Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung (eBook)

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2020 | 1. Auflage
464 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-20050-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung -  Brigitte Riebe
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Teil 3 der packenden 50er-Jahre-Reihe von Bestsellerautorin Brigitte Riebe. Berlin 1958: Farben und Formen, Augenblicke, eingefangen mit Bleistift und Papier. Seit sie denken kann, will Florentine Thalheim nur eines: sich ganz dem Zeichnen und der Malerei hingeben. Die ju?ngste von drei Töchtern hatte schon immer einen rebellischen Geist. Nur wenn sie zu malen beginnt, wird alles hell und leicht, dann singen die Farben in ihr. Während ihrem Vater fu?r Florentine eine Zukunft im Kaufhaus am Ku'damm vorschwebt, beginnt sie ein Studium an der Kunstakademie. Hier ist sie voll in ihrem Element, arbeitet wie im Rausch. Doch schon bald legt sich ein Schatten auf ihr Glu?ck. Rufus Lindberg, ihr herrischer Lehrer, macht ihr das Leben an der Schule zur Hölle, und die politischen Spannungen zwischen Ost und West drohen die Stadt und die Thalheims zu entzweien. Gibt es Hoffnung fu?r Florentine und ihre Familie? Gibt es Hoffnung fu?r Berlin?

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. 2018 erschien der Auftakt ihrer großen 50er-Jahre-Trilogie über drei Schwestern und ihr Kaufhaus am Ku'damm: "Jahre des Aufbaus" dreht sich um die älteste Thalheim-Tochter Rike. Band 2, "Wunderbare Zeiten", erzählt die Geschichte der mittleren Schwester Silvie. Der dritte Teil, "Tage der Hoffnung", widmet sich Nesthäkchen Florentine. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.

PROLOG


Berlin, Februar 1958

All das würde sie nie wieder vergessen.

Die teils mandelgrünen, teils zinngrauen Dächer von Paris.

Den Silberglanz der nächtlichen Seine im Dezember, wenn die ersten Flocken fallen.

Einen Himmel, der sich bei Sonnenuntergang manchmal fast violett färbt.

Lautes Taubengurren vor Notre-Dame.

Das ungeduldige Klackern der Pumps auf dem Trottoir, weil Pariserinnen es immer eilig zu haben scheinen.

Fetzen von Akkordeonmusik im abendlichen Quartier Latin, die so schön melancholisch stimmen kann wie sonst nichts auf der Welt.

Hunger, der den Magen ganz eng werden lässt, und die Erlösung, die ein Stück ofenwarmes Baguette bringt.

Den Geschmack von schwarzem Tabak auf der Zunge, mit dem man sich so verdammt erwachsen fühlt.

Ihre Liebesnächte in der zugigen Mansarde, die ihnen zum Zuhause geworden war.

Aktzeichnen bei Monsieur Colbert, der sie präzises Hinsehen lehrt.

Aber ebenso wenig würde sie die bitteren Tränen vergessen und das Gefühl abgrundtiefer Verlorenheit, nachdem ihr Freund Pascal sich urplötzlich doch nicht mehr zum Künstler berufen fühlte und für einen sicheren Brotberuf zu seinen Eltern nach Lyon zurückkehrte. Es hatte sie enorme Kraft gekostet, sich aus diesem betäubenden Schmerzzustand zu befreien, doch eines bitterkalten Morgens war ihr plötzlich klar geworden: Ich muss zurück nach Berlin.

Und so steht sie nun, sechzehn Monate nach ihrer Flucht, frierend und mit leerem Magen wieder am Bahnhof Zoo: Florentine, jüngste der Thalheim-Schwestern, keinen Centime mehr im Portemonnaie, weil ihre allerletzte Barschaft für die Fahrkarte draufgegangen ist. Im Rucksack nur ein paar Klamotten, die nicht viel wiegen. Schwer machen ihn erst die Skizzenbücher, die sie in Paris bis zur letzten Seite vollgezeichnet hat, ebenso wie der schon reichlich zerfledderte Band Mohn und Gedächtnis, den sie immer bei sich trägt, weil Celans Worte sich für sie beim Lesen in Farben verwandeln. Und dann gibt es ja auch noch ihren kostbarsten Besitz, die unhandliche graue Mappe mit ihren Bildern, die sie keinen Moment aus den Augen lässt, obwohl sie das Beste aus den letzten Monaten bereits als Wertpaket in die alte Heimat vorausgeschickt hat.

Dieser Schatz könnte sich vielleicht bald als hilfreich erweisen. Falls sie doch darauf zurückgreifen muss, um angenommen zu werden.

Vor Aufregung hat Flori im Zug nicht geschlafen und ist jetzt hundemüde. Und wohin nun?

Viel Kontakt zur Familie hatte sie nicht gerade in den letzten Monaten. Ein paar Briefe an Silvie, noch weniger Briefe an maman, die der Vater bestimmt gleich hatte mitlesen wollen, weil er stets das Schlimmste befürchtete.

Trotzdem zu den Eltern in die noble Villa am Branitzer Platz, die sie sicherlich erleichtert wiederaufnehmen, nach der ersten Wiedersehensfreude aber garantiert mit Endloslitaneien von Ermahnungen und Vorschriften quälen würden?

Zur großen Schwester Rike in die Charlottenburger Giesebrechtstraße, wo diese mit ihrem italienischen Mann Sandro und den beiden gemeinsamen Kindern Anna und Matteo lebt? Auch von Rikes Seite müsste sie sich sicherlich auf so einiges gefasst machen …

Zu Silvie, mittlere der Thalheim-Töchter, die ihr früher stets die Stange gehalten hat, in Floris Augen allerdings seit Heirat und Mutterschaft ebenfalls ins Lager der Biederen übergewechselt ist? Ihre Lust auf Silvies sonoren Verleger-Gatten plus Söhnchen hält sich deutlich in Grenzen …

Floris ältere Schwestern könnten unterschiedlicher nicht sein. Wie Feuer und Wasser sind sie ihr oft erschienen, und ihre Streitigkeiten und Zerwürfnisse hat sie irgendwann gar nicht mehr gezählt. Und doch verbindet Rike und Silvie bei aller Gegensätzlichkeit etwas, das ihr fehlt und das Flori niemals aufholen kann, egal wie alt sie wird: ein ganzes Jahrzehnt gemeinsamer Erfahrungen, bevor sie zur Welt gekommen ist, wichtige Erfahrungen, die die beiden eben doch zur Einheit werden lassen, wenn es nötig wird.

Wie könnte sie jemals dagegen ankommen?

Die intelligente, gewissenhafte Rike, die für den Wiederaufbau des im Krieg zerbombten Kaufhauses gesorgt hat und jedes schwierige Problem meistert. Und die sinnliche, extrovertierte Silvie, die im Rundfunk große Erfolge feiert und mit ihrem Charme alle in ihren Bann ziehen kann – was bleibt da noch übrig für sie, die Jüngste? Zudem hat Flori mit Claire eine andere Mutter, die der sagenumwobenen Alma, Papas erster Frau, niemals das Wasser reichen konnte. Bei Licht betrachtet ist sie mit ihren Schwestern also eigentlich nur halb verwandt, und genauso hat sie sich in deren Gegenwart oft gefühlt: unscheinbar, kindisch, ganz und gar überflüssig. Ohne ihre Zeichnungen, ihr Tor zu anderen Welten, wäre es wohl gar nicht auszuhalten gewesen, aber schwer genug ist es für sie auch so geblieben. Flori musste die Stacheln ausfahren, um sich zu spüren, musste Contra geben, damit man sie nicht übersah, musste aufbegehren gegen das, was ihr zuwider war, und sich vor allem anstrengen, alles immer ganz, ganz anders zu machen als die beiden.

Am ehesten hat noch Oskar sie verstanden, Silvies Zwillingsbruder, der sich sein Leben lang ebenso wenig um Konventionen geschert hat wie Flori. Doch der liegt seit einem Jahr neben seiner Mutter im Familiengrab auf dem Westender Friedhof an der Heerstraße. Von seinem tragischen Unfalltod zu erfahren, ist Flori sehr nahgegangen. Oskar und sie waren begeisterte Fans von James Dean, dessen Filme sie regelrecht inhaliert haben. Dass er nun genauso wie sein Idol in einem schicken Sportwagen ums Leben gekommen ist, erscheint ihr wie eine grausame Ironie des Schicksals. Wie kann ausgerechnet Oskar tot sein, der doch Kriegsgräuel und jahrelange Gefangenschaft in Russland überstanden hat? Jemand wie er, voller Witz, Übermut und sprudelnder Lebendigkeit?

Bis heute kann Flori es noch immer nicht fassen, und ihr wird jedes Mal eiskalt, wenn es ihr wieder in den Sinn kommt. Das Kopfweh der letzten Tage verstärkt sich, und die Nase beginnt erneut zu laufen. Ob sie vielleicht doch eine üble Grippe ausbrütet?

Sie muss es zu Fuß noch mindestens bis zur Bleibtreustraße schaffen, in Oma Fridas einstige Wohnung, die inzwischen schon so viele Familienmitglieder beheimatet hat. Wer auch immer von ihnen da inzwischen wohnt, wird ihr sicherlich etwas zu essen und ein warmes Bett nicht verwehren.

Und wenn doch?

Dann muss sich eben etwas anderes ergeben.

Flori marschiert los.

Schon nach wenigen Schritten fühlt es sich an, als sei sie niemals weg gewesen. Berlin riecht ganz anders als Paris, rauer, ärmlicher, nicht glamourös und garantiert kein bisschen südlich, eher nach Straßendreck als nach Austern, nach Kohlen, Bockwurst und billigem Senf, und doch atmet sie die kalte Luft begierig ein. Hier, auf dem Ku’damm, kennt sie jeden Zentimeter, und natürlich bleibt sie als Erstes vor dem Modekaufhaus Thalheim, gleich am Anfang der berühmten Prachtallee, stehen. Die Fassade ist hell erleuchtet, trotz der immensen Stromkosten, über die sich ihr Vater seit Jahren aufregt. Rike hat recht gehabt, darauf zu bestehen, findet Flori, die beim Wiederaufbau allerdings noch zu jung war, um das Konzept damals schon zu begreifen. Wie ein Edelstein erstrahlt das Kaufhaus in der dunklen Winternacht, verkörpert Eleganz, Seriosität, modisches Flair. Im Kampf gegen die Blockade der Sowjets hat sie als Teenager bunte Bilder bekannter Sehenswürdigkeiten gemalt, um die geplagte Berliner Kundschaft aufzumuntern. Neun Jahre liegt das erst zurück, ihr allerdings kommt es vor wie ein halbes Jahrhundert.

Mindestens.

Den klassisch dekorierten Schaufenstern widmet sie nur ein paar flüchtige Blicke. Schlussverkauf steht da quer über jedem, auf einem weißen Band, in klobigen roten Lettern, das hätte man ihrer Meinung nach wesentlich ansprechender lösen können. Mit einem Schlag sind ihre mühsamen Lehrjahre im KaDeWe wieder präsent und damit natürlich auch die Erinnerungen an Pascal, und Flori schüttelt sich unwillkürlich, um beides ganz schnell loszuwerden.

Nie wieder wird sie einem Kerl erlauben, ihr so weh zu tun.

Und ebenso wenig wird sie jemals wieder Schaufenster dekorieren, das hat sie sich geschworen, auch wenn die Familie davon träumt, sie auf diese Weise doch noch ins Unternehmen einzubinden. Flori hat ganz andere Pläne. Geboren kurz nach Beginn des Naziregimes, im «Dritten Reich» eingeschult, Krieg und Bombennächte durchlitten, schließlich nach 1945 in einen Frieden gestolpert, der sich nicht getraut hat, so richtig mit der Vergangenheit aufzuräumen, und mehr Fragen offengelassen hat als Antworten gegeben – das alles brodelt als explosive Mischung in ihr. Für sie gibt es nur einen Weg, damit fertigzuwerden: Kunst.

Flori nickt der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche mit dem hohlen Zahn zu, wie die Berliner den zerschossenen Turm flapsig getauft haben, beides noch immer unrenoviert, was sie seltsamerweise beruhigt, denn es zeigt ihr, dass sie eigentlich doch gar nicht so lange weg war. Ab da geht sie schneller, lässt den Gloria-Palast hinter sich, in dem Wanja Krahl sie anlässlich der Berlinale 1953 wie Strandgut abgeliefert hatte. Ihre Schwester Silvie hat sich später von ihm getrennt, Flori aber findet seine Gletscheraugen und die Reibeisenstimme insgeheim bis heute ziemlich aufregend.

Wie unfassbar naiv sie damals noch gewesen war! An der Seite ihrer Ost-Berliner Freundin Franzi als jugendliche Rebellin beim Aufstand des 17. Juni die Revolutionsfahnen schwingen zu wollen … Franzi...

Erscheint lt. Verlag 21.4.2020
Reihe/Serie Die 50er-Jahre-Reihe
Die 50er-Jahre-Trilogie
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1950er Jahre • 50er Jahre • Berlin • Das Haus der Träume • Familiensaga • Frauenroman • Kaufhaus • Ku'damm • Kunst • Kunstakademie • Mode • Roman • Schwestern • spiegel bestseller • Spiegel Bestsellerliste aktuell • Träume
ISBN-10 3-644-20050-5 / 3644200505
ISBN-13 978-3-644-20050-0 / 9783644200500
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