Asperger: Leben in zwei Welten (eBook)

Betroffene berichten: Das hilft mir in Beruf, Partnerschaft & Alltag
eBook Download: EPUB
2022 | 4. Auflage
192 Seiten
Trias (Verlag)
978-3-432-11675-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Asperger: Leben in zwei Welten -  Christine Preißmann
Systemvoraussetzungen
22,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
<p><strong>Asperger-Autismus verstehen und damit leben</strong></p> <p>Die Diagnose „Asperger-Syndrom“ wirft häufig viele Fragen auf. Anhand von Erfahrungsberichten gibt dieses Buch Einblicke in das Leben von Menschen im Autismus-Spektrum und bietet Unterstützung.</p> <ul> <li><strong>Lebensnah & persönlich:</strong> Sieben Betroffene schildern Situationen und typische Hürden im Alltag – zum Beispiel fehlendes Einfühlungsvermögen – sowie Hilfen, um sie zu überwinden.</li> <li><strong>Hilfe & Selbsthilfe:</strong> Die Autorin ist Ärztin und Betroffene zugleich. Sie führt ein und kommentiert die Beispiele. So werden die Leser ermutigt, nach eigenen Lösungen für die wichtigsten Probleme zu suchen.</li> <li><strong>Behandlung & Therapie:</strong> Mit hilfreichen Infos zu Behandlungsmöglichkeiten wie Selbsthilfegruppen oder Ergotherapie.</li> </ul> <p> </p>

Dr. Christine Preißmann ist Ärztin für Allgemein- und Notfallmedizin sowie Psychotherapie. Sie ist nicht nur eine gefragte Autismus-Expertin, die Vorträge hält, Fachartikel und Bücher schreibt, sondern auch selbst Autistin.

Dr. Christine Preißmann ist Ärztin für Allgemein- und Notfallmedizin sowie Psychotherapie. Sie ist nicht nur eine gefragte Autismus-Expertin, die Vorträge hält, Fachartikel und Bücher schreibt, sondern auch selbst Autistin.

1 Erfahrungen in der Schule: Zwischen Integration und nötiger Sonderbehandlung


In der Schule und auf dem Schulhof begegnen dem autistischen Kind Gleichaltrige, die sich oftmals laut, chaotisch, unverständlich oder sogar gemein verhalten. Auch der Unterricht kann erhebliche Probleme bereiten, wenn die Besonderheiten des autistischen Kindes nicht berücksichtigt werden. Lichtblicke sind beschützende Freunde, verständnisvolle Lehrer und unterstützende Fördermaßnahmen.

Auf den folgenden Seiten beschreiben die beiden autistischen jungen Männer Sascha Dietsch und Marco Hoppe sehr anschaulich und detailliert, mit welchen Hindernissen sie in ihrer Schullaufbahn zu kämpfen hatten und welche Maßnahmen getroffen wurden, um sie zu unterstützen und ihnen zu helfen, die Schule schließlich erfolgreich abzuschließen. Deutlich wird in ihren Texten, dass viele unterschiedliche Situationen im schulischen Kontext für autistische Menschen problematisch sind, dass es mit etwas Glück und Engagement aller Beteiligten aber oft gelingt, individuelle Lösungen zu finden, die diese Zeit erträglich und fruchtbar machen.

Werden nicht autistische und autistische Kinder ohne Vorbereitung »aufeinander losgelassen«, kommt es fast zwangsläufig zu Missverständnissen und verstörenden Erlebnissen. Denn viele Kinder mit Autismus

  • zeigen ein nur gering ausgeprägtes Selbstbewusstsein;

  • sind naiv und gutgläubig und daher immer wieder dem Spott und den Hänseleien der Klassenkameraden ausgesetzt;

  • werden nicht selten durch Klassenkameraden dazu animiert, unerlaubte Dinge zu tun, die sie normalerweise niemals tun würden.

Immer wieder wird die Hilfe des Pädagogen notwendig sein, um dem betroffenen Schüler zu befriedigenden Kontakten mit seinen Mitschülern zu verhelfen. Dazu sind manchmal einige Variationen zum sonst üblichen Vorgehen nötig: In einem polnischen Therapiezentrum werden die Kinder intensiv auf die Gruppenerlebnisse vorbereitet, um ihnen eine möglichst angenehme Situation zu bieten, die sie auch in Zukunft wieder suchen werden. So üben die dortigen Therapeuten zunächst im Einzelsetting mit den Betroffenen die Fähigkeiten, die sie in der Gruppe beherrschen müssen (bestimmte Rollenspiele etc.). Wenn das Kind dies beherrscht, werden im nächsten Schritt einzelne Kinder aus der Gruppe dazugeholt. Auch in dieser nächsten Stufe wird das weitere Üben vom Therapeuten begleitet. Schließlich, wenn das Kind in der Kleingruppe besteht, geht es in Begleitung des Erwachsenen in die gesamte Gruppe, um dort die vielfach geübte Situation zu erleben. Dabei darf es in der Regel die Erfahrung machen, dass sich die zunächst so angstbesetzte Situation viel angenehmer als erwartet darstellt, was es zu weiteren Erfahrungen motivieren wird (Urbaniak 2006).

Dieses Vorgehen unterscheidet sich ganz wesentlich von der so oft erlebten Situation, dass das Kind gleich in einer großen Gruppe bestehen soll, was in vielen Fällen nicht möglich ist. Der Versuch scheitert, das Kind wird nach draußen geschickt, weil es »nicht mehr tragbar« erscheint, und bei allen Beteiligten bleibt ein schlechtes Gefühl zurück mit viel Frustration und dem Wunsch, so etwas zukünftig nicht mehr erleben zu wollen.

Sascha Dietsch

Meine Schulzeit war für mich sehr schwierig

Mein Name ist Sascha-Thorsten, ich bin 26 Jahre alt, habe im Jahr 2010 mein Abitur an einem beruflichen Gymnasium mit einem Notendurchschnitt von 1,9 bestanden und studiere seit dem Wintersemester 2010/11 Informatik an der Technischen Universität Darmstadt.

Im Kindergarten lernte ich meine Freundin und »Beschützerin« Lea kennen, die später auch in dieselbe Klasse ging wie ich und weiterhin auf mich »aufpasste«.

Nach unendlich vielen Besuchen bei verschiedenen Kinderärzten, von denen keiner wirklich wusste, was mit mir los war, bekam ich im Alter von 3,5 Jahren von der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Heidelberg die Diagnose Asperger-Autismus. Nach mehreren Versuchen, mit dieser Diagnose einen Kindergartenplatz zu finden, erhielt ich endlich einen Platz im evangelischen Kindergarten in Lorsch, wo ich mich sehr wohl fühlte. Dort lernte ich auch meine Freundin und »Beschützerin« Lea kennen. Irgendwann aber war diese schöne Zeit vorbei und ich sollte zur Schule gehen.

Doch die Einschulung gestaltete sich nicht einfach. Der Rektor lehnte mich wegen meines Autismus ab, obwohl er mich bis dahin nicht persönlich kennen gelernt hatte. Allein aufgrund der Diagnose wollte man mich nicht aufnehmen. Erst durch das Einschalten eines Rechtsanwaltes war die Schule dazu bereit. Im Vorfeld hatten meine Eltern darauf geachtet, dass ich mit 12 Kindern aus meiner Kindergartengruppe in dieselbe Klasse eingeteilt wurde, da sie alle meine Besonderheiten kannten. Auch meine Kindergartenfreundin und »Aufpasserin« Lea war mit in dieser Klasse. Zum Glück hatte ich eine verständnisvolle Klassenlehrerin, Frau W., die recht schnell herausfand, dass ich zwar die Antworten auf ihre Fragen wusste, diese sich aber in vielen Fällen nicht so spontan bei mir abrufen ließen. Sie nahm mich dann später nochmals dran und ich wusste meist die Antwort. Ihr möchte ich an dieser Stelle danken für all das, was sie für mich getan hat. Auch ließ sie es zu, dass meine Eltern bei allen Klassenausflügen als Begleitpersonen dabei sein durften, was für mich sehr angenehm war, da ich mit neuen Umgebungen und ungewohnten Speisen immer ein Problem hatte. Durch ihre Anwesenheit fühlte ich mich sicherer.

Mobbing und üble Scherze

Leider waren die meisten meiner Mitschüler chaotisch und unberechenbar und mobbten mich oft, lachten mich aus oder schlugen mich. Sie fanden immer etwas, mit dem sie mich ärgern und fertig machen konnten, vermutlich deshalb, weil ich anders war als alle anderen und meine Eigenheiten hatte, die manchmal auch sehr unangenehm sein konnten. Insbesondere dann, wenn ich ausgelacht und verspottet wurde, konnte ich ungehalten und laut werden.

Manchmal heckten die anderen aber auch wirklich gemeine und auch gefährliche »Scherze« aus. So bot mir beispielsweise ein Klassenkamerad Bonbons an, da er wusste, dass ich Süßes mochte. Allerdings wusste ich nicht, dass er die Bonbons zuvor mit Klebstoff überzogen hatte und nur darauf wartete, dass ich sie in den Mund steckte. Lea, die neben mir stand, bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass irgendetwas mit diesen Bonbons nicht stimmte, und riss sie mir aus der Hand. Als ich mir den Arm gebrochen hatte und deshalb einen Gipsverband tragen musste, musste dieser jeden Tag erneuert werden, da einige Mitschüler es lustig fanden, mir so fest auf den Arm zu schlagen, dass der Gips jedes Mal auseinanderbrach. Auch fesselten sie mich während dieser Zeit an einen Laternenpfahl, zogen mir die Schuhe aus und warfen sie in die Hecken. Zum Glück erlöste mich meine Freundin Lea wieder und half mir, meine Schuhe zu suchen. Das war eine sehr schlimme Zeit für mich, da ich mich weder verbal noch körperlich gegen die Angriffe wehren konnte. Deshalb war ich immer sehr froh, wenn meine Klassenlehrerin Pausenaufsicht hatte, denn dann passierten solche Dinge nur sehr selten. Es folgten teils wunderschöne, teils grauenhafte Zeiten.

Der Religionsunterricht wurde für mich zeitweise regelrecht zur Qual. Die Lehrerin ließ die Schüler kreuz und quer durch das Zimmer laufen, es war laut und vollkommen unstrukturiert, jeder durfte machen, was er wollte und tat das auch. Oft malten die anderen Kinder in meinem Heft herum oder zerrissen es einfach. Wenn ich unruhig und aufgeregt war, kaute ich ununterbrochen auf meinem Füller herum, bis er vollkommen zersplittert war und ich fast jede Woche einen neuen brauchte, oder aber ich fing an, die Haut von meinen Fingern abzukauen. Da ich ein sehr empfindliches Gehör habe und laute Töne mir Schmerzen bereiten, musste ich mir oft die Ohren zuhalten, was dann wiederum zur Folge hatte, dass mich die anderen auslachten, nur noch lauter tobten und mich am Ende oft zum Ausrasten brachten.

Ich erhielt einen Schulbegleiter

Um meine Schullaufbahn einigermaßen zu sichern, beantragten meine Eltern beim Jugendamt einen Schulbegleiter, der schließlich auch genehmigt wurde. Ab der zweiten Hälfte des dritten Schuljahres begleitete mich also ein junger Mann täglich zur Schule. Anfangs lief es ganz gut, auch die Mitschüler und Lehrer waren froh, dass ich einen Begleiter hatte. Er bezog die Klassenkameraden in der Pause beim Spielen ein, sodass ein freundschaftlicher Kontakt zu den anderen Schülern entstehen konnte. Nach den Sommerferien fingen dann aber die Probleme mit dem Schulbegleiter an. Er diskutierte oft laut mit mir im Unterricht, was natürlich die anderen Schüler störte, sodass meine Klassenlehrerin häufig eingreifen musste. In den Pausen spielte er mit den anderen Kindern und wurde zunehmend deren »Kumpel«, was dann irgendwann dazu führte, dass niemand mehr vor ihm Respekt hatte.

Nun begleitete mich also ein junger Mann täglich zur Schule. Anfangs lief es ganz gut, auch die Mitschüler und Lehrer waren froh, dass ich einen Begleiter hatte.

Dann kam es zu einem Beinahe-Unglück nach dem Schwimmunterricht: Mein Begleiter sollte eigentlich mein Ankleiden im...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2022
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Asperger • Asperger-Autismus-Störung • Asperger-Syndrom • Autismus • Behandlung • Diagnose • Einfühlsamkeit • Entwicklungsstörung • Ergotherapie • Erwachsene • Fehlendes Einfühlungsvermögen • Selbsthilfe • Selbsthilfegruppe • Spezialinteresse • Therapie • Übungen
ISBN-10 3-432-11675-6 / 3432116756
ISBN-13 978-3-432-11675-4 / 9783432116754
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,5 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Wie Frauen ihren Asperger-Mann lieben und verstehen

von Eva Daniels

eBook Download (2022)
Trias (Verlag)
19,99
Erfolgreiches Lernen und Lehren

von Marcus Hasselhorn; Andreas Gold

eBook Download (2022)
Kohlhammer Verlag
43,99