Die Stadt Fürstenwalde (eBook)
715 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7460-4940-3 (ISBN)
Jacob Lotich, 1617 in Riga geboren, wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg in Fürstenwalde ansässig, wo er 1691 starb. Hervorgetreten ist der Kantorensohn nicht nur als langjähriger Bürgermeister der Spreestadt im Land Lebus, sondern auch als Dichter.
I. Zu=Schrifft.
[V]
HochgeEhrete/ Großgönstige
Herren:
EHer könte Mich einer fragen/ War=
umb nicht/ als warumb diesen der
Stadt Fürstenwalde Poetischen
Entwurff meinen hochzuEhrenden
Herren ich zugeschrieben hätte. Sol
ich Uhrsachen sagen? Oder wil man
meine Antreibunge wissen? Dieselbe darff ich gar nicht
erdichten; Darff nicht einige aus dem Gehirne hervor
suchen/ noch aus der Lufft ergreiffen: Sie finden sich sel=
ber ein. In meinen Löblichen und hochgeEhreten Herren
allen Dreyen finde ich eine recht anreitzende Affection/
oder habende Zuneigung zu dieser Stadt. Solche ih=
re wolgemeinete Zuneigung quillet in einem jeden beson=
ders/ aus einer besonderen Liebe hervor.
Sehe ich/ 1. auff den Chur=Fürstl. Brandenb. Raht/
Leib= und Reise=Medicum, den Herrn Doctor Menzeln/
so ist ja derselbe in dieser Stadt gebohren und erzogen. Er
hat
[VI]
hat allhier zu seiner damals künfftigen/ itzo gegenwärtigen
und der Weltbekanten Hochgelahrheit/ tieffen Erfahren=
heit/ uñ HochEdlem Ansehen/ die allerersten Stuffen
in unserer Fürstenwaldischen alt=berühmten Schulen
betreten. Die angebohrne/ und von erster Kindheit ein=
gepflantzete Liebe/ wird für sich selber Ihn erinnern/ die=
ses Fürstenwalde als seine eigene Vater= und Mutter=
Stadt zu erkennen/ zu benennen und zu beehren. Hie=
rocles spricht: Patria est velut alter quidam DEUS, & Primus
Maximusque Parens; quocirca qui Nomen ei imposuit à re ipsâ
non temerè Patriam nominavit; vocabulo quidem à Patre de-
ducto, pronunciato tamen fœmininâ terminatione, ut ex utroque
Parente mixtum esset. Atque hæc ratio insinuat, Patriam unam
(ex Æquo) veluti utrumque Parentem colendum esse, Stob. serm.
37.[1] Dieses nun also vorgestellet: sage mir einer/ wem
doch/ wolte oder solte ich eigentlicher die Beschreibung der
Stadt zueignen? Sol es nicht eben derselbe seyn/ und
zwar von Rechtes wegen/ welchem sie gleichsam von Na=
tur sich selber zueigen hingiebet? Patria Urbs, sag der be=
kante Author, Amore ipso se mihi dedidit; Cur ego me illi non
dedam? dedi me; dedidi: Namque Patriæ ego me debeo, ut
illa se mihi.[2] Hierbey lasse ich es auff des HochEdlen Herrn
Doctor Menzels Person beruhen.
Stelle
[VII]
Stelle ich/ 2. den WolEdlen Herrn Schwanen=
bergern/ der löblichen Stadt Franckfuhrt wolverdiene=
ten CämmerHerrn/ Mir vor Augen/ so muß auch dersel=
be bekennen/ daß die Stadt Fürstenwalde Ihm nicht
minder bekand/ als selbst die Stadt Franckfurt Ihn ken=
net. Von grüner und blühender J[u]gend an/ ist Er
nicht anders gewohnet allhier zu seyn/ als wie dort.
Er hat/ wie Ihm selbest noch wol bewust/ ein grosses Stück
seines besten Lebens auch dieses Ortes zugebracht; wel=
che verlauffene alte schöne Zeit in seinem Gedächtniß ein=
gewurtzelt bleiben/ und bey Ihm gleichsam leben wird/
weil Er lebet. Dann/ die Gedancken der verwichenen
Dingen sind nicht nur eine Belustigung des Gemüh=
tes/ sondern auch ein glimmender Zunder der unver=
loschenen Liebe des Guten/ das verlauffen.
So bezeuget auch Herr Schwanenberger
seine noch habende besondere Liebe und Behäglichkeit zu
dieser Stadt/ in dem Er die Franckfurtische Casta=
linnen[3] in ihren Würden und Respect gelassen/ und
seine wolgezeugete EhePflantzen in unsere weitberühmte
Schule zur Adelichen Erziehung hieher versetzet; indem
Er Dieselbe einen allhiesigen hochgelahrten Menippus[4] und
trefflichen Philetas[5] übergeben und anvertrauet hat. Was ist
dieses anders/ als eine alte nicht verrusterte Liebe zu hiesiger
Stadt
[VIII]
Stadt/ und ihren wolgeschickten Leuten? Diese Ge=
wogenheit ist eine uhrsprüngliche Vrsache/ die M[i]ch be=
wogen/ meine Fürstenwaldische Stadt=Be=
schreibung dem Herrn Schwanenbergern ab=
sonderlich eigen zumachen/ mehr noch/ weil/ daß solches
ein nicht unangenehmes Freundstück Ihm seyn würde/ ich
gäntzlich vor gewiß erachtet.
3. Den Edlen Herrn Müllern belangend/ so ist
ja auch Dessen liebreiche Gewogenheit gegen der Stadt
und ihren Einwohnern nicht minder zu loben/ als seine
eigene Person und angenehme Freundschafft hoch und viel
zu rühmen. Seinen nach Berlin und Hamburg ha=
benden Handlungen; seinen in mehren Städten meh=
ren Verkehrungen/ bietet diese dienliche und bequeme
Stadt ihre stets willfährige Hand; Hierzu giebet Er de=
nen Gemühtern der Einwohner unumbgängliche Anlaß:
Reiset nicht vorbey; hält stille; kehret ein; Logimentiret
nicht nur nächtlich; Lentzet; Sommert; Herbstet; und
Wintert/ abwechßlich bey uns; ist auch denen Ge=
ringsten und Wenigsten nicht weniger bekant als beliebet;
bezeuget denen meisten am meisten sich wolthätig; Er er=
weiset vielen viel angenehmes; Thut allen alles Gutes;
und welches vor allen von vielen am meisten gerühmet
wird/
[IX]
wird/ so bewill= und bewohlfäret Er in seiner ausländischen
Abwesenheit diese Stadt offt mehr/ als mancher mit seiner
einheimischen Anwesenheit. Kurtz die Redens=Länge zu
begreiffen: Herr Müller waltet und gebahret/ als
wäre Er dorten zu Hamburg und Berlin daheim/ und all=
hier in Fürstenwalde zu Hause. Er machet diese sonst
freye und unverbundene Stadt durch mancherley Gut=
thaten Ihm fast verbunden. Ist demnach des Herrn
Müllers sein Ansehen und sein Wolverhalten würdig
und wehrt/ daß auch unter andern hohen Gönnern
Ihme diese Stadt von mir gantz/ und ihrer Wohlfahrt
ein Theil zugeschrieben werde.
Mit diesen vorgethanen Erweisungen/ hochge=
Ehrte Herren/ habe ich vermeinentlich gnugsam dar=
gethan/ warumb ich nicht vorbey gekunt/ Ihnen
meine Zu=Schrifft zu vereygenen/ [u]nd als ein ewi=
ges Denckmahl gegen der Nachwelt/ ihren itzt lebendigen
Händen zu übergeben. Meine Schuldigkeit aber/
warumb ich dieses thun sollen/ geben die bewehrete
Sprüch= und Wahr=Wörter mir zu überlegen: Was
wol wird angeleget/ ist unverlohren; Freundschafft er=
hält Freundschafft; Die eine Hand wäschet die andere.
Ihre unverborgene Gunst/ und unserm Fürstenwalde ge=
B wid=
[X]
widmete Liebe lehret Tullius[6] anderweit auch zu erlernen
und zu erkennen/ woher sie eine rechte Gegen=Liebe
und Wieder=Gunst gewinnen pflege; Er saget:*
Vehementer Amor multitudinis movetur ipsâ Fama; & opinio-
ne Liberalitatis; Beneficentiæ; Fidei; Justitiæ; Omniumque
earumVirtutum, quæ pertinent ad Mansuetudinem morum ac
facilitatem: Etenim id ipsum, quod Honestum Decorumque di-
cimus, animos omnium naturâ, & specie suæ commovet. das ist:
Die Liebe wird über die massen verursachet/ und regig
gemachet durch Vielheit des selbst guten Gerüchts/ und
durch Uberlegung einer Freygebigkeit; Wohlthätigkeit;
Auffrichtigkeit; Gebührligkeit; und durch Einbildung
aller deren Tugenden/ welche zu sanfftmütigen Sitten
und Freundlichkeit gehörig seyn: Denn eben dasselbe/
was wir nennen Ehrbar seyn/ und was uns in unserem
Thun/ in unserm Wesen/ in unserm Ampte/ in unseren
Geberden/ wohl anstehet/ das beweget von Natur mit
ihrer schönen Zierligkeit/ und zierlichen Schönheit/ die
Hertzen und die Gemühter aller Menschen zur Liebe.
Nun darumb/ hochgeEhrte Herren/ Ihre ob=
erzehlete welt=bekante Tugenden; Ihre voraus ge=
spürete Wolgewogenheit zu dieser Stadt haben auch mich
be=
* Marc. Tull. Cic. in Libr. de Officiis.
[XI]
bewogen/ und meine Schuldigkeit angetrieben/ daß Ihre
Schwellen ich dreiste betreten/ zu ihrer Sonnen=klaren
Gunst herein gehen/ und dieses mein Poetisches Werck
Ihnen übergeben sollen; und alles solches zu einem wahren
Zeichen meines Ihnen zugethanen und dienstfertigen Ge=
mühtes. Zwar hätte mich diesem/ was es ist/ vielen an=
deren gefällig zu seyn/ Mich bemühen können: Meiner
Thalien[7] aber gefiel es/ vor vielen nur wenigen/ und vor
allen nur allein Meinen HochzuEhrenden Herren/ als
Ihren besten Patronen/ zu gefallen/ Dieselbe mit ih=
rer und Meiner Feder zu beehren und hiermit zu bedienen.
Bitte demnach schließlich/ meine besagte Thalia nebst
Mir/ in unser eingebildeten Versicherung/ mit hochgön=
stiger Hand/ mit liebgeneigeten Augen/ und mit wohl=
willendem Hertzen als Eigene auff= und anzunehmen.
Dafür bin ich/ so lange ich bin...
Erscheint lt. Verlag | 23.1.2018 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte |
ISBN-10 | 3-7460-4940-7 / 3746049407 |
ISBN-13 | 978-3-7460-4940-3 / 9783746049403 |
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