Der Reporter (eBook)

Thriller
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2018 | 1. Auflage
432 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43980-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Reporter -  John Katzenbach
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John Katzenbachs Debüt, mit dem er seinen Ruhm als Thriller-Autor begründete Malcolm Anderson ist Polizeireporter in Miami, abgebrüht, mit allen Wassern gewaschen. Zunächst ist die ermordete junge Frau nur eine weitere gute Story. Doch alles wird anders, als der Mörder ihn anruft: Der Killer mag Andersons Storys, stellt weitere Morde in Aussicht und will ihm exklusiv Auskunft geben. Und er macht seine Ankündigung wahr. In den folgenden Wochen gibt es weitere Opfer, und jedes Mal bekommt Anderson einen Anruf. Er lässt sich auf das Spiel ein, macht durch seine Reportagen Schlagzeilen, erlangt Ruhm - und bemerkt nicht, dass er genau deshalb das nächste Opfer des Killers werden könnte ... 'John Katzenbach ist ein Autor, der zugleich tough und subtil schreibt.' New York Times

John Katzenbach, geboren 1950, war ursprünglich Gerichtsreporter für den »Miami Herald« und die »Miami News«. Bei Droemer Knaur sind inzwischen zahlreiche Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller »Die Anstalt«, »Der Patient«, »Der Professor« und »Der Bruder'. Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA, nominiert. Er lebt mit seiner Familie in Amherst im Westen des US-Bundesstaates Massachusetts.Weitere Informationen unter www.john-katzenbach.de und www.johnkatzenbach.com

John Katzenbach, geboren 1950, war ursprünglich Gerichtsreporter für den »Miami Herald« und die »Miami News«. Bei Droemer Knaur sind inzwischen zahlreiche Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller »Die Anstalt«, »Der Patient«, »Der Professor« und »Der Bruder". Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA, nominiert. Er lebt mit seiner Familie in Amherst im Westen des US-Bundesstaates Massachusetts. Weitere Informationen unter www.john-katzenbach.de und www.johnkatzenbach.com

1


Das erste Opfer fand ein Jogger in der Nähe des dreizehnten Lochs.

Der unauffällige Mann mittleren Alters, der sich um sein Herz und seinen Bauchspeck sorgte, war Börsenmakler von Beruf, und während er seine Runden rings um den Golfplatz drehte, kreisten seine Gedanken um Aktienoptionen. Der private Club lag in einer exklusiven Gegend mit manikürten Rasenflächen, hohen Pinien und ausladenden Palmen. Trotz der frühen Morgenstunde stiegen die Temperaturen rasch und unerbittlich. Dreimal hatte der Frühsportler bereits den Platz umrundet und dabei mehr an den Dow, seine Arbeit und seine Pläne für den freien Tag gedacht, als auf seine Schritte oder das vertraute Terrain zu achten. Als er jedoch im vollen Lauf die Hand hob, um sich den Schweiß aus den Augen zu wischen, bemerkte er im Halbschatten des Farns und Gestrüpps am Seitenstreifen etwas Buntes und dann eine Gestalt.

Zunächst lief der Börsenmakler auf dem kurz geschnittenen Rasen weiter, doch bei seiner nächsten Runde um den Platz ließ ihm die Frage keine Ruhe, was er im Gebüsch erspäht haben mochte. Als er nun bei seiner vierten und letzten Runde erneut dem dreizehnten Loch näher kam, drosselte er sein Tempo, um sich dieses Etwas genauer anzusehen, und erst jetzt spürte er die Hitze und die Sonne, die wie eine Lampe über dem Golfplatz hing. Diesmal erhaschte er einen Blick auf Haut und blondes Haar. Er blieb stehen, holte tief Luft und arbeitete sich durch das dichte Gebüsch zu der Leiche vor. »Oh, mein Gott«, entfuhr es ihm, auch wenn ihn niemand hören konnte. Als ihm gedämmert sei, was er vor sich hatte, so erzählte er mir später, sei ihm für einen Moment die Luft weggeblieben und er habe sich vor Schreck nicht rühren können. In seinem ganzen Leben habe er noch kein Mordopfer gesehen, fügte er hinzu. Ein, zwei Minuten lang habe er in einer Mischung aus Entsetzen und Faszination verharrt, dann erst habe er sich losreißen und mit rasendem Puls zum nächsten Haus laufen können, um seinen grausigen Fund der Polizei zu melden.

Das Opfer war ein junges Mädchen. Es sollte eine Weile dauern, bis ich begriff, dass aus diesem Leichenfund auf dem Golfplatz die größte Story meines Lebens werden würde. An diesem Morgen jedenfalls sagte mir kein sechster Sinn, wie unentrinnbar ich in diese Geschichte hineingezogen würde, bis von meiner professionellen Distanz nichts mehr übrig blieb. Die Ereignisse nahmen während der alljährlichen Hurrikansaison ihren Lauf, genauer gesagt im Juli, der Zeit der ersten heftigen Sommergewitter – in Miami die unerträglichste Wetterlage überhaupt. Die Straßen der Stadt glühten unter der Tropensonne wie unter einem Scheinwerferlicht; es fand sich kein schattiger Winkel, nur reglose, drückend heiße Luft.

So wie Sturm und Wolken über dem Meer gewann auch diese Story unaufhaltsam an Fahrt. Ich weiß noch genau, dass sich in der Karibik ein mächtiges Sturmtief zusammenbraute. Entstanden über den Gewässern vor Afrika, war es mit den Luftströmungen über die Weite des Ozeans getrieben und versetzte als eine Urgewalt aus Wind und Regen die Küste des Sonnenstaats in höchste Alarmbereitschaft. Der Wetterdienst hatte das Sturmtief »Amy« getauft – wie sich bald zeigen sollte, auch der Name des Opfers.

An der Rückwand der Redaktion hing eine große Wetterkarte, auf der während der Hurrikansaison der jeweilige Verlauf sämtlicher Stürme markiert wurde. Es gehörte zum täglichen Brot der Lokalreporter, diese Entwicklungen zu verfolgen. Routiniert überprüften wir Richtung und Geschwindigkeit, taxierten die Gefahrenstufe, analysierten die neuesten Satellitenfotos. Die Aufnahme jenes Sturmtiefs, so erinnere ich mich, zeigte eine diffuse graue Wolkenmasse über der Karibik, und die Halbinsel Florida schien den Sturm wie ein langer Zeigefinger herzulocken. Wie gebannt suchten wir auf den Bildern nach den kleinsten Hinweisen auf einen handfesten Hurrikan, der mit zerstörerischer Wucht über die Stadt hereinzubrechen drohte.

An der Wand neben der Wetterkarte hing, als Mahnung an die Belegschaft des Journal zu steter Wachsamkeit, ein vergilbtes, ausgefranstes Foto vom Hurrikan des Jahres 1939, Kategorie drei, mit einer Windstärke um hundertfünfundzwanzig Meilen. Auf dem Bild war eine riesige Palme zu sehen, deren Stamm sich unter dem Orkan flach zur Erde bog. Im Hintergrund sah man eine fast vier Meter hohe Wasserwand, die über Miami Beach und die Bucht hereingebrochen und erst auf dem Biscayne Boulevard im Zentrum verebbt war.

Zwischen der Naturgewalt eines solchen Hurrikans und den Morden, um die sich meine Reportage drehte, gab es durchaus Vergleichsmomente, denn was sich an einem entlegenen Ort zusammengebraut hatte, brach in diesem denkwürdigen Sommer mit unerwarteter Wucht über die Stadt herein. Ich werde nie vergessen, wie wir am Tag des ersten Mordes, dem Unabhängigkeitstag, ein Jahr vor der Zweihundertjahrfeier, dem Jahr nach der Abdankung von Präsident Nixon, nichts anderes als diesen ersten gewaltigen Orkan im Sinn hatten, der aus den warmen karibischen Gewässern stündlich mehr Kraft zu saugen schien. In der Redaktion jedenfalls gab es kein anderes Thema. Ein Jahrhunderthurrikan der mörderischen Kategorie fünf schien auf die Metropole zuzurasen, und so wurden die Schlagzeilen von Spekulationen über das mögliche Ausmaß der Verwüstung beherrscht. Sie sei schon lange überfällig, eine solche Jahrhundertkatastrophe, unkten die alten Hasen in der Redaktion, und die düstere Gewissheit machte sich breit, dass diese graue Masse aus Wind und Regen zweitausend Meilen vor der Küste unser Schicksal war.

Wir sollten uns irren, denn der Orkan kam nie bis Miami, sondern drehte ab und fegte stattdessen über die Küste Mittelamerikas hinweg, wo er viele Todesopfer forderte und ganze Landstriche verwüstete. Doch das zeigte sich erst einige Wochen später. Anfang Juli jedenfalls toste der Jahrhundertorkan noch so heftig in unseren Köpfen, dass wir etwas begriffsstutzig waren, als der eigentliche Sturm dieser Saison Miami mit aller Härte traf.

An jenem 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, ging ich schon früh ins Büro. Es war mein erster Arbeitstag nach der Beerdigung meines Onkels. Natürlich hätte ich am Feiertag zu Hause bleiben können, doch ich wollte die Bilder der Trauerfeier aus dem Kopf verbannen. In meiner Erinnerung fließen die beiden Ereignisse – der Mädchenmord und der Selbstmord meines Onkels – längst wie Szenen aus ein und demselben Drama ineinander, obwohl sie mehrere Tage und mehrere Hundert Meilen auseinanderlagen. So früh morgens, noch dazu am Nationalfeiertag, war die Redaktion nur spärlich besetzt. Ich schaute in mein Postfach – es war leer – und überflog die Morgenausgabe der Miami Post. An meinem Schreibtisch überlegte ich, ob ich Christine anrufen und ihr Bescheid geben sollte, dass ich wieder zu Hause sei, doch wahrscheinlich war sie schon im OP und reichte den Ärzten Tupfer, Klemmen und Skalpelle, während sie ein weiteres Krebsgeschwür entfernten. Der Anruf musste warten, wir konnten am Abend zusammen essen gehen. Ich schlug die Sportseite mit den Baseballergebnissen auf, doch in diesem Moment fiel mein Blick auf Nolan, den Lokalredakteur.

Nolan war ein kräftiger Mann, gut eins fünfundachtzig groß, der mit seiner charakteristischen gebeugten Haltung breiter und behäbiger wirkte, als er war. Die Aussicht auf eine große Story allerdings richtete ihn jedes Mal sichtlich auf; dann wirkte er drahtig, dynamisch und hoch konzentriert; seine joviale Umgänglichkeit wich generalstabsmäßiger Kürze. Die Redakteure liebten und schätzten ihn wegen seiner Fähigkeit, im fließenden Übergang zwischen launiger Witzelei und straffer Organisation zu wechseln.

Gegenwärtig saß er an einem Tisch im Großraumbüro und sprach lebhaft ins Telefon. Er machte sich ein paar Notizen, legte mit einer schwungvollen, zufriedenen Geste den Hörer auf und ließ im selben Moment den Blick über die Tischreihen schweifen, um zu sehen, wer schon da war. Unsere Blicke trafen sich, er stand auf, kam herüber und zog sich einen Stuhl heran.

»Hab heute gar nicht mit Ihnen gerechnet«, sagte er. »Wie war’s?« Seine dunkle Mähne fiel ihm in einer Schmachtlocke in die Stirn und wippte nachdrücklich bei jedem Wort.

»Erwartungsgemäß. Tränen. Viel Gerede über ein zu früh geendetes Leben, Gottes unergründlichen Ratschluss, einen Ort, an dem er es besser hat.«

»Muss hart gewesen sein.«

»Kann man so sagen.«

»Und? Kommen Sie klar?«

»Ich bin hier.« Ich verzog das Gesicht zu einem wehmütigen Lächeln. »Journalist, Baujahr 1955, einige Meilen auf dem Tacho, aber läuft wie geschmiert.«

»Schon verstanden«, erwiderte er. »In Stimmung für eine gute Story? Oder lassen Sie’s die ersten Tage lieber langsam angehen?«

»Eine Story! Für eine Story würde ich alles geben.«

»Wie wär’s mit einem Mord?«

»Ich habe eine Tötungshemmung.«

»Sehr witzig.«

»Tut mir leid«, beeilte ich mich zu sagen. »Galgenhumor.«

Nolan runzelte die Stirn und sah mich eindringlich an. »Also, meinetwegen«, sagte er schließlich. »Ich kann Sie verstehen. Zum Feierabend auf ein Bier, falls Sie drüber reden wollen? … Oder auch, wenn Sie nicht drüber reden wollen.«

Ich musste lachen, und er verzog das Gesicht zu einem Grinsen.

»Aber zuerst mal ein Mord«, kam er wieder zur Sache. »Ein sauberer, grausamer Mord, der die Polizei auf Trab bringt und in der Saure-Gurken-Zeit für Schlagzeilen sorgt.«

»Was haben wir?«

»Junges Mädchen. Wahrscheinlich aus wohlhabendem Hause. Ihre Leiche wurde eben erst drüben auf dem Gelände des Riviera...

Erscheint lt. Verlag 29.1.2018
Übersetzer Anke Kreutzer, Dr. Eberhard Kreutzer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte amerikanische thriller • John Katzenbach Bücher • Journalist • Katzenbach Bücher • Malcolm Anderson • Polizeireporter • Sensationsjournalismus • Serienkiller • Serienmörder • Sexualmorde • Soldat • Thriller Action • Thriller Serienkiller • Thriller USA • Vietnamkrieg
ISBN-10 3-426-43980-8 / 3426439808
ISBN-13 978-3-426-43980-7 / 9783426439807
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