Der Sohn (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
528 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1029-9 (ISBN)

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Der Sohn -  Jo Nesbø
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Der neue große Roman von Bestsellerautor Jo Nesbø Sonny ist auf der Flucht Sonny Lofthus sitzt im modernen Hochsicherheitsgefängnis Staten in Oslo. Seine kriminelle Karriere begann, als sein Vater Ab sich das Leben nahm. Ab Lofthus war Polizist. Kurz vor seinem Tod gestand er, korrupt gewesen zu sein. Dieser Verrat zerstörte Sonnys Leben. Jetzt, viele Jahre später, hört er von einem Mitgefangenen, dass alles ganz anders gewesen ist. Sonny will Rache. Er flieht aus dem Gefängnis, denn die Verantwortlichen sollen für ihre Verbrechen büßen. Jo Nesbøs Krimiserie um Kommissar Harry Hole ist weltweit ein Hit. Auch mit Der Sohn stieg er in Norwegen, England, Dänemark und den Vereinigten Staaten ganz oben in der Bestsellerliste ein. Sein neuer großer Kriminalroman ist ein elektrisierendes Drama um Geheimnis und Sünde, Verrat und Rache, Gerechtigkeit und Erlösung. Entdecken Sie auch MESSER, den neuen großen Kriminalroman um Kommissar Harry Hole!

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Jo Nesbø lebt in Oslo.

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Die Hollywood-Verfilmung von Der Schneemann wird von Martin Scorsese produziert. Jo Nesbø lebt in Oslo.

Kapitel 1

Rover starrte an die weiß gestrichene Wand der länglichen, elf Quadratmeter großen Gefängniszelle. Biss auf den etwas zu hoch geratenen goldenen Schneidezahn im Unterkiefer. Er war jetzt an dem schwierigsten Punkt seiner Beichte angelangt. Es war still, allein das Kratzen seiner Fingernägel über die tätowierte Madonna auf seinem Unterarm war zu hören. Der Junge ihm gegenüber saß mit überkreuzten Beinen auf dem Bett und hatte kein Wort gesagt, seit Rover hereingekommen war. Bloß genickt, sein zufriedenes Buddha-Lächeln aufgesetzt und auf einen Punkt auf Rovers Stirn gestarrt. Sie nannten ihn Sonny. Als Jugendlicher sollte er zwei Menschen ermordet haben, und es hieß, dass sein Vater ein korrupter Bulle gewesen war und er selbst irgendwie besondere Fähigkeiten hatte. Es war schwer zu sagen, ob der Junge zuhörte, seine grünen Augen lagen wie der Rest des Gesichts hinter den langen, verfilzten Haaren verborgen, aber eigentlich war das egal. Rover wollte nur, dass ihm seine Sünden vergeben wurden und er die berühmte Segnung erhielt, damit er tags darauf mit reinem Gewissen durch das Tor des Hochsicherheitsgefängnisses Staten treten konnte. Rover war kein religiöser Mann. Aber eine Beichte konnte ja nicht schaden, schließlich hatte er sich ehrlich vorgenommen, sein Leben zu ändern. Er holte tief Luft:

»Ich glaube, sie kam aus Weißrussland. Minsk ist doch in Weißrussland, oder?« Rover blickte kurz auf, aber der Junge auf dem Bett antwortete nicht.

»Nestor hat sie immer Minsk genannt«, sagte Rover. »Und dann hat er gesagt, ich soll sie erschießen.«

Es war echt von Vorteil, sich jemandem mit einem derart ausgebombten Herzen anzuvertrauen. Da konnte man sicher sein, dass keine Namen und keine Details in Erinnerung blieben, es war irgendwie, wie mit sich selbst zu reden. Vermutlich gingen die Häftlinge des Staten deshalb zu ihm und nicht zum Pastor oder Psychologen.

»Nestor hatte sie und acht andere Mädchen unten in Enerhaugen in einen Käfig gesperrt. Osteuropäerinnen und Asiatinnen. Ziemlich jung, Teenager. Falls sie schon so alt waren. Minsk war ein bisschen größer und stärker als die anderen. Und ihr gelang es dann auch abzuhauen. Sie schaffte es bis in den Tøyenpark. Da hat Nestors Hund sie dann gepackt. Der hatte so eine Argentinische Dogge, kennst du die?«

Der Blick des Jungen blieb unverändert, aber er hob eine Hand, führte sie zu seinem Bart und durchkämmte ihn mit den Fingern. Der Ärmel seines weiten, schmutzigen Hemds rutschte nach unten und offenbarte Wundränder und Einstiche. Rover fuhr fort:

»Das sind so wahnsinnig kräftige Albinohunde. Die bringen alles und jeden um, auf den ihr Herrchen zeigt. In Norwegen sind die eigentlich verboten, aber Nestor hatte den von einem Züchter aus Rælingen, der importiert die Welpen aus Tschechien, angemeldet als weiße Boxer. Ich war mit Nestor da, als er den Hund gekauft hat. Mehr als fünfzig Riesen in bar. Und so verdammt süß, dass man sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass daraus mal …« Rover hielt abrupt inne. Er wusste, dass er über den Hund sprach, um nicht über das reden zu müssen, was er eigentlich loswerden wollte.

»Egal …«

Egal. Rover starrte auf die Tätowierung auf seinem anderen Unterarm. Eine Kathedrale mit zwei Türmen. Eine für jede verbüßte Strafe. Dabei hatte keine davon mit der Sache zu tun. Aber wen interessierte das schon. Er hatte Handfeuerwaffen in den MC-Club geschmuggelt und einige davon in seiner Motorradwerkstatt modifiziert. Das war seine Spezialität. Er konnte das so gut, dass er irgendwann nicht mehr unsichtbar gewesen und geschnappt worden war. Aber Nestor hatte ihn nach der ersten Haftstrafe gleich wieder ins Warme geholt. Oder ins Kalte, je nachdem. Er hatte ihn mit Haut und Haaren gekauft, damit seine Leute – und nicht diese MC-Typen oder andere Konkurrenten – die besten Waffen hatten. Rover hatte so in wenigen Monaten mehr Geld gemacht, als er jemals in seiner kleinen Motorradklitsche hätte machen können. Nur dass Nestor immer mehr verlangt hatte. Viel mehr. Zu viel.

»Sie lag da in dem kleinen Wäldchen, und das Blut pumpte nur so aus ihr raus. Sie sah uns an, bewegte sich nicht. Der Köter hatte ihr einen Teil des Gesichts herausgerissen, man konnte ­direkt die Zähne sehen.« Rover schnitt eine Grimasse. Er musste endlich zur Sache kommen. »Nestor meinte, es sei an der Zeit, ein Exempel zu statuieren, um den anderen Mädchen zu zeigen, was sie riskierten. Und dass Minsk mit diesem Gesicht ohnehin wertlos sei …« Rover schluckte. »Und dann hat er mich aufgefordert, das zu tun … ihr ein Ende zu machen. Ich sollte ihm meine absolute Loyalität beweisen. Mit meiner alten, etwas modifizierten Ruger MK2. Ich wollte das auch machen. Echt. Das war nicht der Punkt …«

Rover spürte den Kloß im Hals. Wie oft hatte er an diese Nacht im Tøyenpark gedacht? An das Mädchen ohne Wange? Mit sich und Nestor in den Hauptrollen, während die anderen nur stumme Beobachter waren. Sogar der Köter hatte die Schnauze gehalten. Hundert Mal? Tausend? Trotzdem wurde ihm erst jetzt, da er es zum ersten Mal laut aussprach, wirklich bewusst, dass das alles kein Traum, sondern Wirklichkeit gewesen war. Besser gesagt, seinem Körper schien es erst jetzt bewusst zu werden, seinem Magen. Rover atmete schwer durch die Nase, um die Übelkeit in den Griff zu bekommen.

»Aber ich konnte es nicht. Dabei wusste ich, dass sie so oder so sterben würde. Der Hund wartete ja nur darauf, und an ihrer Stelle wäre mir eine Kugel echt lieber gewesen. Das alles ging mir damals durch den Kopf, aber dieser scheiß Abzug war wie festzementiert. Ich konnte einfach nicht abdrücken.«

Der junge Mann schien kaum merkbar zu nicken. Vielleicht reagierte er auf Rovers Worte, vielleicht aber auch auf Musik, die nur er hören konnte.

»Nestor sagte, wir könnten nicht bis in alle Ewigkeit warten, schließlich stünden wir mitten in einem öffentlichen Park. Dann nahm er das kleine krumme Messer aus seinem Beinhalfter, trat einen Schritt vor, packte sie an den Haaren, hob ihren Kopf etwas an und fuhr fast beiläufig mit dem Messer über ihren Hals. Als würde er einen Fisch aufschlitzen. Das Blut pumpte drei oder vier Mal aus ihr heraus, dann war sie leer. Aber weißt du, woran ich mich am deutlichsten erinnere? An diesen Köter … Wie er zu heulen anfing, als das Blut spritzte.«

Rover beugte sich auf dem Stuhl vor, die Ellenbogen auf den Knien. Er presste seine Hände auf die Ohren. Bewegte sich vor und zurück.

»Und ich, ich habe nichts gemacht. Ich stand einfach nur da und sah zu. Ich hab echt keinen Finger gerührt. Hab zugesehen, wie sie sie in eine Decke wickelten und zum Auto trugen. Wir haben sie in den Wald gefahren, zum Østmarksetra, und sie dann am Ulsrudvannet irgendwo die Böschung runtergekippt. Da am See laufen ja viele Leute mit ihren Hunden herum, so dass sie gleich am nächsten Tag gefunden wurde. Nestor wollte das so. Es sollte in den Zeitungen stehen, was mit ihr passiert war. Damit er es den anderen Mädchen zeigen konnte.«

Rover nahm die Hände von den Ohren. »Ich habe danach nicht mehr richtig geschlafen, hatte nachts immer Alpträume. Das Mädchen ohne Wange lächelte mich immer und immer wieder mit ihren freigelegten Zähnen an. Deshalb bin ich dann irgendwann zu Nestor gegangen und habe ihm gesagt, dass ich aussteigen will. Ich wollte keine Uzis oder Glocks mehr zurecht­feilen, sondern wieder an meinen Motorrädern schrauben. Ein friedliches Leben, ohne den ständigen Gedanken an die Polizei. Nestor sagte, das sei okay, er hatte wohl schon gemerkt, dass ich nicht wirklich ein Bad Guy war. Er malte mir aber in allen Farben aus, was passieren würde, sollte ich jemals das Maul aufmachen. Ich dachte, die Sache wäre damit erledigt, und begann ein normales Leben. Lehnte alle Angebote ab, obwohl ich bei mir noch ein paar verdammt gute Uzis liegen habe. Trotzdem hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass im Hintergrund irgendwas lief. Dass sie mich doch ausknipsen wollten. Ich war deshalb fast erleichtert, als die Bullen mich einbuchteten. Eine alte Sache, mit der ich nur peripher zu tun hatte, aber sie hatten zwei Typen festgenommen, die aussagten, dass ich sie mit Waffen versorgt hätte. Ich habe es sofort zugegeben.«

Rover lachte hart. Hustete. Beugte sich auf dem Stuhl vor:

»In achtzehn Stunden komme ich hier raus. Ich habe keine blasse Ahnung, was mich erwartet. Ich weiß bloß, dass Nestor weiß, dass ich rauskomme, dabei sollte das eigentlich erst in vier Wochen sein. Er weiß alles, was hier oder bei den Bullen vor sich geht. Er hat seine Leute überall, so viel habe ich verstanden. Aber wenn er mich loswerden wollte, hätte er das ebenso gut hier drinnen erledigen können, statt zu warten, bis ich wieder draußen bin. Stimmt doch, oder?«

Rover wartete. Stille. Das Gesicht des anderen sah nicht so aus, als hätte er zu irgendetwas eine Meinung.

»Egal«, sagte Rover. »Ein bisschen Segen kann nicht schaden.«

Bei dem Wort »Segen« schien etwas im Blick des jungen Mannes aufzuleuchten, und er hob die rechte Hand und signalisierte Rover, dass er näher kommen und sich hinknien sollte. Rover stemmte seine Knie in den kleinen Teppich, der vor dem Bett lag. Franck erlaubte niemandem sonst einen Teppich auf dem Boden. Strikt nach dem Schweizer Modell, das sie hier im Hochsicherheitsgefängnis anwendeten. Niemand sollte etwas Überflüssiges in seiner Zelle haben. Die Anzahl der privaten Gegenstände war auf zwanzig pro Insassen begrenzt. Wollte man ein zusätzliches Paar Schuhe, musste man zwei Unterhosen oder zwei ­Bücher dafür...

Erscheint lt. Verlag 14.11.2014
Übersetzer Günther Frauenlob
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller • Don Winslow • Drogen • Gefängnis • Harry Hole • Heroin • Hjorth • Jussi Adler-Olsen • Koma • Kommissar • Korruption • Krimi • Kriminalroman • Larve • Leopard • Mord • Norwegen • Oslo • Rosenfeldt • Schneemann • simon beckett • Sohn • Vater
ISBN-10 3-8437-1029-5 / 3843710295
ISBN-13 978-3-8437-1029-9 / 9783843710299
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