Hitler (eBook)

Biographie
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2015 | 1. Auflage
1296 Seiten
Siedler (Verlag)
978-3-641-11405-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hitler -  Peter Longerich
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Die große Hitler-Biographie. Eine Darstellung, die neue Maßstäbe setzt
Tyrann, Psychopath, Vollstrecker eines rassenideologischen »Programms« - oder gar charismatischer »Führer«, dem seine Anhänger »entgegengearbeitet« haben? Peter Longerich geht in seiner neuen Biographie über die bisherigen Hitler-Deutungen hinaus: Er entwirft das Bild eines Diktators, der weit mehr und viel aktiver als bisher angenommen in die unterschiedlichsten Politikbereiche persönlich eingriff. Und dabei nicht selten überraschend flexibel handelte.

Ob Außenpolitik und Kriegführung, Terror und Massenmord, Kirchenpolitik, Kulturfragen oder Alltagsleben der Deutschen - überall bestimmte Hitler, bis in Details hinein, die Politik des Regimes. Durch seine persönlichen Entscheidungen prägte er es auf eine Weise, die bislang unterschätzt wird. Konsequent zerschlug er Machtstrukturen, die ihn behinderten, und schuf stattdessen eine Führerdiktatur - in seiner schließlich fast grenzenlosen Macht war er auf die Zustimmung der Bevölkerung nicht mehr angewiesen.

Diese Biographie rückt die Person Hitler und ihr Handeln in das Zentrum der Geschichte des Nationalsozialismus: Denn erst das Zusammenspiel der Kräfte, die Hitler bewegten, mit jenen, die er selbst in Bewegung setzte, lässt uns erkennen, was das »Dritte Reich« im Innersten zusammenhielt.

Peter Longerich, geboren 1955, lehrte als Professor für moderne Geschichte am Royal Holloway College der Universität London und war Gründer des dortigen Holocaust Research Centre. Von 2013 bis 2018 war er an der Universität der Bundeswehr in München tätig. Er war einer der beiden Sprecher des ersten unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus des Deutschen Bundestags und Mitautor der Konzeption des Münchner NS-Dokumentationszentrums. Seine Bücher über die »Politik der Vernichtung« (1998) und ihre Resonanz in der deutschen Bevölkerung, »Davon haben wir nichts gewusst!« (2006), sind Standardwerke. Seine Biographien über »Heinrich Himmler« (2008), »Joseph Goebbels« (2010) und »Hitler« (2015) fanden weltweit Beachtung. Zuletzt erschienen »Wannseekonferenz« (2016), »Antisemitismus. Eine deutsche Geschichte« (2021) sowie »Die Sportpalast-Rede 1943. Goebbels und der totale Krieg« (2021)

Einleitung

In der gesamten modernen Geschichte gibt es wohl keine andere Figur, die in relativ kurzer Zeit eine solche Machtfülle auf sich vereinigt hat wie Adolf Hitler, die diese Macht so exzessiv missbraucht hat und die schließlich so zäh daran festgehalten hat wie er – bis zum völligen Zusammenbruch seiner Herrschaft und unter Preisgabe von Millionen von Menschenleben. Hitler ist somit ein extremes Beispiel für persönliche Machtentfaltung und monströsen Machtmissbrauch, ein Phänomen, das den Rahmen einer konventionellen historischen Biographie sprengt. Auch die bei Historikern übliche Gegenüberstellung von Struktur und Persönlichkeit greift in Hitlers Fall zu kurz. Denn wir haben es mit einem Herrscher zu tun, der nicht innerhalb vorgegebener, verfassungspolitischer Rahmenbedingungen und allgemein akzeptierter Spielregeln eines politischen Systems agierte, sondern der diese Rahmenbedingungen niederriss und sich neue Herrschaftsstrukturen schuf. Diese Strukturen waren unauflöslich mit seiner Person verbunden, ja seine Diktatur stellte generell ein außerordentliches Beispiel für personalisierte Herrschaft dar. Die »Strukturen« des Regimes sind nicht ohne Hitler denkbar, und Hitler ist ohne seine Ämter nichts.

Dennoch lässt sich das Phänomen dieser Herrschaft nicht auf die Person Hitlers reduzieren oder aus seiner Lebensgeschichte heraus auch nur annähernd erklären. Man muss stattdessen sehr viel weiter ausgreifen und die Geschichte der gesamten Epoche in den Blick nehmen: das Phänomen des Nationalsozialismus, seine Ursachen, seine Verwurzelung in der deutschen Geschichte, das Verhältnis »der Deutschen« zu Hitler und anderes mehr. Droht bei einer zu persönlichkeitsbezogenen Interpretation ein Rückfall in einen »Hitlerismus« mit apologetischen Vorzeichen, so lauert bei der umfassenden Erläuterung der historischen Umstände und Bedingungen die gegenteilige Gefahr, dass Hitler als handelnde Person verlorengeht und zur bloßen Marionette äußerer Umstände, zur Projektionsfläche zeitgenössischer Strömungen wird. Das hieße aber, ausgerechnet Hitler in seiner historischen Bedeutung zu marginalisieren und seine persönliche Verantwortung in einem historischen Prozess verschwinden zu lassen.

Die extreme Konzentration von Macht in den Händen einer einzelnen Person aus dem Zusammenspiel von äußeren Umständen und ihrem persönlichen Handeln zu erklären, ist somit das zentrale Problem einer Hitler-Biographie. Es geht darum, einerseits die Kräfte darzustellen, die Hitler bewegten, und andererseits die Kräfte, die Hitler in Bewegung setzte.

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist der Nationalsozialismus heute keineswegs vollständig oder auch nur annähernd vollständig erforscht. Im Gegenteil: Die historische Forschung zum Nationalsozialismus, mittlerweile hochgradig ausdifferenziert, fördert unablässig neue Erkenntnisse zu den verschiedensten Aspekten der NS-Bewegung und -Herrschaft zutage. Zieht man einen Querschnitt durch diese Forschungen, so wird eines deutlich: Hitler war in wesentlich größerem Umfang in den verschiedensten Politikbereichen aktiv tätig, als dies bisher vielfach angenommen wurde. Die Bedingungen dafür schuf er sich selbst: Er ließ den traditionellen staatlichen Machtapparat Schritt für Schritt in seine Bestandteile zerfallen, sorgte dafür, dass sich keine neuen, übersichtlichen Machtstrukturen herausbildeten, und vergab stattdessen weitgesteckte Aufträge an Personen, die ihm persönlich verantwortlich waren. Diese konsequent personalistische Führung erlaubte es ihm, in den unterschiedlichsten Bereichen weitgehend willkürlich zu intervenieren, und diese Möglichkeiten hat er in seiner Regierungspraxis ausgiebig genutzt, wie gerade die Forschung der letzten beiden Jahrzehnte herausgearbeitet hat. Da es aber, entsprechend der unübersichtlichen Struktur seiner Herrschaft, keine zentral gebündelte und umfassende Quellenüberlieferung von Hitlers Herrschaftsausübung gibt, entsteht erst aus den zahlreichen Detailforschungen das Mosaik einer vielfältigen, häufig informellen Entscheidungsbildung des Diktators; er hielt, dies wird immer deutlicher, in einer ganzen Reihe von zentralen Politikbereichen tatsächlich die Zügel in der Hand und kümmerte sich (wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlicher Intensität) um Detailfragen sowie um das politische Tagesgeschäft. Dies wird im Folgenden nicht nur für die Außenpolitik gezeigt, sondern insbesondere für die Judenverfolgung und die »Erbgesundheitspolitik« des NS-Staates, aber auch für verfassungsrechtliche Fragen, für die Aufrüstung und die Versuche, ihre volkswirtschaftlichen Folgen auszubalancieren, für die Kirchen- und Kulturpolitik, die Propaganda sowie den Komplex der Parteiführung; hinzu kamen während des Krieges die militärische Führung der Wehrmacht und ihre Ausrüstung sowie für die »Heimatfront« wichtige Faktoren wie Ernährung oder Frauenarbeit.

Im Laufe der Zeit schuf sich Hitler einen enormen persönlichen Handlungsspielraum, ja auf einigen Politikfeldern geradezu eine Handlungsautonomie. Er war in der Lage, über Krieg oder Frieden zu entscheiden, er legte die Grundlagen für die »Neuordnung« des europäischen Kontinents nach eigenem Gutdünken fest, er entschied über Genozid und andere Massenmorde willkürlich aufgrund »rassischer« Gesichtspunkte. Dieser in der modernen europäischen Geschichte wohl einzigartige Handlungsspielraum des Diktators beruhte indessen auf historischen Voraussetzungen, und er war auch keineswegs grenzenlos.

Voraussetzungen für Hitlers Herrschaft waren insbesondere eine rechtsextreme Massenbewegung als Reaktion auf Kriegsniederlage, Revolution und den Versailler Vertrag, auf die Weltwirtschaftskrise und das Versagen der Demokratie bei der Bekämpfung dieser Krise. Ferner sind die erheblichen Potenziale an Nationalismus, Autoritarismus, Rassismus, Militarismus, außenpolitischem Revisionismus und Imperialismus in der deutschen Gesellschaft und vor allem in den Eliten zu nennen, die sich diese Massenbewegung, einmal an die Macht gelangt, zunutze machen konnte. Und nicht zuletzt zählt zu den historischen Faktoren, die Hitlers Weg begünstigten, die Tatsache, dass Gegenkräfte – zunächst innerhalb Deutschlands, dann im europäischen Rahmen – nur unzureichend zu Widerstand fähig waren, gänzlich fehlten oder versagten. So war Hitler tatsächlich in der Lage, 1933/34 erst in Deutschland und 1938–41 in Europa Tabula rasa zu machen und in dem Machtvakuum, das durch die Zerstörung etablierter Ordnungen entstand, seine Vorstellungen in hohem Maße durchzusetzen.

Hitler wirkte nicht nur als »Katalysator« oder »Medium« historischer Prozesse,1 die unabhängig von seiner Person existierten. Vielmehr formte er diese auf eine äußerst eigenständige und sehr persönliche Art und Weise, indem er vorhandene Kräfte und Energien kanalisierte, verstärkte und bündelte, brachliegende Potenziale mobilisierte, auf brutale Weise die Schwäche oder Passivität seiner Gegner ausnutzte und diese zu vernichten trachtete. Obwohl er dabei taktische Rücksichtnahmen walten ließ, waren die Prioritäten seiner Politik eindeutig: Im Zentrum stand seit Beginn seiner Karriere die Vorstellung eines nach rassistischen Gesichtspunkten geordneten »Reiches«. Daran hielt er zweieinhalb Jahrzehnte unverrückbar fest. Hinsichtlich der äußeren Grenzen und der Struktur dieses Imperiums, des Zeitraums und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels erwies er sich hingegen als außerordentlich flexibel. Das Konstrukt eines »Programms« oder eines »Stufenplanes«, das verpflichtend für die ältere, »intentionalistische« Historikerschule war,2 kann Hitlers Politik daher genauso wenig erklären wie die Vorstellung eines hemmungslosen Opportunismus.3 Stattdessen geht es darum, die besondere Kombination aus absoluter Fixierung auf ein utopisches Ziel und zum Teil skrupelloser Flexibilität zu erklären; Letztere konnte bis an eine Vertauschung von Ziel und Mitteln heranreichen. Weniger ein Programmatiker oder Ideologe als vielmehr ein primär skrupelloser und aktiver Politiker tritt dabei zutage. Zu diesem Gesamtbild gehört die Einsicht, dass entscheidende Weichenstellungen in Hitlers Politik nicht auf äußere Zwangslagen und strukturelle Bedingungen zurückzuführen sind, sondern auf Entscheidungen, die er gegen Widerstände und erhebliche retardierende Elemente durchgesetzt hat.

Doch Hitler stieß auch an Grenzen: Dies betraf zunächst den Kern seiner Innenpolitik – den Versuch, eine totale Geschlossenheit der Bevölkerung herzustellen und sie auf Kriegsbereitschaft einzustimmen –, ferner seine Bemühungen, die »Rassenpolitik« in der breiten Bevölkerung populär zu machen, aber auch seine radikale antikirchliche Politik. Während des Krieges wiederum sollte es ihm nicht gelingen, die widersprüchlichen Ziele seiner Besatzungs- und Bündnispolitik in ein Konzept umzusetzen, das die Ressourcen des von ihm beherrschten Raums in vollem Umfang für seine Kriegführung mobilisiert hätte.

Was waren die Grundlagen der außerordentlichen Machtfülle dieses Diktators? Die Vorstellung, Hitlers Herrschaft sei primär charismatisch begründet gewesen, habe also in erster Linie auf der enthusiastischen Zustimmung der großen Mehrheit des deutschen Volkes zu seiner Politik beruht, auf der Zuschreibung übermenschlicher Fähigkeiten, greift entschieden zu kurz. Denn der Versuch, ihn als Exponenten der Sehnsüchte und Erwartungen »der Deutschen« zu interpretieren, steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die deutsche Gesellschaft vor dem Nationalsozialismus in unterschiedliche Lager gespalten war, eine Spaltung, die auch...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2015
Zusatzinfo mit Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik 20. Jahrhundert bis 1945
Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Deutsche Geschichte • Diktatur • Drittes Reich • eBooks • Führerherrschaft • Geschichte • Gewaltherrschaft • Holocaust • Judenverfolgung • Machtergreifung • Nationalsozialismus • Terror
ISBN-10 3-641-11405-5 / 3641114055
ISBN-13 978-3-641-11405-3 / 9783641114053
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