Pendo (eBook)

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2015 | 1. Auflage
768 Seiten
Eagle Books Verlag
978-3-9813672-9-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Pendo -  Irena Berger
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Es hätte der wichtigste Tag in seinem Leben werden sollen. Der Tag, an dem er einen wilden Yagura zähmen und reiten soll, um den großen Schritt vom Kind zum vollwertigen Mitglied seines Volkes zu vollenden. Das Schicksal aber verändert sein Leben an diesem Tag für immer. Es nicht nur die gewohnten Lebensumstände in seinem Zuhause, die sich verändern. Seltsame, unerklärliche Dinge gehen im Dorf der Dyami vor sich, was zu Unruhen und Streitigkeiten innerhalb des eigentlich sehr friedliebenden Volkes führt. Und hinter den schützenden Mauern des Dorfes erfahren die Dyami nur über die Zeitung von den sich verschärfenden sozialen Ungerechtigkeiten und politischen Debatten, die den kleinen Planeten Murta in Aufruhr versetzen. Es ist der Älteste im Dorf, der Pendo und seinen engen Freund Nikan schließlich in ein uraltes Geheimnis der Dyami einweiht und ihnen klarmacht, dass all diese Veränderungen und unheilvollen Vorzeichen nicht zufällig geschehen, sondern einer dunklen, unerkannten Kraft entspringen. Als ein verheerendes Unwetter Pendos Heimat verwüstet, das Mädchen, das er liebt, als Verräterin beschuldigt wird und düstere Mächte die Bevölkerung auf Murta bedrohen, begibt sich Pendo auf eine schicksalhafte Reise.

1

»Bist du bereit?«

Pendo zögerte.

»Bist du bereit?«, fragte sein Vater noch einmal.

Er atmete tief durch und nickte.

»Dann los«, befahl der Vater und schubste ihn in den Ring. »Lasst ihn rein«, rief er über Pendos Kopf hinweg und schloss das Gatter hinter ihm. Dann tätschelte er ihm liebevoll den Kopf und flüsterte, »Du schaffst das, Großer, los geht ’s.«

Pendo richtete sich auf, umfasste das dicke Seil, das er bei sich trug noch fester mit seinen Fäusten, ging kraftvoll ein paar Schritte vorwärts, blieb stehen und wartete, den Blick fest auf das große Holztor geheftet, das sich jeden Augenblick öffnen würde.

Die Wand, zu der das Tor gehörte, war ein gutes Stück von Pendo entfernt. Dennoch schien es ihm, als käme sie mit ihrer Rundung und der Schräge zu den Seiten hin geradewegs auf ihn zu, als wolle sie ihn umzingeln, einschließen oder sogar erdrücken. Reiß dich zusammen, sagte er sich, konzentriere dich auf das Wesentliche. Wieder fixierte er das Tor. Aus den Augenwinkeln erkannte er rechts und links die Sitzreihen außerhalb des Rings. Je fester er auf einen einzigen Punkt vor sich starrte, desto klarer wurde die Sicht um ihn herum. Die Sitze waren leer. Nicht ein Platz war besetzt, so weit sein Blick reichte. Auch auf den Plätzen in den Reihen, die sich hinter ihm zu einem Kreis schlossen, saß keine Seele. Das wusste Pendo, ohne es sehen zu müssen. Aber er wusste auch, dass sie hinter ihm standen, in dem breiten Gang zwischen den Sitzen und dem Zaun, der das Publikum von der Bühne trennte. Vater, Großvater, der Lehrer und die anderen Jungen. Alle standen sie da, erwartungsvoll und angespannt. Diejenigen, die es bereits hinter sich hatten voller Stolz, die anderen, die es noch vor sich hatten, mit leiser Furcht.

Seine Aufregung hatte sich gelegt. Er starrte auf das riesige Holztor am gegenüberliegenden Ende der Arena und hörte seinem eigenen Atem zu. Alles um ihn herum erschien ihm langsamer und leiser, alle seine Muskeln waren angespannt und seine Konzentration galt dem, was vor ihm lag.

In diesem Augenblick öffnete sich das Tor, zunächst nur einen Spalt, bis es langsam immer weiter aufging. Plötzlich vernahm er dahinter ein Knurren. Zwar wusste er, was gleich, aus dem Dunkeln heraus auf ihn zustürzen würde, jedoch kam ihm dieses Knurren ungewöhnlich lang und derart durchdringend vor, als sei es nicht von dieser Welt. Mit einem Mal hob das Knurren zu einem regelrechten Brüllen an, das die Wände der Arena erzittern ließ und Pendo in seinem tiefsten Innern erschütterte. Dann ging es in eine Art Fauchen über, das ihm erschien, als könne es ihn in seiner Schärfe wahrhaftig in der Mitte zerreißen. Für einen Augenblick verlor er die Konzentration. Ein einziger Wimpernschlag war es, der seinen fest haftenden Blick von dem großen Tor trennte, ein Sekundenbruchteil, in dem er wankte und den besonderen Blick, mit dem er alles verlangsamt wahrnehmen konnte, verlor.

Nun geschah daher alles in Sekundenschnelle und traf Pendo unvorbereitet.

Die beiden Torflügel schwangen auf und der Yagura stürzte auf Pendo zu. Blanke Angst erfasste ihn und nur mit Mühe unterdrückte er Panik. Hinter sich vernahm er die anfeuernden Rufe seiner Mitschüler. Das Tier war nur einige Schritte von ihm entfernt. Im nächsten Augenblick würde es sich auf ihn stürzen. Ausgehungert, wie es war, würde es ihn bei lebendigem Leibe zerfetzen, wenn er nicht sofort etwas unternahm.

Konzentrier dich! Nun konzentrier dich schon, na mach schon! Aber je mehr er sich zur Konzentration zwang, umso nervöser und ängstlicher schien er zu werden. Mit langen, geschmeidigen und kraftvollen Sprüngen kam der Yagura immer näher. Pendo machte unwillkürlich ein paar Schritte rückwärts, stolperte und konnte sich gerade noch vor einem Sturz mit wahrscheinlich tödlichen Folgen bewahren.

Hab keine Angst, du bist für das hier geboren. Dieser Moment ist vom Schicksal für dich vorbestimmt, du kannst das, es ist ganz einfach. Er ballte erneut die Fäuste und fixierte die drohende Gefahr. Und mit einem Mal erschien wieder alles verlangsamt. Er konnte jede Bewegung des Raubtiers genau beobachten. Zu jedem Sprung holte es weit aus, warf die Vorderbeine nacheinander, die Hinterbeine gleichzeitig kraftvoll nach vorn. Jedes Mal wenn eine Pfote auf dem sandigen Boden aufsetzte, wirbelte die Erde auf und stob in alle Richtungen. Der schlanke Körper der großen Katze erzitterte leicht unter dem Aufprall und federte doch jeden einzelnen seiner Sprünge geschmeidig ab. Während sich der Rücken zusammenkrümmte, wieder streckte, sich dabei gleichmäßig hob und senkte, blieb der Kopf des Tieres vollkommen still, sein Blick fest nach vorne gerichtet. Die langen, spitzen Ohren waren angespannt nach vorn gerichtet. Das Maul mit den scharfen Zähnen war noch geschlossen.

Gleich … Jetzt nur nichts überstürzen. Erst wenn das Tier bei ihm war, würde er handeln. Er würde den richtigen Moment abpassen, blitzschnell einen Schritt zur Seite weichen und mit der linken Hand in das Fell am Hals greifen. Dann würde er sich mit Schwung vom Boden abstoßen und auf dem Rücken des Tieres landen, direkt hinter den Schulterknochen und sich dort festklammern. Er musste die Sprünge und Windungen dieses Jägers ausbalancieren und seinen Versuchen, ihn gewaltsam von seinem Rücken zu streifen, trotzen. Schließlich musste er mit der Schlinge am Ende seines Seils die Vorderbeine des Tieres erwischen und die Schlinge mit aller Kraft zuziehen, sodass der Yagura stürzen würde.

Insgeheim hoffte Pendo, dass die Bestie dann aufgab, und ihn als seinen Herren akzeptieren würde, wie es oft geschah. Wenn nicht, musste er weitermachen, notfalls das Seil als Peitsche benutzen oder weitere Stürze provozieren, so lang, bis der Yagura begriff, dass er, Pendo, der Stärkere war. Dann erst würde das Tier aufgeben, dann erst würde er es gezähmt haben.

Wieder vernahm er das Rufen und Schreien hinter sich. Sie klatschten in die Hände und schrien, außer sich vor Begeisterung und Aufregung. Pendo erzitterte. Gleich! Der Yagura war nur noch etwa fünf Schritte von ihm entfernt. Ein weiterer Sprung, dann würde das Raubtier ansetzen und sich auf ihn stürzen. Das war der Moment, auf den Pendo gewartet hatte. Noch einmal sammelte er all seine Kräfte. Die Bestie durfte ihn nicht erwischen, er musste schneller sein und das Biest zähmen.

In diesem Augenblick setzte der Yagura zu seinem letzten mächtigen Sprung an. Pendo sah ihm in die Augen – doch erblickte nicht, was er erwartet hatte. Keine Bosheit, die er dem Tier unterstellt hatte, keine Mordlust, die er in dessen Augen zu finden geglaubt hatte. Nicht einmal die eigene Kampfeslust spiegelte sich im Blick des Tieres wider. Nein, da lag etwas anderes darin, das er zunächst nicht deuten konnte. Doch dann erkannte er, dass es blanke Angst war.

Pendo blieb wie angewurzelt stehen. Statt auszuweichen und in das Fell des Tieres zu greifen, blieb er stehen, unfähig, das zu tun, was er hätte tun sollen.

Der Aufprall des Tieres schien ihm den Boden unter den Füßen wegzureißen. Er landete auf dem Rücken, sah, wie sich der große schwarze Körper über ihn warf, spürte den stechenden Schmerz der Krallen in seinem linken Arm und den dumpfen Schlag, als sein Kopf auf den Boden prallte. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

*

»Der Yagura gehört zu den gefährlichsten Daseinsformen auf diesem Planeten«, erklärte Professor Dichali. »Seine Vorfahren gehörten zu unterschiedlichen Arten von Lebewesen. Er gehört in erster Linie zur Familie der Carnifeloidae, also der Raubkatzen, die wir, wie ihr wisst, in der letzten Stunde besprochen haben. Die scharfen Krallen, das selbst für diese Art überdurchschnittlich groß ausgebildete Gebiss und die unglaubliche Wendigkeit machen ihn zu einem tödlichen Jäger. Im vollen Lauf erreicht der Yagura auf kurzen Strecken eine Geschwindigkeit von bis zu zweihundertundsieben Meilen pro Stunde. Andererseits findet man Einflüsse seiner Vorfahren, der Gattung der Equidauris, zu der, wie ihr ebenfalls schon wisst, auch das gemeine Hauspferd und das Einhuftier gehören. Ihnen verdankt der Yagura seine langen, spitzen Ohren, die er jeweils um hundertachtzig Ur drehen kann, und seinen extrem empfindlichen Gehörsinn. Während die sogenannte Hörfläche, also der Bereich in der ein akustisches Signal wahrgenommen werden kann, eines Dyami etwa von 0,02 bis 20 Zentnerscalar reicht, kann der Yagura Geräusche von minimal circa 5 Scalar und maximal ungefähr 40 Zentnerscalar wahrnehmen, die Spannbreite des entsprechenden Schalldruckpegels ist dabei ebenfalls wesentlich größer. Darüber hinaus kann er selbst leise Geräusche über eine Entfernung von mehreren Meilen hinweg wahrnehmen. Im Gegensatz zu fast allen anderen Arten dieser Abstammung ist der Yagura aber nicht, wie ihr vielleicht denkt, ein gängiges Reittier. Es ist bisher nur den Dyami gelungen, sie zu zähmen und zu reiten.«

Gebannt folgten die Schüler den Erläuterungen des Professors. Einige saßen auf den herumliegenden Baumstämmen, andere hatten auf dem Boden Platz genommen. Alle folgten mit aufmerksamen Blicken jeder Handbewegung, mit denen er seine Beschreibungen unterstrich.

Pendo hielt sich im Hintergrund, um die allgemeine Aufmerksamkeit nicht zu stören. Wie aufgefordert war er zum Ende der letzten Stunde beim Waldplatz erschienen, einem der fünf Unterrichtsräume, deren Bezeichnung jedoch leicht irreführend erschien, da es sich nicht zwangsläufig um geschlossene Räume handelte. Der Waldplatz war eine Wiese am Waldrand mit Baumstämmen zum...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2015
Reihe/Serie Reihe Heldenreise
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-9813672-9-4 / 3981367294
ISBN-13 978-3-9813672-9-4 / 9783981367294
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