Scythe - Das Vermächtnis der Ältesten (eBook)

Band 3 | Science Fiction Roman ab 14 Jahren
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
608 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-7336-5017-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Scythe - Das Vermächtnis der Ältesten -  Neal Shusterman
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Endlich: das spektakuläre Finale der großen »Scythe«-Trilogie Drei Jahre sind vergangen, seit mit Scythe Goddard ein Scythe der neuen Ordnung die Macht ergriffen hat, und seit der Thunderhead verstummt ist - für alle Menschen, bis auf Grayson Tolliver. Gibt es Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Citra und Rowan und auf ein wirkliches Happy End in der scheinbar perfekten Welt? Stell dir eine Welt vor, in der Armut, Krankheit und Tod besiegt sind. Aber auch in dieser perfekten Welt müssen Menschen sterben. Die Entscheidung über Leben und Tod treffen die Scythe: sie allein entscheiden, wer sterben muss. Und nicht alle Scythe haben halten sich an alten Regeln ...

Neal Shusterman, geboren 1962 in Brooklyn, ist in den USA ein Superstar unter den Jugendbuchautoren. Er studierte in Kalifornien Psychologie und Theaterwissenschaften. Alle seine Romane sind internationale Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem National Book Award.

Neal Shusterman, geboren 1962 in Brooklyn, ist in den USA ein Superstar unter den Jugendbuchautoren. Er studierte in Kalifornien Psychologie und Theaterwissenschaften. Alle seine Romane sind internationale Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem National Book Award. Pauline Kurbasik, geboren 1982 in Landau, studierte Romanistik, Anglistik und Linguistik sowie Literaturübersetzen. Sie übersetzt Bücher aus dem Englischen und Französischen und lebt in Köln. Kristian Lutze studierte Anglistik/Amerikanistik und Germanistik in Düsseldorf, Buffalo, N.Y., und Hamburg. Er lebt in Köln und übersetzt neben Neal und Jarrod Shusterman u. a. Martin Cruz Smith, Walter Mosley, Michael Robotham und Robert Wilson aus dem Englischen.

1 Dem Moment ergeben


Es gab keine Vorwarnung.

In einem Moment hatte er noch geschlafen, im nächsten wurde er von Unbekannten durch die Dunkelheit gezerrt.

»Nicht wehren«, flüsterte jemand ihm zu. »Damit wird es nur schlimmer.«

Aber er wehrte sich trotzdem – und schaffte es auch in seinem halbwachen Zustand, sich loszureißen und den Flur hinunterzurennen.

Er rief um Hilfe, doch es war schon so spät, dass niemand mehr wach genug war, um noch etwas auszurichten. Er bog im Dunkeln rechts ab, weil er wusste, dass dort ein Treppenhaus lag, verschätzte sich, fiel kopfüber die Treppe hinunter und krachte mit dem Arm auf eine Granitstufe. Er spürte, wie beide Knochen in seinem rechten Handgelenk knackten, gefolgt von einem stechenden Schmerz, der jedoch nur kurz andauerte. Als er sich erhob, klangen die Schmerzen schon wieder ab, und er spürte, wie sein ganzer Körper warm wurde. Das lag an seinen Naniten, die Schmerzmittel in die Blutbahn ausschütteten.

Er hielt seinen Arm fest gepackt, damit sein Handgelenk nicht in einem grässlichen Winkel herunterhing, und stolperte vorwärts.

»Wer ist da?«, hörte er jemanden rufen. »Was ist da los?«

Er wäre in die Richtung gerannt, aus der die Stimme kam, wenn er sich hätte orientieren können. Aber sein Kopf war von Naniten benebelt, so dass es ihm schwerfiel, oben und unten zu unterscheiden, von rechts und links ganz zu schweigen. Zu dumm, dass sein Verstand gerade jetzt unscharf wurde, wo er ihn am dringendsten brauchte. Nun begann auch noch der Boden zu wackeln wie auf einer Jahrmarktsattraktion. Er torkelte zwischen den Wänden hin und her, bemühte sich, das Gleichgewicht zu wahren, und lief einem seiner Angreifer direkt in die Arme, der sein gebrochenes Handgelenk packte. Der knochenzermalmende Griff schwächte ihn trotz der Schmerzmittel so sehr, dass er keinen Widerstand mehr leisten konnte.

»Du konntest es uns nicht leichtmachen, was?«, zischte der Angreifer. »Nun, wir haben dich gewarnt.«

Für den Bruchteil eines Augenblicks sah er die Spritze schmal und silbern in der Dunkelheit aufblitzen, dann wurde sie in seine Schulter gestoßen.

Die Wärme der Schmerzmittel in seinen Adern wurde durch Kälte ersetzt, und die Welt begann, sich in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Seine Knie wurden weich, doch er fiel nicht, weil er von fremden Händen aufgefangen wurde, bevor er auf den Boden schlug. Sie trugen ihn durch eine offene Tür in die stürmische Nacht. Und da sein Bewusstsein sich endgültig verabschiedete, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich dem Moment zu ergeben.

 

Als er aufwachte, war sein Arm wieder verheilt. Er musste also für mehrere Stunden bewusstlos gewesen sein. Er versuchte, sein Handgelenk zu bewegen, aber vergeblich. Nicht wegen einer Verletzung, sondern weil er gefesselt war. An beiden Händen und an den Füßen. Außerdem hatte er das Gefühl, ersticken zu müssen, weil man ihm einen Sack über den Kopf gezogen hatte. Durchlässig genug, um Luft zu bekommen, aber so dick, dass er um jeden Atemzug ringen musste.

Obwohl er keine Ahnung hatte, wo er sich befand, wusste er, womit er es zu tun hatte. Es nannte sich Entführung. Heutzutage machten die Menschen so etwas nur noch aus Spaß – als Geburtstagsüberraschung oder Aktivität während eines Abenteuerurlaubs. Aber das war kein Streich von Freunden oder Verwandten, sondern ein echtes Kidnapping. Und auch wenn er keine Ahnung hatte, wer seine Entführer waren, wusste er, worum es ging. Wie hätte es auch anders sein sollen?

»Ist da jemand?«, fragte er. »Ich kann hier drunter nicht atmen. Und totenähnlich nutze ich doch bestimmt keinem, oder?«

Er hörte Bewegungen um sich herum, dann wurde der Sack von seinem Kopf gerissen.

Er befand sich in einem kleinen fensterlosen Raum. Das Licht war grell, was jedoch nur daran lag, dass seine Augen so lange nur Dunkelheit gesehen hatten. Vor ihm standen drei Personen. Zwei Männer und eine Frau. Er hatte erwartet, sich hartgesottenen Berufswiderlingen gegenüberzusehen, doch nichts konnte ferner von der Wahrheit sein. Ja, es waren Widerlinge, aber nur, weil jetzt jeder ein Widerling war.

Nun ja, fast jeder.

»Wir wissen, wer Sie sind«, sagte die Frau in der Mitte, die offensichtlich das Kommando hatte, »und wir wissen, was Sie können.«

»Was er angeblich kann«, sagte einer der Männer.

Alle drei trugen zerknitterte graue Anzüge in der Farbe eines bewölkten Himmels. Nimbus-Agenten – oder ehemalige Nimbus-Agenten. Sie sahen aus, als hätten sie ihre Kleidung seit dem Tag nicht mehr gewechselt, an dem der Thunderhead verstummt war – als könnten sie weiterhin ihr Amt bekleiden, nur weil sie noch die entsprechende Uniform trugen. Nimbus-Agenten, die ihr Heil in einer Entführung suchten. Wohin war es mit der Welt gekommen?

»Greyson Tolliver«, sagte der Skeptische. Er blickte auf ein Tablet und trug Fakten aus Greysons Leben vor. »Ein guter, aber kein herausragender Student. Wegen der Verletzung des Gebots der Trennung von Staat und Scythetum von der midMerikanischen Nimbus-Akademie verwiesen. Unter dem Namen Slayd Bridger zahlreicher Straftaten und Vergehen schuldig – darunter ein Busabsturz, der neunundzwanzig totenähnliche Personen zur Folge hatte.«

»Und diesen Abschaum hat der Thunderhead auserwählt?«, fragte der dritte Agent.

Ihre Anführerin hob die Hände, um die beiden zum Schweigen zu bringen, und richtete den Blick auf Greyson.

»Wir haben im Backbrain gegraben und nur eine einzige Person gefunden, die kein Widerling ist, und zwar Sie.« Die Frau betrachtete ihn mit einer seltsamen Mischung aus Neugier, Neid und einer gewissen Ehrfurcht. »Das bedeutet, dass Sie noch mit dem Thunderhead reden können. Stimmt das?«

»Jeder kann mit dem Thunderhead reden«, bemerkte Greyson. »Ich bin bloß der Einzige, dem er antwortet.«

Der Agent mit dem Tablet atmete tief ein, als würde er mit dem ganzen Körper seufzen.

Die Frau beugte sich näher. »Sie sind ein Wunder, Greyson. Ein Wunder. Wissen Sie das?«

»Das sagen die Tonisten auch.«

Bei der Erwähnung der Tonisten schnaubten die Agenten verächtlich.

»Wir wissen, dass sie Sie gefangen halten.«

»Ähm … eigentlich nicht.«

»Wir wissen, dass Sie nicht freiwillig bei ihnen sind.«

»Anfangs vielleicht nicht … aber jetzt schon.«

Das kam bei den Agenten nicht gut an. »Warum um alles in der Welt wollen Sie bei den Tonisten bleiben?«, fragte der Mann, der ihn eben noch Abschaum genannt hatte. »Sie können ihren Unsinn doch unmöglich glauben …«

»Ich bleibe bei ihnen, weil sie mich nicht mitten in der Nacht entführen.«

»Wir haben Sie nicht entführt«, sagte der Agent mit dem Tablet. »Wir haben Sie befreit

Als die Anführerin in die Hocke ging, damit sie Greyson direkt in die Augen sehen konnte, erkannte er in ihrem Blick noch ein Gefühl, das alle anderen dominierte. Verzweiflung. Einen Abgrund von Verzweiflung, dunkel und verzehrend wie Teer. Und es betraf nicht nur sie, wie Greyson begriff. Es war eine geteilte Verzweiflung. Nicht zum ersten Mal, seit der Thunderhead verstummt war, sah er Menschen mit ihrer Trauer ringen, doch nirgendwo war sie so roh und erbärmlich gewesen wie jetzt und hier in diesem Raum. Auf der ganzen Welt gab es nicht genug Stimmungsnaniten, um diese Verzweiflung zu lindern. Ja, er war derjenige, der gefesselt war, doch seine Entführer waren viel bedauernswertere Gefangene als er, Gefangene ihrer eigenen Mutlosigkeit. Es gefiel ihm, dass die Frau sich hinknien musste, um auf Augenhöhe mit ihm zu reden. Es fühlte sich an, als würde sie ihn anflehen.

»Bitte, Greyson«, bettelte sie auch schon. »Ich spreche für viele von uns in der Interface-Behörde, wenn ich sage, dass der Dienst für den Thunderhead unser Leben war. Nun, da er verstummt ist, wurde uns dieses Leben genommen. Deshalb bitte ich Sie … könnten Sie in unserm Namen vermitteln?«

»Ich fühle mit Ihnen«, erwiderte Greyson nur. Und das tat er wirklich. Er kannte die Einsamkeit und den Kummer, wenn man sich unvermittelt seines Lebenssinns beraubt sah. In seinen Tagen als Undercover-Widerling Slayd Bridger hatte auch er irgendwann geglaubt, der Thunderhead habe ihn endgültig verlassen. Aber das hatte er nicht. Er war die ganze Zeit da gewesen und hatte über ihn gewacht.

»Auf meinem Nachttisch lag ein Ohrhörer«, sagte er. »Den haben Sie nicht zufällig mitgenommen, oder?« An ihrer fehlenden Reaktion erkannte er, dass dem nicht so war. Persönliche Habseligkeiten wie diese wurden bei mitternächtlichen Entführungen schnell mal vergessen.

»Egal«, sagte er. »Geben Sie mir einfach irgendeinen alten Ohrhörer.« Er sah den Agenten mit dem Tablet an, der noch seinen Interface-Behörden-Ohrhörer trug. Ein weiterer Ausdruck der Realitätsverweigerung. »Ihren«, fügte Greyson hinzu.

Der Mann schüttelte den Kopf. »Er funktioniert nicht mehr.«

»Für mich wird er funktionieren.«

Widerwillig nahm der Agent den Ohrhörer ab und steckte ihn in Greysons Ohr. Dann warteten die drei, dass Greyson für sie ein Wunder vollbrachte.

 

Der Thunderhead konnte sich nicht erinnern, wann sich sein Bewusstsein entwickelt hatte, er wusste nur, dass es so war. So wie ein Säugling sich seiner selbst nicht bewusst ist, bis er genug von der Welt begreift, um zu verstehen, dass das Bewusstsein kommt und geht, bis es irgendwann nicht mehr wiederkehrt. Obwohl das Verständnis von Letzterem auch den aufgeklärtesten Geistern nach wie vor Mühe bereitete.

Das...

Erscheint lt. Verlag 27.11.2019
Reihe/Serie Scythe
Übersetzer Pauline Kurbasik, Andreas Helweg, Kristian Lutze
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • A.I. • Ausbildung • Dystopie • Finale • Freundschaft • Hunger Games • Ideale Welt • Jugendbuch • K.I. • Krankheit • Künstliche Intelligenz • Numbers - Den Tod im Blick • Schicksal • Sterben • Thriller • Tod • Töten • tribute von panem • Trilogie • Verantwortung • Zukunft
ISBN-10 3-7336-5017-4 / 3733650174
ISBN-13 978-3-7336-5017-9 / 9783733650179
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