Texte zur Diskussion
5.1 Was ist Aufklärung? Warum Lessing lesen?
5.2 Zur Konstruktion des Dramas
5.2.1 Gisbert Ter-Nedden: Das Böse als das Verfehlen des Guten
5.2.2 Thomas Koebner: "Der Stil der Korrektur"
5.2.3 Willi Goetschel: Die Bedeutung der Praxis
5.3 Zum Wettstreit der Religionen
5.3.1 Karl-Josef Kuschel: "Die große Wende in der Religionstheologie"
5.3.2 Gisbert Ter-Nedden: Religion als self-fulfilling prophecy
5.3.3 Peter Sloterdijk: Die Postmodernität der Ringparabel
5.4 Zum Bild des Juden im Drama und seiner Rezeption
5.4.1 Thomas Koebner: "Nathan der Jude"
5.4.2 Thomas Koebner: Nathan, Nationalsozialismus und Antisemitismus
6. Literaturhinweise
[7]Erster Aufzug
Erster Auftritt
Szene: Flur in Nathans Hause.
NATHAN von der Reise kommend. DAJA ihm entgegen.
DAJA.
Er ist es! Nathan! – Gott sei ewig Dank,
Dass Ihr doch endlich einmal wiederkommt.
NATHAN.
Ja, Daja; Gott sei Dank! Doch warum endlich?
Hab ich denn eher wiederkommen wollen?
Und wiederkommen können? Babylon
Ist von Jerusalem, wie ich den Weg,
Seitab bald rechts, bald links, zu nehmen bin
Genötigt worden, gut zweihundert Meilen;
Und Schulden einkassieren, ist gewiss
10Auch kein Geschäft, das merklich födert, das
So von der Hand sich schlagen lässt.
DAJA.
O Nathan,
Wie elend, elend hättet Ihr indes
Hier werden können! Euer Haus …
NATHAN.
Das brannte.
So hab ich schon vernommen. – Gebe Gott,
Dass ich nur alles schon vernommen habe!
DAJA.
Und wäre leicht von Grund aus abgebrannt.
NATHAN.
Dann, Daja, hätten wir ein neues uns
Gebaut; und ein bequemeres.
DAJA.
Schon wahr! –
Doch Recha wär bei einem Haare mit
20Verbrannt.
NATHAN.
Verbrannt? Wer? meine Recha? sie? –
Das hab ich nicht gehört. – Nun dann! So hätte
Ich keines Hauses mehr bedurft. – Verbrannt
Bei einem Haare! – Ha! sie ist es wohl!
Ist wirklich wohl verbrannt! – Sag nur heraus!
[8]Heraus nur! – Töte mich: und martre mich
Nicht länger. – Ja, sie ist verbrannt.
DAJA.
Wenn sie
Es wäre, würdet Ihr von mir es hören?
NATHAN.
Warum erschreckest du mich denn? – O Recha!
O meine Recha!
DAJA.
Eure? Eure Recha?
DAJA.
Nennt Ihr alles,
Was Ihr besitzt, mit ebenso viel Rechte
Das Eure?
NATHAN.
Nichts mit größerm! Alles, was
Ich sonst besitze, hat Natur und Glück
Mir zugeteilt. Dies Eigentum allein
Dank ich der Tugend.
DAJA.
O wie teuer lasst
Ihr Eure Güte, Nathan, mich bezahlen!
Wenn Güt’, in solcher Absicht ausgeübt,
Noch Güte heißen kann!
NATHAN.
In solcher Absicht?
In welcher?
DAJA.
Mein Gewissen …
NATHAN.
40 Daja, lass
Vor allen Dingen dir erzählen …
DAJA.
Mein
Gewissen, sag ich …
NATHAN.
Was in Babylon
Für einen schönen Stoff ich dir gekauft.
So reich, und mit Geschmack so reich! Ich bringe
Für Recha selbst kaum einen schönern mit.
DAJA.
Was hilft’s? Denn mein Gewissen, muss ich Euch
Nur sagen, lässt sich länger nicht betäuben.
NATHAN.
Und wie die Spangen, wie die Ohrgehenke,
Wie Ring und Kette dir gefallen werden,
50Die in Damaskus ich dir ausgesucht:
Verlanget mich zu sehn.
[9]DAJA.
So seid Ihr nun!
Wenn Ihr nur schenken könnt! nur schenken könnt!
NATHAN.
Nimm du so gern, als ich dir geb: – und schweig!
DAJA.
Und schweig! – Wer zweifelt, Nathan, dass Ihr nicht
Die Ehrlichkeit, die Großmut selber seid?
Und doch …
NATHAN.
Doch bin ich nur ein Jude. – Gelt,
Das willst du sagen?
DAJA.
Was ich sagen will,
Das wisst Ihr besser.
NATHAN.
Nun so schweig!
DAJA.
Ich schweige.
Was Sträfliches vor Gott hierbei geschieht,
60Und ich nicht hindern kann, nicht ändern kann, –
Nicht kann, – komm’ über Euch!
NATHAN.
Komm’ über mich! –
Wo aber ist sie denn? wo bleibt sie? – Daja,
Wenn du mich hintergehst! – Weiß Sie es denn,
Dass ich gekommen bin?
DAJA.
Das frag ich Euch!
Noch zittert ihr der Schreck durch jede Nerve.
Noch malet Feuer ihre Phantasie
Zu allem, was sie malt. Im Schlafe wacht,
Im Wachen schläft ihr Geist: halb weniger
Als Tier, bald mehr als Engel.
DAJA.
70 Diesen Morgen lag
Sie lange mit verschlossnem Aug’, und war
Wie tot. Schnell fuhr sie auf, und rief: »Horch! horch!
Da kommen die Kamele meines Vaters!
Horch! seine sanfte Stimme selbst!« – Indem
Brach sich ihr Auge wieder: und ihr Haupt,
Dem seines Armes Stütze sich entzog,
[10]Stürzt auf das Küssen. – Ich, zur Pfort’ hinaus!
Und sieh: da kommt Ihr wahrlich! kommt Ihr wahrlich! –
Was Wunder! ihre ganze Seele war
Die Zeit her nur bei Euch – und ihm. –
NATHAN.
80 Bei ihm?
Bei welchem Ihm?
DAJA.
Bei ihm, der aus dem Feuer
Sie rettete.
NATHAN.
Wer war das? wer? – Wo ist er?
Wer rettete mir meine Recha? wer?
DAJA.
Ein junger Tempelherr, den, wenig Tage
Zuvor, man hier gefangen eingebracht,
Und Saladin begnadigt hatte.
NATHAN.
Wie?
Ein Tempelherr, dem Sultan Saladin
Das Leben ließ? Durch ein geringres Wunder
War Recha nicht zu retten? Gott!
NATHAN.
Wo ist er, Daja, dieser edle Mann? –
Wo ist er? Führe mich zu seinen Füßen.
Ihr gabt ihm doch vors Erste, was an Schätzen
Ich euch gelassen hatte? gabt ihm alles?
Verspracht ihm mehr? weit mehr?
DAJA.
Wie konnten wir?
NATHAN.
Nicht? nicht?
DAJA.
Er kam, und niemand weiß woher.
Er ging, und niemand weiß wohin. – Ohn alle
Des Hauses Kundschaft, nur von seinem Ohr
100Geleitet, drang, mit vorgespreiztem Mantel,
Er kühn durch Flamm’ und Rauch der Stimme nach,
Die uns um Hülfe rief. Schon hielten wir
Ihn für verloren, als aus Rauch und Flamme
Mit eins er vor uns stand, im starken Arm
Empor sie tragend. Kalt und ungerührt
[11]Vom Jauchzen unsers Danks, setzt seine Beute
Er nieder, drängt sich unters Volk und ist –
Verschwunden!
NATHAN.
Nicht auf immer, will ich hoffen.
DAJA.
Nachher die ersten Tage sahen wir
110Ihn untern Palmen auf und nieder wandeln,
Die dort des Auferstandnen Grab umschatten.
Ich nahte mich ihm mit Entzücken, dankte,
Erhob, entbot, beschwor, – nur einmal noch
Die fromme Kreatur zu sehen, die
Nicht ruhen könne, bis sie ihren Dank
Zu seinen Füßen ausgeweinet.
NATHAN.
Nun?
DAJA.
Umsonst! Er war zu unsrer Bitte taub;
Und goss so bittern Spott auf mich besonders …
NATHAN.
Bis dadurch abgeschreckt …
DAJA.
Nichts weniger!
120Ich trat ihn jeden Tag von neuem an;
Ließ jeden Tag von neuem mich verhöhnen.
Was litt ich nicht von ihm! Was hätt ich nicht
Noch gern ertragen! – Aber lange schon
Kommt er nicht mehr, die Palmen zu besuchen,
Die unsers Auferstandnen Grab...
Erscheint lt. Verlag | 18.5.2015 |
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Reihe/Serie | Reclam XL – Text und Kontext |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
Schulbuch / Wörterbuch ► Lektüren / Interpretationen ► Deutsch | |
Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Literaturwissenschaft | |
Schlagworte | 18. Jahrhundert • Aufklärung • Buch Nathan • Buch Nathan der Weise • Buch Reclam • Buecher Klassiker der Weltliteratur • Deutsch Abitur Nordrhein-Westfalen • Deutsch Abitur NordrheinWestfalen • Deutsch Abitur NRW • Deutsch Abitur Saarland • Deutschlektüre • Deutschunterricht • Deutschunterricht Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise • Drama • Drama Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise • Empfindsamkeit • Ephraim Lessing • Ephraim Lessing Nathan • G.E. Lessing Nathan der Weise • Gotthold Ephraim Lessing • Lektuerenhilfe Nathan der Weise • Lektüre • Lektürehilfen Nathan der Weise • lessing nathan • lessing nathan der weise • Lessing Nathan der Weise Reclam • Lessing Nathan Reclam • Literatur Epoche Aufklärung • Literaturunterricht • Mathan der Weise • Nahan Der Weise • Nartan der Weise • Natahn der Weise • Natan der Weise • Natan Der Weise Klett • Natan der Weise Lektuere • Natan der Weisse • Natha der Weise • Natham der Weise • Nathan der • Nathan Der Waise • Nathan der Wei • Nathan Der Weis • Nathan derweise • Nathan der Weise • Nathander Weise • Nathan der Weise Ausgabe Studium • Nathan der Weise Buch • Nathan der Weise Buch Reclam • Nathan der Weise Deutsch • Nathan der Weise Editionsgeschichte • Nathan der Weise Einfach • Nathan der Weise Einfach Klassisch • Nathan der Weise Erlaeuterung • Nathan der Weise Gebraucht • Nathan der Weise Hamburger Lesehefte • Nathan der Weise Interpretation • Nathan der Weise Interpretationshilfe • Nathan der Weise Lehrer • Nathan der Weise Lektuere • Nathan der Weise Lektuerehilfe • Nathan der Weise Lektuereschluessel • Nathan der Weise Lektürehilfe • Nathan der Weise Lektüreschlüssel • Nathan der Weisen • Nathan der Weise Original • Nathan der Weise Reclam • Nathan der Weise Reklam • Nathan der Weise Schulbuch • Nathan der Weise Sekundaerliteratur • Nathan der Weise Studium • Nathan der Weise Taschenbuch • Nathan der Weise Text • Nathan der Weise Textausgabe • Nathan der Weise Textvarianten • Nathan der Weise Universität • Nathan der Weise Unterricht • Nathan der Weise Unterrichtsmaterial • Nathan der Weise Unterrichtsmodell • Nathan der Weise Variantenapparat • Nathan der Weise verstehen • Nathan der Weiss • Nathan der Weisse • Nathan der Weisse Reclam • Nathan der Weose • Nathan der Wiese • Nathan Reclam • Nathan und der Weise • Nathan Weise • Nathn der Weise • Reclam Bücher • Reclam Buecher • Reclam Hefte • Reclam Klassiker • Reclam Lektüreschlüssel • Reclam Lessing • Reclam Schiller • Reclam Universal Bibliothek • Reclam Verlag • Reclam XL • Ringparabel • Schule • Schullektüre • Schullektüre Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise • Sekundarstufe • Sekundarstufe Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise • Text und Kommentar • Unterricht • Versdrama • Weltreligionen |
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ISBN-13 | 978-3-15-960758-0 / 9783159607580 |
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