Das Gutshaus - Stürmische Zeiten (eBook)

Roman

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
576 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-20830-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Gutshaus - Stürmische Zeiten -  Anne Jacobs
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Stürmische Zeiten erfordern Mut, Entschlossenheit und den tiefen Glauben an die Liebe...
Auf Gut Dranitz läuten die Hochzeitsglocken. Franziska und Walter sind endlich wieder vereint. Alles könnte so schön sein, wären da nicht die Kinder. Franziska und Walter wollten die Familien vereinen, doch inzwischen herrscht nur Streit. Können Sie das Schicksal beeinflussen, oder ist es wie damals auf der Flucht und während der schrecklichen Zeit des Krieges, als sie Spielbälle der grausamen Umstände waren? Die Erinnerungen lassen sie nicht los, und die Zukunft scheint auf einmal gar nicht mehr so klar ...

SPIEGEL-Bestsellerautorin Anne Jacobs bei Blanvalet:

Die Gutshaus-Saga:

1. Das Gutshaus. Glanzvolle Zeiten
2. Das Gutshaus. Stürmische Zeiten
3. Das Gutshaus. Zeit des Aufbruchs

Die Tuchvilla-Saga:

1. Die Tuchvilla
2. Die Töchter der Tuchvilla
3. Das Erbe der Tuchvilla
4. Rückkehr in die Tuchvilla

Anne Jacobs veröffentlichte unter anderem Namen bereits historische Romane und exotische Sagas. Mit »Die Tuchvilla« gestaltete sie ein Familienschicksal vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen Geschichte und stürmte damit die Bestsellerliste. Nach ihrer ebenfalls sehr erfolgreichen Trilogie um »Das Gutshaus«, die von einem alten herrschaftlichen Gutshof in Mecklenburg-Vorpommern und vom Schicksal seiner Bewohner in bewegten Zeiten erzählt, legt Anne Jacobs nun den fünften Band der »Tuchvilla«-Saga vor.

Sonja

Tine Koptschik fuhr mit dem Handsauger so energisch über den Behandlungstisch, als wolle sie den schwarzen Gummibelag abrubbeln. Dabei sollte sie nur die Hundehaare wegsaugen, die wieder mal reichlich auf Tisch und Fußboden gelandet waren. Aber Tine hatte früher in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft einhundertfünfzig Kühe betreut. Jetzt, im Frühjahr 1992, war die LPG in der Auflösung begriffen, dafür hatte die Wiedervereinigung gesorgt. Mit Vieh kannte sich Tine also aus, und deshalb war jede ihrer Bewegungen kraftvoll, wenngleich in einer Kleintierpraxis mitunter etwas ungelenk.

»Sind wir fertig für heute?«, fragte Sonja, während sie Frau Kupke mit Rauhaardackel Whisky in die Liste eintrug.

»Nee, da ist noch ’n Schäferhund im Wartezimmer.«

Sonja schaute kurz auf die Uhr. Gleich elf, die Sprechstunde war eigentlich vorbei. Lief richtig gut heute – drei Katzen, ein Kanarienvogel und zwei Hunde. Wenn das immer so wäre, könnte sich die Praxis tatsächlich lohnen.

»Herein mit dem Kläffer!«

Tine stopfte den Handsauger ins Regal, wo er prompt wieder herausrutschte und auf den Boden fiel. Sonja unterdrückte eine Bemerkung – es hatte keinen Zweck, sich aufzuregen. Tine hatte nun mal ungeschickte Finger, da musste man sich auf Verluste einstellen. Dafür war sie anständig und ehrlich, verlangte nicht mehr, als sie ihr zahlen konnte, und beschwerte sich niemals, wenn es im Winter kalt in der Praxis war. Außerdem war sie äußerst patent und wurde selbst mit einem bissigen Rottweiler fertig.

»Kommen Sie, junge Frau. Ach du Schande – der Falko ist ja ganz nass.«

»Es regnet Bindfäden, ein richtiges Schietwetter heute und saukalt für März.«

Sonja zuckte zusammen, als sie die Stimme der jungen Frau hörte. Die schon wieder. Verdammt – bisher war der Tag richtig gut gelaufen, aber das dicke Ende kam halt immer nach.

»Tag, Frau Doktor Gebauer.« Jenny Kettler reichte ihr die Hand und schenkte ihr ein Lächeln. Einfach nur so, ohne dass etwas dahintersteckte? Wollte sie sie auf die Probe stellen? Oder bildete sie sich das nur ein? Sonja versuchte, unbefangen und freundlich dreinzuschauen, was nicht ganz einfach war.

Jenny Kettler. Hübsch, gertenschlank, aufreizend rotes Haar, bezaubernd mit ihrem süßen Lächeln. Denkt, sie kriegt alles, was sie will, wenn sie nur ihren weiblichen Charme versprüht … Sonja verbot sich weiterzudenken und wandte sich lieber dem Hund zu.

»Na, Falko, bist ja prima in Schuss. Ist gut geheilt, der Riss an der Schnauze. Kaum noch zu sehen …«

Falko ließ sich ohne Widerstand die Schnauze untersuchen, hatte auch nichts gegen ein Kraulen hinterm Ohr, aber er schielte schon verlangend nach der grauen Blechdose, die oben auf dem Regal stand. Tiere waren ehrlich, deshalb liebte Sonja sie auch so sehr.

»Er muss geimpft werden, glaub ich«, sagte Jenny Kettler. »Und dann kratzt er sich dauernd. Meine Großmutter hat Angst, er könne Milben oder so was haben.«

Sonja blätterte im Impfpass und stellte fest, dass der Hund zwei Jahre lang überhaupt nicht geimpft worden war. Schlamperei! Dann zückte sie den Flohkamm und wurde sofort fündig.

»Flöhe hat er«, sagte sie. »Und zwar jede Menge.«

Jenny sah mit schreckensstarren Augen auf den Kamm, über den drei kleine, schwarze Punkte wuselten.

»Igitt!«

»Ich schreib Ihnen ein Pulver auf. Das reiben Sie ihm ins Fell und streuen es außerdem auf seine Decke und in seinen Korb – überall dorthin, wo er gern liegt.«

Es machte Sonja großen Spaß, Jennys entsetzte Reaktion zu beobachten. Tja, bei Flöhen waren die Leute halt empfindlich. Das Dreckzeug, das die Bauern auf die Äcker sprühten oder die Abgase ihrer Autos störten die meisten überhaupt nicht. Aber wehe, es saß ein harmloser kleiner Floh auf ihrem Hund!

»Aber der liegt überall – auf dem Sofa, auf dem Teppich, in Omas Bett …«

»Wenn die schwarzen Kameraden schon mal in der Matratze sind«, mischte sich Tine ein, die trotz mehrfacher Mahnung den Mund nicht halten konnte, »… dann richten sie sich da wohnlich ein. Die legen Eier und ziehen ihre Nachkommen groß.«

Jennys Blick wurde panisch, dann sah sie Falko vorwurfsvoll an. »Wo hast du die nur aufgegabelt, du Stromer?«

Falko war nicht bereit, über diesen Punkt Auskunft zu geben, stattdessen hielt er Sonja den Kopf hin, um sich in der dichten Halskrause so richtig fest kraulen zu lassen. Da, wo es immer so verdammt juckte.

»Meistens holen sie sich die Flöhe von Wildtieren, von Igeln zum Beispiel. Auch Füchse kommen infrage und Rehe. Haben alle jede Menge Untermieter …«

Jenny sah angeekelt zu, wie Sonja die drei Flöhe mit einem Papiertuch zerdrückte.

Gut so, dachte Sonja. Je weniger sie mich leiden kann, desto besser.

»Und dieses Pulver – ist das nicht giftig?«, wollte Jenny besorgt wissen. »Ich habe eine kleine Tochter, die krabbelt und läuft überall herum …«

Richtig. Die Kleine war gerade ein Jahr alt geworden. Julchen hieß sie. Ein süßer Fratz, wie man so hörte. Sonja hörte so manches, auch wenn sie gar nicht neugierig darauf war.

»Es reicht, wenn Sie den Hund damit einreiben und ihn eine Weile von der Kleinen fernhalten, mehr müssen Sie nicht beachten.«

Falko ertrug die Impfung, ohne mit der Wimper zu zucken, und stürzte sich dann auf die Hundekekse, die Sonja ihm anbot. Netter Bursche, der Falko. So einen hätte Sonja auch gern gehabt. Aber vorläufig hatte sie zu wenig Geld. Wenn sie einen Hund hielt, dann sollte der anständiges Futter bekommen und nicht den Dosendreck, der jetzt auch hier im Osten verkauft wurde. Die reine Abfallverwertung: Fell, Haut, Hufe, Knochen – alles fein zermahlen, das nannte sich dann Fleischanteil. Das meiste war Getreide, weil das billig war, dazu noch Duftstoffe, damit die Pampe nach Fleisch roch, und Konservierungsstoffe, die für den menschlichen Verzehr verboten waren. Nee danke!

»Macht vierunddreißig fuffzig. Zahlen Sie bar, oder soll ich eine Rechnung schicken?«

Sie zahlte bar. Immerhin. Ein Wunder, dass die überhaupt noch Geld hatten, die Jenny Kettler und ihre Großmutter. So eine Renovierung, die fraß ordentlich Kohle. Aber vermutlich hatten sie rechtzeitig Fördermittel beantragt, und der Architekt, dieser Kacpar Woronski, würde auch keine Unsummen in Rechnung stellen. Weil der nämlich in die süße Jenny verknallt war. Ja, Sonja hatte in der Tat ihre Informanten und wusste Bescheid. Kalle Pechstein zum Beispiel, der war eine Schwatzdrossel. Eine verliebte Schwatzdrossel, denn der arme Kerl machte sich immer noch Hoffnungen auf Margret Rokowski, Mücke genannt. Tja – das Liebeskarussell drehte sich. Mal nach rechts, dann wieder nach links. Es schwankte und knirschte, aber wer sich mitdrehte, fand es großartig. Stand man allerdings daneben wie Sonja, hatte man eher das Gefühl, es mit einem Haufen Verrückter zu tun zu haben. Aber mit ihren fünfundvierzig Jahren war sie ja auch älter und erfahrener als die jungen Leute, hätte locker Jenny Kettlers Mutter sein können. Nun, das war sie zum Glück nicht.

»Ich wisch dann noch mal durch, bevor ich gehe«, unterbrach Tine ihre Gedanken.

Sonja warf einen prüfenden Blick auf das Regal und schob den Handsauger weiter nach hinten, dann schloss sie den Medikamentenschrank ab, damit nichts herausfallen und zu Bruch gehen konnte. »Prima, Tine. Ich komm nachher runter und sperre ab.«

»Bis morgen in alter Frische!«

»Sowieso!«

Sonja packte den Schreibkram zusammen, um ihn mit nach oben in ihre Wohnung zu nehmen. Das zweigeschossige Haus war ziemlich heruntergekommen, aber ihr fehlte das Geld für eine Renovierung. Sie hatte es von den Eltern einer Freundin gekauft, die gleich nach der Wende in den Westen gegangen waren – eigentlich ein Schnäppchen, denn sie hatte nicht viel dafür bezahlt. Zumindest nach westlichen Maßstäben. Trotzdem hatte sie einen Kredit aufnehmen müssen, weil sie ja auch die Einrichtung für die Tierarztpraxis brauchte. Ohne ihren Vater hätte sie das nicht stemmen können, der schickte ihr immer noch zweihundert Mark pro Monat, was ihm angeblich nichts ausmachte. Sonja wusste, dass das nicht stimmte. Walter Iversen musste sich ganz schön einschränken, um sie unterstützen zu können. Es gefiel ihr nicht, vor allem jetzt sollte er nicht mittellos dastehen, sonst würde er von seiner alten und neuen Flamme gnadenlos untergebuttert werden. Sie kannte die Frauen aus dem Westen, für die zählten nur Geld und Besitz. Wer nichts hatte, der war auch nichts wert. Aber leider brauchte sie Papas Zuschuss, die Praxis warf einfach nicht genug ab. Hier im Osten gab es längst nicht so viele Haustiere wie drüben im Westen. Die meisten Leute gingen hier arbeiten – auch die Frauen –, wer hatte da Zeit, sich um Hund oder Katze zu kümmern? Außerdem kosteten Tiere Geld, da kaufte man sich lieber einen neuen Fernseher. Die LPG, auf die sie gehofft hatte, hatte Kühe, Schweine und Geflügel längst abgegeben. Ab und an wurde sie in eines der umliegenden Dörfer gerufen, wo viele Leute noch Vieh hielten. Eigentlich war dafür ein Kollege zuständig, und sie sprang nur ein, wenn der krank oder sonst wie verhindert war. An den großen Reibach war da nicht zu denken.

»Das kommt schon noch«, hatte Tine gesagt. »Wenn das hier im Osten erst richtig läuft. Dann schaffen sich die Leute auch Schoßtierchen an. Und außerdem hat jemand erzählt, dass auf Gut Dranitz Reitpferde gehalten werden sollen. Für Kutschfahrten mit den Großkapitalisten,...

Erscheint lt. Verlag 10.12.2018
Reihe/Serie Die Gutshaus-Saga
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1930er Jahre • 1990er Jahre • Die Tuchvilla • eBooks • Familiensaga • Frauenromane • Gutshof • Hochzeit • Landhaus • Liebesromane • Mauerfall • Mecklenburg-Vorpommern • spiegel bestseller • Weihnachtsgeschenk • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-641-20830-0 / 3641208300
ISBN-13 978-3-641-20830-1 / 9783641208301
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