Joschua und Melchisedek (eBook)

Studien zur Entwicklung des Jerusalemer Hohepriesteramtes vom 6. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr.

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
463 Seiten
De Gruyter (Verlag)
978-3-11-079347-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Joschua und Melchisedek - Sarah Schulz
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Die Zeit der persischen Hegemonie über den Vorderen Orient und über die südliche Levante (538-333 v. Chr.) gilt weithin als die Zeit, in der sich wesentliche politische, soziale und religiöse Strukturen des antiken Judentums herausgebildet und etabliert haben. Gleichwohl sind die Anfänge und die Geschichte zentraler Institutionen des perserzeitlichen Judentums in der Forschung höchst umstritten.

Die vorliegende Studie nimmt das Amt des Jerusalemer Hohepriesters in den Blick, eine der in der biblischen Überlieferung und der Geschichte des antiken Judentums wichtigsten und zugleich schillerndsten Größen. Im Zusammenspiel von literargeschichtlichen Analysen der einschlägigen Texte der Hebräischen Bibel, der Septuaginta und nicht kanonischer jüdischer Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, unter Einbeziehung von epigraphischen und archäologischen Quellen sowie vor dem Hintergrund historiographischer sowie sozialgeschichtlicher Überlegungen rekonstruiert die Autorin die Geschichte des Jerusalemer Hohepriestertums von den Anfangen der persischen Provinz Jehud bis zur Einrichtung des hasmonäischen Königtums.



Sarah Schulz, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

2 Joschua ben Jehozadak in Hag und Sach 1 – 8


2.1 Befund und Vorgehen


Bereits auf den ersten Blick fallen sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede zwischen Hag und Sach 1 – 8 ins Auge. Der chronologische Rahmen, der beide Bücher umspannt und eint, verbindet Material, das in der Substanz höchst unterschiedlich ist: Während der Fokus in Hag auf dem Tempelbau liegt, dominiert in Sach 1 – 8 eine universale Perspektive; Hag besteht zudem aus mehreren Prophetenworten, Sach 1 – 8 im Kern aus Visionen. Recht problemlos ließe sich dieser Befund durch die Annahme erklären, dass die Bücher zunächst selbständig entstanden und dann schrittweise miteinander verbunden worden sind. Der disparate Eindruck wird auch dadurch bestätigt, dass verschiedene Individuen erwähnt und mit bestimmten Führungskompetenzen ausgestattet werden, die meist im Zusammenhang mit dem Tempelbau stehen. Die wiederkehrende Nennung des Statthalters Serubbabel und des Hohepriesters Joschua als Adressaten des Propheten und gemeinsam Verantwortliche für den Tempelbau in den Rahmenversen des Haggaibuches erweckt nur oberflächlich den Eindruck einer geschlossenen Konzeption. An diversen anderen Stellen in Hag und Sach 1 – 8 werden die beiden Protagonisten unabhängig voneinander erwähnt und mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen und Aufgaben bedacht. Durch die punktuelle Erwähnung eines namenlosen Sprosses in Sach 3 und Sach 6, der über analoge Stellen in Jer als Davidide zu identifizieren ist, wird der Sachverhalt weiter verkompliziert: Die den drei Führungsfiguren zugeschriebenen Kompetenzen sind vielfältig und, ebenso wie ihr Verhältnis zueinander, häufig alles andere als eindeutig, teils gar widersprüchlich. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Herrschaftsvorstellungen im Zweiprophetenbuch sukzessive ausgestaltet wurden und sich dynamisch entwickelt haben.

Da die für die Rekonstruktion der Entwicklung des Hohepriesteramtes relevanten Aussagen über den Hohepriester Joschua in einem engen, diskursiven Verweisgefüge mit denjenigen über Serubbabel und dem ominösen, für die Zukunft verheißenen Spross stehen, werden in der folgenden Analyse sämtliche Passagen der Prophetenbücher berücksichtigt, die eine (oder mehrere) der Führungsgestalten erwähnen. Dies sind neben den Texten, die explizit oder implizit Aussagen über die Funktion und den Rang des Hohepriesters Joschua treffen und ihn in eine mitunter nur schwer zu bestimmende Beziehung mit Serubbabel oder dem Spross setzen (die das Spruchgut des Buches Haggai rahmenden Passagen in Hag 1,1.12.14; 2,2.4, sowie Sach 3,1 – 10 und Sach 6,9 – 15), auch die messianische Verheißung an Serubbabel in Hag 2,20 – 23 und die Leuchtervision in Sach 4, in die zum einen zwei Worte an bzw. über Serubbabel eingefügt wurden, und die zum anderen aufgrund der Erwähnung zweier „Ölsöhne“ am Ende der Vision bisweilen dyarchisch interpretiert wird. In einem ersten Schritt sind die „Karrieren“ dieser drei Personen literargeschichtlich zu rekonstruieren.1 Erst im Anschluss an die literarische Analyse lässt sich nach möglichen Implikationen für die Entwicklung des Hohepriesteramtes in der Perserzeit (und darüber hinaus) fragen.

2.2 Serubbabel und Joschua in Hag und Sach 1 – 8


Neben der großen Vielfalt an Funktionen und Aufgaben, die Joschua und Serubbabel zugeschrieben werden, könnte die unregelmäßige Verteilung von Filiationen und Titeln der beiden Führungsgestalten ein Indiz dafür liefern, dass sich die Herrschaftskonzeptionen in Hag und Sach 1 – 8 sukzessive entwickelt haben. Der Befund stellt sich im Fall Serubbabels weitaus komplexer dar als im Fall Joschuas. Alle Stellen, die Joschua erwähnen, kennzeichnen ihn als Hohepriester: Hag 1,1.12.14; 2,2.4; Sach 3,1.8;2 6,11. Zusätzlich wird überall außer in Sach 3 die Filiation Joschuas erwähnt. Serubbabel hingegen wird in Hag 2,4 und Sach 4,6.9 f. nur mit Personennamen genannt. In Hag 1,12; 2,23 steht zusätzlich die Filiation ohne den Statthaltertitel, in Hag 2,21 der Titel ohne die Filiation, in Hag 1,1.14; 2,2 stehen Filiation und Statthaltertitel.

Tabelle 1:Verteilung von Filiation und Titel bei Joschua

Filiation

Titel

Hag 1,1

X

X

Hag 1,12

X

X

Hag 1,14

X

X

Hag 2,2

X

X

Hag 2,4

X

X

Sach 3,1.8

X

Sach 6,11

X

X

Tabelle 2:Verteilung von Filiation und Titel bei Serubbabel

Filiation

Titel

Hag 1,1

X

X

Hag 1,12

X

Hag 1,14

X

X

Hag 2,2

X

X

Hag 2,4

Hag 2,21

X

Hag 2,23

X

Sach 4,6.9 f.

Da hinter der unregelmäßigen Verteilung der Informationen kein System erkennbar ist, liegt es nahe, die Abweichungen literargeschichtlich zu erklären. Im Folgenden sind daher zunächst all jene Stellen in ihrem Kontext zu betrachten und literargeschichtlich zu beurteilen, die von dem vollständigen Formular, also der Erwähnung von Serubbabel und/oder Joschua mit Filiation und Titel, abweichen: Hag 1,12; 2,4.20 – 23; Sach 3,1 – 10; Sach 4,1 – 14.

2.2.1 Serubbabel und Joschua im Haggaibuch


An fünf Stellen in Hag werden Serubbabel und Joschua gemeinsam erwähnt: Hag 1,1.12.14; 2,2.4. Während in Hag 1,1.14; 2,2 jeweils die identische Reihung „Serubbabel, Sohn des Schealtiel, Statthalter, und Joschua, Sohn des Jehozadak, Hohepriester“ belegt ist, bietet Hag 1,12 für Joschua die Filiation und den Titel, für Serubbabel jedoch nur die Filiation, während der Titel fehlt. In Hag 2,4 ist erneut das volle Set an Informationen für Joschua belegt, bei Serubbabel fehlen nun jedoch sogar Titel und Filiation. Bis auf Hag 2,4 werden in der Regel sämtliche der genannten Stellen dem Grundbestand des Buches abgesprochen und...

Erscheint lt. Verlag 22.5.2023
Reihe/Serie Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft
ISSN
Zusatzinfo 17 b/w ill.
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
Schlagworte High priests of Jerusalem • Jerusalemer Hohepriester • Joschua • Joshua • Melchisedek • Melchizedek • Persian and Hellenistic Age • Persische und hellenistische Zeit
ISBN-10 3-11-079347-4 / 3110793474
ISBN-13 978-3-11-079347-5 / 9783110793475
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