Zwänge verstehen und hinter sich lassen (eBook)

Was Betroffene und Angehörige selbst tun können
eBook Download: EPUB
2024 | 2. Auflage
208 Seiten
Trias (Verlag)
978-3-432-11777-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwänge verstehen und hinter sich lassen -  Katarina Stengler,  Ina Jahn
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<p><strong>So bieten Sie Zwangsstörungen die Stirn</strong></p> <p>Zwangshandlungen und Zwangsgedanken können zu hartnäckigen Begleitern werden, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Doch es gibt Wege, sie wieder loszuwerden. Prof. Dr. Katarina Stengler und Ina Jahn sind erfahrene Expertinnen für Zwangserkrankungen am Helios Park-Klinikum Leipzig und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Zwangsstörungen in den Griff bekommen.</p> <ul> <li><strong>Selbsttest:</strong> Erfahren Sie mehr darüber, ob Sie unter behandlungsbedürftigen Zwängen leiden.</li> <li><strong>Hilfe zur Selbsthilfe:</strong> So verstehen Sie, wie Zwänge entstehen, und lernen durch Übungen und praktische Tipps, sie schrittweise zu bewältigen.</li> <li><strong>Neue Therapie-Ansätze:</strong> Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie, z. B. über die aufsuchende Behandlung schwer zwangserkrankter Menschen.</li> <li><strong>Tipps für Angehörige:</strong> Als Partner und Angehörige sind Sie bedeutende Wegbegleiter. Umso wichtiger ist es für Sie zu wissen, was im Kampf gegen den Zwang zu beachten ist und wie Sie sich abgrenzen können.</li> </ul> <p>Für ein Leben ohne Zwänge.</p> <p>Empfohlen von der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e. V.</p> <p>'Ein wichtiges Buch für Betroffene und ihre Angehörigen. Es macht Mut, zeigt Strategien auf und gibt wertvolle Tipps, wie Betroffene und Angehörige sich gegen den Zwang stellen und ihren persönlichen gesunden Freiraum wieder zurückerobern können.' Antonia Peters, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V.</p>

<p><strong>Prof. Dr. med. Katarina</strong> <strong>Stengler</strong> ist Direktorin des Zentrums f&uuml;r Seelische Gesundheit am Helios Park-Klinikum Leipzig. Sie ist Verhaltenstherapeutin mit klinischem und Forschungsschwerpunkt im Bereich Zwangserkrankungen. Weiterhin ist sie Mitglied der Expertengruppe "Entwicklung von S3-Leitlinien f&uuml;r Zwangserkrankungen" der DGPPN sowie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e.V. (DGZ).</p> <p><strong>Dipl.-Psych. Ina Jahn </strong>ist Psychologische Leiterin der Spezialambulanz am Helios Park-Klinikum in Leipzig.&nbsp;Sie ist Psychologische Psychotherapeutin f&uuml;r Kinder, Jugendliche und Erwachsene (Verhaltenstherapie) sowie Systemische Therapeutin und Familientherapeutin (DGSF). Zudem ist sie als Supervisorin und Dozentin an verschiedenen Ausbildungsinstituten t&auml;tig.</p>

Wie Zwangserkrankungen entstehen können


Eine Zwangserkrankung kann vielfältige Ursachen haben. Zumeist wirken unterschiedliche Einflüsse zusammen und ergeben ein komplexes Geflecht, das sich nur schwer durchschauen lässt. Darum werden in diesem Kapitel die einzelnen möglichen Faktoren getrennt dargestellt.

Am Ende laden wir Sie dazu ein, einen Blick in das Dickicht der Entwicklung der eigenen Zwangserkrankung zu werfen.

(Susi Schaaf, Bellheim)

Psychologische Faktoren


Wir wissen, dass viele Faktoren eine Rolle spielen können. Es wäre falsch anzunehmen, dass irgendeine einzige Begebenheit in der Biographie eines Menschen zu einer so komplexen Erkrankung führen kann. Es sind vielmehr verschiedene Faktoren, die beim Einzelnen zum Ausbruch einer Zwangserkrankung führen. Wir sprechen deshalb von einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge mit psychologischen, psychosozialen und biologischen Aspekten.

Im Folgenden wollen wir diese drei Aspekte näher beleuchten und anschließend gemeinsam mit Ihnen schauen, wie sich die Zwänge bei Ihnen persönlich eingeschlichen haben könnten.

Welche Persönlichkeitsmerkmale sind typisch?


Es gibt einige Persönlichkeitsmerkmale, die bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Zwängen eine Rolle spielen können. Ein hohes persönliches Verantwortungsgefühl gepaart mit Perfektionismus ist ein typischer Persönlichkeitszug im Zusammenhang mit Kontrollzwängen, wie das folgende Beispiel verdeutlicht.

Alles muss ordnungsgemäß kontrolliert werden

Ein Angestellter in einer öffentlichen Dienststelle entwickelte einen ausgeprägten Kontrollzwang. Beim Schriftverkehr mit offiziellen Stellen hatte er das Gefühl, das verfasste Schriftstück sei nicht ordentlich, entsprechend den formalen Anforderungen, abgefertigt worden. Briefkopf, Absender, Anschrift, Seitenränder, Textgröße, Unterschriften etc.: So vieles kann falsch sein. Die Vorstellung, einen falschen Absender oder gar den falschen Adressaten gewählt zu haben, machte es dem Angestellten bald unmöglich, überhaupt noch den dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Er hatte es sich angewöhnt, bis weit nach offiziellem Dienstschluss an seiner Arbeitsstelle zu bleiben. Erst dann hatte er genügend Zeit, die am Tage angefertigten Schriftstücke »ordnungsgemäß« zu kontrollieren. Es konnte Stunden dauern, bis er sein Tagewerk beendet hatte, um dann mit einem einigermaßen erträglichen Gefühl nach Hause zu gehen.

Er war dabei so vorsichtig vorgegangen, dass die unmittelbaren Arbeitskollegen viele Jahre ihren Kollegen als unauffällig eingeschätzt hatten. Erst als die Ehefrau sich Sorgen machte, warum ihr Mann Tag für Tag spät aus dem Büro kam, Schlafstörungen hatte, gereizt und insgesamt sehr unausgeglichen war, konnte sich der Betroffene schrittweise öffnen und über die Ursachen seines Tuns, seine tagtägliche Qual sprechen.

Mangelnde Entscheidungsfähigkeit kann eine Vorbedingung für einen ▶ Sammelzwang darstellen. Der Betroffene stapelte nicht nur Zeitungen, sondern auch alle Gebrauchsgegenstände wie leere Flaschen und Dosen in der Wohnung, weil er sich nicht entscheiden konnte, sie wegzuwerfen.

Eine übertriebene Angst vor Risiken und hohe Empfänglichkeit für Gefahrensignale sind meist mit im Bunde, wenn sich ein Waschzwang entwickelt. Wie sich ein Zwang nun im Einzelnen entwickeln und festsetzen kann, beschreibt das kognitiv-verhaltenstherapeutische Modell nach Salkovskis (siehe nächste Abbildung) sehr anschaulich.

Wie eine »Zwangsspirale« entsteht


Jeder Mensch kennt unangenehme und aufdringliche Gedanken, vergisst oder übergeht sie jedoch meist schnell wieder.

Im Denken jedes Menschen kommen unangenehme, aggressive und aufdringliche Gedanken vor. Diese können jedoch im Allgemeinen gut beiseitegeschoben werden, gehen in den vielen, wichtigeren Alltagsgedanken unter und werden von Menschen, die nicht zwangserkrankt sind, nur nebenbei bemerkt.

Menschen mit Zwangserkrankungen messen diesen Gedanken eine besondere, ganz wichtige Bedeutung bei. Diese unangenehmen Gedanken werden quasi hochsensibel aus den anderen normalen Gedanken herausgefiltert und können nicht mehr als normal oder vorübergehend eingeordnet werden. Das ist entscheidend für den weiteren Fortgang der Zwangsspirale.

Je mehr und je stärker diese aufdringlichen Gedanken nun an Bedeutung gewinnen, desto heftiger werden Angst, Unruhe, Anspannung und andere unangenehme körperliche Symptome.

Neutralisieren

Es ist verständlich, dass Betroffene etwas gegen diesen Zustand der inneren Angst und Anspannung tun möchten. Sie versuchen, die angstauslösenden Situationen zu vermeiden, zu kontrollieren, sie entwickeln gedankliche Gegenzwänge, Rituale etc. und merken, dass sie damit die Angst reduzieren können. Diese Strategien nennen wir Neutralisieren, weil die unangenehmen Gefühle zunächst einmal vermindert oder eben neutralisiert werden.

Wichtig

Das zunächst als Entlastung empfundene Neutralisieren, zum Beispiel das mehrfache Kontrollieren des Herds, erhält die Zwangserkrankung aufrecht.

Wie in der folgenden Abbildung zu sehen ist, entsteht durch diese Strategien eine kurzfristige Entlastung (auch negative Rückkopplung genannt), denn die Betroffenen merken, dass die unangenehme Gefühlslage durch das Neutralisieren tatsächlich – kurzfristig – reduziert wird. Damit bestätigt sich jedoch auch bei den Betroffenen die Befürchtung, ihre aufdringlichen Gedanken seien tatsächlich schlimm und man müsse etwas tun, damit nichts Furchtbares passiere (positive Rückkopplungen). So bestätigen sich die Betroffenen selbst ihr Handeln, was letztlich zu der sogenannten Zwangsspirale führt.

Das kognitiv-verhaltenstherapeutische Modell (angelehnt an Salkovskis et al.) veranschaulicht, wie aus ursprünglich normalen Gedanken, die jeder Mensch hat, durch eine übertriebene Bewertung und Bedeutungszuschreibung letztlich Zwangshandlungen entstehen können.

(Helmut Holtermann, Dannenberg)

Was erhält den Zwang aufrecht?


Das Neutralisieren kann aber auch langfristig dazu führen, dass Betroffene es vermeiden, unangenehme Gefühle auszuhalten. Jedes Mal, wenn künftig ein aufdringlicher, unangenehmer Gedanke wahrgenommen wird, wählt der Betroffene die Strategie Kontrollieren, Rituale ausführen etc., denn er hat gelernt, dass es ihm danach – zumindest kurzfristig – besser geht!

Die Zwangshandlung entlastet – zumindest kurzfristig

Dabei ist es egal, ob ein aktives Kontrollritual zum Reduzieren von Angst und körperlicher Anspannung benutzt oder ob eine subjektiv bedrohlich erscheinende Situation gänzlich gemieden wird – wesentlich ist: Angst, unangenehme körperliche Signale und Beschwerden werden als nicht aushaltbar empfunden und vermieden. Der Lohn ist eine kurzfristige Entlastung, die über den Langzeiteffekt, nämlich das Fortbestehen der Zwänge, hinwegtäuscht.

Tipp für Betroffene – Der Zwang als Selbsthilfestrategie

Zwänge können grundsätzlich auch eine nützliche Komponente haben und beispielsweise in schwierigen Lebenssituationen für Betroffene durchaus eine Stütze sein. So können Zwänge in bestimmten Situationen als feste Regel oder Norm eine strukturierende Funktion haben, die auf andere Weise nicht zu erreichen war. In dieser Hinsicht sind Zwänge also durchaus als Selbsthilfestrategie anzusehen, was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass sie langfristig mehr schaden als nützen.

Kontrollrituale geben Sicherheit

Zwänge werden also im Wesentlichen dadurch aufrechterhalten, dass Zwangsrituale zunächst erst einmal etwas Positives für die Betroffenen haben, nämlich die auftretende Angst und Sorge zu vermindern. Denn das umfangreiche Kontrollritual beim Verlassen der Wohnung vermittelt dem Betroffenen ja zunächst ein gutes und sicheres Gefühl, die quälenden Gedanken, die Tür sei nicht richtig verschlossen und ein Fremder dringe ein und stehle wichtige Dokumente, verstummen für eine Weile. Ein Kontrollzwang hat also meist den positiven Effekt, dass er dem Betroffenen kurzzeitig Sicherheit vermittelt.

Der Zwang kann persönliche Defizite füllen

Und so hilft jede Zwangserkrankung dem Betroffenen auch, unangenehme Gefühle zu verdrängen oder persönliche Defizite zu überdecken. Dem Betroffenen selbst sind diese Zusammenhänge meist gar nicht klar.

Ein Sammelzwang kann beispielsweise soziale Isolation verbergen, zugleich fördert er sie natürlich auch noch: Ein Mensch, der unter Einsamkeit und Kontaktschwierigkeiten leidet, beschäftigt sich in seiner gesamten Freizeit damit, exzessiv Dinge zu sammeln und zu horten. Da seine Zeit damit gut ausgefüllt ist,...

Erscheint lt. Verlag 10.1.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie
Schlagworte Selbsthilfe • Therapie • Zwänge • Zwänge/Ratgeber • Zwangserkrankungen • Zwangserkrankungen/Ratgeber • Zwangshandlungen • Zwangsstörung
ISBN-10 3-432-11777-9 / 3432117779
ISBN-13 978-3-432-11777-5 / 9783432117775
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