Für uns macht das Universum Überstunden (eBook)

Roman
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2017 | 1. Auflage
400 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43146-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Für uns macht das Universum Überstunden -  A. Meredith Walters
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Zwei Leben. Eine Liebe. Viele Hindernisse ...

Ellie McCallum hat keine Zukunft und verdient es auch nicht anders. So sieht sie das zumindest. Denn als Jugendliche hat sie mit ihrer Clique das Haus ihres Mitschülers Flynn in Brand gesetzt. Doch dann taucht er eines Tages wieder auf - Flynn, der Freak, der Junge mit Asperger. Und Ellie muss sich eingestehen, dass da nicht nur Schuld ist ihm gegenüber, sondern so viel mehr. Sie ist verliebt in Flynn. Und war es auch damals schon. Nur konnte sie vor ihrer Clique nicht zu ihm stehen. Als Flynn ihre Gefühle erwidert, muss Ellie sich fragen: Ist sie stark genug für diese Liebe?



<p><i>A. Meredith Walters</I> steht mit ihren Liebesgeschichten auf den Bestsellerlisten von New York Times und USA Today. Kürzlich zog sie von den USA nach Großbritannien und versucht, sich ans Fish-und-Chips-Essen zu gewöhnen. Und daran, auf der falschen Straßenseite zu fahren.</p>

A. Meredith Walters steht mit ihren Liebesgeschichten auf den Bestsellerlisten von New York Times und USA Today. Kürzlich zog sie von den USA nach Großbritannien und versucht, sich ans Fish-und-Chips-Essen zu gewöhnen. Und daran, auf der falschen Straßenseite zu fahren.

1
Ellie


Ich reichte dem gelangweilt aussehenden Mädchen hinter dem Postschalter den gelben Zettel. »Fach 113«, sagte ich ungeduldig. Das Mädchen sah mich nicht einmal an, als sie den Zettel entgegennahm, und wandte mir den Rücken zu, sobald sie mit Gähnen fertig war.

Eine Minute später kam sie mit einem kleinen braunen Päckchen wieder, das ich entgegennahm, ohne mich zu bedanken. Manieren waren nicht mein Ding. Das Päckchen fest umklammert, eilte ich aus dem Postamt. Ich fühlte prickelnde Erregung in mir aufsteigen, als ich die Straße überquerte und meine winzige Erdgeschosswohnung aufschloss.

Den traurigen Zustand der Verwahrlosung, in dem ich hauste, registrierte ich gar nicht. Das tat ich nie. Die abgestandene Luft roch säuerlich, aber das störte mich nicht. Das riesige Loch in der Decke, wo der Putz fehlte, spielte keine Rolle. Ich ging schnurstracks ins Schlafzimmer, schloss die Tür und legte das Päckchen auf die Kommode.

Mit gierigen Fingern riss ich es auf, zerrte das Seidenpapier heraus und ließ es zu Boden fallen. Meine Hände zitterten förmlich, als ich hineinfasste und die kleine detailgetreue Nachbildung des Tadsch Mahal herausnahm. Voll ehrfürchtigem Staunen über das Geschick, mit dem dieses kleine Kunstwerk angefertigt worden war, strich ich sanft über die Skulptur in meiner Handfläche.

Dann stellte ich sie vorsichtig an ihren Platz zwischen den anderen Bauwerken von ähnlicher Größe und Qualität und bewunderte meine von Eiffelturm und Big Ben umrahmte Neuerwerbung. Daneben standen die Sphinx und das Opernhaus von Sydney, der Kreml und die Christusstatue von Rio de Janeiro. Alle waren wunderschön und der einzige sentimentale Luxus, den ich mir erlaubte.

Nachdem ich meine Sammlung um den Neuzugang erweitert hatte, ging ich hinaus und zog die Tür hinter mir zu, verwahrte meine Begeisterung und Freude dort, wo sie hingehörten. Eingesperrt in meinem tiefsten Innern.

Ohne mich groß umzuziehen, machte ich mich zu Fuß auf den Weg zur Arbeit, dem heruntergekommenen Minimarkt drei Häuserblocks weiter, in dem ich vierzig Stunden in der Woche verbrachte. Der Besitzer, Jeb, hatte erst in der Woche zuvor neue Fenstergitter angebracht, aber wie es aussah, hatte sich bereits jemand mit der Eisensäge daran zu schaffen gemacht.

Die Leute in dieser Stadt kannten keine Scham. Sie hatten keinen Respekt vor dem Eigentum anderer. Die Häuserblocks mit Geschäften und Wohnungen wirkten ungepflegt und vernachlässigt.

Wellston in West Virginia starb einen langsamen und qualvollen Tod. Und ich saß darin gefangen. Dieses Schiff würde mich mit in die Tiefe ziehen.

Als ich durch die Tür von JAC’s Quick Stop trat, klagte die Glocke über mir wie eine gequälte Kuh. Der Laden war leer. Er war immer leer. Ich wusste selbst nicht genau, warum Jeb sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, jemanden einzustellen. In diesem gottverlassenen Teil der Welt waren Kunden ebenso rar wie guter Geschmack.

Weil der Name JAC’s Quick Stop ziemlich umständlich war, hatten ihn die Einheimischen auf JAC’s verkürzt. Jeb hatte den Laden ursprünglich nach seiner Schlampe von Exfrau benannt, Jemma Anne Crawford, die ihn mehr als zwei Jahre zuvor wegen eines pickelgesichtigen Pizzaausfahrers verlassen hatte, der zwanzig Jahre jünger war als sie. Es war ein Riesenskandal gewesen, aber irgendwann war der Klatsch unter der Last des echten Lebens erstickt, das alles andere als aufregend und wesentlich deprimierender war.

Wellston lag auf einem kleinen Fleckchen Erde in den Appalachen. Wir waren zwar keine Hinterwäldler, die es mit ihren Vettern trieben und Hühner im Haus hielten, aber es war ein Ort, an dem die Hoffnung schwand.

Für Bergarbeiter und deren Familien gegründet, war Wellston früher einmal ein prosperierendes, lebhaftes Städtchen gewesen. Aber dann waren die Black River Kohlegruben nach einem schrecklichen Unglück vor fünfundzwanzig Jahren pleitegegangen. Mehr als fünfzig Männer waren damals ums Leben gekommen und das Unternehmen hatte der öffentlichen Ablehnung und den Untersuchungen der betrieblichen Sicherheitsstandards durch die Behörden nicht standgehalten.

Also begannen die Leute, aus Wellston wegzuziehen, und zurück blieben nur die, die keinen anderen Ort hatten, an den sie gehen konnten.

Es passte irgendwie, dass die kleine Stadt immer noch mein Zuhause war. Der perfekte Platz für ein Mädchen ohne Plan. Ohne Zukunft. Ohne jemanden, den das wirklich interessierte.

Trotzdem war ich weder einsam noch verbittert. Ich hatte schon aufgehört, mich selbst zu bedauern, als ich mit sieben zu meiner dritten Pflegefamilie kam. Die Tränen waren getrocknet. Die Gefühle weggepackt. An ihre Stelle getreten war der pure Überlebensdrang.

Und hier war ich nun, zweiundzwanzig Jahre alt, mit Scheißarbeitszeiten in einem aussichtslosen Job, und lebte mein Leben in grimmiger Ergebenheit.

Ohne den Jungen zu grüßen, der auf einem Hocker hinter dem Verkaufstresen saß, hängte ich Jacke und Tasche an den Haken hinter der Kasse. Er warf mir ein nervöses Lächeln zu, ehe er für mich den Platz räumte.

»Hi, Ellie«, sagte er mit sich überschlagender Stimme.

»Hi, Steve«, erwiderte ich. Mit einem überraschten Blinzeln sah er mich an, vermutlich weil ich ihn gegrüßt oder mich an seinen Namen erinnert hatte. Das tat ich normalerweise nicht. Aber durch die Ankunft meines Päckchens war ich etwas freundlicher aufgelegt als üblich.

»Ich mache dann Schluss, wenn du jetzt da bist. Bis später?«

Steve ließ es wie eine Frage klingen. Erwartete er etwa eine Antwort? Warum sollten wir uns später noch sehen? Die Frage war dämlich. Aber Sechzehnjährige waren nicht gerade für ihren Scharfsinn bekannt.

Ohne ihm zu antworten, setzte ich mich auf den Hocker, holte die Zeitschrift unter dem Tresen hervor, die ich gestern dort liegen gelassen hatte, und schob mir einen Streifen Kaugummi in den Mund.

»Okay … mach’s gut«, sagte Steve in einem letzten vergeblichen Anlauf. Ich ignorierte ihn.

Schließlich ging er und ich war allein im leeren Laden.

Wenige Minuten später setzte die Langeweile ein und ich begann die Gänge entlangzuwandern, Dosensuppen alphabetisch aufzureihen und Nudelschachteln in verrückten Mustern anzuordnen. Damit vergingen ungefähr zwanzig Minuten meiner Arbeitszeit.

Blieben noch sechs Stunden.

Ich schnappte mir eine Dose Limo und eine Tüte Brezeln und kehrte an meinen Platz hinter dem Tresen zurück. Dann beobachtete ich den Monitor der Sicherheitskamera, die auf die Gasse hinter dem Gebäude ausgerichtet war.

Es war schon lustig, wie viele Vollpfosten einfach nicht kapierten, dass dort eine Kamera installiert war. Besser als Reality TV. Während ich mir Brezeln in den Mund stopfte, sah ich zu, wie ein Pärchen bei den Müllcontainern zur Sache kam.

Ich konnte mir schönere Orte vorstellen, als es direkt neben verfaulendem Abfall zu treiben, aber jedem das Seine. Nur gut, dass es keinen Ton gab, sonst wäre das Ganze vollends zum Porno geworden.

Schließlich wandte ich mich vom Monitor ab und blätterte wieder in meiner Zeitschrift. Dann zog ich einen Prospekt heraus, den ich hinten zwischen die letzten Seiten gesteckt hatte, und strich die Knitterfalten glatt.

Black River Community College prangte in einer geschwungenen Schrift auf der Vorderseite. Es war eine bunte Hochglanzbroschüre mit schönen Fotos, die einem ins Auge fallen sollten. Lächelnde Studenten auf getrimmten Rasenflächen vor einem sonnigen Himmel.

Was für ein Haufen Schwachsinn. Ich war schon einige Male auf dem Campus des Gemeindecolleges gewesen, aus reiner Neugierde, und er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit den glänzenden Bildern, die ich vor mir hatte. Der Campus war hübsch, keine Frage, aber weit entfernt von der Perfektion, mit der sie hier hausieren gingen.

Ich hatte den Prospekt von einem Ständer in der Sozialklinik mitgenommen, als ich meine Freundin Dania zu ihrer allmonatlichen Schwangerschaftsuntersuchung kutschiert hatte. Er hatte mitten in einem Haufen Informationsmaterialien über gesundes Essen und sexuell übertragbare Krankheiten gesteckt.

Trotzdem war er mir aufgefallen. Und dann hörte mein Kopf einfach nicht mehr auf, an die Seiten mit den vielen Informationen zu denken. Die Adresse der Webseite. Die Telefonnummer. Nur einen Mausklick entfernt von einem völlig anderen Leben.

Der Gedanke ans College war verlockend, auch wenn ich mir vorher noch nie erlaubt hatte, darüber nachzudenken. Dabei hatte ich es nicht mal geschafft, meinen Highschoolabschluss zu machen. Die Hochschulzulassung hatte ich in der Jugendstrafanstalt erworben, wo ich meine Zeit absaß, bis ich achtzehn war.

Ein Mädchen mit einem Vorstrafenregister und keinerlei Perspektiven war nicht gerade glänzendes Zukunftsmaterial. Trotzdem hatte ich die Broschüre in die Tasche gesteckt. Und dort war sie geblieben und hatte mir ein Loch ins Unterbewusstsein gebrannt.

Bis ich einige Tage später meinen Wahnvorstellungen nachgab und einen Anruf tätigte, der die Flugbahn meiner Welt komplett verändern konnte. Ich hatte im College einen Termin vereinbart, um über meine Optionen zu sprechen. Als ich auflegte, war mir kotzübel gewesen, so überzeugt war ich davon, einen schrecklichen Fehler gemacht zu haben.

Denn jetzt beschäftigte sich mein Geist mit Möglichkeiten.

Und wenn ich nicht sehr aufpasste, begann ich mir noch einzubilden, ich hätte irgendwelche Chancen. Für ein Mädchen wie mich war das die beängstigendste Form von Wahnsinn...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2017
Übersetzer Bettina Münch
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Asperger • Asperger-Syndrom • Autismus • Bestseller Autorin • BOLD • Coming-of-age • Dunkle Vergangenheit • Frauenroman • Gruppenzwang • Herzschmerz • Highschool • Jugendgefängnis • Liebe • Liebesroman • Liebesroman Neuerscheinung 2020 • Liebesroman USA • Mädchenroman • Mobbing • New Adult • Pflegefamilie • Schuld • Taschentuchalarm • tragische Geschichte • White Trash • zarte Liebe
ISBN-10 3-423-43146-6 / 3423431466
ISBN-13 978-3-423-43146-0 / 9783423431460
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