Unter dem Mitternachtsmond (eBook)

Roman.
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
208 Seiten
Gerth Medien (Verlag)
978-3-96122-270-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unter dem Mitternachtsmond -  Elisabeth Büchle
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Nach dem Unfalltod seiner Frau lebt Patrick in der ständigen Angst, dass auch seinem siebenjährigen Sohn Leo etwas zustoßen könnte. Der Umzug auf einen alten Gutshof in idyllischer Gegend des Schwarzwaldes soll Abhilfe schaffen. Allerdings lebt dort auch die unkonventionelle Künstlerin Debora, die zu Leos Freude - und zu Patricks Missfallen - den Alltag der beiden gehörig aufmischt. Mit ihren Dreadlocks, den Stahlkappenstiefeln und der Schweißerausrüstung sieht sie nicht nur gewöhnungsbedürftig aus, vielmehr hat sie auch ein paar eigenartige Angewohnheiten. Was treibt sie immer um Mitternacht im Garten? Und was versucht sie vor Patrick zu verbergen?

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de © Foto: Claudia Toman, Traumstoff

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum.

2. Kapitel

Erschöpft und mit leichten Rückenschmerzen vom vielen Schleppen löschte Debora die Lichter in den Lagerräumen und im Büro.

„So, kein Durcheinander mehr!“, resümierte sie und lachte über sich selbst. Sobald sie das Licht wieder anknipste oder morgen bei Tageslicht die Räume betrat, würde das Chaos wieder da sein. Und das würde sich auch so schnell nicht ändern, immerhin musste sie dringend ihre aktuellen Projekte fertigstellen und ausliefern. Der Umzug ihrer Hinterhofwerkstatt in dieses bezaubernde Ambiente hatte mehr Zeit in Anspruch genommen als geplant. Das lag jedoch hauptsächlich daran, dass gleich zwei männliche Bekannte kurzfristig ihr Hilfsangebot zurückgezogen hatten. Dies hatte ihr erneut ein paar innere Kämpfe beschert. Schließlich wollte sie niemals wieder in ihr früheres Verhaltensmuster zurückfallen. Dennoch hatte es sie einiges an Kraft gekostet, ein weiteres Mal das Gefühl des Verlassenseins, der Frustration über Männer im Allgemeinen und den Eindruck, nicht wertgeschätzt, nicht geliebt, nicht „genügend“ zu sein, von sich zu weisen.

Langsam drehte sie sich um sich selbst und betrachtete ihr neues Reich. Die großen Fenster auf der linken Seite und die Glastür zum Foyer ließen tagsüber großzügig Licht ein. Die hohen Regale entlang der rechten Zimmerfront waren mit fertigen oder halb fertigen Werkstücken, dem aktuell benötigten Werkzeug und allerlei Material gefüllt. Der kunterbunte Mischmasch wirkte – im Gegensatz zu dem alten, rustikalen Holzboden und der Kassettendecke, an der sie kräftige Strahler angebracht hatte –, wie die bunt verfärbten Laubbäume vor den dunklen Fichtenwäldern, die das Gutshaus umgaben.

Gleich acht Arbeitstische und Werkbänke, in zwei Reihen schräg hintereinander angeordnet, entsprachen ihrem Wunsch, gleichzeitig an mehreren Objekten arbeiten zu können, ohne sie ständig wegräumen zu müssen. Das würde zwar immer durcheinander aussehen, doch wen sollte das stören? Hier wurde kreativ gearbeitet, und wo gearbeitet wurde, flogen nun mal Späne – oder standen, wie in ihrem Fall, unvollständige Kunstwerke herum.

Sie trat an eines der Fenster, öffnete es und warf einen Blick auf den gegenüberliegenden Hausflügel, soweit dieser nicht durch die glühendroten Blätter der Eiche eingeschränkt wurde. Dabei atmete sie tief die feuchtigkeitsgeschwängerte kalte Luft ein. Im Erdgeschoss, dort, wohin das gewaltige Computerequipment sowie Büromöbel, Stellwände und – zu ihrer Begeisterung – Schachteln mit der Beschriftung Skizzenblöcke, Stifte etc. gebracht worden waren, brannte kein Licht, doch im Stockwerk darüber war jedes Zimmer erleuchtet. In der Küche bewegte sich eine Silhouette, vermutlich Patrick, der noch mit Einräumen beschäftigt war. Nebenan war bereits ein nahezu blickdichter Vorhang angebracht worden. Wahrscheinlich befand sich dort Leos Reich. Im gleichen Augenblick erschien ein kleiner Schatten in dem Vorhangspalt, der einen schmalen Lichtschein nach draußen ließ. Sie konnte nur Leos Umriss sehen, nahm jedoch an, dass er sich gerade die Nase an der Scheibe platt drückte, um trotz der Dunkelheit etwas zu erkennen.

Sie hob den Arm und winkte ihm zu. Es dauerte einen Moment, bis er sie entdeckte und zurückwinkte. Gleich darauf öffnete er das Fenster und rief: „Ich schlafe heute auf dem Boden.“

„Na, du wirst doch hoffentlich eine Matratze haben?“

„Klar! Aber ich habe das Piratenbett verschenkt.“

„Weil du eine Ritterburg als Bett bekommst?“

„Ja!“ Leo klang begeistert. Allerdings tauchte hinter ihm ein größerer Schatten auf, der der laut geführten Unterhaltung quer über den Hof ein Ende bereitete.

„Gute Nacht, Debora!“, rief Leo noch höflich und deutlich verhaltener, dann schloss Patrick den Fensterflügel und zog energisch den blauen Vorhang vor.

„Ja, gute Nacht!“, flüsterte Debora und verschloss zitternd vor Kälte ebenfalls das Fenster. Es ließ sich nicht länger verleugnen: Der Winter stand vor der Tür.

Sie drehte sich um und warf einen Blick auf den hintersten, noch leeren Tisch. Ihr war eine Idee gekommen, und wie so oft wollte sie diese sofort in die Tat umsetzen. Also eilte sie zurück zur Verbindungstür und knipste das Licht in einem der Lagerräume an, um von dort wetterfeste Outdoorstoffe, mit denen sie vor einiger Zeit Windräder bespannt hatte, Nähgarn und ihre Nähmaschine nach vorn zu tragen. Drei Stunden blieben ihr noch, ehe sie zu Bett gehen wollte, und in diesen konnte sie ihr neues Projekt – ihr Begrüßungsgeschenk für Leo – weit vorantreiben.

Patrick trat aus dem Haus, als Jonas mit seinem Kleinlaster im Hof herumrangierte, da er mit der Ladefläche möglichst nahe an die Haustür des Ostflügels gelangen wollte. So konnte Patrick beobachten, wie Noa aus der Fahrerkabine kletterte, was bei ihrer kleinen, zarten Gestalt so wirkte, als hüpfe ein Floh von einem Tisch. Ihm entging auch nicht, wie sie nach einem ersten Blick auf das Gutshaus den Kopf in den Nacken legte, wobei ihre langen roten Locken wie ein Wasserfall über ihren Rücken flossen, und begeistert die bunte Wimpelkette betrachtete, die von Leos Zimmer quer über den Hof zu Deboras Küche gespannt war.

„Das ist ja hübsch!“, rief sie genau das, was Patrick befürchtet hatte. Noa führte ein Café, in dem es neben einem Floristikangebot auch Dekorationsgegenstände aller Art zu kaufen gab; im angrenzenden Wintergarten hatte ihr Verlobter Jonas seine Schreinerei.

„Die Farben sind perfekt ausgewählt. Kräftig, aber keine knalligen Kleckse oder kitschigen Pastelltöne. Und sieh dir das an, Jonas! Ist das nicht einfach bezaubernd?“ Noa eilte erst zu dem Klangspiel an der Lampe des Hauptgebäudes, dann hinüber zu dem vor dem Westflügel. Dabei entdeckte sie den durch eine Mauer eingegrenzten Garten. In diesem drehten sich Windräder, bewegten sich aus Naturmaterialien zusammengefügte Gebilde, tummelten sich Gartenstecker aus Stein, Holz und Glas – mal mit, mal ohne Beleuchtung – neben Metallleuchten, filigranen Figuren aus den unterschiedlichsten Materialen und vielem mehr. Da das Holztor offen stand und ein Aufsteller darauf hinwies, dass Debora das Zeug verkaufen wollte, betrat Noa den Garten, den sie vermutlich so schnell nicht mehr verlassen würde.

„Offenbar lebt Leo seine neue Leidenschaft für Ritter voll aus“, kommentierte Jonas, als er ausgestiegen war und Patrick mit einem kräftigen Händedruck begrüßt hatte. Er deutete zu den im Wind flatternden Wimpeln hinauf. „Wobei ich mich frage, weshalb du die Wimpel doppelreihig aufgehängt und sowohl hier als auch drüben an einem Transportrad befestigt hast?“

„Ich?“ Patrick verdrehte die Augen, überprüfte aber sofort Jonas’ Beobachtung. Tatsächlich hatte Debora die Wimpelkette nicht einfach nur an der Fassade festgemacht, vielmehr lief das stabile Seil über je ein Rad. Das war ihm nicht aufgefallen, seit Debora vor zwei Tagen gemeinsam mit Leo in dessen Zimmer verschwunden war, um die Konstruktion anzubringen.

„Das ist doch …“ Patrick verschluckte den Rest. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die zehn etwas größeren Wimpel zwischen den vielen kleineren Artgenossen eine Art Tasche aufwiesen. War das Deboras Reaktion auf sein Verbot an Leo, sich laut schreiend über den Hof hinweg mit ihr zu unterhalten? Offenbar tauschten sie nun schriftliche Nachrichten aus.

„Ich finde das Postsystem über den Hof toll! So etwas wünscht sich vermutlich jedes Kind.“ Jonas grinste und schlug Patrick kräftig auf die Schulter.

„Diese Frau ist …“

„Ja?“ Ohne ihn anzusehen, öffnete Jonas die Türen an seinem Laster und offenbarte darin Bretter mit Zinnen, einen Lattenrost, Seitenteile, in die Wappen geschnitzt waren – höchstwahrscheinlich Noas Werk –, und eine Wimpelkette, die farblich erstaunlich mit der über ihnen harmonierte.

„Haben Noa und die Dame sich abgesprochen?“, fragte Patrick misstrauisch.

„Nein, aber ich befürchte, sie haben einen sehr ähnlichen Geschmack. Wahrscheinlich sollte ich mich beeilen, damit ich Leos Bett ausgeladen habe, bevor Noa mit der Dame handelseinig wird und den ganzen Laster mit neuen Sachen für ihren Laden füllt.“

„Ist sie denn da?“ Noa war zurück, mit geröteten Wangen, was, so vermutete Patrick, nicht an der Kälte, sondern an ihrer Begeisterung für Deboras Handwerkskunst lag.

„Das weiß ich doch nicht. Ich habe keine Zeit, ständig die Kapriolen dieser Frau zu beobachten.“

„Kapriolen?“ Noa strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte ihn mit zur Seite geneigtem Kopf neugierig an. Zu neugierig, wie er fand.

„Na ja, das da.“ Patrick zeigte nach oben. „Und gestern hat sie mir gesagt, dass hier am Samstag eine Ausstellung stattfindet. Der ganze Hof wird zur Verkaufsfläche. Wenn ich Pech habe, tauchen hier Hunderte von Leuten auf, natürlich alle mit ihren Autos!“

„Die Idee, hier einen Markt abzuhalten, ist richtig toll und das Ambiente schlicht perfekt!“, schwärmte Noa.

„Danke auch.“ Patrick warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, den sie einfach weglächelte. „Sie hat Leo schon eingespannt. Er soll Kuchen und Getränke verkaufen.“

„Das wird ihm bestimmt gefallen.“

„Fragt auch jemand, ob mir das gefällt?“

Nun wechselten Noa und Jonas einen Blick, der ihm ebenfalls nicht gefiel. Sie wirkten belustigt, was ihn noch mehr aufbrachte.

„Ständig will er zu ihr...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2017
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Elisabeth Büchle • Roman • Schwarzwald • Wahre Schönheit
ISBN-10 3-96122-270-3 / 3961222703
ISBN-13 978-3-96122-270-4 / 9783961222704
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